Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.298/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_298/2016

Urteil vom 30. November 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Hofer.

Verfahrensbeteiligte
Unfallversicherung Stadt Zürich, Stadelhoferstrasse 33, 8001 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Kieser,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang, psychisches Leiden),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 2. März 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________ war bei der Stadt Zürich angestellt und damit bei der
Unfallversicherung Stadt Zürich gegen die Folgen von Unfällen versichert. Mit
Unfallanzeige vom 17. Dezember 2004 liess sie dem Unfallversicherer melden, sie
sei am 24. November 2004 Opfer häuslicher Gewalt geworden. An diesem Tag wurde
sie laut Frageblatt zum Unfallhergang vom 12. Januar 2005 von ihrem damaligen
Ehemann gefesselt, verschleppt und mit dem Tode bedroht. Der erstbehandelnde
Arzt Dr. med. B.________ diagnostizierte am 26. November 2004 multiple Hämatome
und Schürfwunden nach Tätlichkeit. Gemäss Gutachten des Dr. med. C.________,
Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 8. September 2005
entwickelte sich in der Folge eine posttraumatische Belastungsstörung. Der
Unfallversicherer erbrachte die gesetzlichen Leistungen in Form von
Heilbehandlung und Taggeld. In der Folge veranlasste dieser die medizinischen
Konsilien von Dres. med. D.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und
Psychotherapie, vom 23. Dezember 2010 und E.________, Facharzt FMH für Innere
Medizin, speziell Rheumatologie, vom 16. Juli 2010. Gestützt darauf verneinte
die Unfallversicherung Stadt Zürich mit Verfügung vom 17. Januar 2011 einen
natürlichen Kausalzusammenhang zwischen den noch vorhandenen gesundheitlichen
Beschwerden und dem Vorfall vom 24. November 2004. Sie stellte daher die bisher
ausgerichteten temporären Leistungen auf Ende Dezember 2010 ein. Daran hielt
sie mit Einspracheentscheid vom 20. Juli 2011 fest. Die von A.________ dagegen
erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit
Entscheid vom 27. Juni 2013 ab. Mit Urteil vom 11. März 2014 (8C_637/2013) hob
das Bundesgericht den kantonalen Gerichtsentscheid auf und wies die Sache zu
neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück, damit diese ein psychiatrisches
Gerichtsgutachten einhole und anschliessend über die Beschwerde der
Versicherten neu entscheide. In Bezug auf die somatische Problematik wurde die
Leistungseinstellung bestätigt.

B. 
In Nachachtung des bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheids holte das
kantonale Gericht das Gutachten des Dr. med. F.________, Facharzt FMH für
Psychiatrie und Psychotherapie, vom 16. Juni 2015 und dessen Ergänzung vom 20.
Juli 2015 ein. Der Unfallversicherer reichte den Entscheid des Bezirksgerichts
G.________ vom 15. November 2007 betreffend das gegen den ehemaligen Ehemann
von A.________ eingeleitete Strafverfahren ein. Mit Entscheid vom 2. März 2015
hiess das Sozialversicherungsgericht deren Beschwerde gut und hob den
Einspracheentscheid vom 20. Juli 2011 auf mit der Feststellung, dass die
Versicherte ab 1. Januar 2011 Anspruch auf eine Invalidenrente basierend auf
einer Erwerbsunfähigkeit von 50 Prozent sowie auf eine Integritätsentschädigung
basierend auf einer Integritätseinbusse von 50 Prozent hat.

C. 
Die Unfallversicherung Stadt Zürich führt Beschwerde mit dem Antrag, der
vorinstanzliche Entscheid sei unter Bestätigung des Einspracheentscheids vom
20. Juli 2011 aufzuheben.

A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Gericht und
das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst
der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gab (Art. 99 Abs. 1 BGG). Im
vorinstanzlichen Verfahren hat der Unfallversicherer den Beschluss des
Bezirksgerichts G.________ vom 15. November 2006 betreffend das gegen den
ehemaligen Ehemann der Versicherten eingeleitete Strafverfahren wegen
Freiheitsberaubung und Drohung eingereicht. Vor Bundesgericht legt die
Beschwerdeführerin neu den Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom
29. November 2007 auf, mit welchem das erstinstanzliche Strafmass bestätigt
wurde. Ob und inwiefern es sich dabei um ein unzulässiges Novum handelt, kann
aus den nachstehenden Gründen offen bleiben.

2.

2.1. Das kantonale Gericht hielt zunächst fest, dass in Bezug auf die
organischen Beeinträchtigungen Ende Dezember 2010 keine kausale Pathologie mehr
bestanden habe. Dies habe das Bundesgericht im Urteil vom 11. März 2014
bestätigt, weshalb unter diesem Gesichtspunkt die Leistungseinstellung zu Recht
erfolgt sei. Weiter ging das kantonale Gericht in Würdigung der medizinischen
Unterlagen, insbesondere des Gutachtens der Swiss Medical Assessment- und
Business-Center AG (SMAB) vom 22. April 2013, der Stellungnahme des Arztes und
Psychoanalytikers H.________ vom 26. August 2013 und des psychiatrischen
Gutachtens des Dr. med. F.________ vom 16. Juni 2015 samt dessen Ergänzung vom
20. Juli 2015 davon aus, dass die Versicherte an einer andauernden
Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (ICD-10:F62.0) auf der Basis einer
vorgängig bestandenen posttraumatischen Belastungsstörung, einer Panikstörung
(ICD-10:F43.1), dissoziativen Krampfanfällen (ICD-10:F44.5) sowie einer
undifferenzierten Somatisierungsstörung (ICD-10:F45.1) leidet. Laut Dr. med.
F.________ hätten diese Diagnosen bereits im Zeitpunkt der Leistungseinstellung
vom 31. Dezember 2010 vorgelegen. Gemäss Gutachter sei der Kausalzusammenhang
zwischen der psychischen Gesundheitsbeeinträchtigung und dem Ereignis aus dem
Jahre 2004 zu bejahen. Am 20. Juli 2015 habe Dr. med. F.________ zudem
festgehalten, dass in Bezug auf die Auswirkungen des Ereignisses vom 24.
November 2004 ab dem Jahre 2007 von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung
keine namhafte Verbesserung des Gesundheitsschadens der Versicherten mehr zu
erwarten gewesen sei. Die Arbeitsfähigkeit schätzte der Gutachter auf 50
Prozent ein.

2.2. Daraus schloss das kantonale Gericht, dass bezogen auf das Gewaltereignis
vom November 2004 ab dem Zeitpunkt der Leistungseinstellung des
Unfallversicherers per 31. Dezember 2010 von weiteren medizinischen
Behandlungen der Versicherten keine massgebliche Verbesserung mehr zu erwarten
war. Es prüfte daher auf dieses Datum hin die Rentenfrage (Art. 19 Abs. 1 UVG).
Dabei ging es mit Blick auf die Gutachten des SMAB und des Dr. med. F.________
von einer Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent aus. Weiter hat die Vorinstanz
erwogen, aufgrund der medizinischen Unterlagen sei der natürliche
Kausalzusammenhang zwischen dem Vorfall vom 24. November 2004 und den
psychischen Beschwerden ohne weiteres zu bejahen. Der Status quo sine könne
nach einhelliger ärztlicher Ansicht nicht mehr erreicht werden. Das kantonale
Gericht bejahte auch die Adäquanz des Kausalzusammenhangs. Mit Blick darauf,
dass die Versicherte weiterhin bei der Stadt Zürich arbeitete, wo sie ihr
Arbeitspensum flexibel gestalten konnte, setzte es den Invaliditätsgrad mit
Wirkung ab 1. Januar 2011 auf 50 Prozent fest.

2.3. Den Integritätsschaden bezifferte das kantonale Gericht gestützt auf die
Beurteilung des Dr. med. F.________ vom 20. Juli 2015. Es hielt dazu fest, nach
dem Ereignis vom November 2004 habe sich bei der Versicherten eine
mittelschwere psychisch bedingte Integritätsschädigung eingestellt, die gemäss
Tabelle 19 der SUVA zur Integritätsentschädigung gemäss UVG (Integritätsschaden
bei psychischen Folgen von Unfällen) einer Integritätseinbusse von 50 Prozent
entspreche.

3. 
Nicht geprüft hat die Vorinstanz die unfallversicherungsrechtliche Relevanz des
Vorfalls vom 16. Juni 2011 (Übergriff auf die Tochter der Versicherten), da
dieser nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilde. Dagegen werden vor
Bundesgericht keine Einwände vorgebracht. Auf jenes Ereignis ist daher in
diesem Verfahren nicht näher einzugehen.

4.

4.1. Letztinstanzlich unbestritten ist, dass der Vorfall vom November 2004 die
natürliche Ursache darstellt für die noch bestehenden psychischen Probleme der
Beschwerdegegnerin. Es wird auch nicht in Frage gestellt, dass von einer
Fortsetzung der Heilbehandlung spätestens im Zeitpunkt der Leistungseinstellung
Ende Dezember 2010 keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr zu
erwarten war, weshalb der auf diesen Zeitpunkt vorgenommene Fallabschluss mit
Prüfung der Rentenfrage und des Integritätsschadens nicht verfrüht erfolgt ist.
Auf die entsprechenden Erwägungen des angefochtenen Entscheids kann abgestellt
werden.

4.2. Streitig und zu prüfen ist, ob die noch vorhandenen psychischen Leiden als
adäquat kausale Folge des Ereignisses vom 24. November 2004 anzusehen sind. Das
kantonale Gericht ging davon aus, dass angesichts der Schwere des Übergriffs
die Adäquanz ohne weiteres zu bejahen sei. Laut Beschwerdeführerin verletzt
dies Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG). Ihrer Ansicht nach fehlt es unter
Berücksichtigung der den sogenannten Schreckereignissen zugrunde zu legenden
Adäquanzformel mehr als sechs Jahren nach dem zur Diskussion stehenden Ereignis
und den psychischen Beschwerden am adäquaten Kausalzusammenhang

4.3. Die Adäquanz zwischen einem Schreckereignis ohne körperliche Verletzungen
und den nachfolgend aufgetretenen psychischen Störungen ist nach der
allgemeinen Formel (gewöhnlicher Lauf der Dinge und allgemeine Lebenserfahrung)
zu beurteilen. Diese Rechtsprechung trägt der Tatsache Rechnung, dass bei
Schreckereignissen - anders als im Rahmen üblicher Unfälle - die psychische
Stresssituation im Vordergrund steht, wogegen dem somatischen Geschehen keine
(entscheidende) Bedeutung beigemessen werden kann. Aus diesem Grund ist die
(analoge) Anwendung der in BGE 115 V 133 entwickelten Adäquanzkriterien ebenso
ungeeignet wie diejenige der so genannten Schleudertraumapraxis (BGE 134 V 109;
117 V 359; vgl. BGE 129 V 177 E. 4.2 S. 184). Nicht anders verhält es sich,
wenn die versicherte Person zwar körperlich verletzt wird, die somatischen
Beeinträchtigungen indessen lediglich von untergeordneter Bedeutung sind und im
Vergleich zum erlittenen psychischen Stress in den Hintergrund treten. Denn
auch in solchen Fällen kommt dem somatischen Geschehen keine wesentliche
Bedeutung zu. Mithin hat die Beurteilung der Adäquanz zwischen
Schreckereignissen, bei welchen die versicherte Person zwar (auch) körperliche
Beeinträchtigungen davonträgt, letztere aber nicht entscheidend ins Gewicht
fallen, und psychischen Schäden nach der allgemeinen Adäquanzformel zu erfolgen
(SVR 2016 UV Nr. 11 S. 33, 8C_412/2015 E. 2.2; 2008 UV Nr. 7 S. 22, U 548/06 E.
2.4; Urteile 8C_167/2016 vom 23. Mai 2016; 8C_2/2016 vom 29. Februar 2016;
8C_341/2008 vom 25. September 2008 E. 2.2; 8C_522/2007 vom 1. September 2008 E.
2; U 390/04 vom 14. April 2005 E. 1.2). Bei "gemischten" Vorfällen, in welchen
die Elemente eines Schreckereignisses (Überfall, Bedrohung) und einer
ihrerseits den Unfallbegriff erfüllenden physischen Einwirkung (Schläge,
Zufügen von Verletzungen) kombiniert vorkommen, ist die Adäquanzprüfung unter
beiden Aspekten vorzunehmen. So wäre nicht einzusehen, weshalb die im Rahmen
einer Betrachtung als "klassischer" Unfall auf Grund der körperlichen
Verletzungen zu bejahende Adäquanz entfallen sollte, weil der Überfall auch ein
Schreckereignis darstellen könnte, oder warum der erlittene Schrecken nur
deshalb die Adäquanz nicht zu begründen vermöchte, weil der versicherten Person
darüber hinaus auch noch physische Schäden zugefügt wurden. Eine Prüfung unter
beiden Gesichtspunkten ("Schreckereignis" und gemäss BGE 115 V 133) ist somit
möglich, wenn keiner der Faktoren deutlich im Vordergrund steht (in diesem
Sinne BGE 129 V 402; Urteil 8C_1062/2009 vom 31. August 2010 E. 2.2.2).

4.4. Gestützt auf die echtzeitlichen medizinischen Unterlagen ist davon
auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin als (organische) Folge des Vorfalls vom
24. November 2004 diverse Hämatome und Schürfwunden (gemäss Arztzeugnis UVG von
Dr. B.________ vom 19. Juni 2007: Blutergüsse an beiden Handgelenken,
Daumenballen rechts, mehrere oberflächliche Schürfwunden an beiden Händen und
beiden Knien, Schmerzen an rechter Ohrmuschel und Nackenschmerzen bis Mitte
Brustwirbelsäule) davontrug. Die von der Versicherten geklagten Beschwerden am
Bewegungsapparat sind laut Dr. med. F.________ (rheumatologisches Konsilium vom
16. Juli 2010) nicht auf das obige Ereignis zurückzuführen. Den somatischen
Beeinträchtigungen kommt im vorliegenden Zusammenhang somit lediglich
untergeordnete Bedeutung zu. Im Vordergrund steht vielmehr die erlittene
psychische Stresssituation. Davon geht auch die Beschwerdeführerin aus.

4.5. An den - auf Grund der allgemeinen Adäquanzformel zu prüfenden und damit
eine Wertung darstellenden - Kausalzusammenhang zwischen so genannten
Schreckereignissen und nachfolgenden psychischen Beschwerden werden hohe
Anforderungen gestellt. Diese sind insbesondere an den Beweis der Tatsachen,
die das Schreckereignis ausgelöst haben, und an die Aussergewöhnlichkeit des
fraglichen Ereignisses sowie den entsprechenden psychischen Schock zu stellen
(SVR 2016 UV Nr. 11 S. 33, 8C_412/2015 E. 2.1). Nach der Rechtsprechung besteht
die übliche und einigermassen typische Reaktion auf derartige Ereignisse
erfahrungsgemäss darin, dass zwar eine Traumatisierung stattfindet, diese aber
vom Opfer in aller Regel innert einiger Wochen oder Monate überwunden wird (BGE
129 V 177; Urteile 8C_167/2016 vom 23. Mai 2016 E. 2.2; 8C_2/2016 vom 29.
Februar 2016 E. 4.1; 8C_1062/2009 vom 31. August 2010 E. 4.3 mit Hinweisen).

5.

5.1. Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den
Parteien schriftlich zu eröffnen und müssen namentlich die massgebenden Gründe
tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angaben der angewendeten
Gesetzesbestimmungen enthalten (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG). Aus dem Entscheid
muss klar hervorgehen, von welchem festgestellten Sachverhalt die Vorinstanz
ausgegangen ist und welche rechtlichen Überlegungen sie angestellt hat. Weist
der rechtserhebliche Sachverhalt wesentliche Lücken auf, kann das Recht nicht
angewendet werden (vgl. Art. 105 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 135 II 145
E. 8.2 S. 153). Genügt ein Entscheid den Anforderungen nach Art. 112 Abs. 1
lit. b BGG nicht, so kann das Bundesgericht ihn in Anwendung von Art. 112 Abs.
3 BGG an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben.
Hingegen steht es ihm nicht zu, sich an die Stelle der Vorinstanz zu setzen,
die ihrer Aufgabe nicht nachgekommen ist (BGE 141 IV 244 E. 1.2 S. 245; 138 IV
81 E. 2.2 S. 84; Urteil 5A_6/2016 vom 15. September 2016 E. 5.1). Die
verfahrensrechtlichen Folgen nach Art. 112 Abs. 3 BGG sind (im Gegensatz zu
einem im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG mangelhaften Sachverhalt [Art. 106 Abs.
2 BGG; BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266]) von Amtes wegen zu prüfen. Sie gelten
daher auch im Bereich der Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der
Militär- oder Unfallversicherung (Art. 105 Abs. 3 BGG). Hierfür ist die
Gewährung des rechtlichen Gehörs resp. ein Schriftenwechsel nicht erforderlich;
die Rechtsstellung der Parteien ändert sich selbst im Falle einer Aufhebung
nicht, weil diese, anders als eine Rückweisung nach Art. 107 Abs. 2 BGG, nicht
mit bundesgerichtlichen Vorgaben verbunden sein kann (FamPra.ch, 2015 S. 931,
5A_34/2015 E. 7.3.4; Urteil 5A_383/2015 vom 18. November 2015 E. 3.1).

5.2. Ob zwischen dem Schreckereignis und den psychischen Störungen ein
adäquater Kausalzusammenhang besteht, ist eine Wertungsgesichtspunkten
unterliegende Rechtsfrage, die das Bundesgericht an sich frei prüft (Art. 106
BGG; BGE 132 III 715 E. 2.2 S. 718). Rechtspolitischer Zweck der Adäquanz
bildet die Begrenzung der Haftung (BGE 129 V 177 E. 3.3 S. 181 f.). Es soll
aufgrund sämtlicher Umstände im Einzelfall entschieden werden, ob ein
Gesundheitsschaden billigerweise noch dem Haftpflichtigen zugerechnet werden
kann (vgl. BGE 129 V 177 E. 4 S. 183). Die Prüfung der Adäquanz eines
natürlichen Kausalzusammenhangs bedingt gewisse tatsächliche Grundlagen
(ALEXANDRA RUMO-JUNGO/ANDRÉ PIERRE HOLZER, Bundesgesetz über die
Unfallversicherung, 4. Aufl. 2012, S. 57 f.). An die Begründung sind daher
entsprechende Anforderungen zu stellen.

5.3. Die Vorinstanz legt nicht dar, von welchen tatsächlichen Gegebenheiten sie
ausgegangen ist, um die Adäquanz des Kausalzusammenhangs zu bejahen. Die
Beschwerdeführerin hat sich im Einspracheentscheid mit der Adäquanzfrage nicht
befasst, weil sie bereits den natürlichen Kausalzusammenhang verneint hat. Die
rudimentäre Erwägung im angefochtenen Entscheid, "angesichts der Schwere des
Übergriffs ist die Adäquanz ohne weiteres zu bejahen", genügt im Hinblick auf
eine transparente, in den Grundzügen nachvollziehbare und überprüfbare
Adäquanzbeurteilung nicht: Es fehlen insbesondere Angaben darüber, inwiefern
die Versicherte am 24. November 2004 Bedrohungselementen ausgesetzt war, die in
ihrer Gesamtheit ein Bild ergeben, das nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und
gemessen an der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet erscheint, mehr als sechs
Jahre später noch anhaltende, die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigende psychische
Störungen zu verursachen. Dies hängt namentlich davon ab, ob eine Waffe oder
dergleichen zum Einsatz gelangte oder zumindest sichtbar mitgeführt wurde. Es
fehlt zudem an tatsächlichen Angaben darüber, ob die vom damaligen Ehemann zum
Einsatz gebrachten "Spielzeughandschellen" für die Versicherte als solche
erkennbar waren. Ebenso fehlen Feststellungen zur zeitlichen Dauer und
Intensität der Freiheitsberaubung und Gewaltausübung, insbesondere bezüglich
Art und Intensität der physischen Übergriffe. Dasselbe gilt hinsichtlich
Ausmass, Intensität und Ernsthaftigkeit der verbalen Aggression mit
Todesdrohung bzw. Äusserung suizidaler Absicht. Es wird auch nicht erläutert,
ob der Versicherten die Möglichkeit offen stand, die Flucht zu ergreifen.
Wesentlich wären auch Feststellungen darüber, ob bereits in der Vergangenheit
ähnliche Ereignisse zwischen der Versicherten und ihrem damaligen Ehemann
vorgefallen waren oder ob sich das Ereignis für die Beschwerdegegnerin völlig
unerwartet abgespielt hat. Zu prüfen wäre etwa auch, wie die "Verfassung" des
Aggressors im zeitlichen Verlauf zu beurteilen war (gab es Anzeichen für eine
Deeskalation, für nachlassende Aggression, gegebenenfalls ab wann?). Ohne
entsprechende Angaben ist es dem Bundesgericht nicht möglich, den vorliegenden
Fall zu beurteilen. Der angefochtene Entscheid ist daher mangels klarer Angaben
der massgebenden Gründe tatsächlicher Art in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG
aufzuheben und an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das kantonale Gericht hat die
erheblichen Tatsachen zur Beurteilung der Adäquanz festzustellen und gestützt
darauf neu zu befinden. Je nach Ergebnis wird die Vorinstanz zudem die
Entschädigung des kantonalen Verfahrens anzupassen haben (Urteil 2C_504/2008
vom 28. Januar 2009 E. 10, nicht publ. in BGE 135 II 145).

6. 
Der Ausgang des Verfahrens ist offen. Daher sind umständehalber keine
Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG; Urteile 5A_34/2015
vom 29. Juni 2015 E. 8; 5A_383/2015 vom 18. November 2015 E. 4; 8C_775/2013 vom
30. Januar 2014 E. 4). Der Beschwerdeführerin ist im bundesgerichtlichen
Verfahren kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 2. März
2016 wird aufgehoben. Die Sache wird zur Beurteilung im Sinne der Erwägungen an
die Vorinstanz zurückgewiesen.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. November 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Hofer

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