Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.698/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]                
8C_698/2016       {T 0/2}     

Urteil vom 6. Februar 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Denise Wüst,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Berufskrankheit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 7. September 2016.

Sachverhalt:

A.

A.a. Der 1975 geborene A.________ war als Anlage-/Maschinenführer bei der
B.________ AG bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
obligatorisch gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie
Berufskrankheiten versichert. Mit Verfügung vom 26. April 2010 und
Einspracheentscheid vom       3. Mai 2011 verneinte die SUVA einen Anspruch auf
Versicherungsleistungen aufgrund der geltend gemachten Ohrenbeschwerden in Form
eines Tinnitus mit leichter Hochtonsenke, da eine Berufslärmschwerhörigkeit
aufgrund des gemessenen Lärmexpositionspegels auszuschliessen sei. Dies
bestätigte das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 5.
Januar 2012. Das Bundesgericht hiess die dagegen geführte Beschwerde gut, hob
den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 5. Januar
2012 sowie den Einspracheentscheid der SUVA vom 3. Mai 2011 auf und wies die
Sache an die SUVA zurück, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und über
den Leistungsanspruch des Beschwerdeführers neu verfüge (Urteil 8C_166/2012 vom
26. Juli 2012).

A.b. Die B.________ AG bestätigte daraufhin der SUVA am 4. Oktober 2012, die in
der fraglichen Zeit bestandene Arbeitsplatzsituation könne wiederhergestellt
und damit die gestützt auf dieses bundesgerichtliche Urteil nochmals unter
Gewährung der Mitwirkungsrechte des Beschwerdeführers durchzuführende
Lärmmessung wiederholt werden. Die SUVA klärte auf Antrag des Versicherten hin
zusätzlich die Exposition zu ototoxischen Stoffen ab. Am 1. März 2013
besprachen die Parteien im Rahmen einer Betriebsbesichtigung die geplante
Messwiederholung. Im Mai 2013 benachrichtigte die SUVA die Arbeitgeberin, nach
Abschluss der ototoxischen Abklärungen könne jetzt die Lärmmessung durchgeführt
werden, worauf diese mitteilte, es sei nun nicht mehr möglich, die bei Beginn
der Hörstörung bestandene Produktionssituation erneut zu generieren; die
entsprechenden Maschinen seien nunmehr funktionsuntauglich. Nach einer
Betriebsbesichtigung zusammen mit dem Versicherten im Juli 2013 verfügte die
SUVA am 4. März 2014, dass sie keine Leistungen erbringe. Daran hielt sie auf
Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 2. Juli 2014).

B. 
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die dagegen geführte
Beschwerde mit Entscheid vom 7. September 2016 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihm die
zustehenden gesetzlichen Leistungen der Unfallversicherung zuzusprechen.
Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz, subeventualiter an die SUVA
zurückzuweisen, damit diese nach ergänzender Abklärung, insbesondere nach
Durchführung des Beweisverfahrens, über die Leistungen der Unfallversicherung
neu verfüge.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Am 9. Januar 2017 lässt sich A.________ erneut vernehmen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an    (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es,
unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige
weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E.
1.6         S. 280 mit Hinweisen).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob der Versicherte bei bestehender Beweislage eine
Schädigung des Gehörs (Tinnitus mit leichter Hochtonsenke) erlitten hat, die
ausschliesslich oder vorwiegend durch die Tätigkeit bei der B.________ AG
verursacht wurde und daher als Berufskrankheit gilt. Die Vorinstanz hat die
dafür massgebenden Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

3.

