Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.384/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_384/2016

Urteil vom 13. September 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokat Christoph Balmer,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente, Integritätsentschädigung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 11.
Februar 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1968 geborene A.________ arbeitete seit 16. November 2001 als Railsteward
bei der B.________ AG und war damit bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch unfallversichert. Als er am 28.
März 2014 im Zug am Bedienen war, hielt er wegen einer Zugschwankung den
Servicewagen fest und verletzte sich dabei am rechten Handgelenk. Die Klinik
C.________, diagnostizierte im Bericht vom 10. April 2014 eine komplexe
TFCC-Läsion Handgelenk rechts (kombiniert traumatisch, degenerativ) bei
Ulnaplusvarianz ohne Instabilität im distalen Radioulnargelenk. Die SUVA kam
für die Heilbehandlung und das Taggeld auf. Am 3. Juni 2014 erfolgten in obiger
Klinik eine Handgelenksarthroskopie, ein Débridement des Discus trangularis,
eine Synovektomie und eine distale Ulnaverkürzungsosteotomie rechts. Mit
Verfügung vom 8. Mai 2015 verneinte die SUVA die Ansprüche auf Invalidenrente
mangels unfallbedingter Erwerbsunfähigkeit und auf Integritätsentschädigung
mangels einer erheblichen Integritätseinbusse. Die Einsprache des Versicherten
wies sie mit Entscheid vom 17. Juli 2015 ab.

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit
Entscheid vom 11. Februar 2016 ab.

C. 
Mit Beschwerde beantragt der Versicherte, in Aufhebung der Verfügung vom 8. Mai
2015 sei die Sache zur Neuverfügung einer Rente und Integritätsentschädigung an
die SUVA zurückzuweisen; für das Verfahren vor Bundesgericht verlangt er die
unentgeltliche Rechtspflege.

Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet. Mit Eingabe vom 5. September 2016
legt der Versicherte weitere Urkunden auf.

Erwägungen:

1. 
Der Antrag des Beschwerdeführers lautet auf Aufhebung der Verfügung vom 8. Mai
2015. Damit und mit Blick auf den in der Beschwerde genannten Betreff wird
sinngemäss auch um Aufhebung des Entscheides des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft vom 11. Februar 2016 ersucht, welcher diese Verfügung bzw. den
sie bestätigenden Einspracheentscheid der SUVA vom 17. Juli 2015 schützte
(MEYER/DORMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 7
zu Art. 107 BGG mit Hinweisen; Urteil 9C_264/2016 vom 7. Juli 2016 E. 1).

2. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem
Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1
S. 389).
 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

3. 
Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen des Anspruchs auf Invalidenrente
(Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 UVG; Art. 134 V 109 E. 4 S. 113 ff.) und der
Invaliditätsbemessung nach der Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG)
richtig dargelegt. Gleiches gilt betreffend den Anspruch auf
Integritätsentschädigung (Art. 24 f. UVG; Art. 36 UVV; BGE 124 V 29) und den
Beweiswert von Arztberichten (BGE 125 V 351 E. 3b S. 252). Darauf wird
verwiesen.

4.

4.1. Hinsichtlich des umstrittenen Rentenanspruchs ist als Erstes die
Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers zu prüfen. Diesbezüglich erwog die
Vorinstanz in Würdigung der medizinischen Akten im Wesentlichen, der
Austrittsbericht der Klinik D.________ vom 7. November 2014 betreffend die
Hospitalisation des Versicherten vom 30. September bis 4. November 2011 erfülle
die praxisgemässen Anforderungen an eine medizinische Beurteilungsgrundlage.
Die SUVA habe demnach zu Recht darauf abgestellt. Gestützt auf diesen Bericht
könne der Versicherte sein rechtes Handgelenk nur noch beschränkt gebrauchen.
Nicht mehr möglich seien ihm ein häufig wiederholter kraftvoller Einsatz,
häufig wiederholte Handgelenksbewegungen oder Drehbewegungen der Hand/des
Unterarms, Tätigkeiten mit Schlägen oder Vibrationen in Bezug auf die rechte
Hand und Tätigkeiten auf Leitern, Gerüsten oder sonstigen absturzgefährdeten
Stellen. Die Tätigkeit als Railsteward sei ihm deshalb nicht mehr zumutbar.
Ganztags zumutbar sei dem Versicherten hingegen weiterhin eine
leidensangepasste leichte bis mittelschwere Tätigkeit.

4.2.

4.2.1. Der Versicherte beruft sich neu auf folgende Akten:
Arbeitsunfähigkeitszeugnisse der Frau Dr. med. E.________, Fachärztin für
Allgemeinmedizin, vom 20. Juli 2015, 22. September 2015, 8. und 29. Oktober
2015, 24. November 2015 und 4. Januar 2016 sowie für die Zeit vom 17. bis 21.
November 2015 (undatiert); Verordnungen zur Physiotherapie des Dr. med.
F.________, FA Interventionelle Schmerztherapie Facharzt für Anästhesie, Spital
G.________, vom 18. November 2015 und 22. Januar 2016; ein Schreiben der
H.________ betreffend Programmbeendigung vom 7. Dezember 2015; ein Schreiben
der SUVA an das Spital G.________ vom 12. Januar 2016; eine Kopie seines
Versicherungsausweises der I.________. Hierbei handelt es sich angesichts des
Datums des angefochtenen Entscheides vom 11. Februar 2016 um unechte Noven,
deren Einreichung nur im Rahmen von Art. 99 Abs. 1 BGG zulässig ist. Der
Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern erst der kantonale Entscheid zur
Anrufung der obigen Akten Anlass gibt bzw. dass ihm deren Beibringung im
vorinstanzlichen Verfahren trotz hinreichender Sorgfalt prozessual unmöglich
und objektiv unzumutbar war. Sie sind somit unbeachtlich (nicht publ. E. 1.3
des Urteils BGE 138 V 286, in SVR 2012 FZ Nr. 3 S. 7 [8C_690/2011]; vgl. auch
Urteil 8C_78/2016 vom 22. Juli 2016 E. 5.2).

4.2.2. Zudem stützt sich der Beschwerdeführer neu auf folgende Akten:
Arbeitsunfähigkeitszeugnisse der Frau Dr. med. E.________ vom 18. Februar 2016,
18. März 2016, 18. April 2016, 20. Mai 2016, 22. Juni 2016, 15. Juli 2015 und
19. August 2016; Verordnungen zur Physiotherapie des Dr. med. F.________ vom 4.
März 2016, 15. April 2016 und 28. Juli 2016; eine Liste des Spital G.________,
vom 23. Mai 2016 über durchgeführte Physiotherapie; Verordnungen zur
physikalischen Therapie der Frau Dr. med. E.________ vom 1. Juni und 21. Juni
2016; einen Bericht des dipl. Physiotherapeuten K.________, Spital G.________,
vom 18. August 2016; einen Bericht der Dres. med. F.________ und L.________, FA
Interventionelle Schmerztherapie Facharzt für Orthopädie, Chefarzt, Spital
G.________, vom 19. August 2016; ein Schreiben des Rechtsanwalts Dr. iur.
M.________, an die SUVA vom 31. August 2016. Diese Akten sind allesamt als
echte Noven ebenfalls unzulässig (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; Urteil 8C_78
/2016 E. 5.2).

4.3. Im Übrigen benennt der Beschwerdeführer keine Arztberichte, die auch nur
geringe Zweifel an der Beurteilung der Klinik D.________ vom 7. November 2014
zu begründen vermöchten (vgl. BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229 zum Beweiswert von
Berichten versicherungsinterner Arztpersonen). Aus dem von ihm ins Feld
geführten Unfallschein für die Zeit vom Mai 2014 bis Ende April 2015 kann der
Versicherte nichts zu seinen Gunsten ableiten, zumal er keine Begründung
enthält und sich nur auf die angestammte Tätigkeit als Railsteward bezieht.
Nicht zu beanstanden ist, dass die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung
von weiteren Abklärungen absah (siehe auch E. 6 hienach).

5.

5.1. Beim Einkommensvergleich setzte die Vorinstanz das im Gesundheitsfall
erzielbare Valideneinkommen auf Fr. 49'486.65 fest. Dies wird vom Versicherten
nicht beanstandet. Streitig ist hingegen das trotz Gesundheitsschaden noch
erzielbare Invalideneinkommen und dabei insbesondere, ob SUVA und Vorinstanz zu
dessen Bemessung auf die SUVA-Dokumentation von Arbeitsplätzen (DAP) abstellen
durften.

5.2. Die Bemessung des Invalideneinkommens ausgehend von DAP-Zahlen ist
grundsätzlich zulässig (vgl. BGE 139 V 592). SUVA und Vorinstanz ermittelten
gestützt darauf ein Invalideneinkommen von Fr. 53'965.-. Vergleicht man diesen
Wert mit dem Valideneinkommen von Fr. 49'486.65, resultiert ein negativer
Invaliditätsgrad. Soweit der Beschwerdeführer daraus schliesst, die Bemessung
nach den DAP-Zahlen sei unzulässig, ist Folgendes festzuhalten: Zur Ermittlung
des Valideneinkommens ist rechtsprechungsgemäss entscheidend, was die
versicherte Person im Zeitpunkt des frühest möglichen Rentenbeginns nach dem
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich
verdient hätte. Dabei wird in der Regel am zuletzt erzielten, nötigenfalls der
Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst angeknüpft,
da es empirischer Erfahrung entspricht, dass die bisherige Tätigkeit ohne
Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen müssen mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit erstellt sein (BGE 135 V 297 E. 5.1 S. 300). Negative
Invaliditätsgrade können resultieren, da demnach gemäss der allgemeinen Methode
des Einkommensvergleichs jener Verdienst, welchen der Versicherte ohne
Gesundheitsschaden auf dem konkreten Arbeitsmarkt überwiegend wahrscheinlich
erzielen würde, in Beziehung gesetzt wird mit jenem Einkommen, das er trotz des
Gesundheitsschadens auf dem hypothetischen ausgeglichenen Arbeitsmarkt noch
erzielen könnte. Negative Invaliditätsgrade sind somit eine Folge der
Rechtsprechung zur Bemessung des Valideneinkommens und können sich unabhängig
von der Methode (LSE oder DAP), nach der das Invalideneinkommen bemessen wird,
ergeben (SVR 2016 UV Nr. 13 S. 39 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen [8C_215/2015]).

5.3. Im Übrigen ist der Einkommensvergleich - in dessen Rahmen zu Recht von
einer 100%igen Arbeitsfähigkeit des Versicherten in leidensangepassten
Tätigkeiten ausgegangen wurde - unbestritten, weshalb sich Weiterungen
erübrigen (vgl. Urteil 8C_906/2015 vom 12. Mai 2016 E. 4.3).

6. 
Da von weiteren Abklärungen keine entscheidrelevanten Ergebnisse zu erwarten
sind, verzichtete die Vorinstanz darauf zu Recht. Dies verstösst weder gegen
den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) noch gegen den Anspruch auf
rechtliches Gehör bzw. auf Beweisabnahme (Art. 29 Abs. 2 BV; antizipierte
Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; Urteil 8C_143/2016 vom 7. Juli
2016 E. 7.5). Von einer Rechtsverletzung, einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, oder von willkürlicher Beweiswürdigung der Vorinstanz
kann keine Rede sein. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde im Rentenpunkt
abzuweisen.

7. 
Was die Integritätsentschädigung betrifft, enthält die Beschwerde keine
spezifischen Vorbringen, woran die Hinweise auf Schmerz, Dauermedikation und
Endgültigkeit der Beeinträchtigung nichts ändern. Insbesondere fehlt darin
jegliche Auseinandersetzung mit der vorinstanzlich geschützten Beurteilung der
Integritätseinbusse durch Kreisärztin Dr. med. N.________, Fachärztin
Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates FMH, vom 14.
April 2015. Da somit nicht in konkreter und hinreichend substanziierter Weise
aufgezeigt wird, inwiefern das kantonale Gericht eine Rechtsverletzung gemäss
Art. 95 f. BGG oder eine unrichtige oder unvollständige
Sachverhaltsfeststellung im Sinne von Art. 97 BGG begangen haben sollte,
mangelt es der Beschwerde hinsichtlich der Integritätsentschädigung schon an
der nach Art. 42 BGG erforderlichen Begründung (vgl. dazu statt vieler: Urteile
8C_363/2016 vom 31. Mai 2016, 8C_493/2013 vom 15. Juli 2013). Folglich ist in
diesem Punkt nicht auf sie einzutreten.

8. 
Der unterliegende Versicherte trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Die unentgeltliche Rechtspflege kann ihm wegen Aussichtslosigkeit der
Beschwerde nicht gewährt werden (Art. 64 BGG; BGE 138 III 217 E. 2.2.4 S. 218).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 13. September 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Jancar

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