Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.506/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     

{T 0/2}            
8C_506/2016

Urteil vom 4. November 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Stadelmann,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 8. Juni 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1980 geborene A.________ war seit Februar 2004 bei der Malerei B.________
AG angestellt und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 16. März 2015
traf ein herabfallendes Geländer den rechten Mittelfuss des Versicherten direkt
hinter der Stahlkappe des Arbeitsschuhs (Schadenmeldung UVG vom 23. März 2015).
Der am folgenden Tag aufgesuchte Dr. med. C.________, Praktischer Arzt FMH,
diagnostizierte eine schwere aktivierte Arthrose talonavicular
(differentialdiagnostisch: Chopard-Arthrose mit Status nach Einbruch des Os
naviculare und Voroperation in diesem Bereich), ohne Nachweis einer frischen
traumatischen Veränderung (Bericht vom 14. April 2015). Laut Auskünften des
Kreisarztes, SUVA St. Gallen, vom 4. Juni 2015 waren alle bildgebend sichtbar
gewordenen Veränderungen auf das im Jahre 2000 erlittene Trauma des rechten
Mittelfusses zurückzuführen; beim Unfall vom 16. März 2015 kam es zu einer
leichten Prellung ohne strukturell objektivierbare Läsion; es handelte sich um
eine vorübergehende Verschlimmerung eines Vorzustandes, die spätestens nach
acht Wochen, das heisst spätestens im Zeitpunkt der ärztlichen Untersuchung vom
11. Mai 2015 im Spital D.________ ausgeheilt gewesen war. Mit Verfügung vom 5.
Juni 2015 stellte die SUVA die bislang erbrachten gesetzlichen Leistungen
(Heilbehandlung; Taggeld) auf den 31. Mai 2015 ein. Der Versicherte liess
Einsprache erheben und die medizinische Beurteilung des Dr. med. E.________,
Facharzt für Chirurgie, vom 4. September 2015 auflegen, wozu Dr. med.
F.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des
Bewegungsapparates FMH, SUVA Versicherungsmedizin, am 28. Oktober 2015 Stellung
nahm. Mit Einspracheentscheid vom 10. November 2015 wies die SUVA den
eingelegten Rechtsbehelf ab.

B. 
A.________ liess beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau Beschwerde
einreichen und die Berichte des Dr. med. E.________ vom 19. November 2015 sowie
des Dr. med. G.________, Oberarzt Orthopädie, Klinik H.________, vom 9. März
2016 auflegen. Die SUVA brachte unter anderem die Beurteilung des PD Dr. med.
I.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie, SUVA Versicherungsmedizin,
vom 14. Januar 2016 ins Verfahren ein. Mit Entscheid vom 8. Juni 2016 wies das
kantonale Gericht das eingelegte Rechtsmittel ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde führen und beantragen, unter Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheids seien ihm die gesetzlichen Leistungen nach UVG
betreffend die Folgen des Unfalls vom 16. März 2015 bis auf Weiteres
auszurichten; eventualiter sei die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen,
beziehungsweise zwecks Einholens einer unabhängigen Begutachtung an das
kantonale Gericht zurückzuweisen.
Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280; vgl. auch BGE 141 V 234 E. 1 S. 236; 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.).

1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder
Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung hingegen
ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3
BGG).

2.

2.1. Das kantonale Gericht hat die gesetzliche Bestimmung über den Anspruch auf
Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung im Allgemeinen (Art. 6 Abs. 1
UVG) und die Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht vorausgesetzten
natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen
Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod: BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181) zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

2.2. Zu wiederholen ist, dass dann, wenn die Unfallkausalität einmal mit der
erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist, die Leistungspflicht des
Unfallversicherers erst entfällt, sobald der Unfall nicht mehr die natürliche
und adäquate Ursache des Gesundheitsschadens darstellt, wenn also Letzterer nur
noch und ausschliesslich auf unfallfremden Ursachen beruht. Dies trifft dann
zu, wenn entweder der (krankhafte) Gesundheitszustand, wie er unmittelbar vor
dem Unfall bestanden hat (Status quo ante) oder aber derjenige Zustand, wie er
sich nach dem schicksalsmässigen Verlauf eines krankhaften Vorzustandes auch
ohne Unfall früher oder später eingestellt hätte (Status quo sine), erreicht
ist. Ebenso wie der leistungsbegründende natürliche Kausalzusammenhang muss das
Dahinfallen jeder kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen eines
Gesundheitsschadens mit dem im Sozialversicherungsrecht allgemein üblichen
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Die blosse
Möglichkeit nunmehr gänzlich fehlender ursächlicher Auswirkungen des Unfalles
genügt nicht. Da es sich hiebei um eine anspruchsaufhebende Tatfrage handelt,
liegt aber die entsprechende Beweislast - anders als bei der Frage, ob ein
leistungsbegründender natürlicher Kausalzusammenhang gegeben ist - nicht beim
Versicherten, sondern beim Unfallversicherer (RKUV 1994 Nr. U 206 S. 326, U 180
/93 E. 3b).

3.

3.1. Die Vorinstanz hat erkannt, dass zur Beurteilung der Frage, ob der
Versicherte über den 31. Mai 2015 hinaus Anspruch auf Leistungen der
obligatorischen Unfallversicherung hatte, auf die in allen Teilen
beweiskräftigen Auskünfte des Dr. med. F.________ vom 28. Oktober 2015 und des
PD Dr. med. I.________ vom 14. Januar 2016 abzustellen war. Aus keinem einzigen
medizinischen Aktenstück war ersichtlich, dass der Versicherte beim Unfall vom
16. März 2015 bildgebend nachweisbar ossäre oder sonstige strukturelle
Verletzungen im Bereich des rechten Mittelfusses erlitten hatte.
Übereinstimmend wiesen die Ärzte auf die im Jahre 2000 bei einem nicht bei der
SUVA versicherten Unfall erlittenen Verletzungen und deren Folgen hin. Dazu hat
die Vorinstanz im Einzelnen ausgeführt, dass die Argumentation des vom
Versicherten beigezogenen Dr. med. E.________ (Berichte vom 4. September und
19. November 2015) nicht zuletzt deshalb auf eine beweisrechtlich unzulässige
Beurteilung "post hoc ergo propter hoc" hinauslief, weil er vom stummen
Vorzustand auf eine schwerwiegende mechanische Einwirkung auf den rechten
Mittelfuss schloss, was mit den Akten nicht belegt werden konnte. Zum einen
arbeitete der Versicherte in den Stunden nach dem Unfall weiter, zum anderen
stellte der Oberarzt des Spitals Wil eine Woche später nur noch eine leichte
Schwellung fest. Der vom Versicherten angerufene Dr. med. G.________ (Bericht
vom 9. März 2016) sprach zwar von einer Retraumatisierung der vormals
asymptomatisch gebliebenen Veränderungen im Bereich des rechten Mittelfusses,
dies änderte jedoch nichts daran, dass die am 30. September 2015 arthroskopisch
durchgeführte chirurgische Massnahme allein wegen des unfallbedingten
Vorzustandes erforderlich war.

3.2.

3.2.1. Was der Beschwerdeführer vorbringt, ist nicht stichhaltig. Weder aus den
vorinstanzlich zitierten, noch den übrigen medizinischen Aktenstücken ist
ersichtlich, dass der Unfall vom 16. März 2015 zu einer richtunggebenden
Verschlimmerung des unbestritten vorbestandenen Gesundheitsschadens im Bereich
des rechten Mittelfusses führte. Insbesondere gab der vom Versicherten
beigezogene Dr. med. E.________ im Bericht vom 19. November 2015 an, nach der
Operation vom 30. September 2015 erneut auftretende Beschwerden stünden nicht
mehr in Zusammenhang mit dem Unfall vom 16. März 2015; im Prinzip handle es
sich vorliegend um eine kontinuierlich schmerzhafte, temporäre Verschlimmerung
eines Vorschadens, die konservativ behandelt nicht ausheilte, so dass operiert
werden musste. Sodann ist die Stellungnahme des PD Dr. med. I.________ vom 14.
Januar 2016 - entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers - nicht in sich
widersprüchlich, so dass an deren Zuverlässigkeit auch nur geringe Zweifel
bestünden. Er hielt abschliessend einzig fest, ob ein Status quo sine im
versicherungsmedizinischen Sinne bereits nach zweieinhalb Monaten (Ende Mai
2015) eingetreten sei, könne als diskussionsfähig gelten; ein solcher Zustand
sei jedoch mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit spätestens im Zeitpunkt
der ersten Konsultation am 9. Juli 2015 in der Klinik H.________ gegeben
gewesen. Damit wies PD Dr. med. I.________ im Kontext gelesen zumindest
implizite (im Verlauf seit dem Unfall vom 16. März 2016 war aufgrund der
radiologisch wiederholt festgestellten Befunde keine Verschlechterung der
vorbestandenen Veränderungen zu erkennen) allein auf den Umstand hin, dass der
konkrete Zeitpunkt, wann genau der Status quo sine erreicht worden war, sich
von der Natur der Sache her nicht auf den Tag genau feststellen liess, sondern
lediglich mehr oder minder genau geschätzt werden musste (vgl. ALEXANDRA
RUMO-JUNGO/ANDRÉ-PIERRE HOLZER, Rechtsprechung zum Sozialversicherungsrecht,
Bundesgesetz über die Unfallversicherung [UVG], 4. Aufl. 2012, S. 55 mit
Hinweis). Hiezu ist im Übrigen zu bemerken, dass wenig nachvollziehbar ist,
wenn Dr. med. E.________ den am 30. September 2015 arthroskopisch
durchgeführten Eingriff, woraus sich offensichtlich keine neuen Erkenntnisse zu
der zur Diskussion stehenden Frage ergaben, quasi als zeitliche Grenze des
Status quo sine bezeichnete.

3.2.2. Im Übrigen verweist das Bundesgericht auf die nicht zu beanstandenden
Erwägungen im angefochtenen Entscheid. Zur Verdeutlichung ist einzig anzufügen,
dass letztlich nicht ausschlaggebend ist, ob das Geländer, dass den rechten
Mittelfuss traf, besonders schwer war, wie der Beschwerdeführer geltend zu
machen scheint; entscheidend ist vielmehr der Umstand, dass unmittelbar nach
dem Unfall radiologisch mehrfach nachgewiesen keine frischen strukturellen
Läsionen objektiviert werden konnten und die Schwellung klinisch überprüft
innerhalb einer Woche praktisch vollständig abgeklungen war. Daher ist
abschliessend festzuhalten, dass das kantonale Gericht zu Recht in Bestätigung
des Einspracheentscheids vom 10. November 2015 den - bezogen auf den Unfall vom
16. März 2015 - über den 31. Mai 2015 hinaus geltend gemachten Anspruch auf
Leistungen aus der obligatorischen Unfallversicherung verneint hat.

4. 
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 4. November 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Grunder

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