Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.549/2016
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_549/2016

Urteil vom 19. Januar 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
 A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Dominik Frey,
Beschwerdeführer,

gegen

 SWICA Versicherungen AG,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
30. Juni 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1980 geborene A.________ war als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter der
B.________ AG bei der SWICA Versicherungen AG (hienach: SWICA) gegen die Folgen
von Unfällen versichert, als am 30. Juni 2009 sein linker Unterarm von einer
Netzaufwickelmaschine erfasst wurde  und er eine subtotale Unterarmamputation
erlitt. Die SWICA anerkannte ihre Leistungspflicht und erbrachte die
gesetzlichen Leistungen. Mit Verfügung vom 17. September 2015und
Einspracheentscheid vom 8. Februar 2016 sprach sie ihm eine Invalidenrente
basierend auf einer Erwerbsunfähigkeit von 26 % sowie eine
Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 34 % zu.

B. 
Die von  A.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das
Versicherungsgericht  des Kantons Aargau mit Entscheid vom 30. Juni 2016
teilweise gut und änderte den angefochtenen Einspracheentscheid dahingehend ab,
dass dem Beschwerdeführer eine Invalidenrente gestützt auf einen
Invaliditätsgrad von 30 % auszurichten sei.

C. 
Mit Beschwerde beantragt A.________ sinngemäss, es sei ihm unter Anpassung des
Einspracheentscheids vom 8. Februar 2016 und des Entscheids des
Versicherungsgerichts vom 30. Juni 2016 eine höhere Rente zuzusprechen.
Die SWICA, die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig ist die Höhe der Invalidenrente. Dabei ist zu prüfen, ob der
Invaliditätsgrad des Beschwerdeführers korrekt ermittelt wurde.

3. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze zur Ermittlung des
Invaliditätsgrades nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art.
16 ATSG; BGE 130 V 343 E. 3.4 S. 348 f.; 128 V 29 E. 1 S. 30), zum massgebenden
Zeitpunkt für die Rentenbemessung (BGE 129 V 222 E. 4.1 S. 223), zur
Parallelisierung (BGE 135 V 297 E. 5.1 ff. S. 300 ff.) und zum Abzug vom
Tabellenlohn (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301;134 V 322 E. 5.2 S. 327 f.)
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

4. 
Das kantonale Gericht erwog, dass der Beschwerdeführer unbestrittenermassen im
landwirtschaftlichen Bereich tätig gewesen sei. Ein Vergleich seines
unkorrigierten Valideneinkommens mit den Richtlöhnen gemäss
sozialpartnerschaftlicher Vereinbarung zwischen dem Schweizer Bauernverband,
dem Schweizer Bäuerinnen- und Landfrauenverband sowie der Arbeitsgemeinschaft
der Berufsverbände landwirtschaftlicher Angestellter ergebe eine Einbusse von
Fr. 3'600.- respektive von 7,41 %. Eine Parallelisierung sei demnach im Umfang
von 2,41 % vorzunehmen. Damit betrage das korrigierte Valideneinkommen Fr.
43'012.20. Das Invalideneinkommen sei aufgrund der Tabellenlöhne der
Lohnstrukturerhebungen des Bundesamts für Statistik (LSE) zu bestimmen, dabei
sei ein Abzug von 10 % vom Tabellenlohn angemessen. Daraus resultiere ein
Invalideneinkommen von Fr. 29'903.90. Eine Gegenüberstellung mit dem
Valideneinkommen ergebe eine Erwerbseinbusse von Fr. 13'108.30. Dies entspreche
einem Invaliditätsgrad von 30 %.

5. 

5.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz sei bei der
Parallelisierung seines Valideneinkommens von der falschen Lohntabelle
ausgegangen. Wie die IV-Stelle habe auch der Unfallversicherer bei der
Ermittlung des branchenüblichen Einkommens auf die Schweizerische
Lohnstrukturerhebung von 2012, Herstellung von Nahrungsmitteln, Kompetenzniveau
1 abzustellen.
Rechtsprechungsgemäss haben die IV-Stellen und die Unfallversicherer die
Invaliditätsbemessung in jedem einzelnen Fall selbstständig vorzunehmen. Sie
dürfen sich somit nicht ohne weitere eigene Prüfung mit der blossen Übernahme
des Invaliditätsgrades der jeweils anderen Stelle begnügen (vgl. BGE 133 V 549
E. 6.1 S. 553 mit Hinweis). Bei der ehemaligen Arbeitgeberin des
Beschwerdeführers handelt es sich um einen in der Landwirtschaft tätigen
Betrieb. Zu diesem Wirtschaftszweig enthält die üblicherweise für die
Ermittlung des branchenüblichen Einkommens verwendete Schweizerische
Lohnstrukturerhebung keine Daten (vgl. Urteil 8C_466/2015 vom 26. April 2016 E.
3.3.3; Schweizerische Lohnstrukturerhebung 2012, Ziff. 6.4.1, S. 24). Ein
Abstellen auf den kantonalen Normalarbeitsvertrag (vgl. Urteil 9C_672/2016 vom
20. Juni 2010 E. 5.3; ULRICH MEYER/MARCO REICHMUTH, Bundesgesetz über die
Invalidenversicherung [IVG], 3. Aufl., 2014, Rz. 124 zu Art. 28a IVG) ist
mangels darin enthaltener konkreter Lohnvorgaben nicht möglich (§ 10
Normalarbeitsvertrag über das Arbeitsverhältnis in der Landwirtschaft des
Kantons Aargau).

