Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.599/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     

{T 0/2}            
8C_599/2016

Urteil vom 15. November 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Noëlle Cerletti,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Schaffhausen,
Oberstadt 9, 8200 Schaffhausen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Revision; Invalidenrente; Valideneinkommen),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Schaffhausen vom 26. Juli 2016.

Sachverhalt:

A. 
Die 1960 geborene A.________, gelernte Chemielaborantin, bezieht seit 1.
Dezember 1994 wegen den gesundheitlichen Folgen eines Bandscheibenvorfalls eine
Rente der Invalidenversicherung. Von August 2002 bis August 2003 gewährte die
IV-Stelle Schaffhausen der Versicherten eine Umschulung zur Büroangestellten
mit Handelsdiplom VSH. Mit Verfügung vom 29. August 2003 sprach ihr die
Verwaltung ab 1. August 2003 erneut eine halbe Invalidenrente zu, welchen
Anspruch sie mit Mitteilung vom 14. November 2008 bestätigte. Im Rahmen eines
weiteren im Februar 2013 von Amtes wegen eingeleiteten Revisionsverfahrens
stellte die Verwaltung fest, dass B.________, bei der die Versicherte seit
November 2006 als Mitarbeiterin Produktionsadministration beschäftigt ist, den
Lohn seit der letzten Revision im Jahre 2008 erhöht hatte, was zur Aufhebung
der Invalidenrente führte (Vorbescheid vom 6. Januar 2014). Auf die Einwände
der Versicherten hin erliess die IV-Stelle am 31. März 2014 einen neuen
Vorbescheid und stellte in Aussicht, sie werde künftig statt der halben nur
noch eine Viertelsrente ausrichten. Daran hielt sie mit Verfügung vom 2.
Oktober 2014 fest.

B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Obergericht des Kantons
Schaffhausen ab (Entscheid vom 26. Juli 2016).

C. 
A.________ lässt Beschwerde führen und beantragen, unter Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheids sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihr weiterhin
eine halbe Invalidenrente auszurichten.
Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht,
unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art.
42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1
S. 254).

2. 
Es steht fest und ist unbestritten, dass sich die erwerblichen Verhältnisse bei
an sich gleich gebliebenem Gesundheitszustand bis zum Zeitpunkt des Erlasses
der Verfügung vom 2. Oktober 2014 in revisionsrechtlich erheblicher Weise
verändert hatten (vgl. Art. 17 Abs. 1 ATSG; BGE 133 V 545 E. 6.1 S. 546; 130 V
343 E. 3.5 S. 349 f. mit Hinweisen). Daher hatten die Verwaltung und auf
Beschwerde hin das kantonale Gericht den Rentenanspruch in rechtlicher und
tatsächlicher Hinsicht umfassend ("allseitig"), ohne Bindung an frühere
Beurteilungen, zu prüfen (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 11 mit Hinweisen und E. 6.1 S.
13).

3.

3.1. Streitig und zu prüfen ist einzig das der Bestimmung des
Invaliditätsgrades zugrunde zu legende Erwerbseinkommen, das die
Beschwerdeführerin hätte erzielen können, wenn sie nicht invalid geworden wäre
(Valideneinkommen; vgl. Art. 16 ATSG).

3.2. Die Vorinstanz hat in Bestätigung der Verfügung vom 2. Oktober 2014
erwogen, gestützt auf die standardisierten Bruttolöhne der Schweizerischen
Lohnstrukturerhebung (LSE) 2010, Tabelle TA1, Rz. 21 (Herstellung von
pharmazeutischen Erzeugnissen), Anforderungsniveau 3 (Berufs- und
Fachkenntnisse vorausgesetzt), Frauen, ergebe sich ein Valideneinkommen von Fr.
89'939.-. Entgegen der Auffassung der Versicherten gelange nach der
Rechtsprechung bei einer abgeschlossenen Berufslehre das Anforderungsniveau 3
zur Anwendung. Auf ein höheres Anforderungsniveau sei nur abzustellen, wenn mit
dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne,
die versicherte Person hätte im Gesundheitsfall Weiterbildungen absolviert. Die
Versicherte mache nicht geltend, sie habe sich als Chemielaborantin weiter
gebildet, und es seien keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass
sie dies beabsichtigt habe. Vielmehr sei sie sechs Jahre lang wegen der Geburt
der Kinder nicht berufstätig gewesen und danach habe sie während weiterer sechs
Jahren unqualifizierte Heimarbeit geleistet, weshalb insoweit die geltend
gemachte Berufserfahrung zu relativieren sei. Schliesslich könne entgegen den
Vorbringen der Versicherten nicht mit dem Durchschnitt von verschiedenen,
tabellarisch ausgewiesenen Zentralwerten der LSE gerechnet werden, weil einem
solchen Durchschnittswert statistisch keine zuverlässige Aussagekraft zukomme
(vgl. SVR 2013 UV Nr. 32 S. 111, 8C_192/2013 E. 7.2).

3.3. Was die Beschwerdeführerin im Wesentlichen in Wiederholung der
vorinstanzlichen Beschwerde vorbringt, dringt nicht durch. Es mag zutreffen,
dass sie als Chemielaborantin überdurchschnittlich anspruchsvolle Arbeiten
verrichtet hatte. Indessen übersieht sie zunächst, dass nach der Rechtsprechung
Berufserfahrung allein in der heutigen Arbeitswelt, wo praktisch in allen
Bereichen ein Diplom oder Aus- und Weiterbildungen verlangt werden, die
fehlende anerkannte Berufsausbildung nicht aufwiegen. Dies gilt insbesondere
auch dann, wenn die über eine erfolgreich abgeschlossene Berufslehre verfügende
versicherte Person geltend macht, das Valideneinkommen sei gestützt auf das
Anforderungsniveau 2 der LSE (Verrichtung selbstständiger und qualifizierter
Arbeiten) statt des Niveaus 3 (Berufs- und Fachkenntnisse vorausgesetzt) zu
bestimmen (vgl. MEYER/REICHMUTH, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum
Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG],
Zürich/Basel/ Genf, 3. Aufl. 2014, Rz. 58 zu Art. 28a mit Hinweisen). Zum
anderen ist die geltend gemachte besondere Berufserfahrung, wie die Vorinstanz
zutreffend angenommen hat, auch deshalb zu relativieren, weil die
Beschwerdeführerin nach dem Wiedereinstieg ins Erwerbsleben während sechs
Jahren unqualifizierte, in keinem Zusammenhang mit ihrer Ausbildung zur
Chemielaborantin stehende Heimarbeit leistete, obwohl ihr unbestritten in
diesem Zeitraum möglich gewesen wäre, den erlernten Beruf auszuüben. In diesem
Zusammenhang ist auf das von MEYER/REICHMUTH, a.a.O., zitierte Urteil 8C_281/
2011 vom 29. Juni 2011 E. 3.4.2 zu verweisen, wonach das Valideneinkommen eines
im Heimatland ausgebildeten Zahntechnikers, der zwischen Einreise in die
Schweiz und dem Leistungsgesuch sechs Jahre als Hilfsarbeiter beschäftigt
gewesen war, aufgrund der standardisierten Bruttolöhne des Anforderungsniveaus
4 statt 3 zu bestimmen war. Am vorinstanzlichen Ergebnis ändert auch das im
bundesgerichtlichen Verfahren erstmals eingereichte, angeblich der
Dokumentation für Arbeitsplätze (DAP) der SUVA entnommene Aktenstück, wonach
eine Laborantin einen Lohn zwischen Fr. 100'500.- und 114'000.- zu erzielen
vermöchte, nichts. Die Beschwerdeführerin übersieht, dass dieses Salär
ausweislich des genannten Dokumentes nur erzielt werden könnte, wenn die
angestellte Person als Leiterin in der Produktion tätig sein könnte, welche
Funktion im vorliegenden Fall nie zur Diskussion stand. Die Beschwerdeführerin
macht denn auch nicht geltend, sie habe jemals eine Kaderstellung eingenommen
oder gar angestrebt. Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob das
angeblich aus der DAP der SUVA stammende Aktenstück ein zulässiges Beweismittel
im Sinne von Art. 99 BGG darstellte und ob ihm überhaupt Beweiswert zuerkannt
werden könnte.

3.4. Wird das Valideneinkommen (Fr. 89'939.-) dem unbestrittenen
Invalideinkommen von Fr. 48'595.- gegenüber gestellt, ergibt sich ein
Invaliditätsgrad von 46 %, weshalb die Beschwerdeführerin lediglich noch
Anspruch auf eine Viertelsrente hat.

4. 
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. November 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Grunder

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