Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.379/2016
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_379/2016

Urteil vom 20. September 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
 A.________, vertreten durch CAP Rechtsschutz-Versicherungsgesellschaft AG,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Luzern vom
27. April 2016.

Sachverhalt:

A. 
Für die bleibenden Folgen eines am 22. Dezember 2002 erlitten Unfalles mit
Luxation der Schulter rechts sprach die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) A.________ mit Verfügung vom 19. September
2005 eine Entschädigung für eine Integritätseinbusse von 15 % zu.

Der Versicherte war weiterhin bei der SUVA gegen die Folgen von Unfällen
versichert, als er am 9. April 2009 in einem Treppenhaus ausrutschte und sich
erneut an der rechten Schulter verletzte. Die SUVA anerkannte ihre
Leistungspflicht auch für die Folgen dieses Ereignisses und erbrachte die
gesetzlichen Leistungen. Mit Verfügung vom 24. Januar 2012 sprach sie dem
Versicherten eine erhöhte Integritätsentschädigung (Gesamteinbusse neu 20 %)
zu. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2013 stellte die SUVA die Taggeld- und
Heilbehandlungsleistungen per 1. Oktober 2013 ein. Nach einer Observation des
Versicherten und einer kreisärztlichen Neueinschätzung verneinte die SUVA mit
Verfügung vom 17. März 2014 und Einspracheentscheid vom 26. Januar 2015 einen
Anspruch des Versicherten auf eine Invalidenrente. Gleichzeitig setzte sie die
Integritätsentschädigung auf 5 % herab. Zudem forderte sie einen Betrag von Fr.
19'342.55 (Fr. 16'020.- für die zu hohe Integritätsentschädigung und Fr.
3'622.55 für zu Unrecht ausbezahlte Taggelder) zurück.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern
mit Entscheid vom 27. April 2016 ab.

C. 
Mit Beschwerde beantragt A.________ sinngemäss, es sei ihm unter Aufhebung des
Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides ab 1. Oktober 2013 eine
Rente der Unfallversicherung bei einem Invaliditätsgrad von 82 % zuzusprechen.
Zudem sei festzustellen, dass er keine Leistungen zurückzuerstatten habe.

Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob der Versicherte in der Zeit ab 1. Oktober 2013
Anspruch auf eine Invalidenrente hat. Zudem ist streitig, ob er Leistungen der
Unfallversicherung zu Unrecht bezogen und deshalb zurückzuerstatten hat.

3. 

3.1. Ist der Versicherte infolge des Unfalles voll oder teilweise
arbeitsunfähig, so hat er gemäss Art. 16 Abs. 1 ATSG Anspruch auf ein Taggeld.

3.2. Erleidet der Versicherte durch den Unfall eine dauernde erhebliche
Schädigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Integrität, so hat er
nach Art. 24 Abs. 1 UVG Anspruch auf eine angemessene Integritätsentschädigung.

3.3. Ist der Versicherte infolge des Unfalles zu mindestens 10 Prozent invalid,
so hat er in Anwendung von Art. 18 Abs. 1 UVG Anspruch auf eine Invalidenrente.

3.4. Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen nach
Art. 53 Abs. 1 ATSG in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person
oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen
entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war
(sog. "prozessuale Revision"). Unrechtmässig bezogene Leistungen sind gemäss
Art. 25 Abs. 1 ATSG zurückzuerstatten. Wer Leistungen in gutem Glauben
empfangen hat, muss sie nicht zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt.

4. 
Sowohl der Anspruch des Versicherten auf eine Invalidenrente, als auch die
Antwort auf die Frage, ob er Taggeld und Integritätsentschädigung teilweise zu
Unrecht bezogen hat, hängt wesentlich davon ab, welcher Gebrauchswert seinem
rechten Arm zukommt. Das kantonale Gericht hat insbesondere gestützt auf den
Observationsbericht vom 3. Dezember 2013 und den Bericht des SUVA-Kreisarztes
Dr. med. B.________, Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des
Bewegungsapparates FMH, vom 6. Februar 2014 festgestellt, dass der Versicherte
seit dem 4. September 2013 in der Lage ist, einer angepassten Tätigkeit
ganztägig nachzugehen. Unter angepasst versteht die Vorinstanz dabei
mittelschwere Tätigkeiten einschliesslich dem Anheben von Gewichten vom Boden
bis Beckenhöhe beidhändig mit 10 bis 20 kg so wie Tragen von Gewichten zwischen
Hüft- und Schulterhöhe bis 10 kg.
Auf den Bericht eines versicherungsinternen Arztes kann rechtsprechungsgemäss
abgestellt werden, soweit auch keine geringen Zweifel an der Zuverlässigkeit
und Schlüssigkeit seiner Feststellungen bestehen (vgl. BGE 135 V 465 E. 4.6 S.
471). Wie der Beschwerdeführer zutreffend vorbringt, können solche Zweifel im
vorliegenden Fall, in dem sich die SUVA auf den Rückkommenstitel der
prozessualen Revision beruft, nicht vollständig ausgeräumt werden. Der ohne
neuerliche Untersuchung des Versicherten angefertigte Bericht des Kreisarztes
vom 6. Februar 2014 steht unbestrittenermassen in einem klaren Widerspruch zu
den älteren ärztlichen Beurteilungen. Es ist für den medizinischen Laien nicht
nachvollziehbar, wie allein aus dem durch den Observationsbericht
nachgewiesenen Gebrauch des rechten Armes beim Rauchen, beim Trinken oder beim
Telefonieren auf ein gegenüber den Voruntersuchungen erheblich erhöhtes
Traglimit geschlossen werden kann. Die Beschwerde des Versicherten ist somit
teilweise gutzuheissen, der vorinstanzliche Entscheid ist aufzuheben und die
Sache ist zur weiteren Abklärung des medizinischen Sachverhaltes mit
Untersuchung des Beschwerdeführers an die SUVA zurückzuweisen.

5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten
werden der SUVA als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie
hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 66 Abs. 1
und 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts
Luzern vom 27. April 2016 und der Einspracheentscheid der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom 26. Januar 2015 werden aufgehoben. Die
Sache wird zu neuer Verfügung an die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
(SUVA) zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Kantonsgericht Luzern zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. September 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Nabold

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben