Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.48/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]             
{T 0/2}
                           
8C_48/2016, 8C_49/2016

Urteil vom 15. März 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

8C_48/2016
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Lagerhausstrasse 19, 8400
Winterthur,
Beschwerdegegner,

und

8C_49/2016
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (unentgeltlicher Rechtsbeistand),

Beschwerden gegen die Entscheide des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 20. November 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. Mit Verfügung vom 28. April 2014 verneinte die IV-Stelle des Kantons
Zürich einen Rentenanspruch der B.________ zum wiederholten Mal.

A.b. Für die Rechtsvertretung im Verwaltungsverfahren sprach die   IV-Stelle
A.________, praktizierende Rechtsanwältin und unentgeltliche Rechtsbeiständin
der B.________ im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren, mit einem
weiteren Verwaltungsakt vom 8. August 2014 für die Zeit ab 2. März 2012 bis zum
Verfügungserlass vom 28. April 2014 eine nach pflichtgemässem Ermessen
festgesetzte Entschädigung von Fr. 2'336.05 inklusive Auslagenersatz und
Mehrwertsteuer zu.

B.

B.a. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen die
rentenablehnende Verfügung vom 28. April 2014 erhobene Beschwerde ab und sprach
A.________ als unentgeltlicher Rechtsvertreterin in Dispositiv-Ziffer 3 seines
Entscheids eine Entschädigung von Fr. 3'200.- inklusive Barauslagen und
Mehrwertsteuer zu (Entscheid vom 20. November 2015; Verfahrens-Nr.
IV.2014.00592).

B.b. Die von A.________ in eigenem Namen geführte Beschwerde gegen die
Verfügung betreffend unentgeltliche Verbeiständung vom 8. August 2014 lehnte
das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich gleichentags mit separatem
Entscheid vom 20. November 2015 ab (Verfahrens-Nr. IV.2014.00905).

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen
Dispositiv-Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids betreffend Entschädigung im
kantonalgerichtlichen Prozess (Verfahrens-Nr. IV.2014.00592) und gegen den
Entscheid des kantonalen Gerichts, mit welchem die Höhe der Entschädigung für
das Verwaltungsverfahren bestätigt worden war (Verfahrens-Nr. IV.2014.00905).
Sie beantragt, es sei ihr für das Einwandverfahren bei der IV-Stelle eine
ungekürzte Entschädigung für einen Aufwand von 15 Stunden und 30 Minuten nebst
Barauslagen und Mehrwertsteuer zuzusprechen; zudem sei die Vorinstanz zu
verpflichten, ihr eine ungekürzte Prozessentschädigung für das Verfahren vor
dem Sozialversicherungsgericht zuzusprechen, wobei die Prozessentschädigung dem
Aufwand angemessen sein müsse und der Streitwert bei der Bemessung nicht zu
berücksichtigen sei.
Das Bundesgericht hat auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Die Rechtsanwältin führt Beschwerde gegen den kantonalen Gerichtsentscheid im
Verfahren IV.2014.00905 und gegen Dispositiv-Ziffer 3 des vorinstanzlichen
Entscheids im Verfahren IV.2014.00592, beide datierend vom 20. November 2015,
mit welchen die Entschädigungen für die unentgeltliche Verbeiständung im
Verwaltungsverfahren und im kantonalgerichtlichen Verfahren festgelegt wurden.
Da es sich um die Rechtsvertretung derselben Mandantin im gleichen
invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren handelt, rechtfertigt es sich, die
mit Blick auf die zwei verschiedenen angefochtenen Gerichtsentscheide vom 20.
November 2015 je separat eröffneten Prozesse vor Bundesgericht zu vereinigen
und in einem einzigen Urteil zu erledigen. In einem separaten Urteil 8C_47/2016
vom heutigen Datum wird hingegen die von der Rechtsanwältin für ihre Mandantin
gegen die vom kantonalen Gericht im Verfahren betreffend Rentenablehnung
(Verfahrens-Nr. IV.2014.00592) erhobene Beschwerde behandelt.

2. 
Da sich die Beschwerde führende Rechtsanwältin gegen die Höhe der von der
Vorinstanz zugesprochenen - bzw. betreffend Verwaltungsverfahren von der
Vorinstanz bestätigten - Entschädigung für ihre Tätigkeit als unentgeltliche
Rechtsvertreterin wendet, ist sie als unentgeltliche Rechtsbeiständin
legitimiert, in eigenem Namen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten zu erheben (Art. 89 Abs. 1 BGG; Urteil 8C_327/2015 vom 8.
September 2015 E. 1 mit Hinweis). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

3. 
Streitig und zu prüfen ist zunächst die Höhe der Entschädigung der
unentgeltlichen Rechtsbeiständin im Verwaltungsverfahren der
Invalidenversicherung.

3.1. Das kantonale Gericht hat die Rechtsgrundlagen zur Bemessung der
Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Administrativverfahren
(Art. 37 Abs. 4 ATSG in Verbindung mit Art. 12a ATSV und Art. 8 bis 13 des
Reglements über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht
[VGKE; SR 173.320.2]) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.2. Die Höhe der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im
Verwaltungsverfahren betrifft eine Ermessensfrage, deren Beantwortung
letztinstanzlicher Korrektur nur dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht
das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung,
-missbrauch oder -unterschreitung vorliegt (BGE 131 V 153 E. 6.2 S. 158).

3.3.

3.3.1. Im vorinstanzlichen Entscheid wird einlässlich erörtert, aus welchen
Gründen die Kürzung des zeitlichen Aufwandes, welcher in der Honorarnote der
Beschwerdeführerin vom 30. Juni 2014 auf 15 Stunden und 30 Minuten beziffert
wird, um fünf Stunden durch die IV-Stelle korrekt sei und weshalb die Kosten
der Anwältin für die Belieferung der behandelnden Ärzte mit Kopien der
Gutachten nicht als notwendige Auslagen qualifiziert werden könnten.

3.3.2. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin bedingen keinen anderen Schluss.
Soweit sie ihren hohen Zeitaufwand damit begründen will, dass der Grundfall
betreffend Invalidenrente (Urteil 8C_47/2016) ausserordentlich komplex und die
Kommunikation mit ihrer physisch und psychisch kranken Mandantin sehr aufwändig
gewesen seien, kann ihr nicht gefolgt werden. Aufgrund ihrer Darlegungen wird
nicht ersichtlich, inwiefern das kantonale Gericht bei seinem Entscheid über
die Höhe der geschuldeten Entschädigung für die unentgeltliche Verbeiständung
im Verwaltungsverfahren sein Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt haben soll.
Entgegen ihrer Ansicht hat es auch die Begründungspflicht nicht verletzt, da es
sich mit jeder Aufwandposition, welche von der IV-Stelle gekürzt worden ist,
auseinandergesetzt und erklärt hat, weshalb die Kürzungen im Einzelnen
gerechtfertigt seien.

4. 
Umstritten ist sodann auch die Höhe der Entschädigung für die unentgeltliche
Rechtsvertretung im kantonalen Gerichtsverfahren.

4.1.

4.1.1. Die Bemessung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im
kantonalen Verfahren ist mangels bundesrechtlicher Bestimmungen dem kantonalen
Recht überlassen (BGE 131 V 153 E. 6.1 S. 158), mit welchem sich das
Bundesgericht unter Vorbehalt der in Art. 95 lit. c-e BGG genannten Ausnahmen
grundsätzlich nicht zu befassen hat. Eine Bundesrechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 lit. a BGG liegt vor, wenn die Anwendung kantonalen Rechts, sei es
wegen seiner Ausgestaltung oder aufgrund des Ergebnisses im konkreten Fall, zu
einer Verfassungsverletzung führt. Im Bereich der nach kantonalem Recht
zuzusprechenden und zu bemessenden Parteientschädigungen, und damit namentlich
auch der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes, fällt praktisch
nur das Willkürverbot (Art. 9 BV) in Betracht. Eine willkürliche Anwendung
kantonalen Rechts liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich
unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht,
eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in
stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht
hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern
auch dessen Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als
vertretbar oder gar als zutreffender erscheinen mag, genügt nicht (BGE 132 I 13
E. 5.1 S. 17; Urteil 9C_284/2012 vom 18. Mai 2012 E. 2).

4.1.2. Gemäss § 34 Abs. 3 des Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich vom 7. März 1993 (GSVGer/ZH; LS [Loseblattsammlung] 212.81)
bemisst sich die Höhe der gerichtlich festzusetzenden Entschädigung nach der
Bedeutung der Streitsache, der Schwierigkeit des Prozesses und dem Mass des
Obsiegens, jedoch ohne Rücksicht auf den Streitwert. Laut § 8 in Verbindung mit
§ 7 der Verordnung über die Gebühren, Kosten und Entschädigungen vor dem
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich vom 12. April 2011 (GebV SVGer/
ZH; LS 212.812) wird einer Partei für unnötigen oder geringfügigen Aufwand
keine Entschädigung zugesprochen.

4.2. Im vorinstanzlichen Verfahren hatte die Beschwerdeführerin einen
Zeitaufwand von 19 Stunden und Barauslagen von Fr. 118.- geltend gemacht und
insgesamt eine Entschädigung von Fr. 4'375.40 gefordert
(Aufwandzusammenstellung vom 28. August 2015). Das kantonale Gericht setzte die
Entschädigung (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) auf Fr. 3'200.- herab.
Diese Kürzung erfolgte nicht pauschal, sondern insbesondere auch mit Blick auf
die Menge der zu rekapitulierenden Aktenstücke der IV-Stelle, den Umfang der
Rechtsschriften und die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gesuch um
unentgeltliche Rechtsverbeiständung. Sodann durfte die Vorinstanz ohne weiteres
dem durch die Synergieeffekte der beiden Verfahrensabschnitte verminderten
Aufwand der Beschwerdeführerin Rechnung tragen, ohne in Willkür zu verfallen.
Es gelingt der Beschwerdeführerin nicht, aufzuzeigen, aus welchem Grund das
Ergebnis der Festsetzung der Entschädigung für die unentgeltliche
Rechtsvertretung im kantonalgerichtlichen Verfahren unhaltbar (vgl. E. 4.1.1
hiervor) sein soll.

5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Die Gerichtskosten werden ausgangsgemäss der
Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 8C_48/2016 und 8C_49/2016 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerden werden abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von je Fr. 500.- in den Verfahren 8C_48/2016 und 8C_49/2016
werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der IV-Stelle des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. März 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz

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