3.1. Das kantonale Gericht erwog, die vom Versicherten betreute
Produktionsmaschine K030 sei bei der Betriebsbesichtigung am 9. Juli 2013
ausser Betrieb gewesen und nicht mehr funktionstüchtig. Gemäss Arbeitgeberin
habe die Maschine nur bis Dezember 2010 produziert, die ursprünglichen
Verhältnisse hätten aber für die Lärmmessung im März 2011 noch
wiederhergestellt werden können. Gestützt hierauf sei anzunehmen, dass die
Anlage K030 schon kurz nach der ersten Messung vom März 2011 nicht mehr
funktionstüchtig gewesen sei, weshalb die Situation, wie sie zum Zeitpunkt der
erstmaligen Hörstörungen bestanden habe, bereits bei der Urteilsfällung des
Bundesgerichts im Juli 2012 nicht mehr rekonstruierbar gewesen sei, auch wenn
die Arbeitgeberin am 4. Oktober 2012 die mögliche Wiederherstellung der
Situation bestätigt habe. Da bereits am 26. Juli 2012 eine Messwiederholung
nicht mehr machbar gewesen sei, sei das anschliessende Verhalten der Parteien
und der Arbeitgeberin irrelevant. Aus den früheren Lärmprotokollen der Jahre
1998 und 2003 lasse sich die exakte Lärmbelastung am Arbeitsplatz des
Versicherten nicht ermitteln. Der Beschwerdeführer habe ferner nicht
bestritten, dass sich keine Hinweise auf eine Exposition gegenüber ototoxischen
Substanzen und Substanzgruppen finden liessen. Ärztlicherseits lägen
unterschiedliche Beurteilungen vor. Dr. med. C.________, Facharzt FMH für
Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, habe am 17. Juni 2009 einen wahrscheinlich
lärmbedingten Tinnitus mit leichter Hochtonsenke (C5-Senke) festgestellt. Am
22. September 2010 habe er einen nur möglicherweise lärminduzierten Tinnitus
diagnostiziert, in Widerspruch dazu aber die Arbeit mit lärmigen Maschinen als
sehr wahrscheinlich kausal für den Tinnitus und die Hörstörung gehalten.
Gleichzeitig habe er darauf hingewiesen, keine Angaben über das Lärmausmass
machen zu können. Gleichentags, offenbar gestützt auf den Bericht des Dr. med.
C.________, habe der Hausarzt Dr. med. D.________, Facharzt FMH für Allgemeine
Medizin, bestätigt, dass eine Berufskrankheit vorliege. Frau Dr. med.
E.________, Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, sei gemäss
Bericht vom 6. März 2013 einzig basierend auf den Angaben des Beschwerdeführers
von einem chronisch-dekompensierten Tinnitus auris, beidseits Grad 3-4, mit
reaktiver Depression und Hyperakusis bei geringgradiger lärmtraumatischer
Hochtonperzeptionsstörung beidseits, ausgegangen. Dr. med. F.________, Facharzt
FMH für Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten, Hals- und Gesichtschirurgie,
Abteilung Arbeitsmedizin der SUVA, habe in seiner ärztlichen Beurteilung vom
13. Januar 2011 denn auch darauf hingewiesen, dass die Dres. med. C.________
und D.________ nicht in der Lage gewesen seien, zu beurteilen, ob eine
Berufskrankheit vorliege, da sie den Berufslärmexpositions-pegel nicht gekannt
hätten. Aus den medizinischen Akten lasse sich kein qualifizierter
Kausalzusammenhang zwischen der lärmexponierten Tätigkeit des Beschwerdeführers
und seiner Hörstörung ableiten. Weitere Abklärungen zur Lärmbelastung des
Versicherten seien nach dem Gesagten unmöglich. Von einer Edition der
Werkstattrapporte, Tagesrapporte und Diames-Protokolle der Arbeitgeberin sei
abzusehen, da die hieraus beantragte Festlegung der Expositionszeit aufgrund
der nicht verwertbaren Messergebnisse irrelevant sei. Die Hörstörung des
Versicherten sei somit nicht überwiegend wahrscheinlich als Berufskrankheit
anzusehen.

3.2. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, die Vorinstanz habe in Verletzung
ihrer Untersuchungspflicht den willkürlichen Schluss gezogen, der Sachverhalt
sei hinreichend abgeklärt und die Hörbeschwerden seien nicht überwiegend
wahrscheinlich berufsbedingt, obwohl sämtliche behandelnden Ärzte von einer
Berufskrankheit ausgingen. Durch den Verzicht auf die Edition der exakten
Werkstatt- und Tagesrapporte bzw. Diames-Protokolle sowie auf die ebenfalls
beantragte Zeugenbefragung sei Art. 61 lit. c und Art. 43 Abs. 1 ATSG verletzt
worden. Die Protokolle würden über die Lärmbelastung bei Eintritt der
Hörschädigung Auskunft geben. Aktenwidrig und offensichtlich willkürlich sei
die Feststellung der Vorinstanz, dass bereits im Zeitpunkt des
bundesgerichtlichen Urteils vom 26. Juli 2012 eine erneute Messung der
Lärmbelastung vor Ort nicht mehr durchführbar gewesen wäre. Aus dem
Besuchsrapport vom 1. März 2013 ergebe sich, dass die Maschine K030 damals zwar
stillgelegt, aber noch einsatzfähig gewesen sei. Die Beschwerdegegnerin habe es
insgesamt verpasst, materiell und formell mängelfreie Messprotokolle zu
erstellen, um den Sachverhalt korrekt zu ermitteln. Auf die betriebliche
Mitwirkungspflicht habe die SUVA die B.________ AG erst hingewiesen, als es
schon zu spät gewesen sei. Die SUVA sei - zusammen mit der B.________ AG, die
ihre Mitwirkungspflicht verletzt habe - für die Unmöglichkeit der
Messwiederholung und den Beweisverlust verantwortlich. Es liege, sofern die
medizinischen Berichte nicht hinreichenden Beweis für die Berufskrankheit
bildeten, Beweislosigkeit vor, die der Beschwerdegegnerin anzulasten sei. Dies
führe zu einer Umkehr der Beweislast. Wenn wider Erwarten keine Beweislosigkeit
angenommen werde, wäre das Beweismass zu senken und eventualiter vorinstanzlich
noch die beantragten Beweise abzunehmen.

4.

4.1. Hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs nach dem Urteil des Bundesgerichts vom
26. Juli 2012 ist unbestritten, dass die SUVA am          4. Oktober 2012 den
Sicherheitsbeauftragten der B.________ AG über die gerichtliche Anordnung der
zu wiederholenden Lärmmessung informierte und dieser die Möglichkeit einer
solchen Wiederholung bestätigte. Am 22. Oktober 2012 teilte die
Rechtsvertretung des Versicherten der SUVA mit, die Unternehmung sei daran, die
Maschinen, an denen die Lärmmessung vorgenommen werden sollen, abzustellen,
worauf die SUVA sie auf die Zusicherung des Sicherheitsbeauftragten vom 4.
Oktober 2012 verwies. Aus den Akten geht weiter hervor, dass sich die Parteien
daraufhin über die Wahl des mit der Lärmmessung zu betrauenden Experten und die
zusätzlich seitens des Beschwerdeführers beantragten Abklärung einer möglichen
Exposition gegenüber ototoxischen Stoffen am Arbeitsplatz austauschten.
Unbestritten ist ferner, dass am 1. März 2013 bei der B.________ AG Erhebungen
bezüglich der Exposition zu ototoxischen Soffen stattfanden und die
Einzelheiten zur geplanten Messung besprochen wurden. Dass die Arbeitgeberin
dannzumal bereits nicht mehr in der Lage gewesen sein soll, die ursprüngliche
Arbeitsplatzsituation erneut herzustellen, wird nicht behauptet und ergibt sich
aus den Akten auch nicht. Nachdem der SUVA die internen Beurteilungen der
Exposition zu ototoxischen Stoffen und Stoffgruppen am 2. April 2013 (Abteilung
Arbeitsmedizin) und 13. Mai 2013 (Bereich Chemie) vorlagen, wollte sie am 15.
Mai 2013 mit der Arbeitgeberin einen Termin für die Messung im Betrieb
vereinbaren, worauf ihr die Unmöglichkeit derselben mitgeteilt wurde, da die
entsprechenden Maschinen nicht mehr in Betrieb und eine Extruderlinie
demontiert sei. Der Sicherheitsbeauftragte wurde nach einer Besprechung mit der
Rechtsvertretung des Beschwerdeführers tags darauf angewiesen, den Umbau zu
stoppen, was nicht erfolgte. Die exakte Produktionssituation lässt sich damit
unbestrittenermassen nicht mehr herstellen, womit eine erneute Messung der
damaligen Lärmbelastung am Arbeitsort des Versicherten unmöglich geworden ist.

4.2. Aus diesem Hergang der Geschehnisse erhellt, dass der SUVA keine
Beweisvereitelung vorgeworfen werden kann. Vielmehr wusste die Arbeitgeberin
seit 4. Oktober 2012 von der bundesgerichtlich angeordneten Messwiederholung
und bestätigte dannzumal, dass eine solche machbar sei. Auch am 1. März 2013,
bei der Besprechung vor Ort, thematisierten die Parteien die Messwiederholung
mit Vertretern der B.________ AG, ohne dass diese irgend einen Einwand dagegen
erhoben oder auf den geplanten Umbau mit Demontage der Maschinen hingewiesen
hätten. Bei dieser Ausgangslage durfte die SUVA, ohne weitere beweissichernde
Vorkehren treffen zu müssen, darauf vertrauen, dass die Firma im Anschluss an
die Besprechung vom 1. März 2013 die Räumlichkeiten und Maschinen in einem die
Produktionssituation nachstellbaren Zustand belassen würde, bzw. bei geplanten
Veränderungen, die eine Messwiederholung verunmöglichten, vorgängig mit der
SUVA Kontakt aufnähme. Dass sie alle nötigen Vorkehren zu treffen hatte, um das
bundesgerichtliche Urteil umzusetzen, musste der B.________ AG in der
vorliegenden Situation auch ohne entsprechende Weisung klar sein. Daher wäre in
haftpflichtrechtlicher Hinsicht allenfalls zu prüfen, ob die Arbeitgeberin die
Beweislosigkeit und den daraus für den Versicherten entstandenen Schaden in
Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht (Art. 56 UVV) zu verantworten hat.

5.

5.1. Die Verwaltung als verfügende Instanz und - im Beschwerdefall - das
Gericht dürfen eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem
Bestehen überzeugt sind. Im Sozialversicherungsrecht hat das Gericht seinen
Entscheid, sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, nach dem
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Die blosse
Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht.
Das Gericht hat vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die es von
allen möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigt (BGE 138 V
218 E. 6 S. 221 f. mit Hinweisen). Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die
Beweislast im Sinne der Beweisführungslast begriffsnotwendig aus, da es Sache
des Sozialversicherungsgerichts (Art. 61 lit. c ATSG) oder der verfügenden
Verwaltungsstelle (Art. 43 Abs. 1 ATSG) ist, für die Zusammentragung des
Beweismaterials besorgt zu sein. Im Sozialversicherungsprozess tragen mithin
die Parteien in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im Falle der
Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem
unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese Beweisregel
greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des
Untersuchungsgrundsatzes aufgrund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu
ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit
zu entsprechen (BGE 138 V 218 E. 6 S. 222 mit Hinweisen).

5.2. Die am 22. März 2011 vorgenommene Lärmmessung ist aus formellen Gründen
nicht verwertbar (Protokoll vom 23. März 2011). Ausser Frage steht, dass die
früheren Schallmessungen vor Ort (Protokolle vom 26. Mai 1998, 4. November 2003
und 10. September 2008) die Produktionssituation in der der Versicherte
arbeitete, nicht genau widerspiegeln und daher keine verlässlichen Daten zur
effektiven Lärmbelastung liefern können. Aus den weiteren beantragten
Beweiserhebungen (in Form von Werkstattrapporten, Tagesrapporten und
Diames-Protokollen der Arbeitgeberin für die Jahre 2007-2009 sowie
Zeugenbefragung) könnten allenfalls Erkenntnisse über die damalige
Arbeitssituation und die umstrittene Lärmexpositionsdauer des Versicherten
gewonnen werden, wie die Vorinstanz bereits zutreffend erkannte. Die Unterlagen
enthalten aber keine Angaben über den objektiven Lärmpegel, dem der
Beschwerdeführer in der fraglichen Zeit ausgesetzt war. Die Vorinstanz durfte
damit willkürfrei in antizipierter Beweiswürdigung von den beantragten
Beweisergänzungen absehen, da hiervon kein entscheidrelevanter neuer Aufschluss
zu erwarten ist.

5.3. Mit Blick auf die medizinische Aktenlage zeigt sich, dass den beteiligten
Ärzten keine oder keine verwertbaren Angaben über die tatsächliche
Schallexposition am Arbeitsplatz vorlagen, weshalb die Ausführungen, wonach die
Schädigung des Gehörs vorwiegend durch die berufliche Lärmarbeit verursacht
worden sei, nicht überzeugen, da sie sich bezüglich des Lärmausmasses einzig
auf die subjektiven Angaben des Versicherten stützten, wie das kantonale
Gericht zutreffend ausführte (Berichte der Dres. med. C.________ und
D.________, je vom 22. September 2010, sowie Bericht der Frau Dr. med.
E.________ vom 6. März 2013). Ohne zuverlässige Messdaten, welchen entnommen
werden kann, ob der Beschwerdeführer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit bei
der B.________ AG überhaupt gehörgefährdend lärmexponiert gewesen war, lässt
sich, auch wenn der erhobene Befund grundsätzlich zu einer
Berufslärmschwerhörigkeit passt, durch ergänzende medizinische Abklärungen
nichts gewinnen (vgl. ärztliche Beurteilung des Dr. med. F.________ vom 13.
Januar 2011). Somit ist es im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes insgesamt
unmöglich, durch weitere Abklärungen verwertbare neue Erkenntnisse zu gewinnen.

5.4. Nachdem die SUVA gestützt auf das Urteil vom 26. Juli 2012 durch eine
erneute Messung die Höhe der Lärmbelastung hätte klären müssen, sie die
Unmöglichkeit der erneuten Beweisabnahme jedoch nicht schuldhaft verursacht
hat, erfolgt auch keine Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Versicherten (BGE
138 V 218 E. 8.1.1      S. 223). Damit bleibt die Frage offen, ob der
beidseitige Tinnitus mit leichter Hochtonsenke ausschliesslich oder vorwiegend
auf die Tätigkeit bei der B.________ AG im Sinne einer Berufskrankheit
zurückzuführen ist, was sich mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit beurteilt. Diese
Beweislosigkeit hat nach dem Gesagten der Beschwerdeführer zu tragen. Der
angefochtene Entscheid hält damit im Ergebnis stand.

6. 
Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten   (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. Februar 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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