Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.285/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_285/2016

Urteil vom 22. Juli 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Nicole Gierer Zelezen,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 3. März 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1958 geborene A.________ war Lastwagenchauffeur bei der B.________ AG und
damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch
unfallversichert. Am 21. Januar 2013 erlitt er einen Verkehrsunfall. Danach war
er bis 25. Januar 2013 im Spital C.________ hospitalisiert. Laut dessen
Austrittsbericht erlitt er ein posttraumatisch innerhalb von 5-6 Stunden
remittierendes sensomotorisches Hemisyndrom brachiokrural links und ein
Distorsionstrauma der Halswirbelsäule (HWS). Die SUVA erbrachte Heilbehandlung
und Taggeld. Am 12. Februar 2014 verfügte sie die Leistungseinstellung per 28.
Februar 2014, da die Beschwerden des Versicherten weder organisch hinreichend
nachweisbar noch unfalladäquat seien. Dies bestätigte sie mit
Einsprachentscheid vom 22. Mai 2014.

B. 
Die hiegegen geführte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen mit Entscheid vom 3. März 2016 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer
Verfassungsbeschwerde beantragt der Versicherte, in Aufhebung des kantonalen
Entscheides sei die SUVA zu verpflichten, ihre gesetzlichen Leistungen für den
Unfall vom 21. Januar 2013 über den 28. Februar 2014 hinaus zu erbringen;
eventuell sei die Sache zur ergänzenden medizinischen Beurteilung an die
Vorinstanz resp. an die SUVA zurückzuweisen.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde erfüllt die Voraussetzungen nach Art. 82 ff. BGG für diejenige
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, weshalb sie als solche - und nicht
als subsidiäre Verfassungsbeschwerde - entgegenzunehmen ist (Art. 113 BGG;
nicht zur Publikation vorgesehene E. 1 des BGE 8C_639/2015 vom 6. April 2016).

2. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem
Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1
S. 389).
 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

3. 
Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen über den für die Leistungspflicht
des obligatorischen Unfallversicherers erforderlichen natürlichen und adäquaten
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden, insbesondere
bei Folgen eines Unfalls mit Schleudertrauma der Halswirbelsäule (HWS) oder
äquivalenter Verletzung ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle (BGE 134
V 109), richtig dargelegt. Gleiches gilt betreffend die Voraussetzungen für die
Annahme des Wegfalles unfallbedingter Ursachen eines Gesundheitsschadens (SVR
2011 UV Nr. 4 S. 12 E. 3.2 [8C_901/2009]; RKUV 1994 Nr. U 206 S. 329 E. 3b),
des Fallabschlusses (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E. 4 S. 113 ff.) und für
den Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E. 6 S.
221). Darauf wird verwiesen.

4. 
Die Vorinstanz erwog, aufgrund der medizinischen Akten seien die vom
Versicherten über den 28. Februar 2014 hinaus geklagten Beschwerden nicht mit
klar ausgewiesenen organischen Befunden im Sinne nachweisbarer struktureller
Veränderungen erklärbar. Es bestünden degenerative Veränderungen der HWS und
LWS. Eine eigentliche Verursachung bzw. richtunggebende (dauernde)
Verschlimmerung der Wirbelsäulenpathologie durch den Unfall vom 21. Januar 2013
falle angesichts der geschilderten medizinischen Gegebenheiten und des
Unfallsachverhalts ausser Betracht. Eine allfällige vorübergehende
unfallbedingte Verschlimmerung wäre demnach (spätestens nach einem Jahr) längst
als abgeheilt anzusehen. Die nach dem 28. Februar 2014 weiter bestehenden
Gesundheitsstörungen an der HWS könnten mithin nicht überwiegend wahrscheinlich
als natürliche (Teil-) Folge des Unfalls vom 21. Januar 2013 angesehen werden.
Selbst wenn dies zweifelhaft wäre, würde sich eine Rückweisung der Sache zwecks
weiterer Abklärung dieser Frage erübrigen. Denn nach Ende Februar 2014 habe von
einer Weiterbehandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes
erwartet werden können. Selbst wenn von einer unfallbedingten Notwendigkeit
einer Weiterbehandlung auszugehen wäre, müsste die adäquate Unfallkausalität
des Beschwerdebildes nach der Schleudertraumpraxis verneint werden. Der Unfall
vom 21. Januar 2013 sei nämlich als mittelschwer im eigentlichen Sinn zu
qualifizieren. Es seien nur die zwei Adäquanzkriterien der erheblichen
Beschwerden und der erheblichen Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener
Anstrengungen erfüllt, aber nicht besonders ausgeprägt. Dies genüge nicht für
die Bejahung der Adäquanz. Der Einspracheentscheid vom 22. Mai 2014 sei demnach
zu bestätigen.

5.

5.1. Der Versicherte legt neu ein den Zeitraum vom 6. August 2014 bis 30.
Januar 2015 betreffendes Journal des Zentrums D.________ sowie einen ab 1. Juli
2015 beginnenden Anstellungsvertrag mit der E.________ AG auf. Hierbei handelt
es sich angesichts des Datums des angefochtenen Entscheides um unechte Noven,
deren Einreichung nur im Rahmen von Art. 99 Abs. 1 BGG zulässig ist. Der
vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden
Anlass für die Zulässigkeit unechter Noven, die bereits im kantonalen Verfahren
ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können (nicht publ. E. 1.3 des Urteils
BGE 138 V 286, in SVR 2012 FZ Nr. 3 S. 7 [8C_690/2011]). Der Versicherte legt
nicht dar, inwiefern der kantonale Entscheid zur Anrufung der obigen Akten
Anlass gibt bzw. dass ihm deren Beibringung im vorinstanzlichen Verfahren trotz
hinreichender Sorgfalt prozessual unmöglich und objektiv unzumutbar war. Sie
sind somit unbeachtlich (vgl. auch Urteil 8C_911/2015 vom 3. Februar 2016 E.
4.3).

5.2. Der Versicherte reicht weiter neu ein undatiertes Foto von der
"Kollisionsstelle ca. 80 m nach Tunnelausfahrt" mit Präzisierungen ein. Falls
es vor dem angefochtenen Entscheid gemacht wurde, gilt das in E. 5.1 hievor
Gesagte. Falls es später erstellt wurde, ist es als echtes Novum ohnehin
unzulässig (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; Urteil 8C_776/2015 vom 22. März
2016 E. 3).

6.

6.1. Streitig und zu prüfen ist als Erstes, ob bei Fallabschluss per 28.
Februar 2014 (hierzu vgl. E. 7 hienach) organisch objektiv ausgewiesene Folgen
des Unfalls vom 21. Januar 2013 vorlagen. Von solchen Unfallfolgen - bei denen
die Unfalladäquanz praktisch keine Rolle spielt - kann erst gesprochen werden,
wenn die erhobenen Befunde mit apparativen/bildgebenden Abklärungen bestätigt
werden und die angewendeten Untersuchungsmethoden wissenschaftlich anerkannt
sind (BGE 138 V 248 E. 5.1 S. 251).

6.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe bei der Wiedergabe
des Berichts des Kreisarztes Dr. med. F.________, Facharzt für Orthopädische
Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates FMH, vom 11. März 2013 zwar
festgehalten, dass dieser eine eingeschränkte Beweglichkeit der HWS
festgestellt habe. Unterschlagen habe sie aber seine Feststellung, dies sei ein
Hinweis auf eine Funktionsstörung der unteren HWS bzw. des cervico-thorakalen
Übergangs. Damit sei ihre Verneinung struktureller Unfallfolgen nicht
nachvollziehbar bzw. willkürlich. Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden.
Denn der Hinweis auf eine HWS-Funktionsstörung belegt nicht, dass diese auf
einer unfallbedingten organisch objektiv ausgewiesenen Schädigung beruht.
Vielmehr führte Dr. med. F.________ am 11. März 2013 gleichzeitig aus, das MRI
der gesamten Wirbelsäule und das CT der HWS vom 21. Januar 2013 hätten keine
posttraumatischen Läsionen ergeben. Es lägen moderate degenerative
Veränderungen der HWS vor (hierzu vgl. E. 6.4 hienach).

6.3. Der Versicherte bringt weiter vor, gestützt auf die MRI-Angiografie des
Halses vom 25. Januar 2013 habe Dr. med. G.________, Kaderarzt Radiologie,
Spital C.________, gleichentags festgehalten, kernspintomografisch müsse von
einem kleinsten Wandhämatom im Bereich der rechten Arteria vertebralis in Höhe
HWK 4 ausgegangen werden. Korrespondierend dazu fänden sich
Wandunregelmässigkeiten in der Angiosequenz, welche zusätzlich möglicherweise
durch einen kräftigen Pulsationsartefakt durch die Arteria carotis
hervorgerufen sein könnten. Falsch sei demnach die Feststellung der Vorinstanz
- so der Versicherte -, dass strukturelle Unfallfolgen nicht fassbar seien. Dem
ist entgegenzuhalten, dass gemäss dem Bericht des Neurologen Dr. med.
H.________ vom 2. April 2013 in der MRI-Angiografie der hirnversorgenden
Gefässe keine strukturellen Unfallfolgen fassbar sind. Der Versicherte führt
keine Arztberichte an, die diesbezüglich den Schluss auf Unfallfolgen
zuliessen.

6.4.

6.4.1. Der Versicherte beruft sich zudem auf das im Spital C.________
durchgeführte MRI der HWS vom 24. Januar 2013. Diesbezüglich führte Dr. med.
G.________ im Bericht vom 25. Januar 2013 aus, es bestünden mehrsegmentale
degenerative Veränderungen im Bereich der gesamten HWS mit einer diskreten
ossären Einengung des rechten Neuroforamens im Segment HWK3/HWK4 und damit
möglicherweise Affektion der Nervenwurzel von C4 rechts. Eine degenerative
Veränderung gebe es auch im Segment HWK5/HWK6 mit einer sowohl ossären als auch
diskalen Einengung des rechten Neuroforamens und damit sehr wahrscheinlich
Affektion der Nervenwurzel von C5 rechts intraforaminal. Der Hauptbefund liege
im Segment HWK5/HWK6. Hier komme es infolge einer Osteochondrose sowie einer
breitbasigen Protrusion zu einer diskalen wie ossären Einengung der
Neuroforamina beidseits, rechts mehr als links. Zudem bestehe eine diskale und
ossäre Einengung des rechten Neuroforamens im Segment HWK6/HWK7 mit sehr
wahrscheinlich Affektion der Nervenwurzel von C7 rechts.
Der Versicherte macht geltend, vor dem Unfall vom 21. Januar 2013 sei er
diesbezüglich beschwerdefrei gewesen. Inwieweit der Unfall die beschriebene
Vorerkrankung aktiviert habe, werde nicht abgehandelt. Es sei abzuklären, ob
resp. ab welchem Zeitpunkt er aufgrund der vorbestehenden Erkrankungen die
gleichen Beschwerden erlitten hätte wie nach dem Unfall. Die entsprechende
vorinstanzliche Argumentation (vgl. E. 4 hievor) sei pauschal und nicht
nachvollziehbar. Dazu hätte ein polydisziplinäres Gutachten Auskunft geben
können. Mangels eines solchen sei der Sachverhalt nicht abschliessend bzw.
willkürlich ermittelt worden.

6.4.2. Gemäss den Berichten des Kreisarztes Dr. med. F.________ vom 11. März
2013 und des Dr. med. H.________ vom 2. April 2013 zeigten die im Spital
C.________ durchgeführten MRI der gesamten Wirbelsäule vom 21. Januar 2013 und
der HWS vom 24. Januar 2013 keine organisch objektiv ausgewiesenen
posttraumatischen Verletzungen. Die Vorinstanz erkannte in diesem Lichte
richtig, dass die degenerativen Veränderungen an der HWS des Versicherten nicht
durch den Unfall vom 21. Januar 2013 verursacht wurden.

