Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.265/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_265/2016

Urteil vom 6. Juli 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Elisabeth Tribaldos,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
16. Februar 2016.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die 1959 geborene A.________ ist seit 1977 bei der B.________ AG als
Sekretärin tätig. Sie absolvierte zunächst ein Pensum von 100 %; ab 1. Januar
1998 reduzierte sie aus gesundheitlichen Gründen auf 50 % und ab 1. November
2002 auf 25 %. Am 31. Juli 1996 hatte sich A.________ unter Hinweis auf
Erschöpfungszustände bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug
angemeldet. Die IV-Stelle des Kantons Aargau sprach ihr mit Verfügung vom 17.
Januar 1997 eine für die Zeit ab 1. Juli 1996 bis 31. Juli 1996 befristete
Viertelsrente zu. Nach einer erneuten Anmeldung vom 20. Mai 1997 gewährte die
IV-Stelle A.________ mit Verfügung vom 28. November 1997 ab 1. Mai 1997 bis 31.
Juli 1997 wiederum eine Viertels- und ab 1. August 1997 eine halbe
Invalidenrente. Am 12. März 2001 teilte sie der Versicherten mit, die
Überprüfung des Invaliditätsgrades habe keine rentenbeeinflussende Änderung
ergeben. Gestützt auf im Rahmen eines Revisionsverfahrens getätigte erwerbliche
und medizinische Abklärungen erhöhte die IV-Stelle die halbe Invalidenrente
nach Rücksprache mit dem Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) mit Verfügung vom
7. Oktober 2002 ausgehend von einem Invaliditätsgrad von 75 % per 1. März 2002
auf eine ganze Rente. Die revisionsweisen Überprüfungen des Rentenanspruchs in
den Jahren 2005 und 2009 ergaben keine relevante Veränderung.

A.b. Im Rahmen einer im Juni 2012 eingeleiteten revisionsweisen Überprüfung
nahm die IV-Stelle erneut Abklärungen in erwerblicher und medizinischer
Hinsicht vor. Sie holte insbesondere ein polydisziplinäres Gutachten der
Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) Bern, ZVMB GmbH, vom 30. Juli 2013,
ergänzende Stellungnahmen des psychiatrischen Gutachters vom 15. Januar 2014
und 5. Februar 2014 sowie Stellungnahmen des RAD und des Rechtsdienstes ein.
Nach Durchführung von Eingliederungsmassnahmen hob die IV-Stelle die
Invalidenrente mit Verfügung vom 22. April 2015 per Ende Mai 2015
revisionsweise auf mit der Begründung, der Gesundheitszustand habe sich
wesentlich verbessert.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde, in deren Folge ein Bericht der behandelnden
Psychiaterin vom 9. November 2015 nachgereicht wurde, wies das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 16. Februar 2016 ab,
indem es die revisionsweise verfügte Rentenaufhebung (nach Gewährung des
rechtlichen Gehörs) mit der substituierten Begründung der Wiedererwägung
schützte.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ die
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids vom 16. Februar 2016 sowie der
Verfügung vom 22. April 2015 und die Weiterausrichtung der bisherigen
Rentenleistungen, eventualiter die Zusprechung einer halben Rente,
subeventualiter die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz oder an die
IV-Stelle zu weiteren Abklärungen beantragen.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde, eventualiter auf
Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Das Bundesamt für Sozialversicherungen
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Mit Eingabe vom 10. Juni 2016 lässt A.________ an ihren Anträgen festhalten.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.3. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit bzw. deren Veränderung in einem bestimmten Zeitraum handelt es
sich grundsätzlich um Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Gleiches
gilt für die konkrete Beweiswürdigung (Urteil 9C_204/2009 vom 6. Juli 2009 E.
4.1, nicht publ. in: BGE 135 V 254, aber in: SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164).
Dagegen sind die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der
Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG Rechtsfragen (BGE 132 V 393 E.
3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil 8C_859/2015 vom 7. Juni 2016 E. 2.2 mit Hinweis).

2.

2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht
verletzte, indem es die revisionsweise Aufhebung der ganzen Invalidenrente mit
der substituierten Begründung der Wiedererwägung bestätigte.

2.2. Im angefochtenen Entscheid werden die gesetzlichen Bestimmungen und die
von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Rentenrevision (Art. 17 Abs.
1 ATSG; BGE 134 V 131 E. 3 S. 132), zu den revisionsrechtlich massgebenden
Vergleichszeitpunkten (BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114) sowie zum Beweiswert und
zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 137 V 210 E. 6.2.2
S. 269; 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352) richtig dargelegt.
Darauf wird verwiesen. Wie die Vorinstanz ebenfalls zutreffend ausgeführt hat,
kann der Versicherungsträger nach Art. 53 Abs. 2 ATSG unabhängig von einem
materiellen Revisionsgrund wiedererwägungsweise auf formell rechtskräftige
Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos
unrichtig sind und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Wird die
zweifellose Unrichtigkeit der ursprünglichen Rentenverfügung erst vom Gericht
festgestellt, kann dieses ein (zu Unrecht) auf Art. 17 ATSG gestütztes
Rückkommen mit dieser substituierten Begründung schützen (BGE 125 V 368 E. 2 S.
369; SVR 2014 IV Nr. 39 S. 137, 9C_121/2014 E. 3.2.1). Vorausgesetzt ist wie
immer bei der Wiedererwägung, dass kein vernünftiger Zweifel an der
Unrichtigkeit der Verfügung möglich, also nur dieser einzige Schluss denkbar
ist. Dies trifft in der Regel zu, wenn eine Leistungszusprechung aufgrund
falscher Rechtsregeln erfolgte oder wenn massgebliche Bestimmungen nicht oder
unrichtig angewandt wurden. Soweit indessen ermessensgeprägte Teile der
Anspruchsprüfung vor dem Hintergrund der Sach- und Rechtslage einschliesslich
der Rechtspraxis im Zeitpunkt der rechtskräftigen Leistungszusprechung in
vertretbarer Weise beurteilt worden sind, scheidet die Annahme zweifelloser
Unrichtigkeit aus (SVR 2014 IV Nr. 39 S. 137, 9C_121/2014 E. 3.2.1 mit
Hinweisen).

3.

3.1. Die IV-Stelle hat die Invalidenrente der Beschwerdeführerin gestützt auf
den Rückkommenstitel der Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG überprüft und mit
Verfügung vom 22. April 2015 infolge Verbesserung des Gesundheitszustandes
aufgehoben.

3.2. Das kantonale Gericht hat in seinen Erwägungen vorab festgehalten, es
fehle an einer wesentlichen Veränderung in den tatsächlichen Verhältnissen und
somit an einem Revisionsgrund gemäss Art. 17 Abs. 1 ATSG. Es liege lediglich
eine Andersbewertung des überwiegend gleichen medizinischen Sachverhalts vor.
Die Vorinstanz erwog anschliessend jedoch, die Frage eines Revisionsgrundes
brauche nicht abschliessend beurteilt zu werden, da die Aufhebung der
Invalidenrente mittels substituierter Begründung der Wiedererwägung zu schützen
sei. Die am 7. Oktober 2002 verfügte Zusprechung einer ganzen Invalidenrente -
so das kantonale Gericht - sei nämlich auf Grund eindeutig ungenügender
Unterlagen, insbesondere fehlender fachärztlich-psychiatrischer Beurteilung,
und somit in klarer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes erfolgt. Damit sei
sie als zweifellos unrichtig im wiedererwägungsrechtlichen Sinne zu
qualifizieren.

3.3. Die Beschwerdeführerin bestreitet sowohl das Vorliegen der Voraussetzungen
für eine wiederwägungsweise wie auch für eine revisionsweise Aufhebung der
Invalidenrente.

4. 
Zu prüfen ist zunächst die wiedererwägungsweise Aufhebung der Invalidenrente:

4.1. Grundlage der rentenerhöhenden Verfügung vom 7. Oktober 2002 waren
Auskünfte der Versicherten vom 5. April 2002 und der Arbeitgeberin vom 29.
April 2002 sowie insbesondere ein Verlaufsbericht des Dr. med. C.________,
Innere Medizin FMH, Klinik D.________, vom 9. Mai 2002. Der Arzt hatte als
Diagnosen mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit Panikattacken, Depression sowie
chronisches Müdigkeitssyndrom aufgeführt und festgehalten, die Versicherte sei
vom 11. Juli bis 31. Oktober 2000 gar nicht, ab 1. November 2000 bis auf
Weiteres zu 25 % arbeitsfähig. Der RAD, welchem der Verlaufsbericht
unterbreitet worden war, führte am 19. Juni 2002 aus, die im Herbst 2000
registrierte Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei nie mehr aufgeholt
worden und retrospektiv beurteilt nicht nur vorübergehend gewesen. Der
Arztbericht vom 9. Mai 2002 beschreibe nun das Vollbild eines chronischen
Müdigkeitssyndromes, indem auch begleitende psychische Erkrankungen manifest
geworden seien. Dass damit die Leistung sinke, sei aus medizinischer Sicht
nachvollziehbar. Ab November 2000 sei von einer medizinisch ausgewiesenen
Arbeitsunfähigkeit von 75 % mit entsprechender Rentenfolge auszugehen.

4.2. Als zweifellos unrichtig im wiedererwägungsrechtlichen Sinne kann das
Abstellen auf diese medizinischen Grundlagen entgegen den vorinstanzlichen
Erwägungen nicht qualifiziert werden. Wohl war der Verlaufsbericht vom 9. Mai
2002 nicht umfangreich, aber dennoch aussagekräftig und in Anbetracht der
bisherigen medizinischen Aktenlage sowie der Arbeitgeberauskunft vom 29. April
2002 nachvollziehbar, so dass weitere ärztliche Abklärungen nicht unabdingbar
waren. Dies ergab denn auch die Nachfrage beim RAD vom 19. Juni 2002, welcher
die 75%ige Arbeitsunfähigkeit als medizinisch ausgewiesen erachtete. Soweit das
kantonale Gericht die zweifellose Unrichtigkeit mit einer Verletzung des
Untersuchungsgrundsatzes insofern begründet, als die Annahme eines psychischen
Gesundheitsschadens grundsätzlich eine fachärztlich (psychiatrisch) gestellte
Diagnose nach einem wissenschaftlich anerkannten Klassifikationssystem
vorausgesetzt hätte, kann dem nicht gefolgt werden. Die medizinischen
Grundlagen erscheinen aus heutiger Sicht zwar eher knapp, doch kann angesichts
der damaligen Verwaltungs- und Rechtspraxis, nach welcher sich die
rückblickende Beurteilung Jahre zurückliegender Rentenverfügungen zu richten
hat, nicht gesagt werden, die fehlende psychiatrische Abklärung sei geradezu
zweifellos unrichtig im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Diesbezüglich ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass das Bundesgericht die
von der Rechtsprechung im Bereich der somatoformen Schmerzstörungen
entwickelten Grundsätze erst mit Urteil I 70/07 vom 14. April 2008 auch auf das
chronische Müdigkeitssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome, CFS) anwendbar
erklärte. Der von der Vorinstanz in erster Linie zitierte BGE 130 V 396 E. 5.3
und E. 6, die Diagnose der somatoformen Schmerzstörung betreffend, datiert
seinerseits vom 18. Mai 2004. Im Zeitpunkt der revisionsweisen Rentenerhöhung
vom 7. Oktober 2002 kann der vom kantonalen Gericht beanstandete fehlende
Beizug eines Psychiaters daher nicht als eine Wiedererwägung begründende, klare
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes qualifiziert werden. In diesem Sinne
äusserte sich denn auch der Rechtsdienst der IV-Stelle am 24. Oktober 2013. Er
führte aus, gestützt auf den Bericht der Klinik D.________ vom 9. Mai 2002
könne nicht von einer zweifellosen Unrichtigkeit der rentenerhöhenden Verfügung
ausgegangen werden. Anzeichen dafür, dass diese Aussagen hätten hinterfragt
werden müssen, seien der Verwaltung im damaligen Zeitpunkt nicht vorgelegen,
zumal der RAD diese medizinische Beurteilung bestätigt habe. Es könne daher
nicht davon ausgegangen werden, dass die damalige Invaliditätsbemessung auf
einer nicht nachvollziehbaren medizinischen Grundlage beruht hätte.

4.3. Zusammenfassend lässt sich nach Gesagtem die verfügte Rentenaufhebung
nicht mit der substituierten Begründung der Wiedererwägung gemäss Art. 53 Abs.
2 ATSG schützen.

5. 
Zu prüfen bleibt mithin, ob die Voraussetzungen für die revisionsweise
Aufhebung der Invalidenrente gemäss Art. 17 Abs. 1 ATSG erfüllt sind, wovon die
IV-Stelle in ihrer Verfügung vom 22. April 2015 ausgegangen ist.

5.1. Das kantonale Gericht hat diesbezüglich - wie bereits erwähnt - vorab
festgehalten, es fehle im relevanten Vergleichszeitraum zwischen der
rentenerhöhenden Verfügung vom 7. Oktober 2002 und der strittigen Verfügung vom
22. April 2015 an einer wesentlichen Veränderung in den tatsächlichen
Verhältnissen und somit an einem Revisionsgrund gemäss Art. 17 Abs. 1 ATSG. Es
liege lediglich eine Andersbewertung des überwiegend gleichen medizinischen
Sachverhalts vor. Die IV-Stelle habe sich bei der revisionsweisen Überprüfung
des Leistungsanspruches auf das polydisziplinäre MEDAS-Gutachten vom 30. Juli
2013 sowie die ergänzenden Stellungnahmen vom 15. Januar 2014 und 5. Februar
2014 gestützt. Die Gutachter hätten festgehalten, die Abweichung in der
Bewertung der Arbeitsfähigkeit sei vorrangig aus einer Andersbewertung des
überwiegend gleichen medizinischen Sachverhalts unter Auslassung nicht
versicherungsmedizinisch relevanter Diagnosen zu erklären. Der RAD - so die
Vorinstanz - sei in der Stellungnahme vom 9. September 2013 ebenfalls von einer
Andersbewertung des überwiegend gleichen medizinischen Sachverhalts
ausgegangen. Schliesslich sei auch in den ergänzenden Stellungnahmen des
MEDAS-Psychiaters vom 15. Januar 2014 und 5. Februar 2014 keine wesentliche
Veränderung des Gesundheitszustandes dargelegt. Das kantonale Gericht hielt es
daher für fraglich, ob als Revisionsgrund eine Veränderung in den tatsächlichen
Verhältnissen herangezogen werden dürfe, beantwortete diese Frage jedoch nicht
abschliessend, da es die Aufhebung der Invalidenrente mittels substituierter
Begründung der Wiedererwägung schützte.

5.2. Was die Frage der Veränderung des Gesundheitszustandes anbelangt, sind die
durch das kantonale Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen, namentlich die
aus den medizinischen Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse, im letztinstanzlichen
Prozess grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1 hievor). Im Rahmen der
eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es nicht Aufgabe
des Bundesgerichts, die schon im vorangehenden Verfahren im Recht gelegenen
ärztlichen Berichte neu zu beurteilen und die rechtsfehlerfreie
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz hinsichtlich einer medizinisch
begründeten Verminderung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz
gesundheitlicher Beeinträchtigungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit zu
korrigieren.

5.3. Dass die Vorinstanz letztlich nicht abschliessend beurteilte, ob als
Revisionsgrund eine Veränderung in den tatsächlichen Verhältnissen herangezogen
werden dürfe, ändert entgegen der Auffassung der IV-Stelle nichts an den
verbindlich getroffenen Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Entscheid.
Eine diesbezüglich offensichtliche Unrichtigkeit wird nicht aufgezeigt und ist
nicht ersichtlich. Wie das kantonale Gericht dargelegt hat, wurde im
MEDAS-Gutachten vom 30. Juli 2013 zur Veränderung des medizinischen
Sachverhalts ausdrücklich festgehalten, die Abweichung in der Bewertung der
Arbeitsfähigkeit sei vorrangig auf einer Andersbewertung des überwiegend
gleichen medizinischen Sachverhalts unter Auslassung nicht
versicherungsmedizinisch relevanter Diagnosen (Chronique Fatigue Syndrome) zu
erklären; diese Bewertung entspreche der veränderten versicherungsmedizinischen
Bewertungspraxis. Dr. med. E.________, RAD, hielt in seiner Stellungnahme vom
9. September 2013 sodann fest, seit der ersten Rentenverfügung vom 17. Januar
1997 sei keine wesentliche Änderung des medizinischen Sachverhaltes
eingetreten. Er teilte die Auffassung der MEDAS betreffend Andersbewertung des
überwiegend gleichen medizinischen Sachverhalts. In den ergänzenden
psychiatrischen Stellungnahmen vom 15. Januar 2014 und 5. Februar 2014
vermochte Dr. med. F.________ - wie die Vorinstanz festgestellt hat - ebenfalls
keine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes seit der
rentenerhöhenden Verfügung vom 7. Oktober 2002 zu benennen. So wies der
Psychiater darauf hin, seit 1. November 2002 sei die Versicherte zu 25 % als
Sekretärin tätig geworden; alleine diese Tatsache spreche für eine Verbesserung
der subjektiven Symptomatik in dieser Zeit. Spätestens dann könne von einer
Verbesserung des Gesundheitszustandes ausgegangen werden; eine
Verschlechterung, wie sie der damaligen Rentenerhöhung zu Grunde gelegt worden
sei, lasse sich retrospektiv nicht sicher nachvollziehen. Damit ist nicht eine
revisionsrechtlich erhebliche Veränderung dargetan, sondern es liegt lediglich
eine andere Einschätzung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts
vor, was im revisionsrechtlichen Kontext unbeachtlich ist (BGE 112 V 371 E. 2b
S. 372; SVR 2011 IV Nr. 1 S. 1, 8C_972/2009 E. 3.2; Urteil 8C_188/2016 vom 14.
Juni 2016 E. 2).

5.4. Nach Gesagtem entfällt auch der Revisionsgrund eines erheblich
verbesserten Gesundheitszustandes.

6. 
Da zusammenfassend weder die wiedererwägungsweise noch die revisionsweise
Begründung der Rentenaufhebung einer bundesgerichtlichen Überprüfung stand
halten, hat die Beschwerdeführerin weiterhin Anspruch auf eine ganze
Invalidenrente.

7. 
Die Kosten des Verfahrens sind von der unterliegenden Beschwerdegegnerin zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons Aargau vom 16. Februar 2016 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons
Aargau vom 22. April 2015 werden aufgehoben.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
der Personalvorsorgestiftung der B.________ AG, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. Juli 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch

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