Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.418/2016
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_418/2016

Urteil vom 15. November 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Frésard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Hofer.

Verfahrensbeteiligte
Öffentliche Arbeitslosenkasse Baselland, Bahnhofstrasse 32, 4133 Pratteln,
Beschwerdeführerin,

gegen

 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Altermatt,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosenentschädigung; Befreiung von der
Erfüllung der Beitragszeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 14.
April 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1976 geborene A.________ war vom 1. Januar 2013 bis 30. September 2013 als
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität B.________ tätig. In der Zeit
von November 2013 bis Mai 2015 schrieb er an seiner Doktorarbeit, ohne daneben
einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Am 29. Mai 2015 meldete er sich zur
Arbeitsvermittlung für ein Teilzeitpensum von höchstens 80 Prozent an. Zudem
beantragte er ab 1. Juni 2015 Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Mit
Verfügung vom 18. Juni 2015 lehnte die Öffentliche Arbeitslosenkasse Baselland
den Anspruch des Versicherten auf Arbeitslosenentschädigung ab. Zur Begründung
führte sie an, A.________ sei innerhalb der Rahmenfrist für die Beitragszeit
nicht während 12 Monaten einer beitragspflichtigen Beschäftigung nachgegangen.
Ein Grund für die Befreiung von der Beitragszeit liege nicht vor. Daran hielt
sie mit Einspracheentscheid vom 2. Oktober 2015 fest.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht
Basel-Landschaft mit Entscheid vom 14. April 2016 mit der Feststellung gut, der
Versicherte sei von der Erfüllung der Beitragszeit befreit. Es hob den
Einspracheentscheid auf und wies die Sache zur Prüfung der übrigen
Anspruchsvoraussetzungen an die Arbeitslosenkasse zurück.

C. 
Die Arbeitslosenkasse führt Beschwerde mit dem Rechtsbegehren, es seien der
angefochtene Entscheid aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 2. Oktober
2015 zu bestätigen.

A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Vorinstanz und
Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) haben sich nicht vernehmen lassen.

D. 
Das Bundesgericht hat am 15. November 2016 eine öffentliche Beratung
durchgeführt.

Erwägungen:

1.

1.1. Beim angefochtenen Rückweisungsentscheid handelt es sich, da das Verfahren
noch nicht abgeschlossen wird und die Rückweisung auch nicht einzig der
Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient, um einen selbstständig
eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Die Zulässigkeit der
Beschwerde setzt somit - alternativ - voraus, dass der Entscheid einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder dass die
Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit
einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b).

1.2. Die Vorinstanz begründet die Aufhebung des Einspracheentscheids mit der
Feststellung, der Beschwerdegegner sei im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. a AVIG
wegen der Arbeit an seiner Dissertation von der Erfüllung der Beitragszeit
befreit. Sie weist die Angelegenheit an die Arbeitslosenkasse zurück, damit sie
die weiteren Anspruchsvoraussetzungen prüfe. Demgegenüber ist die Verwaltung
der Auffassung, der Anspruch auf Arbeitslosentaggelder müsse schon deshalb
verneint werden, weil die Beitragszeit nicht erfüllt sei und auch kein
Befreiungsgrund vorliege.

1.3. Hätte der kantonale Gerichtsentscheid Bestand, so wäre die
Arbeitslosenkasse unter Umständen gezwungen, eine ihres Erachtens
rechtswidrige, leistungszusprechende Verfügung zu erlassen. Diese könnte sie in
der Folge nicht selber anfechten; da die Gegenpartei in der Regel kein
Interesse haben wird, den allenfalls zu ihren Gunsten rechtswidrigen
Endentscheid anzufechten, könnte der kantonale Vorentscheid nicht mehr
korrigiert werden und würde zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil für
die Verwaltung führen (vgl. BGE 133 V 477 E. 5.2 S. 483 ff.; Urteile 8C_516/
2012 vom 28. Februar 2013 E. 1.3; 8C_682/2007 vom 30. Juli 2008 E. 1.2.2, nicht
publ. in: BGE 134 V 392). Auf die Beschwerde der Arbeitslosenkasse ist demnach
einzutreten.

2. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann eine für den Ausgang
des Verfahrens entscheidende (Art. 97 Abs. 1 BGG) Sachverhaltsfeststellung von
Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG).

3. 
Streitig ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt hat, indem es mit
Blick auf die Erfüllung der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Beitragszeit
aufgrund der vom Beschwerdegegner im massgebenden Zeitraum verfassten
Doktorarbeit einen Befreiungsgrund bejahte.

3.1. Art. 8 Abs. 1 AVIG zählt die für die Arbeitslosenentschädigung
massgeblichen Anspruchsvoraussetzungen auf. Danach ist unter anderem
erforderlich, dass die versicherte Person die Beitragszeit erfüllt hat oder von
der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist (Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG). Nach
Art. 13 Abs. 1 AVIG erfüllt die Beitragszeit, wer innerhalb der dafür
vorgesehenen Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 3 AVIG) während mindestens zwölf Monaten
eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat. Die Rahmenfrist für die
Beitragszeit beginnt zwei Jahre vor dem Tag, für den sämtliche
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 9 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2
AVIG). Von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind gemäss Art. 14 Abs. 1
AVIG unter anderem Personen, die innerhalb der Rahmenfrist für die Beitragszeit
während insgesamt mehr als zwölf Monaten wegen Schulausbildung, Umschulung oder
Weiterbildung (lit. a) nicht in einem Arbeitsverhältnis standen und deshalb die
Beitragszeit nicht erfüllen konnten, sofern sie während mindestens zehn Jahren
Wohnsitz in der Schweiz hatten.

3.2. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 AVIG muss die versicherte
Person durch einen der in dieser Bestimmung aufgeführten Gründe an der Ausübung
einer beitragspflichtigen Beschäftigung gehindert worden sein. Zwischen dem
Befreiungsgrund und der Nichterfüllung der Beitragszeit muss ein
Kausalzusammenhang bestehen. Dabei muss das Hindernis während mehr als zwölf
Monaten bestanden haben (BGE 131 V 279 E. 1.2 S. 280; 126 V 384 E. 2b S. 387).
Denn bei kürzerer Verhinderung bleibt der versicherten Person während der
zweijährigen Rahmenfrist genügend Zeit, um eine ausreichende beitragspflichtige
Beschäftigung auszuüben. Da eine Teilzeitbeschäftigung mit Bezug auf die
Erfüllung der Beitragszeit einer Vollzeitbeschäftigung gleichgestellt ist,
liegt die erforderliche Kausalität zudem nur vor, wenn es der versicherten
Person aus einem der in Art. 14 Abs. 1 lit. a bis c AVIG genannten Gründe auch
nicht möglich und zumutbar war, ein Teilzeitarbeitsverhältnis einzugehen (BGE
126 V 384 E. 2b S. 387; vgl. auch BGE 130 V 229 E. 1.2.3 S. 232; Urteil 8C_516/
2012 vom 28. Februar 2013 E. 3.2).

3.3. Nach der Rechtsprechung gilt als Ausbildung im Sinne von Art. 14 Abs. 1
lit. a AVIG jede systematische, auf der Grundlage eines ordnungsgemässen,
rechtlich oder zumindest faktisch anerkannten (üblichen) Lehrganges beruhende
Vorbereitung auf ein konkretes berufliches Ziel (BGE 122 V 43 E. 3c/aa S. 44)
bzw. eine künftige erwerbliche Tätigkeit (Urteil C 157/03 vom 2. September 2003
E. 2.2). Sie muss genügend überprüfbar sein und endet mit Kenntnisnahme des
erfolgreichen Abschlusses. Nachbesserungen von Diplomarbeiten oder
Wiederholungen von Prüfungen zählen zur Dauer der Ausbildung, wenn die
entsprechenden Vorbereitungen und Arbeiten zeitlich intensiv sind und die
Erfüllung der Kontrollvorschriften verunmöglichen (SVR 2012 ALV Nr. 10 S. 31,
8C_318/2011 E. 6; Urteil 8C_312/2008 vom 8. April 2009 E. 4.3; THOMAS
NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches
Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, 3. Aufl. 2016, S. 2336 Rz.
237; BARBARA KUPFER BUCHER, Bundesgesetz über die obligatorische
Arbeitslosenversicherung und Insolvenzentschädigung, 4. Aufl. 2013, S. 59 ff.;
BORIS RUBIN, Commentaire de la loi sur l'assurance-chômage, 2014, N. 16 ff. zu
Art. 14 AVIG). Die Art der Schule, an welcher die Ausbildung, Umschulung oder
Weiterbildung erfolgt ist, spielt grundsätzlich keine Rolle (GERHARD GERHARDS,
Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], Bd. 1 zu Art. 1-58, 1988,
N. 13 zu Art. 14 AVIG). Zur Ausbildung gehören auch Praktika zur Ergänzung der
theoretisch erworbenen Kenntnisse, sofern dies für den Ausbildungslehrgang der
versicherten Person notwendig ist (SVR 2012 ALV Nr. 1 S. 1, 8C_981/2010 E.
5.1).

3.4. Laut AVIG-Praxis ALE, Rz. B187 (Stand Oktober 2012) gilt als Ausbildung im
Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. a AVIG jeder auf dem Arbeitsmarkt verwertbare
Lehrgang. Gemäss den Weisungen des SECO fallen unter diesen Begriff u.a. auch
die obligatorische Schulzeit sowie ein Praktikum als Bestandteil einer
Ausbildung. Die versicherte Person muss den absolvierten Lehrgang mit einer
Bescheinigung der Ausbildungsstätte nachweisen. Daraus muss die Dauer und die
zeitliche Inanspruchnahme hervorgehen. Die im Selbststudium absolvierte
Weiterbildungszeit kann in der Regel aufgrund ungenügender Überprüfbarkeit
nicht anerkannt werden.

3.5. Als Ausbildung anerkannt hat die Rechtsprechung beispielsweise die
Vorbereitung auf das Anwaltsexamen. Diese sei auf ein konkretes berufliches
Ziel ausgerichtet und erfolge auf der Grundlage eines ordnungsgemässen,
rechtlich oder zumindest faktisch geordneten Ablaufs, auch wenn sie - nicht
notwendigerweise - mit dem regelmässigen Besuch von Vorlesungen, Kursen,
Seminaren und Übungen verbunden sei. Da bei den Prüfungsanforderungen je nach
Kanton erhebliche Unterschiede bestehen, kann die Dauer nicht generell
festgelegt werden, sondern muss in jedem Einzelfall speziell geklärt werden
(SVR 2012 ALV Nr. 10 S. 31, 8C_318/2011 E. 6; Urteile 8C_312/2008 vom 8. April
2009 E. 6). Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Beachtung der Kausalität
zwischen fehlender Beitragszeit und Verhinderung an der Ausübung einer
beitragspflichtigen Beschäftigung als Arbeitnehmer ist im Einzelfall zu prüfen,
ob und in welchem Umfang die geltend gemachte Verhinderung objektiv begründet
ist. Dies gilt laut GERHADS (a.a.O., N. 18 zu Art. 14 AVIG) auch bezüglich der
Weiterbildung an einer Universität, etwa durch Arbeit an einer Dissertation
(vgl. in diesem Sinne auch GABRIELA RIEMER-KAFKA, Bildung, Ausbildung und
Weiterbildung aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht, in: SZS 2004 S. 221).

4.

4.1. Es steht fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner innerhalb
der Rahmenfrist für die Beitragszeit vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2015 (Art. 9
Abs. 1 und 3 AVIG) nicht während mindestens zwölf Monaten eine
beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat (Art. 13 Abs. 1 AVIG). Er machte
jedoch im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung vom 1. Juni 2015 geltend, in
dieser Zeitspanne mehr als zwölf Monate für die Erstellung der Doktorarbeit
aufgewendet zu haben. Unter den Parteien ist streitig, ob damit ein
Befreiungsgrund nach Art. 14 Abs. 1 lit. a AVIG gegeben ist.

4.2. Der Versicherte war von Oktober 1995 bis Ende September 2003 an der
philosophisch-historischen Fakultät der Universität B.________ immatrikuliert.
Ab dem 1. August 2009 war er dort als Doktorand eingeschrieben. Gegenüber der
Arbeitslosenkasse gab er am 15. Juni 2015 an, seine Promotion bestehe aus drei
Teilen. Den ersten Teil habe er von August 2009 bis September 2013
berufsbegleitend absolviert. Danach habe er sich von Oktober 2013 bis Mai 2015
vollumfänglich dem Verfassen seiner Dissertation gewidmet. Den letzten Teil
seiner Arbeit werde er an der Universität B.________ wiederum berufsbegleitend
abschliessen. Prof. Dr. C.________ bestätigte diese Angaben am 15. Juni und 14.
Juli 2015 mit dem Hinweis, dass für die Schreibphase wegen der bevorstehenden
Emeritierung des Zweitbetreuers nicht mehr Zeit zur Verfügung gestanden habe.
Prof. Dr. D.________ gab am 2. Juli 2015 an, der Versicherte habe von Oktober
2013 bis Ende Mai 2015 im Rahmen seines Wochenaufenthalts in Kaiserslautern
seiner Doktorandengruppe am Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik und internationale
Wirtschaftsbeziehungen angehört. Er habe an den Doktorandenveranstaltungen
teilgenommen und diese mit 2 ECTS-Punkten erfolgreich abgeschlossen. Zur
beruflichen Laufbahn des Beschwerdegegners hielt die Vorinstanz fest, dieser
sei während des Studiums in einem Teilpensum für E.________ Schweiz tätig
gewesen. Von 2003 bis 2010 habe er in einem Vollzeitpensum als Projektmanager
und technischer Experte für dieselbe Unternehmung gearbeitet. Von April 2010
bis Dezember 2012 habe er ein Pensum von 70 Prozent als wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Institut F.________ inne gehabt. Von Januar bis September 2013
sei er sodann als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität B.________
beschäftigt gewesen. Im Januar 2016 konnte der Versicherte eine Stelle als
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Schule G.________ antreten.

4.3. Das kantonale Gericht hat erwogen, der Versicherte sei während der
Ausarbeitung seiner Dissertation an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit
verhindert gewesen. Es bejahte den Kausalzusammenhang zwischen fehlender
Beitragszeit und Verhinderung an der Ausübung einer beitragspflichtigen
Arbeitnehmertätigkeit während mehr als zwölf Monaten. Weiter ging es davon aus,
dass das Verfassen einer Dissertation grundsätzlich eine auf dem Arbeitsmarkt
verwertbare Ausbildung darstelle. Der Leistungsausweis eines Doktorstudiums
führe zu verbesserten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Er wirke sich zudem positiv
auf die Höhe des Arbeitsentgelts aus. Dies sei auch mit Bezug auf den
Beschwerdegegner der Fall. Das Spektrum der für ihn möglichen Stellen habe sich
um jene erweitert, die neben Berufserfahrung auch eine Promotion verlangten.
Dies treffe für viele akademische Lehr- und Forschungstätigkeiten im
universitären und im Fachhochschulbereich zu. Zur Begründung verweist die
Vorinstanz auf die eingereichten Stelleninserate. Den Posten eines
wissenschaftlichen Mitarbeiters an der Schule G.________ habe der
Beschwerdegegner gemäss den Ausführungen seines Vorgesetzten nicht zuletzt
deshalb erhalten, weil er über eine Dissertation verfügt habe. Da auch das
Erfordernis des zehnjährigen Wohnsitzes in der Schweiz erfüllt sei, ging das
kantonale Gericht davon aus, der Versicherte sei im Sinne von Art. 14 Abs. 1
lit. a AVIG von der Erfüllung der Beitragspflicht befreit. Sofern die überigen
Voraussetzungen gegeben seien, habe er daher Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung.

5.

5.1. Die Arbeitslosenkasse macht geltend, die Frage, ob es sich bei einer
Dissertation um einen verwertbaren Lehrgang handle, könne nicht generell
beantwortet werden. Dem ist grundsätzlich beizupflichten. Ob Bemühungen im
Hinblick auf die Erlangung eines Doktortitels als verwertbarer Lehrgang
anerkannt werden können, lässt sich nicht in allgemeingültiger Weise positiv
oder negativ beantworten. Massgebend sind vielmehr die konkreten Umstände des
Einzelfalls (vgl. E. 3.5 hievor). Nicht gefolgt werden kann der
Beschwerdeführerin hingegen, soweit sie unter Hinweis auf einen im
"Tagesanzeiger" vom 13. August 2012 erschienenen Artikel zur Auswirkung von
Dissertationen im Bereich der Sozial- und Geisteswissenschaft ("Doktor
Arbeitslos") und den in der "Finanz und Wirtschaft" vom 8. Dezember 2014
veröffentlichten Aufsatz des Wirtschaftshistorikers Tobias Straumann ("Zu viele
Doktortitel bremsen das Wachstum") vorbringt, es mache einen Unterschied aus,
ob jemand einen Doktortitel in den Naturwissenschaften oder in den Geistes- und
Sozialwissenschaften erwerbe. Die angeführten Zeitungsartikel enthalten
allgemeine Ausführungen über Akademiker (vor allem Sozial- und
Geisteswissenschafter), die eine Dissertation verfassen. Sie stellen daher
keine zuverlässige Daten- oder Begründungsbasis für die hier zu entscheidende
Rechtsfrage dar.

5.2. Anzuknüpfen ist an die Definition gemäss der zu Art. 14 Abs. 1 lit. a AIVG
ergangenen Rechtsprechung (vgl. E. 3.3 hievor). Die Ausbildung hat demnach 
systematisch, auf der Grundlage eines  ordnungsgemässen anerkannten (üblichen)
Lehrgangs, mit Blick auf ein  konkretes Ziel zu erfolgen. Dem Begriff kommt
somit eine funktionale Bedeutung zu. Es geht um die Erlangung spezifischer
Kenntnisse, mit deren Hilfe nachher der entsprechende Beruf ausgeübt werden
kann. Auf diese Weise erfolgt die Abgrenzung zur Bildung, die man sich aus
wissenschaftlichem Interesse oder Liebhaberei aneignet und die im Rahmen von
Art. 14 Abs. 1 lit. a AVIG unbeachtlich bleibt. Der Ausbildungsgang muss
erkennbar strukturiert und planmässig auf ein bestimmtes Ziel hin ausgerichtet
sein (vgl. dazu RIEMER-KAFKA, a.a.O., S. 208 ff.). Darüber hinaus muss im
Einzelfall die Überprüfbarkeit gewährleistet sein, worauf die Rechtsprechung in
der Vergangenheit verschiedentlich verwiesen hat (vgl. dazu SVR 2012 ALV Nr. 10
S. 31, 8C_318/2011 E. 6.1 mit Hinweisen; KUPFER BUCHER, a.a.O., S. 59 f.;
RUBIN, a.a.O., N. 17 zu Art. 14 AVIG).

5.3. Der Lebenslauf des 1976 geborenen Versicherten zeigt kein zielgerichtetes
Agieren auf einen konkreten Beruf hin, für den eine Dissertation erforderlich
gewesen wäre. Seine eigentliche Ausbildung hat er mit dem Lizenziat (Master)
mit Hauptfach Soziologie an der Universität B.________ abgeschlossen, wo er bis
Ende September 2009 immatrikuliert war. In den Jahren 2003 bis 2010 war er als
Projektmanager und technischer Experte in der Privatwirtschaft tätig. Er hatte
somit bereits während einigen Jahren praktische Erfahrungen in seinem Beruf
gesammelt und sich auf dem Arbeitsmarkt bewährt. Erst im Jahre 2009 nahm er die
Tätigkeit an seiner Doktorarbeit auf. Im Zeitpunkt ihres mutmasslichen
Abschlusses, der bei Erlass des Einspracheentscheids noch nicht nachweislich
erfolgt war, wäre er bereits rund 40 Jahre alt gewesen. Diese zeitliche Abfolge
widerspiegelt keinen strukturierten Plan mit einem erkennbaren Grundkonzept im
Ausbildungsgang, der sich an einem konkreten beruflichen Ziel orientiert hätte.

5.4. Als der Beschwerdegegner mit seiner Dissertation begann, stand ihm bereits
ein breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten im privaten und öffentlichen
Sektor offen. Der Umstand, dass er bei der Anstellung als wissenschaftlicher
Mitarbeiter der Schule G.________ kurz vor Abschluss der Dissertation stand,
mag gemäss den Ausführungen seines Vorgesetzten ein wesentliches Kriterium für
den Anstellungsentscheid gebildet haben. Ausschlaggebend für den Zuschlag
dürfte nebst den persönlichen und fachlichen Qualifikationen jedoch vor allem
der Umstand gewesen sein, dass der Versicherte vorgängig bereits an
verschiedenen Orten in unterschiedlichen Funktionen erwerbstätig gewesen war.

5.5. Im Gesamtkontext betrachtet stellt die Dissertation des Beschwerdegegners
aus arbeitslosenversicherungsrechtlicher Sicht keine erkennbar strukturierte,
planmässige Vorbereitung auf eine angestrebte Tätigkeit dar. Dieser kann sich
daher nicht auf den Befreiungstatbestand von Art. 14 Abs. 1 lit. a AVIG
berufen. Das kantonale Gericht hat somit Bundesrecht verletzt, wenn es einen
Befreiungstatbestand angenommen hat. Mangels Erfüllung der Beitragszeit ist der
Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht gegeben. Die Beschwerde ist daher
gutzuheissen.

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 14. April 2016 wird
aufgehoben und der Einspracheentscheid der Öffentlichen Arbeitslosenkasse
Baselland vom 2. Oktober 2015 bestätigt.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. November 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Hofer

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben