Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.290/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_290/2016

Urteil vom 20. Juni 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Eric Schuler,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 3. Abteilung, vom
30. März 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________ hatte sich am 21. Mai 2001 unter Hinweis auf Rückenbeschwerden und
Kopfschmerzen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet und
bezog ab dem 1. Mai 2001 eine ganze Invalidenrente (Verfügungen vom 18.
November 2001). Die IV-Stelle Luzern bestätigte den Rentenanspruch am 9. Juni
2006 und am 5. Juli 2010.

Im Juni 2013 leitete die IV-Stelle ein weiteres Revisionsverfahren ein und
überprüfte den Rentenanspruch gestützt auf die am 1. Januar 2012 in Kraft
getretenen Schlussbestimmungen der Änderung des IVG vom 18. März 2011 (6.
IV-Revision, erstes Massnahmenpaket). Sie holte Berichte der behandelnden Ärzte
ein und liess A.________ polydisziplinär untersuchen (Gutachten des
Begutachtungszentrums BEGAZ, Binningen, vom 28. Januar 2014). Mit Verfügung vom
30. September 2014 stellte sie die Invalidenrente ein. Sie gewährte indessen
Beratung und Begleitung bis zum 30. November 2016 und richtete bis dahin auch
die Invalidenrente aus (Verfügungen vom 10. September und vom 1. Oktober 2014).

B. 
Die gegen die Renteneinstellung (Verfügung vom 30. September 2014) erhobene
Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid vom 30. März 2016 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihm die ganze
Invalidenrente weiterhin auszurichten, eventualiter sei die Sache zur Einholung
eines medizinischen Gerichtsgutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt und verzichtet auf
einen Schriftenwechsel.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels
für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art.
105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG)
und ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 134 I 65 E. 1.3 S. 67 f.,
134 V 250 E. 1.2 S. 252, je mit Hinweisen). Unter Berücksichtigung der
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es indessen nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind, und ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle
sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr aufgegriffen werden (BGE 134 I 313 E. 2 S. 315, 65 E. 1.3 S. 67 f.,
je mit Hinweisen).

2. 
Das kantonale Gericht hat die für den Rentenanspruch massgeblichen Bestimmungen
und Grundsätze zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen.

3. 
Die Vorinstanz hat den Rentenanspruch des Beschwerdeführers gestützt auf die
Vorgaben der 6. IV-Revision überprüft. Diese Bestimmungen betreffen Renten,
welche bei psychosomatischen Leiden gesprochen wurden (erstes Massnahmenpaket,
Schlussbestimmungen der Änderung des IVG vom 18. März 2011, AS 2011 5659; BGE
139 V 547). Massgeblich und zu beurteilen war, ob bei der Rentenzusprechung ein
pathogenetisch-ätiologisch unklares syndromales Beschwerdebild ohne
nachweisbare organische Grundlage vorlag und damit die Voraussetzungen für die
Anwendbarkeit der erwähnten Bestimmungen gegeben sind, und ob eine
Erwerbsunfähigkeit im Sinne von Art. 7 Abs. 2 ATSG besteht. Zur Beurteilung der
Arbeitsfähigkeit zufolge einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ist
nunmehr BGE 141 V 281 massgeblich. Dabei hat sich jedoch an der Rechtsprechung
zu Art. 7 Abs. 2 ATSG nichts geändert: Es sind ausschliesslich die Folgen der
gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen; es ist zu prüfen, ob es
dem Versicherten objektiv zuzumuten ist, eine Arbeitsleistung zu erbringen, und
die materielle Beweislast liegt bei der rentenansprechenden Person (BGE 141 V
281, insb. E. 3.7 S. 295 f., E. 6 S. 307 f., E. 8 S. 309).

4. 
Das kantonale Gericht hat erkannt, dass gestützt auf das BEGAZ-Gutachten und
auch unter Berücksichtigung der Einschätzungen der behandelnden Ärzte eine
rentenbegründende Invalidität nicht ausgewiesen ist.

4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass es sich bei seiner depressiven
Störung um ein von der Schmerzstörung unabhängiges und verselbstständigtes
Leiden handle, auf das die Schmerzrechtsprechung nicht anwendbar sei.
Psychische Störungen gelten grundsätzlich nur dann als invalidisierend, wenn
sie schwer und therapeutisch nicht (mehr) angehbar sind (BGE 141 V 281 E.
4.3.1.2 S. 299). Bei leichten bis mittelgradigen depressiven Störungen fehlt es
an der vorausgesetzten Schwere, seien sie im Auftreten rezidivierend oder
episodisch (Urteile 9C_13/2016 vom 14. April 2016 E. 4.2; 9C_539/2015 vom 21.
März 2016 E. 4.1.3.1; 8C_104/2014 vom 26. Juni 2014 E. 3.3.4). Das kantonale
Gericht hat nach Würdigung auch der Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr.
med. B.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 6. Oktober 2014
festgestellt, es bestünden nach Lage der Akten keine Anhaltspunkte dafür, dass
durch die depressive Störung eine längerfristige Invalidisierung eingetreten
wäre. Die beschwerdeweise vorgebrachten Einwände lassen die vorinstanzliche
Beurteilung nicht als offensichtlich unrichtig oder rechtsfehlerhaft
erscheinen. Im Übrigen werden die eingehenden Erwägungen des kantonalen
Gerichts zum psychosomatischen Leiden des Beschwerdeführers nicht beanstandet
und sie geben keinen Anlass zu Weiterungen.

4.2. Der Beschwerdeführer rügt des Weiteren, dass sein Nierenleiden im Rahmen
der Begutachtung nicht näher abgeklärt worden sei.
Die Vorinstanz hat diesbezüglich zutreffend festgestellt, dass die bis dahin
ergangenen Abklärungen der Beschwerden den Gutachtern bekannt waren. Dass sie
keine weiteren Untersuchungen veranlasst haben, war nach den vorinstanzlichen
Erwägungen nicht zu beanstanden, zumal der Versicherte keine substantiierten
Angaben über allfällige Einschränkungen und Beschwerden gemacht habe. Das
kantonale Gericht hat dabei auch die nach der Renteneinstellung ergangenen
Berichte des Dr. med. C.________, Leitender Arzt des Spitals D.________, Innere
Medizin, vom 3. November 2014 und vom 11. Dezember 2014 und die Stellungnahme
des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 25. November 2014 berücksichtigt
und einlässlich dargelegt, dass und weshalb die Berichte des behandelnden
Arztes eine vom Gutachten abweichende Einschätzung der Arbeitsfähigkeit bis zu
dem für die richterliche Überprüfungsbefugnis massgeblichen Zeitpunkt des
Verfügungserlasses nicht rechtfertigt (BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220; 129 V 167
E. 1 S. 169; 137 V 210 E. 1.3.4 S. 227; 135 V 465 E. 4.4 S. 470; 125 V 351 E.
3b/bb S. 353).

4.3. Zusammengefasst ist die vorinstanzliche Beurteilung bundesrechtskonform
und mit dem kantonalen Gericht ist eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit in
einer dem Rückenleiden angepassten Tätigkeit weder aus somatischen noch aus
psychischen Gründen nachzuweisen. Die Rentenaufhebung gestützt auf die
Schlussbestimmungen der 6. IV-Revision ist zu Recht erfolgt.

5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem
unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. Juni 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Durizzo

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