Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.641/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]             
8C_641/2016    {T 0/2}     

Urteil vom 29. November 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung,
Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente; Berufskrankheit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 12. August 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1965 geborene, gelernte Automechaniker A.________ arbeitet als
Gesellschafter und Geschäftsführer in seinem Betrieb, der B.________ GmbH. Er
ist bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch
gegen Unfallfolgen versichert. Am 17. März 2006 meldete er der SUVA, er habe
sich am 27. Oktober 2005 beim Getriebe montieren die rechte (recte wohl: linke)
Schulter verletzt. Eine am 24. März 2006 durchgeführte MRI-Untersuchung an der
linken Schulter ergab eine Ruptur der Supraspinatussehne, woraus eine 50 %-ige
Arbeitsunfähigkeit resultierte. Am 25. August 2006 zog er sich beim
Fussballspielen eine rechtsseitige Achillessehnenruptur zu, welche operativ
versorgt wurde (Bericht des Spitals C.________ vom 4. September 2006). Die SUVA
übernahm für beide Unfälle die Heilbehandlungskosten und richtete ein Taggeld
aus. Gestützt auf eine kreisärztliche Beurteilung des Dr. med. D.________,
Facharzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation, stellte die SUVA die
Taggeldleistungen per 10. Oktober 2008 ein, was sie mit Verfügung vom 5.
Februar 2009 bestätigte. Die dagegen erhobene Einsprache wies sie mit
rechtskräftig gewordenem Einspracheentscheid vom 15. Oktober 2009 ab.
Beim Herausheben eines Motorteils am 1. April 2010 verspürte A.________
Schmerzen in der rechten Schulter, wobei er eine partielle Läsion der
Supraspinatussehne erlitt. Die SUVA kam für die Heilbehandlungskosten auf und
richtete ein Taggeld aus. Mit Verfügung vom 18. Juni 2012 sprach sie ihm im
Zusammenhang mit diesen rechtsseitigen Schulterbeschwerden eine Invalidenrente
im Umfang von 20 % zu.
Am 18. Juni 2012 meldete A.________ bezüglich der linken Schulter einen
Rückfall. Die SUVA lehnte nach Einholung einer Stellungnahme ihres Kreisarztes
Dr. med. E.________, Facharzt für Chirurgie FMH, vom 13. August 2012, eine
weitere Leistungspflicht ab. Am 4. Februar 2014 machte er einen erneuten
diesbezüglichen Rückfall geltend. Gestützt auf eine Stellungnahme der
Kreisärztin Frau Dr. med. F.________, Fachärztin für Chirurgie FMH, vom 1.
April 2014, wonach in den letzten zwei Jahren mit Blick auf die dokumentierten
objektiven Befunde keine Verschlechterung der Schulterproblematik feststellbar
sei und bezüglich der Wirbelsäulenbeschwerden keine Unfallkausalität bestehe,
verneinte die SUVA ihre Leistungspflicht hinsichtlich der linken Schulter und
des Wirbelsäulenleidens (Schreiben vom 2. April 2014 und Verfügung vom 27. Mai
2014). Nach erneuter ärztlicher Beurteilung durch Frau Dr. med. F.________ am
17. Juli 2014 hielt die SUVA daran mit Einsprachentscheid vom 12. November 2014
fest.

B. 
Die dagegen geführte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 12. August 2016 ab, soweit es darauf eintrat.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________,
in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihm eine Invalidenrente auf
der Basis eines 100 %-igen Invaliditätsgrads sowie eine
Integritätsentschädigung zuzusprechen. "Es sei die Beschwerdegegnerin
anzuweisen, die Anmeldung zur Verantwortlichkeitsklage der zuständigen Stelle
innerhalb der SUVA zu überweisen". Eventualiter sei die Sache zur ergänzenden
medizinischen Abklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Schliesslich wird um
Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels ersucht.
Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280 mit Hinweisen).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die
Leistungsvoraussetzungen des natürlichen (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit
Hinweisen) und des adäquaten Kausalzusammenhangs (BGE 129 V 177 E. 3.2 S. 181
mit Hinweis) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die Anforderungen an einen
ärztlichen Bericht (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352) und
die Einholung eines versicherungsexternen Gutachtens (Art. 44 ATSG; BGE 135 V
465 E. 4         S. 467). Darauf wird verwiesen.

3. 
Die Vorinstanz erkannte, die Leistungseinstellung betreffend die Beschwerden an
der linken Schulter und der rechten Achillessehne sei ebenso rechtskräftig wie
die Rentenverfügung vom 18. Juni 2012 hinsichtlich der rechtsseitigen
Schulterbeschwerden. Geltend gemacht werde ein Rückfall mit Bezug auf die linke
Schulter. Der behandelnde Dr. med. G.________, FMH Orthopädische Chirurgie und
Traumatologie, habe im Bericht vom 10. März 2014 keine Befunde erhoben, die
eine Verschlechterung darlegen würden, indem er ausdrücklich darauf hingewiesen
habe, dass die Supraspinatusrupturen links wie rechts seit den
MRI-Untersuchungen im Jahr 2012 unverändert seien. Diese Darlegungen stimmten
mit den Ausführungen der SUVA-Kreisärztin Dr. med. F.________ vom 17. Juli 2014
überein. Zu den Rückenbeschwerden hielt das kantonale Gericht fest, es sei kein
Unfallgeschehen dokumentiert, welches Rückenbeschwerden zur Folge gehabt habe;
ein ärztlicher Bericht, woraus sich eine unfallkausale Rückenproblematik
ableiten liesse, liege nicht vor. PD Dr. med. H.________, Orthopädische
Chirurgie FMH, Wirbelsäulenchirurgie, habe einzig bildgebend festgestellte
degenerative Befunde festgehalten. Eine von der Tätigkeit als Automechaniker
herrührende Berufskrankheit verneinte die Vorinstanz sodann unter Hinweis
darauf, dass sich kein ärztlicher Bericht finden liesse, der eine
Berufskrankheit aufführe, womit auch eine ausschliesslich oder stark
überwiegend durch die berufliche Tätigkeit verursachte Krankheit im Sinne von
Art. 9 Abs. 2 UVG auszuschliessen sei. Auf geltend gemachte Ansprüche aus
Verantwortlichkeit nach Art. 78 ATSG trat das kantonale Gericht mangels
Anfechtungsgegenstand schliesslich nicht ein.

4. 
Der Beschwerdeführer vermag nichts einzuwenden, was zu einer anderen Sichtweise
führen würde. Mit der gerügten Befangenheit des Kreisarztes Dr. med. E.________
befasste sich das kantonale Gericht einlässlich und führte zutreffend aus, dass
keine Anhaltspunkte für eine solche vorlägen. Entgegen dem Einwand in der
Beschwerde hat die Vorinstanz das Schreiben des Dr. med. E.________ vom 15.
August 2012 nicht offensichtlich übersehen. Vielmehr erwähnte sie dieses im
angefochtenen Entscheid und bezog es in ihre Beurteilung ein. Aus dem Umstand,
dass sich dieser mit Schreiben vom 15. August 2012 gegenüber Dr. med.
I.________, Innere Medizin FMH, gegen das Ausstellen eines Arztzeugnisses mit
der Angabe einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit hinsichtlich der linken
Schulter ohne neue medizinische Fakten und ohne den Versicherten persönlich
gesehen zu haben, wandte, lässt sich keine Befangenheit ableiten. Der Hausarzt
Dr. med. I.________ räumte denn auch in seinem Antwortschreiben Fehler ein und
entschuldigte sich für das von ihm als "Missverständnis" bezeichnete Vorgehen
seiner Stellvertreterin. Überdies äusserte sich der Kreisarzt Dr. med.
E.________ in der Folge zur Frage des Rückfalls bezüglich der linksseitigen
Schulterbeschwerden nicht. Die medizinische Beurteilung dieser Frage oblag
vielmehr der Kreisärztin Frau Dr. med. F.________. Entgegen der in der
Beschwerde vertretenen Auffassung besteht ferner kein Anlass für auch nur
geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit ihrer
versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen (vgl. BGE 139 V 225 E. 5.2 S.
229). Wiederholt ist festzuhalten, dass die Tatsache allein, dass die befragte
Ärztin oder der befragte Arzt in einem Anstellungsverhältnis zum
Versicherungsträger steht, nicht schon auf mangelnde Objektivität und auf
Befangenheit schliessen lässt. Ihre Beurteilung wird auch durch die vom
Versicherten aufgelegten ärztlichen Berichte nicht in Frage gestellt.
Verlässliche Hinweise auf eine gesundheitliche Verschlechterung der
linksseitigen Schulterproblematik liegen nicht vor. Ergänzende Abklärungen zur
Unfallkausalität sind bei diesem Ergebnis nicht erforderlich. Ein Verstoss
gegen das Gebot eines fairen Verfahrens im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK
besteht nicht. Das kantonale Gericht verzichtete somit ohne Verletzung des
Untersuchungsgrundsatzes und in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung (BGE
130 II 425 E. 2.1 S. 428 f.; 124 V 90 E. 4b S. 94) auf die Einholung eines
Gerichtsgutachtens.

5.

5.1. Weiter liegt ebenso wenig eine Rechtsverweigerung vor, wenn sich die
Vorinstanz nicht zu einem Anspruch auf Integritätsentschädigung äusserte, zumal
sich hierzu weder im Einspracheverfahren noch in seiner vorinstanzlichen
Beschwerde Begründungen finden lassen. Liegt mit Blick auf die linke Schulter
kein Rückfall vor, ergibt sich hieraus überdies auch kein Anspruch auf
Integritätsentschädigung. Soweit ein solcher Anspruch ausserhalb dieser hier zu
beurteilenden Problematik geltend gemacht wird, ist dies nicht Gegenstand des
vor- und letztinstanzlichen Prozesses, wobei mit dem pauschalen Einwand von
schweren Schulter- und Fussbeschwerden auch nicht dargelegt wird, worin ein zu
einer Entschädigung berechtigender Integritätsschaden zu sehen wäre.

5.2. Ferner hat die Vorinstanz Art. 9 Abs. 2 UVG keineswegs bundesrechtswidrig
unberücksichtigt gelassen, wenn sie - unter Hinweis auf diese Bestimmung und
die medizinische Aktenlage - zutreffend ausführte, das Rückenleiden weise nach
einhelliger ärztlicher Ansicht degenerativen Charakter auf, weshalb die nach
Art. 9 Abs. 2 UVG vorausgesetzte ausschliessliche oder stark überwiegende
berufliche Verursachung (vgl. hiezu BGE 126 V 183 E. 4b S. 189 und Urteil
8C_507/2015 vom 8. Januar 2016 E. 2.2) nicht erfüllt sei. Weitere Abklärungen
sind nicht erforderlich. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist auch
Art. 36 UVG nicht verletzt. Im vorliegenden Kontext steht keine Kürzung oder
Verweigerung von Unfallversicherungsleistungen zufolge Zusammentreffens
verschiedener Schadensursachen im Raum, nachdem die Rückenbeschwerden rein
degenerativer Natur sind und die Unfallursächlichkeit der übrigen geltend
gemachten Beschwerden nicht bestritten ist, gestützt hierauf jedoch keiner der
geltend gemachten Ansprüche zu bejahen ist.

6. 
Eine allfällige Verantwortlichkeit der SUVA wäre von dieser im Verfahren nach
Art. 78 ATSG zu prüfen und zu entscheiden, was die Geltendmachung einer
hinreichend substantiierten Schadenersatzforderung seitens des
Beschwerdeführers voraussetzt, worauf ihn die Vorinstanz bereits hinwies. Eine
Rechtsverweigerung kann ihr auch nicht in diesem Zusammenhang vorgeworfen
werden.

7. 
Die Beschwerde ist unbegründet, soweit darauf einzutreten ist. Wird kein erster
Schriftenwechsel durchgeführt, ist dem Antrag auf Durchführung eines zweiten
die Grundlage entzogen.

8. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend trägt der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. November 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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