Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.668/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_668/2016

Urteil vom 5. Dezember 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kreso Glavas,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 13. September 2016.

Sachverhalt:

A. 
Gestützt auf das Gutachten des Medizinischen Zentrums Römerhof (MZR), Zürich,
vom 25. Februar 2002 sprach die IV-Stelle des Kantons St. Gallen der 1956
geborenen A.________ ab 1. Juni 2001 eine halbe Rente der Invalidenversicherung
zu (Verfügung vom 5. Dezember 2002). Am 5. Dezember 2003 teilte die Versicherte
mit, ihr Gesundheitszustand habe sich sowohl in somatischer als auch in
psychischer Hinsicht erheblich verschlechtert. Die IV-Stelle holte die
Expertise des MZR vom 14. Januar 2005 ein, wonach die Explorandin nunmehr wegen
des persistierenden lumboradikulären Ausfallsyndroms auf Höhe des
Lendenwirbelkörpers L5 bei grosser Rezidiv-Diskushernie L4/5 rechts und wegen
einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10: F45.4) für jegliche
Erwerbstätigkeiten (auch in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit im Hausdienst
eines Spitals) nicht mehr arbeitsfähig war. Mit Verfügung vom 17. März 2005
sprach die IV-Stelle der Versicherten ab 1. Dezember 2003 eine ganze
Invalidenrente zu, welchen Anspruch sie am 31. August 2006 bestätigte.
Im Rahmen eines im August 2011 von Amtes wegen eröffneten Revisionsverfahrens
veranlasste sie eine weitere Begutachtung beim MZR (Expertise vom 3. Juni
2013). Die medizinischen Sachverständigen hielten fest, der Gesundheitszustand
habe sich relevant gebessert; aus rheumatologischer Sicht sei die Versicherte
unter Berücksichtigung einzuhaltender Schonkriterien wegen der im
lumbovertebralen Achsenskelett bestehenden Einschränkungen vollzeitlich
arbeitsfähig; aus psychiatrischer Sicht bestünden keine Befunde, die zu einer
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit führten. Mit Vorbescheid vom 20. Juli 2013
teilte die Verwaltung mit, sie sehe vor, die bislang ausgerichtete
Invalidenrente einzustellen. Die im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens
gewährten beruflichen Eingliederungsmassnahmen (Arbeitsvermittlung;
Einsatzprogramm zur Wiedereingliederung) wurden am 3. Dezember 2013 wegen der
Selbstlimitierung und mangelnder Teilnahme der Versicherten per sofort
abgebrochen. Mit Verfügung vom 11. Dezember 2013 hob die Verwaltung die bislang
ausgerichtete Invalidenrente auf das Ende des der Zustellung folgenden Monats
auf und entzog einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung.

B. 
In Gutheissung der von A.________ eingereichten Beschwerde hob das
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die Verfügung vom 11. Dezember 2013
auf, reduzierte die ganze Invalidenrente mit Wirkung per 31. Januar 2014 auf
eine Viertelsrente und wies die Sache zur Festsetzung des Rentenbetrages an die
Verwaltung zurück (Entscheid vom 13. September 2016).

C. 
Die IV-Stelle führt Beschwerde und beantragt, der vorinstanzliche Entscheid sei
aufzuheben. Ferner ersucht sie, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu
erteilen.
A.________ lässt beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen und ihr sei die
unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren zu bewilligen.
Das kantonale Gericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Das kantonale Gericht hat die Sache unter Aufhebung der Verfügung vom 11.
Dezember 2013 zur Berechnung der Viertelsrente an die IV-Stelle zurückgewiesen.
Formell handelt es sich demnach um einen Rückweisungsentscheid. Dient die
Rückweisung - wie hier - nur noch der Umsetzung des oberinstanzlich
Angeordneten und verbleibt der unteren Instanz somit kein
Entscheidungsspielraum mehr, handelt es sich materiell nicht, wie bei
Rückweisungsentscheiden sonst grundsätzlich der Fall, um einen
Zwischenentscheid, der bloss unter den Voraussetzungen der Art. 92 oder 93 BGG
beim Bundesgericht anfechtbar wäre, sondern um einen Endentscheid im Sinne von
Art. 90 BGG (BGE 135 V 141 E. 1.1 S. 143). Auf die Beschwerde ist daher
einzutreten (Art. 90 BGG).

2.

2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht,
unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art.
42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1
S. 254).

3. 
Das kantonale Gericht hat zutreffend erkannt, dass die Versicherte im Jahre
2011, in welchem die IV-Stelle das zur Diskussion stehende Revisionsverfahren
einleitete, das 55. Altersjahr vollendet hatte, weshalb lit. a Abs. 1 in
Verbindung mit Abs. 4 der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen
Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des IVG (6. IV-Revision,
erstes Massnahmenpaket) nicht anwendbar ist. Daher ist einzig zu prüfen, ob die
Voraussetzungen von Art. 17 Abs. 1 ATSG (Revision der Invalidenrente) im
Zeitpunkt der am 11. Dezember 2013 erlassenen Verfügung, mit der die Rente
aufgehoben worden ist, vorgelegen haben.

4.

4.1. Die Vorinstanz hat erwogen, aus dem in allen Teilen beweiskräftigen
Gutachten des MZR vom 3. Juni 2013 ergebe sich, dass sich der
Gesundheitszustand in rheumatologischer Hinsicht revisionsrechtlich betrachtet
erheblich gebessert habe. So habe radiologisch - anders als gemäss Gutachten
des MZR vom 17. März 2005 - keine Rezidiv-Diskushernie mehr dargestellt werden
können und dementsprechend sei auch klinisch kein Anhaltspunkt für eine
discogene Radiculopathie mehr eruierbar gewesen. Demgegenüber könne dem
Gutachten des MZR vom 17. März 2005 nicht entnommen werden, zu welchem Anteil
die vollständige Arbeitsunfähigkeit in jeglicher Erwerbstätigkeit auf der
psychischen Symptomatik beruht habe, weshalb auf die Darlegungen der Expertise
vom 25. Februar 2002 zurückgegriffen werden müsse, wonach die Versicherte aus
psychiatrischer Sicht zu 40 % arbeitsunfähig gewesen sei. Der psychiatrische
Sachverständige habe im Gutachten vom 3. Juni 2013 zwar überzeugend dargelegt,
dass die Versicherte aus seinem Fachbereich betrachtet vollständig arbeitsfähig
sei. Indessen beurteile er die Arbeitsfähigkeit neu anhand eines in den Jahren
2002 bis 2013 gleich gebliebenen Gesundheitszustands, weshalb seine
Einschätzung revisionsrechtlich nicht erheblich sei.

4.2. Die IV-Stelle bringt vor, das kantonale Gericht verletze, indem es bei der
Prüfung der Arbeitsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht auf die Verhältnisse zur
Zeit der ersten Rentenverfügung vom 5. Dezember 2002 zurückgreife, im Ergebnis
den Grundsatz, wonach zeitlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung einer
anspruchserheblichen Änderung des Invaliditätsgrades die letzte rechtskräftige
Verfügung (hier: vom 17. März 2005) bilde, die auf einer materiellen Prüfung
des Rentenanspruchs mit rechtskonformer Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung
und Durchführung eines Einkommensvergleichs beruhe (BGE 133 V 108). Sodann habe
die Vorinstanz zwar zutreffend erkannt, dass sich der Gesundheitszustand aus
rheumatologischer Sicht deutlich gebessert habe, sie verkenne aber, dass damit
ein Revisionsgrund vorliege, gestützt auf den der Rentenanspruch
rechtsprechungsgemäss (BGE 141 V 9) ohne Bindung an frühere Einschätzungen der
Invalidität bzw. des Invaliditätsgrades geprüft werden müsse. Daher verstosse
der vorinstanzliche Entscheid, wonach mangels einer Veränderung des psychischen
Gesundheitszustands weiterhin eine Arbeitsunfähigkeit von 40 % angenommen
werden müsse, auch unter diesem Aspekt betrachtet gegen Bundesrecht.

4.3. Die Beschwerdegegnerin macht geltend, zumindest aus neurochirurgischer
Perspektive sei zweifelhaft, ob die Diskushernie ohne medizinische Massnahmen
lediglich noch zu einer Diskusprotrusion mutierte. Aus diesem Grunde erscheine
die Annahme das kantonalen Gerichts, dass sich die Rückenproblematik wesentlich
verbessert habe, willkürlich und beweisrechtlich nicht erstellt. Hinsichtlich
der gleich gebliebenen psychiatrischen Symptomatik sei auf den Entscheid der
Vorinstanz zu verweisen, dem im Ergebnis beizupflichten sei, soweit die
Streitsache nicht an sie zurückzuweisen sei, damit auch die somatische Seite
korrekt und umfassend abgeklärt werde.

