Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.336/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_336/2016

Urteil vom 3. August 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Wirthlin,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Simon Kehl,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse
11, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom
6. April 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________ war zuletzt als Produktionsmitarbeiter der B.________ AG
erwerbstätig gewesen, als er sich am 2. April 2007 unter Hinweis auf einen am
27. Juli 2006 erlittenen Unfall bei der IV-Stelle des Kantons Thurgau zum
Leistungsbezug anmeldete. Nach beruflichen und medizinischen Abklärungen und
Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle mit Verfügung
vom 29. November 2011 einen Umschulungsanspruch des Versicherten. Mit Verfügung
vom 20. Januar 2012 sprach sie ihm für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 30.
November 2007 bei einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze Rente und vom 1.
Dezember 2007 bis zum 31. Mai 2010 bei einem Invaliditätsgrad von 62 % eine
Dreiviertelsrente der Invalidenversicherung zu. Gleichzeitig verneinte sie bei
einem Invaliditätsgrad von 38 % einen Rentenanspruch des Versicherten für die
Zeit ab 1. Juni 2010. Die gegen den diese Verfügungen bestätigenden Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 12. Dezember 2012 erhobene
Beschwerde hiess das Bundesgericht mit Urteil 8C_39/2013 vom 30. Dezember 2013
teilweise gut und wies die Sache zu weiteren Abklärungen an die Vorinstanz
zurück.

B. 
In Nachachtung des bundesgerichtlichen Urteils ordnete das Verwaltungsgericht
des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 23. April 2014 eine psychiatrische
Begutachtung des Versicherten durch Dr. med. C.________, Facharzt für
Psychiatrie und Psychotherapie, an. Eine von A.________ gegen diese Anordnung
erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil 8C_467/2014 vom 29. Mai
2015 ab. Nach Vorliegen des psychiatrischen Gutachtens des Dr. med. C.________
vom 26. Oktober 2015 wies das kantonale Gericht die Beschwerden mit Entscheid
vom 6. April 2016 erneut ab.

C. 
Mit Beschwerde beantragt A.________, die Sache sei unter Aufhebung des
kantonalen Gerichtsentscheides zu weiteren Abklärungen und neuem Entscheid über
den Anspruch auf Rente und Eingliederungsmassnahmen an die Vorinstanz
zurückzuweisen, eventuell sei ihm in der Zeit ab 1. Juni 2010 eine halbe Rente
der Invalidenversicherung zuzusprechen.
Das Bundesgericht zieht die Akten bei, führt jedoch keinen Schriftenwechsel
durch.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

1.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen
nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu
Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die
Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das
Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen
wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid
festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1
S. 18 mit Hinweisen).

2. 

2.1. Der Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung setzt unter anderem
voraus, dass die versicherte Person invalid oder von Invalidität unmittelbar
bedroht ist. Invalidität ist gemäss Art. 8 Abs. 1 ATSG die voraussichtlich
bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit.

2.2. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um
Entscheidungen über Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Dagegen ist
die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln nach
Art. 61 lit. c ATSG Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil
I 865/06 vom 12. Oktober 2007 E. 3.2).

2.3. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, als
sie für die Zeit ab 1. Juni 2010 einen Rentenanspruch des Versicherten sowie
einen Anspruch auf Umschulung und Berufsberatung verneinte.

3. 
Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der medizinischen Akten,
insbesondere aber gestützt auf das Gerichtsgutachten des Dr. med. C.________
für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich festgestellt, dass der
Versicherte im letztinstanzlich noch streitigen Zeitraum ab 1. Juni 2010 in
einer angepassten Tätigkeit zu 100 % arbeitsfähig ist. Was der Beschwerdeführer
gegen diese Feststellung vorbringt, vermag sie nicht als bundesrechtswidrig
erscheinen zu lassen. Bei Vorliegen eines Gerichtsgutachtens darf das Gericht
rechtsprechungsgemäss "nicht ohne zwingende Gründe" von den Einschätzungen des
medizinischen Experten abweichen (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 469). Entgegen den
Ausführungen des Versicherten ist das Gerichtsgutachten nicht widersprüchlich;
vielmehr zeigt der Experte nachvollziehbar auf, dass zwar eine gewisse
psychiatrische Symptomatik vorhanden ist, diese jedoch nach seiner Einschätzung
nicht eine Intensität aufweist, bei der von einer psychiatrischen Erkrankung
auszugehen wäre. Da der Gutachter somit keine psychiatrische Diagnose stellt,
braucht auch der vom Beschwerdeführer diskutierten Frage nicht nachgegangen
werden, ob die Diagnosen einer mittelschweren depressiven Episode und einer
generalisierten Angststörung gleichzeitig gestellt werden dürfen oder nicht.
Von einer Verletzung des Gehörsanspruchs kann keine Rede sein, zumal sich die
Vorinstanz nicht mit allen Vorbringen einlässlich auseinanderzusetzen und diese
im Einzelnen zu widerlegen hatte (vgl. BGE 142 II 49 E. 9.2 S. 65). Im Übrigen
obliegt es nicht der Sozialversicherungsgerichtsbarkeit,
medizinisch-wissenschaftliche Kontroversen zu entscheiden, sondern lediglich im
Einzelfall die Leistungsansprüche aufgrund der im konkreten Fall gegebenen
Verhältnisse und unter Berücksichtigung der medizinischen Lehrmeinungen
festzusetzen (vgl. auch BGE 134 V 231 E. 5.3 S. 234; Urteil 8C_874/2011 vom 20.
Januar 2012 E. 5.2). Da sich im Weiteren auch aus dem vom Versicherten im
kantonalen Verfahren neu aufgelegten Bericht des Dr. med. D.________,
Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 29. Dezember 2015 keine zwingenden
Gründe ergeben, von den Einschätzungen des Gerichtsgutachters abzuweichen,
durfte die Vorinstanz auf diese abstellen. Damit erübrigen sich auch die vom
Beschwerdeführer beantragten weiteren Abklärungen zu seinem Gesundheitszustand.

4. 
Durfte die Vorinstanz somit, ohne Bundesrecht zu verletzen, für den vorliegend
streitigen Zeitraum von einer 100%igen Arbeitsfähigkeit des Versicherten in
einer angepassten Tätigkeit ausgehen, so ist - bei unbestritten gebliebener
Invaliditätsbemessung - die Verneinung eines Rentenanspruchs für die Zeit ab 1.
Juni 2010 nicht zu beanstanden. Da die Beschwerde im Übrigen zu den ebenfalls
streitbetroffenen beruflichen Massnahmen keine spezifischen Vorbringen enthält,
ist sie ohne weiteres abzuweisen.

5. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. August 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Nabold

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