Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.378/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_378/2016

Urteil vom 2. September 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Wirthlin,
Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdeführerin,

gegen

Visana AG, Weltpoststrasse 19/21, 3000 Bern 15,
Beschwerdegegnerin,

A.________.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 23.
März 2016.

Sachverhalt:

A. 
Nach einem am 9. Mai 2011 erlittenen Unfall erbrachte die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) dem bei ihr versicherten A.________ die
gesetzlichen Leistungen. Diese stellte sie mit Verfügung vom 2. Mai 2013 ab dem
Folgetag ein, was sie auf Einsprache des Krankenversicherers Visana AG
(nachfolgend Visana) hin bestätigte (Einspracheentscheid vom 28. Juni 2013).
Dagegen erhob die Visana Beschwerde, mit der sie im Wesentlichen auf die
Erbringung weiterer Leistungen über den 2. Mai 2013 hinaus abzielte. In
Gutheissung dieser Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern den
angefochtenen Einspracheentscheid auf. Dem Antrag der SUVA gemäss wies es die
Sache an diese zurück, damit sie nach Vornahme weiterer Abklärungen über den
Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung neu verfüge. Dabei auferlegte es
der SUVA Verfahrenskosten im Betrag von Fr. 1'000.- (Entscheid vom 3. Februar
2014).

Die SUVA holte das Gutachten des Dr. med. B.________, Orthopädische Chirurgie
FMH, vom 6. Januar 2015 (mit Ergänzung vom 19. März 2015) ein. Gestützt darauf
bekräftigte sie ihre Leistungseinstellung mit Verfügung vom 8. Juni 2015 und
Einspracheentscheid vom 2. September 2015.

B. 
Die von der Visana hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Bern mit Entscheid vom 23. März 2016 ab.

C. 
Mit Eingabe vom 25. Mai 2016 legt die SUVA Beschwerde ein und beantragt, der
Rückweisungsentscheid des kantonalen Gerichts vom 3. Februar 2014 sei im
Kostenpunkt aufzuheben.

Das Bundesgericht führt mit A.________ und der Visana keinen Schriftenwechsel
durch. Auf Einladung des Bundesgerichts hin, sich aus Sicht des zur Publikation
bestimmten Urteils 2C_309/2015 vom 24. Mai 2016 zur Frage der Fristwahrung und
zu einem allfälligen Rückzug zu äussern, bekräftigt die SUVA ihren
Beschwerdewillen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) lässt sich nicht
vernehmen.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren)
Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 139 V
42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen).

2.

2.1. Die vorliegende Beschwerde ist im Anschluss an den Entscheid eines
kantonalen Versicherungsgerichts (Art. 57 ATSG) erhoben worden (Art. 82 lit. a,
Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), der alle Merkmale eines (das Verfahren
abschliessenden) Endentscheids im Sinne von Art. 90 BGG aufweist (vgl. BGE 139
V 604 E. 2.1 S. 604). Inhaltlich richtet sich die Beschwerde jedoch gegen die
Kostenregelung im vorangegangenen Rückweisungsentscheid vom 3. Februar 2014.
Bei diesem handelt es sich um einen Zwischenentscheid (BGE 140 V 321 E. 3 S.
325 ff.; 133 V 477 E. 4 und 5 S. 480 ff.; vgl. ferner 139 V 604 E. 3.2 S. 607).
Dessen selbstständige Anfechtung war der Beschwerdeführerin verwehrt. Denn die
Rechtsprechung verneint den dafür vorausgesetzten nicht wieder gutzumachenden
Nachteil (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) mit der Begründung, dass der
Kostenentscheid im Anschluss an den aufgrund des Rückweisungsentscheids neu
ergehenden Endentscheid in der Sache angefochten werden kann (Art. 93 Abs. 3
BGG; BGE 135 III 329 S. 331 ff.; 133 V 645 E. 2 S. 647 f.).

2.2. Näher zu prüfen ist die Wahrung der Beschwerdefrist. Diese dauert im
vorliegenden Fall 30 Tage und beginnt gemäss gesetzlicher Vorgabe mit der
Eröffnung des Endentscheides (vgl. Art. 100 Abs. 1 BGG). Diese Frist hat die
Beschwerdeführerin nicht eingehalten. Denn der vorinstanzliche Endentscheid vom
23. März 2016 wurde am 31. März 2016 versandt und tags darauf zugestellt. Damit
erweist sich die erst am 25. Mai 2016 eingereichte Beschwerde - auch unter
Beachtung des nur marginal tangierten Stillstandes nach Art. 46 Abs. 1 lit. a
BGG - als verspätet.

2.2.1. Die Beschwerdeführerin hält dafür, dass bei der gegebenen Ausgangslage
der Fristenlauf erst "nach Rechtskraft des vorinstanzlichen Endentscheides"
einsetzte. Dabei beruft sie sich im Rahmen ihrer am 22. August 2016 erstatteten
Stellungnahme ausdrücklich auf die letztmals in BGE 137 V 57 amtlich
publizierte Rechtsprechung (E. 1.1 S. 59). Diese betraf zwar auch den Fall, wo
- wie hier - die Kostenauflage in einem Rückweisungsentscheid mit Beschwerde
gegen den Endentscheid angefochten wurde. Beim damaligen Endentscheid handelte
es sich jedoch nicht um einen solchen einer gerichtlichen Vorinstanz des
Bundesgerichts, sondern um eine Verwaltungsverfügung. Diesbezüglich gilt
rechtsprechungsgemäss, dass die Kostenregelung im Rückweisungsentscheid - bei
fehlendem Weiterzug in der Sache - innert der Beschwerdefrist von Art. 100 BGG
direkt im Anschluss an die neue Verfügung beim Bundesgericht angefochten werden
kann (BGE 137 V 57 E. 1.1 S. 59; 135 III 329 E. 1.2.2 S. 333; 133 V 645 E. 2.2
S. 648; vgl. zur Rechtsprechung unter der Geltung des OG: YVES DONZALLAZ,
Commentaire de La Loi sur le Tribunal fédéral, Bern 2008, N 3363 zu Art. 92 und
93 BGG). Dabei war in der Vergangenheit das Erfordernis der Fristwahrung nach
Art. 100 BGG nicht ganz einheitlich gehandhabt worden, namentlich die Frage, ob
diese Frist mit der Fällung bzw. Eröffnung des neuen Entscheids (so BGE 135 III
329 E. 1.2.2 S. 333) oder erst mit dessen Rechtskraft (so BGE 137 V 57 E. 1.1
S. 59; Urteile 9C_567/2008 vom 30. Oktober 2008 E. 4.2; 9C_688/2009 vom 19.
November 2009 E. 1.1 in: SVR 2010 IV Nr. 27; 8C_229/2013 vom 25. Juli 2013 E. 1
sowie 8C_11/2016 vom 22. Februar 2016 E. 1.1) zu laufen beginnt.

2.2.2. Mit dem noch nicht publizierten Urteil 2C_309/2015 vom 24. Mai 2016 hat
das Bundesgericht seine diesbezügliche Praxis nunmehr geklärt. Nach
durchgeführtem Meinungsaustausch unter seinen Abteilungen (Art. 23 BGG) hat es
präzisiert, dass mit der mitunter verwendeten Formulierung, das Bundesgericht
könne in Fällen umstrittener Kostenfolgen von Rückweisungsentscheiden "direkt
innerhalb der Frist des Art. 100 BGG ab Rechtskraft des Endentscheids mit
ordentlicher Beschwerde" angerufen werden, keine Ausdehnung der
Anfechtungsfrist von Art. 100 BGG bewirkt werden sollte. Dies bedeutet, dass in
den Fällen, in denen die aufgrund des Rückweisungsentscheides neu ergangene
Verfügung in der Sache nicht mehr angefochten und bloss noch die Kostenregelung
im Rückweisungsentscheid beanstandet wird, mit der direkten Anfechtung beim
Bundesgericht nicht zuzuwarten ist, bis die neu ergangene Verfügung Rechtskraft
erlangt hat. Fristauslösend im Sinne von Art. 100 BGG für die Anfechtung der
Kostenregelung ist vielmehr das Eröffnungs- bzw. Zustellungsdatum der neuen
unterinstanzlichen Verfügung.

2.2.3. Genau besehen liegt der hier zu beurteilende Fall - entgegen den
Vorbringen der Beschwerdeführerin und wie nachfolgend näher ausgeführt wird -
jedoch anders. Es bedarf vorliegend keiner weiteren Ausführungen zu den
Beweggründen und zur sachlichen Richtigkeit der präzisierten Rechtsprechung.
Ebenso wenig muss näher darüber diskutiert werden, ob die Beschwerdeführerin
aus Gründen des Vertrauensschutzes analog zu BGE 137 V 57 zu behandeln sei,
weil sie im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Endentscheids vom 23. März 2016
keine Kenntnis von der erst am 24. Mai 2016 erfolgten Klarstellung der
Rechtsprechung haben konnte (vgl. dazu etwa BGE 140 II 334 E. 8 S. 342; Urteil
9C_160/2016 vom 25. August 2016 E. 4). Denn es ist nicht einzusehen, weshalb
bei der hier gegebenen Ausgangslage für den Gang an das Bundesgericht erst die
"Rechtskraft" des kantonalen Endentscheides abzuwarten gewesen wäre. Obwohl die
versicherte Person bzw. der Beschwerde führende Krankenversicherer im
kantonalen Gerichtsverfahren in der Sache unterlegen waren, bestand für beide
unter den gegebenen Umständen selbst bei einem Weiterzug des vorinstanzlichen
Endentscheids von vornherein kein Interesse daran, die Kostenverlegung gemäss
Rückweisungsentscheid in Frage zu stellen. Daher und weil das Bundesgericht
nicht über die fristgerecht gestellten Begehren der Parteien hinausgehen darf
(Art. 107 Abs. 1 BGG), hätte die Beschwerdeführerin so oder anders eine eigene
Beschwerde einreichen müssen, da sie nur auf diesem Weg die Kostenverlegung zum
Streitgegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens hätte erheben können. Sie
durfte mithin nicht davon ausgehen, dass die Gegenparteien Beschwerde führen
würden und sie im Rahmen einer blossen Vernehmlassung einen prozessualen
Anspruch darauf haben würde, die im Rückweisungsentscheid des kantonalen
Gerichts vom 3. Februar 2014 ihr auferlegten Kosten neu beurteilen zu lassen.
In diesem Zusammenhang ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass
weder von Gesetzes wegen noch rechtsprechungsgemäss eine Anschlussbeschwerde
zulässig ist (vgl. BGE 138 V 106 E. 2.1 S. 110; 346 E. 2 S. 348).

2.2.4. Die hier gegebene Sachlage lässt sich nach dem Gesagten nicht mit
derjenigen vergleichen, wie sie BGE 137 V 57 und anderen Urteilen, insbesondere
der beiden sozialrechtlichen Abteilungen des Bundesgerichts, zugrunde lag.
Folglich fehlt ein unmittelbarer Bezug zum Urteil 2C_309/2015 vom 24. Mai 2016.
Im Übrigen zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, dass in früheren Fällen mit
der hier gegebenen Konstellation in ihrem Sinn verfahren worden wäre. Demnach
beruft sie sich zu Unrecht auf den verfassungsrechtlich garantierten
Vertrauensschutz.

2.3. Damit ergibt sich, dass auf die Beschwerde zufolge versäumter
Anfechtungsfrist nicht einzutreten ist.

3. 
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, A.________, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 2. September 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Grunder

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