4.4. Das kantonale Gericht bringt in der Vernehmlassung vor, die IV-Stelle
berufe sich auf eine jüngere Rechtsprechung, mit der eine seit Jahrzehnten
anerkannte Interpretation von Art. 17 ATSG (bzw. von alt Art. 41 IVG) durch
eine neue Auslegung ersetzt worden sei. Soweit übersehbar, sei diese Praxis
bislang nur zu Lasten der betroffenen Leistungsbezüger angewendet worden. Es
sei beispielsweise sehr unwahrscheinlich, dass die beschwerdeführende IV-Stelle
in einem Rentenrevisionsverfahren, das eine Reduktion des
Arbeitsunfähigkeitsgrades von 50 auf 40 % ergeben habe, dem Umstand Rechnung
trage, sie sei bei der Beurteilung des Invaliditätsgrades in der ursprünglichen
Rentenverfügung zu Unrecht von einem Valideneinkommen von Fr. 68'000.- statt
86'000.- ausgegangen. Damit könne die Verwaltung die mögliche Heraufsetzung der
Invalidenrente, wegen eines vorliegenden Revisionsgrundes vermeiden, weil sie
nicht an die früheren Beurteilungen des Invaliditätsgrades gebunden sei.
Aufgrund dieser Überlegungen werde deutlich, dass das Verfahren der materiellen
Revision nur noch eine "modifizierte" Wiedererwägung im Sinne von Art. 53 Abs.
2 ATSG darstelle, mithin werde ex nunc et pro futuro ohne Prüfung der
zweifellosen Unrichtigkeit und der erheblichen Bedeutung der Korrektur
entschieden. Wenn die beschwerdeführende IV-Stelle ihren im Dezember 2002
begangenen Fehler beseitigen wolle, um so die weitere Ausrichtung der
Invalidenrente zu verhindern, stehe ihr nur die Korrektur der allenfalls
ursprünglich unrichtigen Verfügung vom 5. Dezember 2002 mittels der
Wiedererwägung zur Verfügung (mit Hinweis auf RALPH JÖHL, Die Revision nach
Art. 17 ATSG, in: KIESER/LENDFERS [Hrsg.]: Jahrbuch zum
Sozialversicherungsrecht 2012, S. 153 ff.).

5.

5.1. Zu den Vorbringen der Beschwerdegegnerin ist festzuhalten, dass die
Sachverhaltsfeststellung des kantonalen Gerichts und die entsprechende
Beweiswürdigung nur dann willkürlich sein können, wenn es Sinn und Tragweite
eines Beweismittels unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage
der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (vgl.
BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266). Die Beschwerdegegnerin zeigt nicht auf,
inwiefern die Vorinstanz im dargelegten Sinne die Prozessthema bildende Frage,
ob aus somatischer Sicht ein Revisionsgrund anzunehmen sei, willkürlich
gewürdigt hat. Daher bleibt es in diesem Punkt bei den nicht zu beanstandenden
Erwägungen im angefochtenen Entscheid, auf die verwiesen wird.

5.2.

5.2.1. Die vom kantonalen Gericht in der Vernehmlassung zumindest implizit
beantragte Änderung der Rechtsprechung muss sich auf ernsthafte sachliche
Gründe stützen können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der
Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder
nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung für zutreffend erachtet worden
ist. Eine Praxisänderung lässt sich grundsätzlich nur begründen, wenn die neue
Lösung besserer Erkenntnis des Gesetzeszweckes, veränderten äusseren
Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht (BGE 140 V 538 E.
4.5 S. 541 mit Hinweisen).

5.2.2. Gemäss ständiger Praxis des Bundesgerichts prüft die Verwaltung - wenn
ein Revisionsgrund gegeben ist - den Rentenanspruch in tatsächlicher und
rechtlicher Hinsicht umfassend ("allseitig"), wobei keine Bindung an frühere
Beurteilungen besteht. Es ist nicht erforderlich, dass gerade die geänderte
Tatsache zu einer Neufestsetzung der Invalidenrente führt; vielmehr kann sich
bei der allseitigen Prüfung des Rentenanspruchs ergeben, dass ein anderes
Anspruchselement zu einer Herauf-, Herabsetzung oder Aufhebung der
Invalidenrente führt (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 11; 139 V 28 E. 3.3.1 S. 30; 117 V
198 E. 4b S. 200; SVR 2015 IV Nr. 8 S. 23, 9C_378/2014 E. 4.2 mit weiteren
Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur). Daher steht gemäss BGE 141 V 9 E.
5 f. S. 12 ff. auch im Rahmen der vorzunehmenden Neueinschätzung von
Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit eine zum bestehenden Beschwerdebild
hinzu getretene Schulterproblematik einer Rentenaufhebung nicht entgegen.

5.2.3. Die IV-Stelle bringt zu Recht vor, dass das kantonale Gericht von der
zitierten, seit Jahrzehnten bestehenden, mit BGE 117 V 198 E. 4b S. 200
präzisierten Rechtsprechung abgewichen ist. Dass die Voraussetzungen für eine
Praxisänderung vorliegen (vgl. E. 5.2.1 hievor), lässt sich mit den Vorbringen
der Vorinstanz nicht begründen. In dem von ihr erwähnten juristischen Artikel
wird weder die bisherige Rechtsprechung noch die herrschende Lehre diskutiert
noch ist daraus ersichtlich, dass sich die Rechtsanschauungen erheblich
gewandelt hätten, weshalb gestützt darauf kein ernsthafter sachlicher Grund für
eine Änderung der Praxis zur (materiellen) Rentenrevision dargetan ist. Ob sich
die erwähnte Rechtsprechung, wie das kantonale Gericht weiter geltend macht, im
Bereich der Ergänzungsleistungen für die betroffenen Personen unvorteilhaft
auswirkt, kann dahinstehen, da in diesem Bereich gemäss Art. 23 ELG andere
Anspruchsvoraussetzungen gelten. Dem Gesagten entsprechend war die IV-Stelle
entgegen der Ansicht der Vorinstanz befugt, nachdem die Versicherte nunmehr aus
rheumatologischer Sicht in einer den körperlichen Einschränkungen angepassten
Erwerbstätigkeit vollständig arbeitsfähig war, den psychiatrischen
Gesundheitszustand und dessen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit ohne
Bindung an frühere Einschätzungen und damit ohne Bindung an die im Bereich der
Wiedererwägung von Verwaltungsverfügungen geltenden Voraussetzungen (vgl. Art.
53 Abs. 2 ATSG) frei zu überprüfen.

5.3. Das kantonale Gericht hat den Invaliditätsgrad gestützt auf Art. 16 ATSG
anhand der Bemessungsmethode des Prozentvergleichs auf 40 % bestimmt, was
grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Abweichend von seinem Ergebnis ist,
nachdem die Beschwerdegegnerin in einer den körperlichen Einschränkungen
angepassten Erwerbstätigkeit vollständig arbeitsfähig war, ein den Anspruch auf
Invalidenrente ausschliessender Invaliditätsgrad zu ermitteln, weshalb die
Beschwerde der IV-Stelle ihrem Antrag gemäss gutzuheissen ist.

6. 
Mit dem Urteil in der Hauptsache wird das Gesuch der IV-Stelle um aufschiebende
Wirkung der Beschwerde gegenstandslos.

7. 
Dem Gesuch der unterliegenden Beschwerdegegnerin um Bewilligung der
unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist
stattzugeben, da die Bedürftigkeit aktenkundig und die Verbeiständung durch
einen Anwalt notwendig ist (Art. 64 Abs. 1-3 BGG). Sie wird indessen auf Art.
64 Abs. 4 BGG hingewiesen; danach hat sie der Bundesgerichtskasse Ersatz zu
leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons St. Gallen vom 13. September 2016 wird aufgehoben und die Verfügung der
IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 11. Dezember 2013 bestätigt.

2. 
Der Beschwerdegegnerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Rechtsanwalt Dr. Kreso Glavas wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von
Fr. 1'800.- ausgerichtet.

5. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an
das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen zurückgewiesen.

6. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 5. Dezember 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Grunder

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