6.4.3. Hinsichtlich der Verschlimmerung eines vorbestehenden
Gesundheitszustandes kommt eine Unfallkausalität nur ausnahmsweise und
insbesondere nur dann in Frage, wenn der Unfall geeignet gewesen wäre, eine
gesunde Bandscheibe zu verletzen. Eine allfällige richtunggebende
Verschlimmerung muss röntgenologisch ausgewiesen sein und sich von der
altersüblichen Progression abheben (Urteil 8C_237/2012 vom 25. April 2012 E.
4.2.4). Dies trifft hier aufgrund der bildgebenden Abklärungen nicht zu, wie
die Vorinstanz ebenfalls richtig erkannt hat. Die Einstellung der Leistungen
auf den 28. Februar 2014 (siehe E. 7 hienach) rechtfertigt sich somit sowohl
angesichts der konkreten Sachlage wie auch des - nach derzeitigem medizinischen
Wissensstand geltenden - allgemeinen Erfahrungssatzes, wonach eine traumatische
Aktivierung eines klinisch stummen degenerativen Vorzustands an der Wirbelsäule
in der Regel nach sechs bis neun Monaten, spätestens aber nach einem Jahr als
abgeschlossen zu betrachten ist (SVR 2014 UV Nr. 32 S. 106 E. 7.3 [8C_834/
2013]; Urteil 8C_154/2016 vom 7. Juni 2016 E. 4.1.2).

6.4.4. Arztberichte, die einen gegenteiligen Schluss nahe legten, führt der
Versicherte nicht an. Eine vorinstanzliche Verletzung der Begründungspflicht
liegt nicht vor (vgl. BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237; Urteil 8C_391/2015 vom 11.
August 2015 E. 3.2). Unter den gegebenen Umständen sah die Vorinstanz in
zulässiger antizipierter Beweiswürdigung von weiteren Abklärungen ab (siehe
auch E. 13 hienach).

7. 
Mangels organisch objektiv ausgewiesener Unfallfolgen ist eine Adäquanzprüfung
erforderlich (BGE 138 V 248 E. 4 S. 250). Diese ist hier unbestrittenermassen
nach der Schleudertraumapraxis - d.h. ohne Differenzierung zwischen physischen
und psychischen Komponenten des Gesundheitsschadens (BGE 134 V 109 S. 116 ff.
E. 6; Urteil 8C_417/2015 vom 17. Dezember 2015 E. 2.2) - durchzuführen.
Umstritten und vorab zu klären ist, ob der Fallabschluss per 28. Februar 2014
zu früh erfolgte.

7.1. Der Unfallversicherer hat den Fall (unter Einstellung von Heilbehandlung
und Taggeld sowie Prüfung des Anspruchs auf Invalidenrente und
Integritätsentschädigung) abzuschliessen, wenn von der Fortsetzung der
ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr
erwartet werden kann und allfällige Eingliederungsmassnahmen der
Invalidenversicherung abgeschlossen sind (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E.
4.1 S. 113). Die namhafte Besserung des Gesundheitszustandes in diesem Sinne
bestimmt sich namentlich nach Massgabe der zu erwartenden Steigerung oder
Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, soweit unfallbedingt beeinträchtigt,
wobei die durch weitere Heilbehandlung zu erwartende Besserung ins Gewicht
fallen muss. Unbedeutende Verbesserungen genügen nicht (Urteil 8C_765/2014 vom
9. Februar 2015 E. 9). Diese Frage ist prospektiv zu beurteilen (RKUV 2005 Nr.
U 557 S. 388 E. 3.1 [U 244/04]; Urteil 8C_154/2015 vom 29. Mai 2015 E. 4.2).

7.2. Im Austrittsbericht der Klinik I.________ vom 24. Juli 2013 - wo der
Versicherte vom 17. Juni bis 19. Juli 2013 hospitalisiert war - wurde unter dem
Titel "Therapievorschlag und Prozedere" festgehalten, die Psychotherapie werde
wie vorbestehend weitergeführt; empfohlen werde die Fortführung einer
ambulanten Physiotherapie. Eine berufliche Reintegration erscheine anhand der
belastungsabhängigen Schmerzen sowie Provokation bei längerer Inklination und
Reklination wenig realistisch. Im psychiatrischen Bericht der Klinik J.________
vom 5. November 2013 wurde angegeben, bei aktuell fehlender psychiatrischer
Diagnose im Sinne einer schweren Depression oder einer posttraumatischen
Belastungsstörung oder einer somatoformen Schmerzstörung sei die Fortsetzung
einer ambulanten psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung gegenwärtig
nicht indiziert. Der Kreisarzt Dr. med. K.________, Facharzt für Chirurgie FMH,
führte in der Aktenstellungnahme vom 22. November 2013 aus, ein aktives
Training sei zur Stabilisation und Verbesserung notwendig; nach 3 Monaten
Training sei eine Besserung nicht mehr überwiegend wahrscheinlich zu erwarten.
Aufgrund dieser medizinischen Unterlagen war prospektiv betrachtet ab 28.
Februar 2014 nicht auf eine zu erwartende namhafte Besserung des
Gesundheitszustands im Sinne von Art. 19 Abs. 1 UVG zu schliessen. Der
vorinstanzlich bestätigte Fallabschluss auf dieses Datum hin ist somit nicht zu
beanstanden.
Nicht stichhaltig und mit dem Erfordernis prospektiver Beurteilung nicht
vereinbar ist demnach der Einwand des Versicherten, durch die Weiterführung der
Therapien nach dem Fallabschluss habe eine Verbesserung des
Gesundheitszustandes erzielt werden können, weshalb er in der Lage gewesen sei,
ab 1. Juli 2015 in einem 100%igen Arbeitspensum eine leidensangepasste Arbeit
anzunehmen. Nicht gefolgt werden kann auch seinem Vorbringen, die Zeit zur
Abheilung der Beschwerden bis zum medizinischen Endzustand müsse der
versicherten Person individuell zugestanden werden; ihm hätte demnach ein
längerer Zeitraum für die Heilung zugesprochen werden müssen, weil sich sein
Alter und seine Vorerkrankungen negativ auf den Zeitpunkt des Endzustandes
ausgewirkt hätten.

8. 
Unbestritten ist die vorinstanzliche Annahme, dass der Unfall vom 21. Januar
2013 aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufs mit den sich dabei
entwickelnden Kräften (SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7 E. 5.2 Ingress) als mittelschwer
im mittleren Bereich zu qualifizieren ist. Somit kann die Adäquanz nur bejaht
werden, wenn mindestens drei der sieben Adäquanzkriterien in einfacher Form
erfüllt sind oder eines besonders ausgeprägt vorliegt (BGE 134 V 109 E. 10.3 S.
109; SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7 E. 5.2.3 und E. 6 Ingress [8C_398/2012]; Urteil
8C_608/2015 vom 17. Dezember 2015 E. 5.3). Unstrittig ist weiter, dass die
beiden Kriterien der ärztlichen Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen
erheblich verschlimmert, sowie des schwierigen Heilungsverlaufs und der
erheblichen Komplikationen nicht erfüllt sind.

9.

9.1. Der Versicherte macht geltend, der Unfall vom 21. Januar 2013 sei
besonders eindrücklich gewesen, weshalb das entsprechende Kriterium (unter
Umständen sogar ausgeprägt) erfüllt sei. Ob besonders dramatische
Begleitumstände oder eine besondere Eindrücklichkeit des Unfalls (BGE 134 V 109
E. 10.2.1 S. 127) vorliegen, beurteilt sich objektiv und nicht aufgrund des
subjektiven Empfindens bzw. Angstgefühls der versicherten Person. Zu beachten
ist, dass jedem mindestens mittelschweren Unfall eine gewisse Eindrücklichkeit
eigen ist, welche somit noch nicht für eine Bejahung des Kriteriums ausreichen
kann (nicht publ. E. 3.5.1 des Urteils BGE 137 V 199; SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7 E.
6.1). Es wird nur das Unfallgeschehen an sich und nicht die dabei erlittene
Verletzung betrachtet. Der nachfolgende Heilungsprozess wird nicht einbezogen
(Urteil 8C_137/2014 vom 5. Juni 2014 E. 7.1).

9.2. Laut dem Polizeirapport vom 13. Februar 2013 und der biomechanischen
Kurzbeurteilung (Triage) der AGU, Zürich, vom 16. Dezember 2013 ereignete sich
der Unfall vom 21. Januar 2013 wie folgt: Ein Autolenker fuhr aus einer
Zubringerstrasse in eine Autostrasse. Dabei kollidierte er mit einem auf der
Autostrasse fahrenden Sattelschlepper. Das Auto wurde vor die Front des
Sattelschleppers gedrückt und immer weiter in Richtung Gegenfahrbahn
abgedrängt. In der Folge löste sich das Auto vom Sattelschlepper und drehte
weiter über den Gegenfahrstreifen. Dort prallte es mit dem linken Heck gegen
die linke Frontseite des aus der Gegenrichtung kommenden, vom Beschwerdeführer
gelenkten Autos. Dieser sagte gegenüber der Polizei aus, als er aus dem Tunnel
gefahren sei, habe er einen PW auf seinem Fahrstreifen erblickt. Es habe so
ausgesehen, als sei er aus der Gegenrichtung gekommen, um auf seinem
Fahrstreifen zu wenden. Er habe eine Bremsung eingeleitet und versucht, nach
rechts auszuweichen. Er habe eine Kollision jedoch nicht verhindern können und
sei mit der Front gegen das Heck des anderen Autos gefahren. Dabei habe es ihm
den Atem verschlagen. Er habe sich deshalb auf die Rückbank seines Autos
gelegt, worauf an der linken Körperseite ein Kribbeln aufgetreten sei. Die
Sicherheitsgurte habe er getragen.
Im Lichte der bundesgerichtlichen Kasuistik (hierzu vgl. SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7
E. 6.1.1 f.; Urteil 8C_996/2010 vom 14. März 2011 E. 8.1) kann das Kriterium
nicht als erfüllt angesehen werden. Die fotografisch belegten Schäden am Auto
des Beschwerdeführers lassen keinen gegenteiligen Schluss zu. Gleiches gilt für
seine Einwände, der Unfall habe sich auf einer mit 80 km/h befahrbaren
Autostrasse kurz nach der Tunnelausfahrt und damit sehr überraschend ereignet,
weshalb von einer hohen Aufprallgeschwindigkeit ausgegangen werden müsse. Zu
beachten ist, dass der Versicherte ohne Hilfe aus seinem Auto aussteigen und
sich auf dessen Rückbank legen konnte (vgl. auch Urteile 8C_885/2011 vom 18.
Januar 2012 E. 6.1 und 8C_996/2010 E. 8.2). Der von ihm danach bemerkte Rauch
stammte nicht von einem Autobrand. Unbehelflich sind auch die weiteren
Vorbringen des Versicherten, er habe unbeschreibliche Ängste ausgestanden, weil
er halbseitig gelähmt im Fond seines Autos gelegen sei, die Rauchentwicklung
nicht rational habe erklären können und Angst gehabt habe, nachfolgende Autos
könnten ebenfalls nicht rechtzeitig bremsen. Denn auch wenn sich eine gewisse
Eindrücklichkeit des Unfalls nicht in Abrede stellen lässt, kann insgesamt
nicht von besonders dramatischen Begleitumständen oder einer besonderen
Eindrücklichkeit des unmittelbaren Unfallgeschehens gesprochen werden.

10. 
Streitig ist weiter das Kriterium der Schwere oder besonderen Art der
erlittenen Verletzungen. Zur Bejahung dieses Kriteriums bedarf es einer
besonderen Schwere der für das Schleudertrauma bzw. für die adäquanzrechtlich
äquivalente Verletzung typischen Beschwerden oder besonderer Umstände, die das
Beschwerdebild beeinflussen können. Es kann sich dabei z.B. um eine beim Unfall
eingenommene spezielle Körperhaltung und die dadurch bewirkten Komplikationen
handeln (BGE 134 V 109 E. 10.2.2 S. 127). Ein HWS-Schleudertrauma, das eine
bereits durch einen früheren Unfall erheblich vorgeschädigte HWS betrifft, ist
speziell geeignet, die "typischen" Symptome hervorzurufen und deshalb als
Verletzung besonderer Art qualifiziert zu werden (SVR 2007 UV Nr. 1 S. 1 E.
3.4.2 [U 39/04]). Vorliegend bestand beim Versicherten indessen kein
unfallbedingter Vorzustand (vgl. Urteil 8C_686/2012 vom 28. Mai 2013 E. 7.2).
Weitere Umstände, die als erschwerend zu betrachten wären, sind nicht
erkennbar. Unbestritten ist insbesondere die vorinstanzliche Feststellung, dass
der Versicherte auf die Kollision gefasst war und beim Aufprall eine gerade
Kopfhaltung hatte. Das nach dem Unfall aufgetretene sensomotorische Hemisyndrom
brachiokrural links remittierte nach 5-6 Stunden. Der pauschale Hinweis des
Versicherten auf "stärkste Kopf- und Nackenbeschwerden", deretwegen er sich
wochenlang nicht angemessen auf eine Sache habe konzentrieren können sowie
Existenz- und Zukunftsängste gehabt habe, vermag nicht zur Bejahung des
Kriteriums zu führen.

11. 
Zum Kriterium der fortgesetzt spezifischen, belastenden ärztlichen Behandlung
bis zum Fallabschluss (BGE 134 V 109 E. 10.2.3 S. 128) ist Folgendes
festzuhalten: Unmittelbar nach dem Unfall vom 21. Januar 2013 war der
Versicherte zur medizinischen Überwachung bis 25. Januar 2013 im Spital
C.________ hospitalisiert. Vom 17. Juni bis 19. Juli 2013 weilte er in der
Klinik I.________; hier umfasste die Behandlung folgende Elemente:
Psychotherapie, Physiotherapie mit Bewegungstherapie, Wasser-, Sporttherapie
mit medizinischer Trainingstherapie (MTT) sowie Ergo- mit Gestaltungs- und
Psychosomatiktherapie. Im Übrigen bestand die Behandlung im Wesentlichen in
Medikamenteneinnahme sowie in ambulanter Physiotherapie, MTT, Akupunktur und
Psychotherapie. Am 4. Oktober 2013 gab der Versicherte an, das letzte Mal sei
er vor ca. drei Wochen in der Psychotherapie gewesen. Im psychiatrischen
Bericht der Klinik J.________ vom 5. November 2013 wurde ausgeführt, im Verlauf
hätten mehrere Sitzungen mit ihm stattgefunden; die Fortsetzung einer
ambulanten psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung sei gegenwärtig nicht
indiziert.
Die blossen ärztlichen Verlaufskontrollen und Abklärungsmassnahmen sind nicht
zu berücksichtigen. Ebenso wenig lässt sich die Behandlung des Versicherten
aufgrund der Akten als belastend im Sinne der Rechtsprechung bezeichnen. Auch
waren die Vorkehren nicht mit der durch das Kriterium anvisierten, erheblichen
zusätzlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität verbunden (Urteile 8C_481/2012
vom 10. Dezember 2012 E. 7.4.2 und 8C_885/2011 2012 E. 6.2). Das Kriterium ist
somit nicht erfüllt. Unbehelflich ist die Berufung des Versicherten auf die
nach Fallabschluss am 28. Februar 2014 erfolgten ärztlichen Behandlungen.

12. 
Die Kriterien der erheblichen Beschwerden und der erheblichen
Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengungen bis zum Fallabschluss (BGE
134 V 109 E. 10.2.4 und E. 10.2.7 S. 128 f.) bejahte die Vorinstanz in
einfacher Form. Der Versicherte bringt auch unter Berücksichtigung der bereits
erwähnten "stärksten Kopf- und Nackenbeschwerden" keine substanziierten Gründe
vor, die eine besondere Ausgeprägtheit dieser Kriterien belegten.

13. 
Da von weiteren Abklärungen keine entscheidrelevanten Ergebnisse zu erwarten
sind, hat die Vorinstanz darauf zu Recht verzichtet. Dies verstösst weder gegen
den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) noch gegen den Anspruch auf
rechtliches Gehör bzw. auf Beweisabnahme (Art. 29 Abs. 2 BV) oder das Gebot
eines fairen Verfahrens nach Art. 9 BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK (antizipierte
Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; Urteil 8C_735/2015 vom 22. Januar
2016 E. 4.5). Von willkürlicher Beweiswürdigung der Vorinstanz kann keine Rede
sein.

14. 
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 22. Juli 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Ursprung

Der Gerichtsschreiber: Jancar

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