Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.193/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]             
8C_193/2016    {T 0/2}     

Urteil vom 26. Oktober 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Frésard,
Bundesrichterin Heine,
Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, Richtiplatz 1, 8304 Wallisellen,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Advokat Sebastian Laubscher,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Revision; Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 5.
November 2015.193

Sachverhalt:

A. 
Die 1964 geborene A.________ wurde am 23. Januar 2000 beim Überqueren einer
Strasse von einem Auto erfasst und dabei an der linken Hand und am Kopf
verletzt. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), welcher der
Unfall zunächst gemeldet wurde, anerkannte ihre Leistungspflicht und erbrachte
die gesetzlichen Leistungen; insbesondere sprach sie der Versicherten mit
Verfügung vom 6. August 2003 ab 1. Juli 2003 eine Rente bei einem
Invaliditätsgrad von 100 % und eine Entschädigung bei einer Integritätseinbusse
von 55 % sowie mit Verfügung vom 13. September 2004 eine Entschädigung für eine
Hilflosigkeit leichten Grades zu.
Nachdem sich herausgestellt hatte, dass nicht die SUVA, sondern die Allianz
Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG (nachstehend: Allianz) zuständiger
Unfallversicherer für das Ereignis vom 23. Januar 2000 war, übernahm die
Allianz die Fallführung und erbrachte die gesetzlichen Leistungen rückwirkend
ab 1. Juli 2003 (Schreiben vom 4. April 2005). Insbesondere bestätigte sie mit
Verfügung vom 2. Juni 2008 ab 1. Juli 2003 eine Rente bei einem
Invaliditätsgrad von 100 %, eine Entschädigung für eine Hilflosigkeit leichten
Grades und eine Entschädigung bei einer Integritätseinbusse von 55 %. Eine
betreffend die Höhe der Hilflosenentschädigung erhobene Einsprache wies die
Allianz mit Entscheid vom 12. Dezember 2008 ab.
Nachdem die Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Lenkers der
Allianz verschiedene neue Dokumente eingereicht hatte, hob diese mit Verfügung
vom 14. Juni 2012 und Einspracheentscheid vom 13. November 2014 ihren
Einspracheentscheid vom 12. Dezember 2008 und ihre Verfügung vom 2. Juni 2008
auf und verneinte einen Anspruch der Versicherten auf Leistungen der
Unfallversicherung.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht
Basel-Landschaft mit Entscheid vom 5. November 2015 gut und verpflichtete die
Allianz unter Aufhebung des Einspracheentscheides vom 13. November 2014, ihre
Leistungen gemäss Einspracheentscheid vom 12. Dezember 2008 weiter
auszurichten.

C. 
Mit Beschwerde beantragt die Allianz, es sei unter Aufhebung von
Dispositivziffer 1 und 3 des kantonalen Entscheides ihr Einsprache-entscheid
vom 13. November 2014 zu bestätigen, eventualiter sei die Parteientschädigung
auf Fr. 4'568.65 zu reduzieren.
Während A.________ auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

D. 
Das Bundesgericht hat am 26. Oktober 2016 eine öffentliche Beratung
durchgeführt.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen oder es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 140 V 136 E.
1.1 S. 137 f.). Das Bundesgericht prüft indessen, unter Berücksichtigung der
allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die
geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280; vgl. auch BGE 140 V
136 E. 1.1   S. 138).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Allianz zu Recht ihre Verfügung vom 2. Juni
2008 und ihren Einspracheentscheid vom 12. Dezember 2008 aufgehoben hat, oder
ob die Versicherte weiterhin Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung im
Umfang, wie in der Verfügung und im Einspracheentscheid definiert wird, hat.

3.

3.1. Ein Konflikt zwischen der aktuellen Rechtslage und einer früher
erlassenen, in formelle Rechtskraft erwachsenen Verfügung über eine
Dauerleistung kann in vier Konstellationen entstehen: Eine fehlerhafte
Sachverhaltsfeststellung (anfängliche tatsächliche Unrichtigkeit) lässt sich
unter bestimmten Voraussetzungen durch eine prozessuale Revision (Art. 53 Abs.
1 ATSG) korrigieren. Tritt nach dem Erlass einer ursprünglich fehlerfreien
Verfügung eine anspruchsrelevante Änderung des Sachverhalts ein (nachträgliche
tatsächliche Unrichtigkeit), hat gegebenenfalls eine Anpassung im Rahmen einer
Rentenrevision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG stattzufinden. Falls die Verfügung auf
einer fehlerhaften Rechtsanwendung beruht (anfängliche rechtliche
Unrichtigkeit), ist ein Rückkommen unter dem Titel der Wiedererwägung (Art. 53
Abs. 2 ATSG) zu prüfen. Nicht allgemein gesetzlich geregelt ist der Tatbestand
der nachträglichen rechtlichen Unrichtigkeit infolge einer nach dem
Verfügungserlass eintretenden Änderung der massgebenden Rechtsgrundlagen (BGE
140 V 514 E. 3.2 S. 516).

3.2. Der Versicherungsträger kann somit nach Art. 53 Abs. 2 ATSG auf formell
rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese
zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung
ist. Vorausgesetzt wird, dass kein vernünftiger Zweifel an der Unrichtigkeit
der Verfügung möglich, folglich nur dieser einzige Schluss denkbar ist. In
diesem Sinne qualifiziert unrichtig ist eine Verfügung, wenn die notwendigen
fachärztlichen Abklärungen überhaupt nicht oder nicht mit der erforderlichen
Sorgfalt durchgeführt wurden (Urteil 9C_427/2014 vom 1. Dezember 2014    E. 2.2
mit Hinweisen), oder wenn eine Leistung auf Grund falscher Rechtsregeln bzw.
ohne oder in unrichtiger Anwendung der massgeblichen Bestimmungen zugesprochen
wurde. Mangelhaft ist eine Leistungsgewährung etwa, wenn ihr ein rechtlich
falscher Invaliditätsbegriff zu Grunde liegt (Urteile 8C_846/2010 vom 10.
Dezember 2010 E. 1.4, 9C_342/2008 vom 20. November 2008 E. 1 [nicht publ. in
BGE 135 I 1, aber in SVR 2009 IV Nr. 20 S. 52]). Soweit ermessensgeprägte Teile
der Anspruchsprüfung vor dem Hintergrund der Sach- und Rechtslage
einschliesslich der Rechtspraxis im Zeitpunkt der rechtskräftigen
Leistungszusprechung (BGE 125 V 383 E. 3 S. 389 f.) in vertretbarer Weise
beurteilt worden sind, scheidet die Annahme zweifelloser Unrichtigkeit aber aus
(vgl. Urteil 9C_396/2014 vom 15. April 2015 E. 3.1).

3.3. Die Zusprechung von Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung
setzt grundsätzlich das Vorliegen eines Berufsunfalles, eines
Nichtberufsunfalles oder einer Berufskrankheit voraus (Art. 6 Abs. 1 UVG). Der
Unfallversicherer haftet jedoch für einen Gesundheitsschaden nur insoweit, als
dieser nicht nur in einem natürlichen, sondern auch in einem adäquaten
Kausalzusammenhang zum versicherten Ereignis steht (BGE 129 V 177 E. 3 S. 181).
Dabei spielt die Adäquanz als rechtliche Eingrenzung der sich aus dem
natürlichen Kausalzusammenhang ergebenden Haftung des Unfallversicherers im
Bereich organisch objektiv ausgewiesener Unfallfolgen praktisch keine Rolle, da
sich hier die adäquate weitgehend mit der natürlichen Kausalität deckt (BGE 134
V 109 E. 2 S. 111 f.; 127 V 102 E. 5b/bb S. 103). Objektivierbar sind
Untersuchungsergebnisse, die reproduzierbar sind und von der Person des
Untersuchenden und den Angaben des Patienten unabhängig sind. Von organisch
objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen kann somit erst dann gesprochen werden,
wenn die erhobenen Befunde mit apparativen/bildgebenden Abklärungen bestätigt
wurden und die hiebei angewendeten Untersuchungsmethoden wissenschaftlich
anerkannt sind (BGE 138 V 248 E. 5.1 S. 251; 134 V 109 E. 7 ff. S.118 ff.; vgl.
auch BGE 117 V 359 E. 5 S. 361 ff.). Sind die geklagten Beschwerden natürlich
unfallkausal, nicht aber in diesem Sinne objektiv ausgewiesen, so ist bei der
Beurteilung der Adäquanz vom augenfälligen Geschehensablauf auszugehen, und es
sind gegebenenfalls weitere unfallbezogene Kriterien einzubeziehen (BGE 134 V
109 E. 2.1 S. 111 f.). Hat die versicherte Person einen Unfall erlitten,
welcher die Anwendung der Schleudertrauma-Rechtsprechung rechtfertigt, so sind
hierbei die durch BGE 134 V 109 E. 10 S. 126 ff. präzisierten Kriterien
massgebend. Ist diese Rechtsprechung nicht anwendbar, so sind grundsätzlich die
Adäquanzkriterien, welche für psychische Fehlentwicklungen nach einem Unfall
entwickelt wurden (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140), anzuwenden (BGE 134 V 109 E.
2.1 S. 111 f.; vgl. auch Urteil 8C_583/2007 vom 10. Juni 2008, E. 2.2).

4.

4.1. Die Vorinstanz hat erwogen, die ursprüngliche Rentenzusprache durch die
SUVA (Verfügung vom 6. August 2003) sei nicht zweifellos unrichtig gewesen. Es
steht jedoch fest und ist unbestritten, dass nicht die SUVA, sondern die
Allianz der nach Art. 99 Abs. 2 UVV zuständige Unfallversicherer für das
Ereignis vom 23. Januar 2000 ist. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz
entfaltet die Verfügung der SUVA vom 6. April 2003 keine Rechts- und
Bindungswirkung mehr, denn mit Verfügung vom 2. Juni 2008 übernahm die Allianz
für den gleichen Zeitraum sämtliche Leistungsansprüche der Versicherten. Damit
kann entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen offenbleiben, ob diese Verfügung
zweifellos unrichtig war. Zu prüfen ist indessen, ob die an Stelle der
Verfügungen der SUVA getretene Leistungszusprache der einzig zuständigen
Allianz (und damit der Einspracheentscheid vom 12. Dezember 2008 betreffend die
Hilflosenentschädigung und die Verfügung vom 2. Juni 2008 soweit andere
Leistungen betreffend) wiedererwägungsweise aufgehoben werden kann. Dabei
müssen im vorliegenden Fall jedoch die medizinischen Abklärungen der SUVA
mitberücksichtigt werden, bilden diese doch die medizinische Grundlage für die
Leistungszusprache durch die Allianz.

4.2. Mit Verfügung vom 2. Juni 2008 und Einspracheentscheid vom 12. Dezember
2008 sprach die Beschwerdeführerin der Versicherten Dauerleistungen der
Unfallversicherung zu, ohne eine spezielle Adäquanzprüfung vorzunehmen. Die
Allianz macht geltend, dies sei zweifellos unrichtig gewesen, da in keinem der
mehrfach durchgeführten bildgebenden Verfahren organische Schädigungen
nachgewiesen werden konnten. Rechtsprechungsgemäss entfällt eine spezielle
Adäquanzprüfung nicht bereits dann, wenn das Leiden von den Ärzten als
organisches Leiden bezeichnet wird. So geht die Rechtsprechung zu den
Schleudertraumata und den adäquanzrechtlich gleich zu behandelnden Verletzungen
gerade davon aus, der Unfallmechanismus führe zu nach dem heutigen Stand der
Wissenschaften nicht nachweisbaren körperlichen Mikroverletzungen, weshalb auf
eine Differenzierung der psychischen und physischen Komponenten zu verzichten
sei (vgl. BGE 139 V 547 E. 7.1.2 S. 560 mit weiteren Hinweisen; 117 V 359 E. 5d
/aa S. 363 ff.; JEAN-MAURICE FRÉSARD/MARGIT MOSER-SZELESS,
L'assurance-accidents obligatoire, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht
[SBVR], Soziale Sicherheit, 3. Aufl., Basel 2016, N 131; ANDRÉ NABOLD, Nova et
vetera zum Umgang der Unfallversicherung mit organisch nicht hinreichend
nachweisbaren Beschwerden, in: Gabriela Riemer-Kafka (Hrsg.), Psyche und
Sozialversicherung, 2014, S. 27 ff., S. 39 f.). Auf eine spezielle
Adäquanzprüfung kann daher gemäss der bereits im Zeitpunkt der
Leistungszusprache geltenden Praxis nur dann verzichtet werden, wenn sich die
Beschwerden auf die objektiv ausgewiesenen Befunde zurückführen lassen. Dafür
müssen die erhobenen Befunde mit apparativen/bildgebenden Abklärungen bestätigt
werden und die hiebei angewendeten Untersuchungsmethoden wissenschaftlich
anerkannt sein (vgl. E. 3.3 hievor).

4.3. Die Beschwerdeführerin wurde von der Haftpflichtversicherung des
unfallverursachenden Lenkers bereits mit Schreiben vom 20. Februar 2008 darauf
aufmerksam gemacht, dass durch die MRI-Untersuchung vom 24. August 2000 keine
strukturellen Läsionen des Gehirns nachgewiesen werden konnten. Auch in den
weiteren Akten finden sich keine Hinweise auf durch anerkannte bildgebende
Untersuchungsmethoden bestätigte objektiven Befunde. Da sich die Allianz
offenbar - wenn auch fälschlicherweise (vgl. E. 4.1 hievor) - an die
Verfügungen der SUVA gebunden fühlte (vgl. hiezu ihre Ausführungen im
Einspracheentscheid vom 12. November 2008), liess sie in ihrer Verfügung vom 2.
Juni 2008 diese Erkenntnisse ausser Acht und bestätigte ohne eigene Abklärungen
und ohne weitere Begründung die Leistungszusprache der SUVA. Damit verletzte
sie den Untersuchungsgrundsatz gemäss Art. 43 Abs. 1 ATSG. Die Allianz hätte
vielmehr in diesem Rahmen den medizinischen Sachverhalt weiter abklären und
angesichts fehlender objektiv ausgewiesener Unfallfolgen eine spezielle
Adäquanzprüfung vornehmen müssen. Indem sie dies unterliess, missachtete sie
die massgeblichen Bestimmungen und sprach Leistungen auf Grund falscher
Rechtsanwendung zu. Die Leistungszusprache der Allianz ist somit als zweifellos
unrichtig zu qualifizieren. Damit durfte die Versicherung wiedererwägungsweise
auf diese zurückkommen.

4.4. Sind die über den 1. Juli 2003 hinaus geklagten Beschwerden nicht auf
objektiv ausgewiesene Unfallfolgen zurückzuführen, so ist die Adäquanz eines
allfälligen Kausalzusammenhanges zwischen dem Unfallereignis und diesen
Beschwerden speziell zu prüfen. Die Allianz hat in ihrem Einspracheentscheid
vom 13. November 2014 erwogen, die Adäquanz des Kausalzusammenhanges zwischen
dem Unfall-ereignis und den anhaltend geklagten Beschwerden sei nach den
Kriterien, die von der Rechtsprechung für psychische Unfallfolgeschäden
entwickelt wurden (BGE 115 V 133), zu prüfen. Die Beschwerdegegnerin macht
dagegen geltend, wenn überhaupt habe die spezielle Prüfung der Adäquanz nach
den Kriterien der sog. Schleudertrauma-Praxis (BGE 134 V 109) zu erfolgen.
Welche der beiden Rechtsprechungen anwendbar ist, kann indessen offenbleiben,
da - wie nachstehende Erwägungen zeigen - die Adäquanz eines
Kausalzusammenhanges selbst dann zu verneinen ist, wenn man sie nach der für
die Beschwerdegegnerin günstigeren Schleudertrauma-Praxis prüft.

5.

5.1. Die Schwere des Unfalles ist auf Grund des augenfälligen Geschehensablaufs
mit den sich dabei entwickelnden Kräften zu beurteilen (SVR 2008 UV Nr. 8 S.
26, U 2/07 E. 3.1). Entgegen den Vorbringen der Versicherten kann aufgrund der
vorhandenen Akten eine Qualifikation des Ereignisses vom 23. Januar 2000 als
schwerer Unfall oder als mittelschwer im Grenzbereich zu den schweren Unfällen
mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Auszugehen ist von einem
höchstens im engeren Sinne mittelschweren Unfall. Die Adäquanz eines
Kausalzusammenhanges wäre somit nur dann zu bejahen, wenn eines der relevanten
Adäquanzkriterien in besonders ausgeprägter oder mehrere dieser Kriterien in
gehäufter Weise erfüllt wären.
Der Katalog dieser Kriterien lautet :

- besonders dramatische Begleitumstände oder besondere
Eindrück-                 lichkeit des Unfalls;
- die Schwere oder besondere Art der erlittenen Verletzungen;
- fortgesetzt spezifische, belastende ärztliche Behandlung;
- erhebliche Beschwerden;
- ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich
ver-              schlimmert;
- schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen;
- erhebliche Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengungen.

5.2. Die Beschwerdegegnerin macht zu Recht nicht geltend, die Kriterien der
fortgesetzt spezifischen, belastenden ärztlichen Behandlung, der ärztlichen
Fehlbehandlung und des schwierigen Heilungsverlauf und der erheblichen
Komplikationen zu erfüllen. Die drei Kriterien sind ohne weiteres zu verneinen.

5.3. Ob besonders dramatische Begleitumstände oder eine besondere
Eindrücklichkeit des Unfalls gegeben sind, beurteilt sich objektiv und nicht
auf Grund des subjektiven Empfindens bzw. Angstgefühls der versicherten Person
- oder, wie geltend gemacht - von Familienangehörigen. Der Unfallhergang mag
für die Beschwerdegegnerin angesichts des sie heftig touchierend und sie zu
Boden werfenden Fahrzeugs zwar emotional aufwühlend gewesen sein, im Lichte der
Rechtsprechung, bei welcher das Bundesgericht eine besondere Sinnfälligkeit für
die beteiligten Personen angenommen hat, kann das Kriterium jedoch nicht als
erfüllt angesehen werden, da jedem mindestens mittelschweren Unfall eine
gewisse Eindrücklichkeit eigen ist.

5.4. Die Diagnose einer HWS-Distorsion oder einer anderen, adäquanzrechtlich
gleich zu behandelnden Verletzung genügt für sich allein nicht zur Bejahung des
Kriteriums der Schwere und besonderen Art der erlittenen Verletzung (BGE 134 V
109 E. 10.2.2 S. 127 f.). Dieses Kriterium kann somit entgegen dem Vorbringen
der Versicherten nicht als erfüllt gelten.

5.5. Was die beiden Kriterien der erheblichen Beschwerden und der erheblichen
Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengungen betrifft, gilt
festzustellen, dass selbst wenn diese bejaht werden könnten, sie jedenfalls
nicht in ausgeprägter Weise gegeben wären.

5.6. Da mithin keines der massgeblichen Kriterien besonders ausgeprägt vorliegt
und selbst dann, wenn man zugunsten der Versicherten die beiden Kriterien der
erheblichen Beschwerden und der erheblichen Arbeitsunfähigkeit trotz
ausgewiesener Anstrengungen als erfüllt erachten würde, die Kriterien nicht
ausreichender Anzahl gegeben sind, ist die Adäquanz eines Kausalzusammenhanges
zwischen dem Unfallereignis vom 23. Januar 2000 und den geklagten, im Sinne der
Rechtsprechung organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden zu
verneinen.

5.7. Liegt demnach bezüglich der Verfügung vom 2. Juni 2008 und des
Einspracheentscheides vom 12. Dezember 2008 ein Wiedererwägungsgrund vor (vgl.
E. 4.1 hievor) und ist die Adäquanz eines Kausalzusammenhanges zwischen dem
Unfallereignis vom 23. Januar 2000 und den über den 1. Juli 2003 hinaus
geklagten Beschwerden zu verneinen, so hat die Allianz die Verfügung vom 2.
Juni 2008 und den Einspracheentscheid vom 12. Dezember 2008 zu Recht aufgehoben
und einen Anspruch der Versicherten auf Leistungen der Unfallversicherung
verneint. Entsprechend ist die Beschwerde der Unfallversicherung gutzuheissen.
Da damit auch für das kantonale Verfahren keine Parteientschädigung geschuldet
ist, braucht auf die Rügen betreffend deren Höhe nicht weiter eingegangen zu
werden. Somit ist in Aufhebung von Dispositivziffer 1 und 3 des kantonalen
Entscheides der Einspracheentscheid vom 13. November 2014 zu bestätigen.

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der
Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Dispositivziffer 1 und 3 des Entscheids des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 5. November 2015 werden aufgehoben und der
Einspracheentscheid der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG vom 13.
November 2014 bestätigt.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 26. Oktober 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Nabold

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