Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.468/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_468/2016

Urteil vom 13. September 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Lanz.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Hochstrasser,
Beschwerdeführer,

gegen

1.       IV-Stelle des Kantons Aargau,
       Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
2.       Versicherungsgericht des Kantons Aargau,              Obere Vorstadt
40, 5000 Aarau,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung (unentgeltliche Verbeiständung; Verwaltungsverfahren;
kantonales Verfahren),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 2. Juni 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1955 geborene A.________ meldete sich im März 2015 zum wiederholten Mal zum
Rentenbezug bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau
trat auf die Neuanmeldung ein und traf Sachverhaltsabklärungen. Am 9. September
2015 ersuchte A.________ um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung für
das Verwaltungsverfahren. Mit Verfügung vom 16. November 2015 wies die
IV-Stelle das Gesuch mit der Begründung ab, eine anwaltliche Verbeiständung sei
nicht erforderlich.

B. 
A.________ erhob hiegegen Beschwerde. Zudem ersuchte er um Gewährung der
unentgeltlichen Verbeiständung für das Beschwerdeverfahren. Mit Entscheid vom
2. Juni 2016 wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die Beschwerde
und, weil sie diese als aussichtslos beurteilte, das Gesuch um unentgeltliche
Verbeiständung ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________
sinngemäss, in Aufhebung der Verfügung vom 16. November 2015 und des
vorinstanzlichen Entscheides sei für das Verwaltungs- sowie das kantonale
Verfahren die unentgeltliche Verbeiständung zu gewähren. Mit einer weiteren
Eingabe ersucht er sodann um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren.
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wird nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Der vorinstanzliche, auf Verneinung des Anspruchs auf unentgeltliche
Verbeiständung im Verwaltungs- und im kantonalen Verfahren lautende Entscheid
stellt einen durch den Versicherten anfechtbaren Zwischenentscheid im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG dar (BGE 139 V 600; SVR 2015 IV Nr. 18 S. 53, 8C_557/
2014 E. 2). Die übrigen Voraussetzungen für das Eintreten auf die Beschwerde
sind ebenfalls erfüllt.

2. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem
Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht
und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht legt seinem
Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105
Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

3.

3.1. Gemäss Art. 37 Abs. 4 ATSG wird der gesuchstellenden Person im
Verwaltungsverfahren ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt, wo die
Verhältnisse es erfordern. Nach der Rechtsprechung ist eine anwaltliche
Verbeiständung im Verwaltungsverfahren nur in Ausnahmefällen erforderlich. Es
müssen sich schwierige Fragen rechtlicher oder tatsächlicher Natur stellen. Zu
berücksichtigen sind die konkreten Umstände des Einzelfalls, Eigenheiten der
anwendbaren Verfahrensvorschriften sowie weitere Besonderheiten des jeweiligen
Verfahrens. Neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit
des Sachverhalts fallen auch bei der versicherten Person liegende Gründe in
Betracht, etwa ihre Fähigkeit, sich im Verfahren zurechtzufinden. Schliesslich
muss eine gehörige Interessenwahrung durch Verbandsvertreter, Fürsorgestellen
oder andere Fach- und Vertrauensleute sozialer Institutionen ausser Betracht
fallen (SVR 2016 IV Nr. 17 S. 50, 8C_931/2015 E. 3; vgl. auch BGE 132 V 200 E.
4.1 S. 201; erwähntes Urteil 8C_557/2014 E. 4.2; je mit Hinweisen). Das
Bundesgericht prüft die sachliche Gebotenheit der anwaltlichen Vertretung als
Rechtsfrage frei (erwähnte Urteile 8C_931/2015; 8C_557/2014 E. 4.1; je mit
Hinweis).

3.2. Die Vorinstanz hat hier einen solchen Ausnahmefall zu Recht verneint.
Besondere Erschwernisse, wie sie etwa im Falle einer gerichtlich erstrittenen
Rückweisung durch ein Gericht an die Verwaltung zur ergänzenden medizinischen
Abklärung bejaht wurden (erwähntes Urteil 8C_557/2014 E. 5.2.1 mit Hinweis),
lagen nicht vor. Was in der Beschwerde vorgebracht wird, vermag kein anderes
Ergebnis zu begründen. Die IV-Stelle hat eine verwaltungsexterne medizinische
Begutachtung angeordnet. Es kann daher nicht gesagt werden, sie nehme die
Beschwerden des Versicherten nicht ernst. Auch sonst ergeben sich keine
Hinweise für eine solche Einstellung der Verwaltung. Daher kann offenbleiben,
ob das Verwaltungsverfahren andernfalls als besonders schwierig zu
qualifizieren wäre. Die zur medizinischen Abklärung geltend gemachten Umstände
(Einwände gegen einen RAD-Arzt; Zeitpunkt der Auftragserteilung an die
Begutachtungsstelle; Ergänzungsfragen an diese sowie Zeitpunkt der Erstellung
des Gutachtens) gehören zum üblichen Ablauf eines Verwaltungsverfahrens. Würde
deswegen auf eine besondere Komplexität erkannt, müsste der Anspruch auf
unentgeltliche Verbeiständung in praktisch allen Verwaltungsverfahren bejaht
werden, in denen medizinische Unterlagen zur Diskussion stehen. Das
widerspräche jedoch der Konzeption von Art. 37 Abs. 4 ATSG als einer
Ausnahmeregelung (erwähntes Urteil 8C_931/2015 E. 5.2; vgl. auch Urteil 9C_486/
2013 vom 2. Dezember 2013 E. 3.1, nicht publ. in: BGE 139 V 600, aber in: SVR
2014 IV Nr. 26 S. 91). Das kantonale Gericht hat dies zutreffend erkannt.
Es hat sich entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung auch
hinreichend mit der angefochtenen Verfügung und den dagegen erhobenen Einwänden
auseinandergesetzt. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er sei mit den
Verfahrensregeln nicht vertraut und beherrsche die deutsche Sprache nicht,
vermag dies seinen Standpunkt ebenfalls nicht zu stützen. Solche Umstände
genügen nicht, um den Beistand eines Anwaltes - anstelle von
Verbandsvertretern, Fürsorgestellen oder anderen Fach- und Vertrauensleute
sozialer Institutionen - für erforderlich zu erachten (vgl. erwähntes Urteil
9C_486/2013 E. 3.2.1 mit Hinweisen). Daher muss nicht weiter darauf eingegangen
werden, ob die Vorinstanz zu Recht erkannt hat, der Versicherte spreche nach
Lage der Akten genügend deutsch.
Auch die weitere Rüge des Beschwerdeführers, Korrespondenz der Verwaltung sei
teilweise an ihn statt an den Rechtsvertreter gegangen, lässt das
Verwaltungsverfahren nicht als besonders schwierig erscheinen. Die - nicht
belegte - Behauptung, die IV-Stelle gewähre nie die unentgeltliche
Verbeiständung und werde darin durch die Vorinstanz geschützt, rechtfertigt
ebenfalls keine andere Betrachtungsweise. Das kantonale Gericht hat die
Beschwerde daher zu Recht abgewiesen. Damit wurde entgegen der - ohnehin nicht
weiter begründeten - Rüge in der Beschwerde auch der Grundsatz des fairen
Verfahrens resp. der Waffengleichheit nicht verletzt.

4. 
Die Vorinstanz hat, unter Bezugnahme auf ihre oben behandelten Erwägungen,
dargelegt, weshalb sie zum Schluss gelangt ist, die bei ihr eingereichte
Beschwerde sei als aussichtslos zu betrachten und die unentgeltliche
Verbeiständung für das kantonale Verfahren sei zu verweigern. Diese Beurteilung
entspricht ebenfalls Gesetz und Praxis (Art. 61 lit. f ATSG; BGE 140 V 521 E. 9
S. 536 f.). Der Versicherte beschränkt sich diesbezüglich auf sehr kurz
gefasste und allgemein gehaltene Kritik. Damit vermag er auch in diesem Punkt
keine Zweifel am angefochtenen Entscheid zu begründen.

5. 
Die Vorbringen des Versicherten sind auch nicht ansatzweise geeignet, den
angefochtenen Entscheid in Frage zu stellen. Die offensichtlich unbegründete
Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG
abzuweisen.

6. 
Die Kosten des Verfahrens sind vom unterliegenden Beschwerdeführer zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde
abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 13. September 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Lanz

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