Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.202/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_202/2016

Urteil vom 7. Juni 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Lanz.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Lorenz Gmünder,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Neuanmeldung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 10. Februar 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1952 geborene A.________, Betreiber einer Gärtnerei und Anbieter von
Bestattungsdienstleistungen, meldete sich im September 2005 unter Hinweis auf
Rückenschmerzen erstmals bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Die
IV-Stelle des Kantons St. Gallen verneinte mit rechtskräftiger Verfügung vom
12. Juni 2007 einen Rentenanspruch mangels eines genügenden Invaliditätsgrades.
Im Oktober 2010 meldete sich A.________ erneut für eine Invalidenrente an,
wobei er eine zwischenzeitlich eingetretene gesundheitliche Verschlechterung
geltend machte. Die IV-Stelle trat auf die Neuanmeldung ein und nahm wiederum
Sachverhaltsabklärungen vor. Mit Verfügung vom 29. Oktober 2013 verneinte sie
einen Rentenanspruch mit der Begründung, der Sachverhalt habe sich seit der
Verfügung vom 12. Juni 2007 weder medizinisch noch wirtschaftlich
verschlechtert.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht
des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 10. Februar 2016 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________,
in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihm ab 1. Juni 2011 eine
ganze Invalidenrente zuzusprechen; eventuell sei die Verwaltung anzuweisen,
weitere Abklärungen vorzunehmen.
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wird nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280; vgl. auch BGE 141 V 234 E. 1 S. 236; 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Streitig ist, ob nach der vorgängigen rechtskräftigen Verneinung eines
Rentenanspruchs ein solcher auf die erfolgte Neuanmeldung hin zu bejahen ist.
Das setzt, analog zur Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG), eine
anspruchsrelevante Änderung der tatsächlichen Verhältnisse voraus (BGE 117 V
198 E. 3a; vgl. auch BGE 141 V 585 E. 5.3 S. 588). Dabei stellt das
Sozialversicherungsgericht grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses
der streitigen Verfügung (hier: 29. Oktober 2013) eingetretenen Sachverhalt ab
(BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243). Im vorinstanzlichen Entscheid sind sodann die
Bestimmungen und Grundsätze zu den Begriffen Invalidität und
Erwerbsunfähigkeit, zum nach dem Invaliditätsgrad abgestuften Rentenanspruch
(mit den vorausgesetzten Mindestinvaliditätsgraden von 40 % für eine
Viertelsrente, 50 % für eine halbe Rente, 60 % für eine Dreiviertelsrente und
70 % für eine ganze Rente), zur Invaliditätsbemessung mittels
Einkommensvergleichs, zur Schadenminderungspflicht der versicherten Person, zur
Aufgabe von Arzt oder Ärztin bei der Invaliditätsbemessung, zur Beweiswürdigung
sowie zu den Anforderungen an beweiswertige ärztliche Berichte oder Gutachten
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.

3.1. Die IV-Stelle bestimmte in der Verfügung vom 12. Juni 2007 den
Invaliditätsgrad durch Einkommensvergleich. Sie schloss wegen der
Rückenproblematik auf eine 50%ige Einschränkung in den Tätigkeiten als Gärtner
und Leichenbestatter. Sodann erachtete sie es als für den Versicherten
zumutbar, in einer leidensangepassten Tätigkeit eine Leistung von 80 % zu
erbringen. Gestützt auf diese Restarbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit
setzte sie das trotz gesundheitsbedingter Beeinträchtigung zumutbarerweise noch
erzielbare Einkommen (Invalideneinkommen), unter Verwendung von Tabellenlöhnen
und Berücksichtigung eines leidensbedingten Abzuges, auf Fr. 41'990.- fest. Die
Gegenüberstellung mit dem angenommenen Einkommen ohne Behinderung
(Valideneinkommen) von Fr. 62'700.- führte zu einem Invaliditätsgrad von 33 %.
Die Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

3.2. Umstritten ist, ob sich im massgeblichen Zeitraum zwischen der Verfügung
vom 12. Juni 2007 und der auf die Neuanmeldung hin ergangenen Verfügung vom 29.
Oktober 2013 eine anspruchsrelevante Verschlechterung ergeben hat. Verwaltung
und kantonales Gericht haben dies sowohl in medizinischer als auch in
wirtschaftlicher Hinsicht verneint.