5.2. Gegen die von der Vorinstanz verwendete "Lohnrichtlinie für familienfremde
Arbeitnehmende in der Schweizer Landwirtschaft inklusive landw. Hauswirtschaft"
zwecks Feststellung des branchenüblichen Einkommens wendet der Beschwerdeführer
weiter ein, dass diese lediglich Mindestlöhne wiedergebe und aufgrund der darin
mitenthaltenen Frauenlöhne nicht repräsentativ sei. Diese Argumentation
übersieht, dass die fraglichen Richtlöhne jeweils eine Spannbreite aufweisen
und die individuelle Einstufung je nach Fähigkeiten und Berufserfahrung des
einzelnen Arbeitnehmenden erlauben. Folglich sind sie geeignet, um den
branchenüblichen Durchschnittslohn zu ermitteln und können zur Parallelisierung
eines unterdurchschnittlichen Einkommens herangezogen werden. Das kantonale
Gericht hat somit zu Recht auf die "Lohnrichtlinie für familienfremde
Arbeitnehmende in der Schweizer Landwirtschaft inklusive landw. Hauswirtschaft"
abgestellt (vgl. auch Urteil 8C_466/2015 vom 26. April 2016 E. 3.3.3 f.).

5.3. In Anbetracht der Tatsache, dass der Beschwerdeführer über keine
landwirtschaftliche Ausbildung verfügt, er zum Unfallzeitpunkt erst seit kurzem
bei seinem damaligen Arbeitgeber beschäftigt war und sein Lohn zu jenem
Zeitpunkt über dem Durchschnitt lag, erscheint die vorinstanzliche
Parallelisierung seines hypothetischen Einkommens mit einem Durchschnittslohn
der Lohnklasse 5 bei über fünf Jahre Berufserfahrung als wohlwollend. Die
Ermittlung des massgebenden Valideneinkommens fällt jedenfalls nicht zu seinen
Ungunsten aus. Das diesbezügliche Vorgehen des kantonalen Gerichts ist somit
nicht zu beanstanden.

6. 
Der Beschwerdeführer rügt, der von der Vorinstanz bei der Ermittlung des
Invalideneinkommens gewährte leidensbedingte Abzug von 10 % sei zu tief. Die
Frage nach der Höhe des Abzuges ist eine Ermessensfrage, deren Beantwortung
letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist, wo das Gericht das
Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung,
-missbrauch oder -unterschreitung vorliegt (BGE 137 V 71 E. 5.1 S. 72 f. mit
Hinweis auf BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; SVR 2015 IV Nr. 22 S. 65, Urteil
8C_693/2014 E. 2.2). Das kantonale Gericht hat zu Recht festgestellt, dass die
Einschränkungen hinsichtlich der linken Hand des Versicherten mit der
reduzierten Präsenzzeit sowie seiner begrenzten Leistungsfähigkeit bereits bei
der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit teilweise berücksichtigt wurden. Ein
weitergehender Einbezug der gesundheitlichen Einschränkungen beim Abzug vom
Tabellenlohn würde somit eine unzulässige doppelte Berücksichtigung darstellen
(vgl. Urteil 8C_678/2015 vom 9. Juni 2016 E. 5.6 mit Hinweis). Entgegen den
Ausführungen des Versicherten rechtfertigt ein Beschäftigungsgrad von 60 % bei
Männern auf der untersten Stufe der beruflichen Stellung keinen zusätzlichen
Abzug (vgl. Urteil 8C_622/2016 vom 21. Dezember 2016 E. 5.3.2). Eine
rechtsfehlerhafte Ermessensausübung ist demnach nicht ersichtlich. Somit muss
es beim vorinstanzlich auf 10 % festgesetzten Abzug sein Bewenden haben.

7. 
Zusammenfassend lässt sich der vorinstanzliche Entscheid, bei welchem ein
Invaliditätsgrad von 30 % ermittelt wurde, nicht beanstanden. Die Beschwerde
ist dementsprechend abzuweisen.

8. 
Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 19. Januar 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Nabold

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben