Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.637/2016
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_637/2016

Urteil vom 13. Dezember 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
 Vaudoise Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft AG, Place de Milan, 1007
Lausanne,
Beschwerdeführerin,

gegen

 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Appenzell I.Rh. vom 18.
August 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1984 geborene A.________ war als Angestellter der B.________ Privatbank AG
bei der Vaudoise Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft AG (hienach: Vaudoise)
gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 3. Dezember 2015 meldete die
Arbeitgeberin dem Versicherer eine Knieverletzung als Unfall.  Die Vaudoise
tätigte Abklärungen, ehe sie mit Verfügung vom 29. Januar 2016 und
Einspracheentscheid vom 9. März 2016 seine Leistungspflicht verneinte.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht
Appenzell I.Rh. mit Entscheid vom 18. August 2016 gut und hob den
Einspracheentscheid vom 9. März 2016 sowie die Verfügung vom 29. Januar 2016
auf.

C. 
Mit Beschwerde beantragt die Vaudoise, der Entscheid des Kantonsgerichts sei
aufzuheben und die Verfügung vom 29. Januar 2016 sowie der Einspracheentscheid
vom 9. März 2016 seien zu bestätigen.
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen). Der blosse
Verweis auf Ausführungen in andern Rechtsschriften oder auf die Akten genügt
den Begründungsanforderungen nicht (BGE 140 III 115 E. 2 mit Hinweisen).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob eine Leistungspflicht der Beschwerdeführerin für
die Behandlung des rechten Knies von A.________ besteht. Der Streit betrifft
somit eine Sachleistung und nicht Geldleistungen der Unfallversicherung (Art.
10 UVG; Art. 14 ATSG; Rudolf Ursprung/Petra Fleischanderl, Die Kognition des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts nach dem Bundesgesetz über das
Bundesgericht [BGG], in Festschrift 100 Jahre Aargauischer Anwaltsverband,
Zürich 2005, S. 415 ff., S. 427). Die Ausnahmeregelung des Art. 105 Abs. 3 (in
Verbindung mit Art. 97 Abs. 2) BGG kommt demnach nicht zur Anwendung. Soweit
die Beurteilung von Sachverhaltsfeststellungen abhängt, gilt daher die
eingeschränkte Kognition (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 105 Abs. 1 und
2 BGG; BGE 140 V 130 E. 2.1 S. 132, 135 V 412). Das Bundesgericht prüft somit
nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich
Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob es den rechtserheblichen
Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen feststellte (Urteil 8C_457/2014 vom 5.
September 2014 E. 1.2).

3. 

3.1. Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen zum Unfallbegriff nach Art.
4 ATSG und den unfallähnlichen Körperschädigungen (Art. 6 Abs. 2 UVG in
Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 UVV), die auch ohne ungewöhnliche äussere
Einwirkung Unfällen gleichgestellt sind (BGE 129 V 466 E. 2.2 S. 467),
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.2. Die Verwaltung als verfügende Instanz und - im Beschwerdefall - das
Gericht dürfen eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem
Bestehen überzeugt sind. Im Sozialversicherungsrecht gilt, soweit das Gesetz
nicht etwas Abweichendes vorsieht, der Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360). Bei sich widersprechenden
Angaben der versicherten Person über den Unfallhergang ist auf die Beweismaxime
hinzuweisen, wonach die sogenannten spontanen "Aussagen der ersten Stunde" in
der Regel unbefangener und zuverlässiger sind als spätere Darstellungen, die
bewusst oder unbewusst von nachträglichen Überlegungen versicherungsrechtlicher
oder anderer Art beeinflusst sein können. Wenn die versicherte Person ihre
Darstellung im Laufe der Zeit wechselt, kommt den Angaben, die sie kurz nach
dem Unfall gemacht hat, meistens grösseres Gewicht zu als jenen nach Kenntnis
einer Ablehnungsverfügung des Versicherers (BGE 121 V 45 E. 2a S. 47 mit
Hinweisen). Der Grundsatz, wonach die ersten Aussagen nach einem schädigenden
Ereignis in der Regel unbefangener und zuverlässiger sind als spätere
Darstellungen, stellt eine im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu
berücksichtigende Entscheidungshilfe dar. Sie kann nur zur Anwendung gelangen,
wenn von zusätzlichen Abklärungen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind
(RKUV 2004 Nr. U 524 S. 546 f., U 236/03 E. 3.3.4; Urteile 8C_648/2013 vom 18.
Februar 2014 E. 3.2; 8C_696/2013 vom 14. November 2013 E. 2).

4. 

4.1. Das kantonale Gericht schloss nach Würdigung der Aktenlage,dass die
Schilderungen des Versicherten konsistent und glaubhaft seien. So habe er seine
erste Aussage anlässlich der Erstbehandlung durch Dr. med. C.________ drei
Wochen nach dem Ereignis vom 22. September 2015 getätigt und angegeben, er habe
einen Fehltritt beim Joggen gemacht. Gemäss der Bagatell-Unfallmeldung des
Arbeitgebers vom 3. Dezember 2015 habe der Versicherte zudem direkt nach dem
Training Schmerzen im Knie verspürt. Im Fragebogen vom 21. Dezember 2015
erwähne er des Weiteren einen Schlag aufs Knie während des Joggens, er habe
sich aber weder vertrampt, noch sei er ausgerutscht. Diese Aussage habe der
Versicherte in seiner Einsprache wiederholt und präzisiert,dass der Schlag aufs
Knie Folge davon gewesen sei,dass er mit voller Wucht in ein für ihn nicht
einsehbares Loch auf dem Jogging-Weg "getabst" sei. An der Hauptverhandlung
habe der Versicherte schliesslich seine Strecke, welche er jeweils von seinem
Wohnort Steinegg nach Wasserauen und zurück jogge, noch etwas detaillierter
geschildert, wonach er beim Parkplatz Skilift D.________ über die Brücke auf
die Wiese gelangt sei, in welcher er in eine Mulde bzw. in ein Loch getreten
sei.

4.2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin erscheinen auch unter
Berücksichtigung der Rechtsprechung zu den "Aussagen der ersten Stunde" (vgl.
E. 3.2 hievor) die Feststellungen des kantonalen Gerichts nicht als
bundesrechtswidrig. Insbesondere sind die einzelnen Sachverhaltsschilderungen
des Versicherten in den entscheidenden Punkten nicht widersprüchlich. So
schliessen die erste beim Hausarzt getätigte Darstellung des Ereignis vom 22.
September 2015 und die später vom Arbeitgeber des Versicherten gemeldete
Sachverhaltsversion nachfolgende Ausführungen des Versicherten zum fraglichen
Geschehnis nicht aus. Vielmehr können diese späteren Erklärungen als
Präzisierungen zu den ersten Äusserungen des Versicherten verstanden werden.
Die Annahme der Vorinstanz, der Vorfall vom 22. September 2015 habe sich wie
vom Versicherten geschildert zugetragen, kann somit nicht als offensichtlich
unrichtig bezeichnet werden.

4.3. Das kantonale Gericht hat des Weiteren erwogen,dass es sich bei dem die
Verletzung des Versicherten verursachenden Zwischenfall um eine unfallähnliche
Körperschädigung handle und die Beschwerdeführerin gegenüber dem Versicherten
somit zur Leistung verpflichtet sei. Gleiches würde gelten, wenn der
Versicherte einen Unfall erlitten hätte. Ob der vorinstanzlich festgestellte
Geschehensablauf - wie von der Beschwerdeführerin sinngemäss geltend gemacht
wird - den Unfallbegriff erfüllen würde, braucht somit nicht näher geprüft zu
werden.

4.4. Demnach hat die Vorinstanz nicht gegen Bundesrecht verstossen, als sie die
Leistungspflicht der Beschwerdeführerin bejahte. Die Beschwerde ist abzuweisen.

5. 
Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Abteilung
Verwaltungsgericht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 13. Dezember 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Nabold

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben