Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.515/2016
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_515/2016        

Urteil vom 22. Juni 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch die Sozialen Dienste der Stadt Zürich,
Sozialversicherungsrecht, Recht, Hönggerstrasse 24, Postfach, 8037 Zürich,
Beschwerdeführer,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Zürcherstrasse 8, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Rückerstattung; Prozessvoraussetzung),

Beschwerde gegen die Verfügung des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 6. Juni 2016.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 4. September 2015 forderte die Arbeitslosenkasse des Kantons
Zürich die A.________ während der Monate April bis August 2013 ausgerichtete
Arbeitslosenentschädigung von netto Fr. 12'554.- zurück. Mit einer weiteren
Verfügung vom 19. Oktober 2015 verrechnete sie den Rückforderungsbetrag mit den
ab September 2015 netto geschuldeten Taggeldleistungen. In Vertretung des
Versicherten erhoben die Sozialen Dienste der Stadt Zürich Einsprache und
beantragten, bei der Verrechnung sei das Existenzminimum von Fr. 2'934.- zu
berücksichtigen; die Nachzahlungen aufgrund der zu hohen Verrechnungen seien an
sie als unterstützender Fürsorgestelle auszurichten. Mit Entscheid vom 10.
Dezember 2015 wies die Arbeitslosenkasse den eingelegten Rechtsbehelf ab.

B. 
Auf die hiegegen eingereichte Beschwerde trat das Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich mit Entscheid vom 6. Juni 2016 nicht ein.

C. 
Der weiterhin durch die Sozialen Dienste der Stadt Zürich vertretene A.________
lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und
beantragen, unter Aufhebung seines Entscheids sei das kantonale Gericht zu
verpflichten, auf die Beschwerde einzutreten.

Die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich und das Staatssekretariat für
Wirtschaft (SECO) verzichten auf eine Vernehmlassung.

D. 
Mit Verfügung vom 10. April 2017 weist das Bundesgericht das Gesuch von
A.________ um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren ab.

Erwägungen:

1. 
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht mit Entscheid vom 6. Juni
2016 zu Recht nicht auf die gegen den Einspracheentscheid der Arbeitslosenkasse
vom 10. Dezember 2015 gerichtete Beschwerde eingetreten ist.

2.

2.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen die formellen
Gültigkeitserfordernisse auch des vorinstanzlichen Verfahrens. So ist der
angefochtene Entscheid aufzuheben, wenn das kantonale Versicherungsgericht in
der Sache entschieden hat, obschon es an einer Eintretensvoraussetzung fehlte (
BGE 136 V 7 E. 2 Ingress S. 9). Dasselbe hat zu gelten, wenn das kantonale
Versicherungsgericht auf die bei ihm eingereichte Beschwerde nicht eingetreten
war. Unter diesen Umständen ist auf die Eingabe der den Beschwerdeführer
vertretenden Sozialen Dienste der Stadt Zürich vom 18. Mai 2017 nicht näher
einzugehen, zumal sie sich allein mit der materiellen und nicht mit der im
vorinstanzlichen Verfahren aufgeworfenen prozessualen Seite des Falles befasst.

2.2.

2.2.1. Nach Art. 59 ATSG ist zur Beschwerde berechtigt, wer durch die
angefochtene Verfügung oder den Einspracheentscheid berührt ist und ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Der Begriff des
schutzwürdigen Interesses für das Verfahren vor dem kantonalen
Versicherungsgericht (Art. 61 ATSG) ist gleich auszulegen wie derjenige nach
Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG für das Verfahren der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor dem Bundesgericht (BGE 136 V 7 E.
2.1 S. 9 mit Hinweisen).

2.2.2. Das schutzwürdige Interesse muss nicht nur bei der
Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung
aktuell und praktisch sein. Fällt es im Laufe des Verfahrens dahin, wird die
Sache als erledigt erklärt; fehlte es schon bei der Beschwerdeeinreichung, ist
auf die Eingabe nicht einzutreten. Nach der Rechtsprechung ist ausnahmsweise
auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses zu verzichten, wenn
sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit
wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je
möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im
öffentlichen Interesse liegt (BGE 137 I 23 E. 1.3.1 S. 24 f. mit Hinweisen).

3.

3.1.

3.1.1. Die Vorinstanz hat erwogen, der Versicherte habe die im Streit stehenden
Leistungen der Arbeitslosenkasse gemäss der schriftlichen Erklärung vom 8.
Oktober 2015 ab 1. September 2015 an die Sozialen Dienste der Stadt Zürich
abgetreten, weshalb ihm die Beschwerdelegitimation abgehe; im Übrigen habe er
kein schützenswertes Interesse dargetan, dass die Nachzahlungen im beantragten
Umfang an die Sozialen Dienste der Stadt Zürich zu leisten seien.

3.1.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, grundsätzlich sei jede Person, die
Ansprüche gegenüber einer Versicherung geltend machen könne, selbstständig zur
Beschwerde legitimiert. Die Forderungsabtretung sei allein in jenem Umfang
vereinbart worden, als die Sozialen Dienste der Stadt Zürich Vorschusszahlungen
im Sinne von Art. 22 Abs. 2 lit a ATSG zu erbringen haben würden; ein darüber
hinausgehender Anspruch auf Taggeldleistungen der Arbeitslosenversicherung
müsse daher an sie ausgerichtet werden. Das betreibungsrechtliche
Existenzminimum sei um Fr. 262.- höher als die von den Sozialen Diensten der
Stadt Zürich erbrachten, existenzsichernden Leistungen. Deshalb habe er in
diesem Umfang seine Leistungsansprüche nicht abgetreten und damit ein konkretes
finanzielles Interesse daran gehabt, Beschwerde beim kantonalen Gericht
einzureichen.

3.2.

3.2.1. Die Vorbringen des Beschwerdeführers treffen den entscheidenden Punkt
nicht. Gemäss Abrechnung der Arbeitslosenkasse vom 29. Januar 2016 war der von
ihr zurückgeforderte und im Übrigen unbestrittene Betrag von netto 12'554.-
durch Verrechnung mit der ab September 2015 monatlich auszurichtenden
Arbeitslosenentschädigung Mitte Dezember 2015 vollständig getilgt gewesen.
Daher hatte der Beschwerdeführer am 18. Januar 2016, als er die kantonale
Beschwerde bei der Vorinstanz einreichte, kein aktuelles und praktisches,
mithin kein schutzwürdiges Interesse an der gerichtlichen Beurteilung der
aufgeworfenen materiellrechtlichen Frage mehr. Daran ändert angesichts der
zitierten Rechtsprechung (E. 2.2.2 hievor) der in der Eingabe vom 18. Mai 2017
formulierte Einwand des Beschwerdeführers nichts, er habe zum damaligen
Zeitpunkt nicht wissen können, dass der unbestrittene Rückforderungsbetrag
bereits getilgt gewesen sei.

3.2.2. Zu prüfen ist weiter von Amtes wegen, ob ein virtuelles schutzwürdiges
Interesse an der Beschwerdeführung im Sinne der in E. 2.2.2 in fine hievor
erwähnten Rechtsprechung bestand. Davon kann nicht ausgegangen werden, zumal
der Beschwerdeführer nach wie vor seine eigenen wirtschaftlichen Interessen in
den Vordergrund stellt und insbesondere nicht darlegt, inwiefern deren
Überprüfung bzw. der insofern aufgeworfenen Rechtsfragen künftig in anderem
Zusammenhang nicht mehr möglich sein würden. So macht er wie schon im
kantonalen Verfahren die rein materiellrechtlich zu beurteilenden Rügen
geltend, die im letztinstanzlichen Prozess mangels eines entsprechenden
Anfechtungsgegenstandes nicht beurteilt werden können.

4. 
Die Gerichtskosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 22. Juni 2017
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Grunder

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben