Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.528/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_528/2016

Urteil vom 31. Oktober 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Frésard,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Frischkopf,
Beschwerdeführerin,

gegen

Visana Services AG,
Weltpoststrasse 19, 3015 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 16. Juni 2016.

Sachverhalt:

A. 
Die 1978 geborene A.________ war in der Eigenschaft als Hausangestellte im
Reinigungsdienst des Spitals B.________ bei der Visana Services AG
(nachfolgend; Visana) gegen die Folgen von Unfällen versichert, als sie sich am
8. August 2014 bei einem Fehltritt eine Distorsion des rechten oberen
Sprunggelenkes (OSG) zuzog. Die Visana erbrachte Versicherungsleistungen,
insbesondere auch für einen operativen Eingriff, welcher am 12. Dezember 2014
durch Dr. med. C.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und
Traumatologie des Bewegungsapparates, durchgeführt wurde.
Infolge persistierender Beschwerden wurden am 6. Mai 2015 und 4. Juni 2015
verschiedene bildgebende Untersuchungen durchgeführt, welche einen
osteochondralen Defekt in der lateralen Talusschulter des rechten Fusses
zeigten. Mit Verfügung vom 23. Juni 2015 lehnte die Visana mangels natürlichem
Kausalzusammenhang zwischen der osteochondralen Läsion am lateralen Talus und
dem versicherten Ereignis einen weiteren Leistungsanspruch ab. Bezüglich der
Verletzung des medialen Fussrandes sei der Endzustand spätestens am 23. Juni
2015 erreicht. Daran hielt die Unfallversicherung auf Einsprache hin fest
(Entscheid vom 18. Januar 2016).

B. 
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die hiegegen eingereichte
Beschwerde mit Entscheid vom 16. Juni 2016 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides seien ihr über
den 23. Juni 2015 hinaus Versicherungsleistungen zu erbringen.
Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II
257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden (BGE 133 II 249 E.
1.4.1 S. 254).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Visana die gesetzlichen Leistungen über den
23. Juni 2015 hinaus zu erbringen hat. Geklärt werden muss einzig der
(natürliche) Kausalzusammenhang des von der Beschwerdeführerin geltend
gemachten complex regional pain syndroms (CRPS) im Bereich des rechten Fusses
mit dem Unfall vom 8. August 2015.

3. 
Das kantonale Gericht legte die Bestimmungen und Grundsätze über den für die
Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 Abs. 1 UVG in
Verbindung mit Art. 4 ATSG) vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang
zwischen Unfall und eingetretenem Schaden (vgl. auch BGE 134 V 109 E. 2.1 S.
111 f.) richtig dar. Zutreffend wurde auch ausgeführt, dass die vom Versicherer
einmal anerkannte Leistungspflicht erst entfällt, wenn dieser nachweist, dass
der (krankhafte) Gesundheitszustand erreicht ist, wie er unmittelbar vor dem
Unfall bestanden hat (status quo ante) oder wie er sich nach dem
schicksalsmässigen Verlauf eines krankhaften Vorzustandes auch ohne Unfall
früher oder später eingestellt hätte (status quo sine; RKUV 1994 Nr. U 206 S.
328 f., U 180/93 E. 3b mit Hinweisen). Schliesslich wurden im angefochtenen
Entscheid auch die gemäss medizinischer Literatur und der darauf beruhenden
Rechtsprechung zu erfüllenden Kriterien aufgelistet, aufgrund welcher das
Beschwerdebild eines CRPS als Folge eines Unfalls anerkannt werden kann (Urteil
8C_384/2009 vom 5. Januar 2010 in SVR 2010 UV 18, S. 69).

4.

4.1. Die Vorinstanz setzte sich eingehend mit den medizinischen Akten
auseinander. Sie stellte dabei fest, gemäss den echtzeitlichen ärztlichen
Berichten hätten innerhalb der ersten sechs bis acht Wochen nach dem
Unfallereignis oder der darauf folgenden Operation keine Hinweise für die
Entwicklung eines CRPS bestanden. Weder der behandelnde Dr. med. C.________,
noch Dr. med. D.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und
Traumatologie des Bewegungsapparates FMH, welcher um eine Zweitmeinung gebeten
worden war, hätten eine entsprechende Diagnose gestellt. Auch der Bericht der
Ärzte der Klinik E.________ vom 20. Januar 2016 vermöge keine Zweifel an der
Beurteilung des Vertrauensarztes der Visana, Dr. med. F.________, Facharzt für
Orthopädische Chirurgie FMH, vom 17. Juni 2015 zu erwecken. Die
Unfallversicherung habe ihre Leistungspflicht über den 23. Juni 2015 hinaus zu
Recht abgelehnt.

4.2. Die von der Beschwerdeführerin dagegen vorgebrachten Argumente vermögen
nicht zu überzeugen.
Entgegen deren Darstellung hat Dr. med. C.________ nie die Diagnose eines CRPS
oder Morbus Sudeck gestellt. Wie die Vorinstanz bereits eingehend darlegte,
kann auch aus dem Eintrag dieses Arztes in der Krankengeschichte vom 30. Januar
2015 nichts anderes abgeleitet werden. Vielmehr stellte er eine leichte
Überwärmung und Rötung sowie eine etwas ödematöse Struktur fest. Wörtlich wird
weiter ausgeführt: "Es liegt aus klinischer Sicht aufgrund der Anamnese eine
Überreizung, wahrscheinlich durch die physiotherapeutischen Manipulationen
vor." Nach therapeutischen Empfehlungen wird vermerkt: "Sollte dann die
Problematik nicht ruhiger geworden sein,... muss auch differentialdiagnostisch
ein Sudeck ausgeschlossen werden". Alleine die Erwähnung von allgemeinen
Symptomen wie einer leichten Überwärmung, Rötung oder ödematösen Struktur
vermag eine korrekt gestellte und begründete Diagnose nicht zu ersetzen. Dr.
med. C.________ stellte nicht einmal eine Verdachtsdiagnose. Vielmehr notierte
er am 4. Mai 2015, die Beschwerden der Versicherten seien nicht sicher
zuzuordnen. Entscheidend aber ist, dass er einen Kausalzusammenhang mit der
beim Unfall erlittenen Verletzung und der darauf folgenden operativen
Behandlung ausdrücklich ausschloss. "Es besteht sicherlich kein Zusammenhang
mit der durchgeführten Refixation des Os acromiale." Die Beschwerden stünden
möglicherweise im Zusammenhang mit einer nachgewiesenen kleinen osteochondralen
Talusläsion. Diese war aber eindeutig nicht auf den versicherten Unfall
zurückzuführen. Bereits im radiologischen Befund vom 13. August 2014 - somit
nur wenige Tage nach dem versicherten Ereignis - wurde eine ältere
osteochondrale Läsion an der Haupttragfläche der Talusrolle lateralseits (6 mm)
mit einer umschriebenen Sklerose beschrieben. Es bestand also am rechten Fuss,
konkret am Talus lateral, ein Vorzustand. Die Unfallverletzung betraf indessen
das obere rechte Sprunggelenk medial. Dr. med. C.________ liess die Beschwerden
der Versicherten im Mai/Juni 2015 auch eingehend abklären und sowohl eine
Magnetresonanz- als auch eine SPECT-Untersuchung durchführen. Diese klärten die
Ursache der Beschwerden und zeigten eine Zunahme der bereits vorbestehenden,
grösseren osteochondralen Läsion im Bereich der lateralen Talusschulter. Die
weitere Behandlung, insbesondere die vom behandelnden Arzt vorgeschlagene
zweite Operation betraf denn auch die Versorgung dieser Talusläsion (Eintrag in
der Krankengeschichte vom 10. Juni 2015). Dr. med. C.________ liess die
Ursachen der von der Versicherten geklagten Beschwerden im ersten Halbjahr 2015
somit eingehend abklären. Ein CRPS fand er nicht. Somit erhellt, dass ein CRPS
(auch Algodystrophie oder Morbus Sudeck) innert der von der Rechtsprechung
geforderten Latenzzeit von sechs bis acht Wochen, (vgl. Urteil 8C_384/2009 vom
5. Januar 2010 in SVR 2010 UV 18 E. 4.2.1 S. 70; E. 3 hievor) nicht auftrat.
Bei dieser Sachlage kann die Kausalitätsbeurteilung der Dr. med. G.________,
Assistenzärztin Rheumatologie und PD Dr. med. H.________, Chefarzt an der
Klinik E.________ vom 20. Januar 2016 keine auch nur geringen Zweifel an der
Beurteilung des Dr. med. C.________ und des beratenden Arztes der Visana, Dr.
med. F.________, wecken. Im genannten Bericht der Klinik E.________ wird von
einem CRPS am rechten Fuss gesprochen, ohne zwischen der vorbestehenden
Talusläsion - welche gemäss Dr. med. C.________ für die anhaltenden Beschwerden
verantwortlich ist - und der beim Unfall zugezogenen Verletzung am medialen OSG
zu unterscheiden. Es fehlt denn auch an einer nachvollziehbaren Begründung,
weshalb eine Unfallkausalität bejaht wird. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

5. 
Die Gerichtskosten sind der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 31. Oktober 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer

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