3.2.1. Bezüglich Gesundheitszustand hat die Vorinstanz namentlich auf den
Bericht des Neurochirurgen Dr. med. B.________ vom 14. Februar 2012 abgestellt.
Gemäss diesem Bericht hat Dr. med. B.________ den Versicherten wegen seit
Anfang 2011 exazerbierten Rückenschmerzen am 23. Mai 2011 operiert. Der
Neurochirurg bestätigt, dass ab 1. September 2011 in der Tätigkeit als
Bestatter sowie Gärtner wieder eine 50%ige Arbeitsfähigkeit und ab 1. Oktober
2011 in einer leidensadaptierten Tätigkeit eine 100%ige Arbeitsfähigkeit mit
leichten Einschränkungen von 20 % bestanden habe. Das kantonale Gericht geht
gestützt auf diese fachärztliche Einschätzung davon aus, dass - abgesehen von
einer postoperativen vorübergehenden vollen Arbeitsunfähigkeit von Mai bis
August 2011 - keine gesundheitliche Verschlechterung seit der Verfügung vom 12.
Juni 2007 eingetreten sei. Es verneint auch eine in der Zeit vom Bericht des
Dr. med. B.________ bis zur Verfügung vom 29. Oktober 2013 hinzugekommene
Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Der von der Verwaltung vorgenommene
Betätigungsvergleich rechtfertige kein anderes Ergebnis, zumal er allein auf
den Angaben des Versicherten beruhe.
In der Beschwerde wird nichts vorgebracht, was diese Sachverhaltsfeststellungen
als offensichtlich unrichtig oder in anderer Weise bundesrechtswidrig
erscheinen liesse. Die Einwände des Versicherten betreffen denn auch
hauptsächlich die wirtschaftlichen Auswirkungen der gesundheitlichen
Beeinträchtigung.

3.2.2. Die Verwaltung ging in der Verfügung vom 12. Juni 2007 von der
Restarbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit aus und bestimmte das
Invalideneinkommen entsprechend nicht nach Massgabe der Einkünfte aus dem vom
Beschwerdeführer selbst geführten Betrieb, sondern gestützt auf Tabellenlöhne.
Der Versicherte hat in der Folge keine derartige Tätigkeit aufgenommen, sondern
seinen Betrieb weitergeführt. In der Verfügung vom 29. Oktober 2013 hat die
Verwaltung dazu ausgeführt, das Betriebseinkommen habe sich inzwischen sogar
erhöht. Eine wirtschaftliche Verschlechterung sei daher nicht eingetreten. In
der vorinstanzlichen Beschwerde hat der Versicherte bestätigt, sein Betrieb
habe durchschnittlich beinahe denselben Gewinn erzielt wie in den Jahren 2000
bis 2003. Für das Jahr 2011 hat er sogar einen höheren Gewinn angegeben. Unter
diesen Umständen hat die Verwaltung eine wirtschaftliche Verschlechterung zu
Recht verneint. Daran ändert nichts, wenn - wie vom Beschwerdeführer geltend
gemacht - im Laufe der Zeit seine Ehefrau mehr im Betrieb mitgearbeitet hat und
auch eine Mitarbeiterin angestellt wurde. Das kann nicht mit einem
invaliditätsrelevanten Umstand begründet werden, zumal im massgeblichen
Zeitraum der Betriebsgewinn wie erwähnt etwa gleich geblieben ist und der
Gesundheitszustand des Versicherten sich, mit Ausnahme einiger Monate, nicht
verschlechtert hat. In der letztinstanzlichen Beschwerde wird sodann
vorgebracht, der Betrieb habe per Juni 2015 eingestellt werden müssen, da der
Versicherte immer weniger darin habe arbeiten können. Dabei handelt es sich
indessen um eine unzulässige neue Behauptung einer Tatsache (Art. 99 Abs. 1
BGG), wobei letztere überdies erst nach der die gerichtliche Überprüfung
zeitlich abschliessenden Verfügung vom 29. Oktober 2013 (E. 2 hievor)
eingetreten wäre.

3.2.3. Der Beschwerdeführer äussert sich ausführlich zur - von ihm
ausgeschlossenen - Zumutbarkeit eines Wechsels vom eigenen Betrieb in eine
angestellte Tätigkeit und zu den diesbezüglichen Erwägungen des kantonalen
Gerichts. Darauf ist nicht einzugehen, da eine wirtschaftliche Verschlechterung
schon nach dem zuvor Gesagten zu verneinen ist. Das gilt auch für die - ohnehin
nicht stichhaltige - Rüge, die Vorinstanz sei diesbezüglich ihrer
Begründungspflicht nicht nachgekommen. Festzuhalten ist immerhin, dass bereits
in der rechtskräftigen Verwaltungsverfügung vom 12. Juni 2007 von der
Zumutbarkeit eines solchen Berufswechsels ausgegangen wurde.

3.3. Ein Rentenanspruch auf die Neuanmeldung hin wurde somit mangels einer
relevanten Veränderung im massgeblichen Zeitraum zu Recht verneint. Weiterer
Abklärungen bedarf es nicht. Die Beschwerde ist abzuweisen.

4. 
Die Kosten des Verfahrens sind vom unterliegenden Beschwerdeführer zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 7. Juni 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Lanz

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