Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.198/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_198/2016

Urteil vom 8. Juni 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Starkl,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Schwyz,
Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Invalidenrente; Einkommensvergleich),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz
vom 13. Januar 2016.

Sachverhalt:

A. 
Die 1956 geborene, als Hebamme tätige A.________ zog sich anlässlich der
Mithilfe bei einer Geburt am 17. August 2011 ein Rotationstrauma am rechten
Handgelenk zu und litt seither an Handgelenksschmerzen. Sie meldete sich am 30.
März 2012 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (Umschulung auf eine
neue Tätigkeit, Wiedereinschulung in die bisherige Tätigkeit) an. Die IV-Stelle
Schwyz gewährte Berufsberatung und Abklärung der beruflichen
Eingliederungsmöglichkeiten, in deren Rahmen am 6. Juni 2013 ein
Abklärungsgespräch stattfand. Mit Schlussbericht vom 5. November 2013 beendete
die IV-Stelle die beruflichen Massnahmen, weil sich A.________ nicht in der
Lage sah, einer Arbeit nachzugehen. Nach Einholung eines interdisziplinären
Gutachtens der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) Interlaken Unterseen GmbH
vom 22. September 2014 sowie durchgeführtem Vorbescheidverfahren sprach die
IV-Stelle der Versicherten mit Verfügung vom 27. Mai 2015 für den Zeitraum ab
1. September 2012 bis 28. Februar 2013 eine ganze Rente zu.

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons
Schwyz mit Entscheid vom 13. Januar 2016 insoweit gut, als es in Abänderung der
angefochtenen Verfügung vom 27. Mai 2015 festhielt, A.________ habe bis 31. Mai
2013 Anspruch auf eine ganze Rente und ab 1. Juni 2013 auf eine Viertelsrente.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, es sei ihr in Abänderung des angefochtenen Entscheids vom 13.
Januar 2016 ab 1. September 2012 eine ganze und ab 1. Juni 2013 eine halbe
Invalidenrente zuzusprechen.
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280; vgl. auch BGE 141 V 234 E. 1 S. 236; 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.

2.1. Streitig und - im Rahmen der dargelegten Kognition - zu prüfen ist, ob die
Vorinstanz Bundesrecht verletzte, als sie der Versicherten für die Zeit ab 1.
Juni 2013 keine höhere als eine Viertelsrente der Invalidenversicherung
zusprach.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie in einer leidensangepassten
Tätigkeit, welche die rechte Hand bzw. den rechten Vorderarm kaum beansprucht,
seit 1. März 2013 zu 100 % arbeitsfähig ist, wie dies der Verfügung der
IV-Stelle und dem vorinstanzlichen Entscheid zugrunde liegt. Ebenfalls nicht
mehr strittig ist der Zeitpunkt der Rentenreduktion. Bestritten sind indes die
Ermittlung des Invaliditätsgrades und dabei namentlich das dem
Einkommensvergleich zugrunde gelegte Invalideneinkommen.

2.2. Die hiefür massgeblichen Rechtsgrundlagen sind im Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 13. Januar 2016 zutreffend dargelegt
worden. Dies betrifft namentlich die Bestimmungen und Grundsätze zu den
Begriffen der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1
ATSG) und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), zum Anspruch auf eine
Invalidenrente (Art. 28 IVG) sowie zur Ermittlung des Invaliditätsgrades bei
Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG). Richtig
sind auch die Ausführungen zur Aufgabe der Ärztin oder des Arztes im Rahmen der
Invaliditätsbemessung (BGE 132 V 93 E. 4 S. 99 f.; 125 V 256 E. 4 S. 261 mit
Hinweisen) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte
und Gutachten (BGE 137 V 210 E. 6.2.2 S. 269; 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V
351 E. 3 S. 352 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

3.

3.1. Das trotz Gesundheitsschädigung zumutbarerweise erzielbare Einkommen
(Invalideneinkommen) hat die Vorinstanz anhand der Zahlen der Schweizerischen
Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (LSE) 2012, Privater Sektor,
Tabelle TA1, Ziff. 86-88 "Gesundheits- und Sozialwesen", Kompetenzniveau 2,
Frauen, ermittelt. Umgerechnet auf die im Jahr 2012 betriebsübliche Arbeitszeit
im Gesundheitswesen von 41,5 Stunden pro Woche sowie unter Berücksichtigung
eines leidensbedingten Abzugs von 20 % ging das kantonale Gericht von einem
jährlichen Invalideneinkommen von Fr. 50'636.64 aus.

3.2. Die Beschwerdeführerin lässt - wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren -
im Wesentlichen vorbringen, es sei bei den Tabellenlöhnen nicht auf den Bereich
"Gesundheits- und Sozialwesen", sondern auf das "Total Privater Sektor" und
dort nicht auf das Kompetenzniveau 2, sondern auf das Kompetenzniveau 1
abzustellen.

3.3. Die korrekte Anwendung der LSE-Tabellen, namentlich die Wahl der Tabelle
wie auch der Beizug der massgeblichen Stufe (Kompetenzniveau 1, 2, 3 oder 4),
ist eine Rechtsfrage, welche vom Bundesgericht ohne Einschränkung der Kognition
frei überprüft wird (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Die sich in diesem
Zusammenhang vorgängig stellende Frage, über welche erwerbsrelevanten
Fertigkeiten und Kenntnisse eine versicherte Person verfügt, ist demgegenüber
tatsächlicher Natur. Der darauf basierende Umgang mit den Zahlen in der
massgeblichen LSE-Tabelle beschlägt ebenfalls eine Frage des Sachverhalts (BGE
132 V 393 E. 3.3 S. 399). An eine vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung ist
das Bundesgericht (soweit hier von Interesse) nur dann nicht gebunden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Verletzung von Bundesrecht beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

3.4. Wie das kantonale Gericht erwogen hat, arbeitete die Beschwerdeführerin
jahrelang in ihrem erlernten Beruf als Hebamme. Die Hebammentätigkeit im
Gebärsaal ist ihr unbestrittenermassen nicht mehr zumutbar, da sie bei der
Mitwirkung an einer Geburt die rechte Hand bzw. den rechten Vorderarm erheblich
beanspruchen würde. Für die Ermittlung des Invalideneinkommens hat die
Vorinstanz auf den Bereich "Gesundheits- und Sozialwesen" abgestellt, nachdem
die Versicherte gemäss Aktenlage eine Tätigkeit als beratende Hebamme
aufgenommen habe. Dies entspricht denn auch den Feststellungen zur
Arbeitsfähigkeit im MEDAS-Gutachten vom 22. September 2014. Dort wurde zwar die
Tätigkeit als Hebamme im Gebärsaal als nicht mehr zumutbar erachtet, hingegen
bei den angepassten Verweistätigkeiten darauf hingewiesen, die Versicherte habe
bereits begonnen, Geburtsvorbereitungskurse zu geben und könne das bis anhin
reduzierte Pensum in verschiedenen Geburtskliniken auf 100 % erhöhen. Ihr seien
jedoch auch weitere Tätigkeiten im medizinischen Bereich möglich und zumutbar.
So habe die Versicherte verschiedene Angebote erhalten, in Privatpraxen von
Gynäkologen als Hebamme zu arbeiten bzw. dort bei der Mithilfe in der
Sprechstunde als Arbeitskraft tätig zu sein. Schliesslich wäre gemäss Gutachten
auch eine Tätigkeit in einem Spital in der Geburtsabteilung oder als
Oberschwester denkbar. Die Versicherte verfüge über sehr viele Ressourcen und
soziale Grundfertigkeiten, sodass sie per sofort eingesetzt werden könnte. Die
erneut vorgetragenen Einwände der Beschwerdeführerin gegen das Abstellen auf
den Bereich "Gesundheits- und Sozialwesen" vermögen somit keine
Bundesrechtswidrigkeit oder offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung
zu begründen. Auch die vorinstanzliche Schlussfolgerung, die Versicherte könne
mit der gesundheitlichen Beeinträchtigung eine Tätigkeit ausüben, welche im
Kompetenzniveau 2 (Praktische Tätigkeiten wie Verkauf/Pflege/Datenverarbeitung
und Administration/Bedienen von Maschinen und elektronischen Geräten/
Sicherheitsdienst/Fahrdienst), einzuordnen sei, kann im Rahmen der
bundesgerichtlichen Kognition jedenfalls nicht als offensichtlich unrichtig
qualifiziert werden. Dank der Berufs- und Fachkenntnisse der Beschwerdeführerin
im Gesundheitswesen kommt eine Tätigkeit in diesem Kompetenzniveau eher in
Frage als eine Tätigkeit im Kompetenzniveau 1, welches sich auf einfache
Tätigkeiten körperlicher oder handwerklicher Art bezieht. In Anbetracht des
Pausenbedarfs sowie der raschen Ermüdbarkeit hat die Vorinstanz sodann zu Recht
einen leidensbedingten Abzug vom Invalideneinkommen in der Höhe von 20 %
gewährt, was nicht beanstandet wird.

3.5. Zusammenfassend ergibt die Gegenüberstellung des Invalideneinkommens in
einer adaptierten Tätigkeit in der Höhe von Fr. 50'636.65 mit dem unbestritten
gebliebenen Valideneinkommen von Fr. 94'998.15 einen Invaliditätsgrad von
aufgerundet 47 %. Daran nichts zu ändern vermag der Einwand der
Beschwerdeführerin, es handle sich bei den Vergleichseinkommen um die Zahlen
für das Jahr 2012 anstatt 2013. Da sich beide Einkommen auf den Bereich
Gesundheitswesen beziehen, wäre die Anpassung an die Lohnentwicklung im Jahr
2013 in gleicher Weise vorzunehmen, weshalb sich am aus der Gegenüberstellung
errechneten Invaliditätsgrad nichts ändern würde. Beim angefochtenen Entscheid
hat es somit sein Bewenden.

4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Die Gerichtskosten werden der unterliegenden
Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. Juni 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch

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