Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.147/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_147/2016

Urteil vom 13. Juli 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Frésard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
beide handelnd durch C.A.________ und D.A.________
und diese substituiert durch Rechtsanwältin Noëlle Cerletti,
Beschwerdeführer,

gegen

Stadt Dübendorf, vertreten durch die Sozialbehörde, Stadtverwaltung,
Usterstrasse 2, 8600 Dübendorf,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Sozialhilfe,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom
14. Januar 2016.

Sachverhalt:

A. 
Nachdem die Primarschule am 31. März 2014 eine Gefährdungsmeldung betreffend
A.A.________ und B.A.________ an die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde
(KESB) erstattet hatte, nahm die KESB Abklärungen vor. Die Familie wurde
bereits durch B.________ vom Kinder- und Jugendhilfezentrum (kjz) beraten.
Dieser stellte am 28. April 2014 (Sozialbehörde der Stadt Dübendorf) resp. am
11. Juni 2014 (KESB) im Auftrag der Familie das Gesuch, die Kinder seien bis
auf Widerruf ganztägig im Hort der Primarschule (einschliesslich Ferienhort) zu
betreuen, wofür die Sozialbehörde Kostengutsprache von monatlich Fr. 1'900.- zu
gewähren habe. Ab Juni 2014 besuchten die Kinder den Hort. Am 29. Juli 2014
ordnete die KESB eine Beistandschaft an und beauftragte B.________, die
Hortbetreuung der Kinder zu organisieren, zu begleiten und für deren
Finanzierung zu sorgen; zudem ersuchte die KESB die Sozialbehörde um subsidiäre
Kostengutsprache. Die Sozialbehörde verweigerte am 9. Dezember 2014 eine
Kostengutsprache, da die Familie selbst für die Kosten des Hortes aufkommen
könne, weil ihr mit den Zusatzleistungen zur IV-Rente des Vaters bereits
Fremdbetreuungskosten angerechnet würden. In der Folge kündigte der Vater den
Hort per Ende 2014. Die KESB ernannte am 13. Januar 2015 Rechtsanwältin Noëlle
Cerletti zusätzlich zur Beiständin der beiden Kinder mit dem Auftrag,
Beschwerde gegen den ablehnenden Entscheid der Sozialbehörde vom 9. Dezember
2014 zu erheben. Auf den von Noëlle Cerletti im Namen der Kinder erhobenen
Rekurs trat der Bezirksrat Uster am 9. September 2015 mangels Legitimation der
Kinder nicht ein, wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung
infolge Aussichtslosigkeit ab und trat auf das Gesuch um unentgeltliche
Prozessführung wegen Kostenlosigkeit des Verfahrens nicht ein.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
am 14. Januar 2016 teilweise gut, hob den Entscheid des Bezirksrat auf, soweit
damit die unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Verfahren vor Bezirksrat
abgewiesen wurde, und gewährte A.A.________ und B.A.________ für das
bezirksrätliche Verfahren die unentgeltliche Verbeiständung und für das
verwaltungsgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege. Bezüglich
der im angefochtenen Entscheid verneinten Legitimation wies es die Beschwerde
ab.

C. 
A.A.________ und B.A.________ führen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid
aufzuheben, soweit dieser ihre Beschwerde abgewiesen habe, und es sei
dementsprechend auf ihren Rekurs einzutreten und die Sache zur Beurteilung an
den Bezirksrat zurückzuweisen. Zudem ersuchen sie um unentgeltliche
Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht.
Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Die Stadt Dübendorf verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1. 
Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, da die Beschwerde unter Einhaltung
der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von einer
durch die Entscheidung besonders berührten Partei mit einem schutzwürdigen
Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG) eingereicht
wurde und sich das Rechtsmittel gegen einen von einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in
einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG) richtet und
keine der in Art. 83 BGG erwähnten Ausnahmen greift.

2.

2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

2.2. Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nicht von Amtes
wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht
und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Hier muss die Beschwerdeschrift
die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten,
welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den
angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht
prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf
rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE
134 II 244 E. 2.2 S. 246).

3. 
Streitig ist, ob das Verwaltungsgericht zu Recht das Nichteintreten des
Bezirksrats auf den Rekurs der Beschwerdeführer bestätigt hat.

4. 
Die Vorinstanz bestätigt den Nichteintretensentscheid des Bezirksrats, da die
Kinder durch den angefochtenen Entscheid nicht unmittelbar in eigenen
Interessen berührt seien. Zwar möge es zutreffen, dass ihre Eltern sie bei
einer Gutheissung der Kostengutsprache wieder im Hort anmelden würden. Es
obliege aber alleine den Eltern, deren elterliche Sorge diesbezüglich nicht
eingeschränkt sei und die sich mit der abschlägigen Antwort des Sozialamtes
abgefunden hätten, über den Hortbesuch zu entscheiden. Soweit die KESB den
Eltern einen kindsgerechten Entscheid nicht zutrauen sollte, habe sie weitere
Massnahmen bezüglich der Einschränkung der elterlichen Sorge zu prüfen und
allenfalls eine Hortplatzierung anzuordnen. Zudem sei zu beachten, dass das
Leistungsgesuch nach § 16a des kantonalen Sozialhilfegesetzes vom 14. Juni 1981
(SHG; LS 851.1) nicht losgelöst von der (wirtschaftlichen) Leistungsfähigkeit
der Eltern und damit den Anspruchsvoraussetzungen nach § 14 SHG beurteilt
werden könne.
Die Beschwerdeführer wenden ein, die Vorinstanz sei aktenwidrig davon
ausgegangen, dass die KESB die Hortbetreuung nicht formell angeordnet habe.
Zudem sei die Sozialbehörde an rechtskräftige Kindesschutzmassnahmen gebunden (
BGE 135 V 134 E. 4.3 S. 140); sei sie mit einer Anordnung der KESB nicht
einverstanden, hätte sie Beschwerde erheben müssen, wobei gemäss Urteil 5A_979/
2013 vom 28. März 2014 (teilweise publiziert in FamPra.ch 2014 S. 767 und AJP
2014 S. 1121) rein finanzielle Interessen der Gemeinde dazu nicht ausreichen
würden. Da die Anordnung der Hortplatzierung durch die KESB dem Kindesinteresse
und Kindesschutz diene, sei der damit zusammenhängende Kostenentscheid der
Sozialbehörde auch für die Kinder relevant und diese seien insofern
legitimiert, zumal ihre Interessen nicht zwingend mit jenen der Eltern
übereinstimmen müssten. Auch würden sie die Voraussetzungen nach § 21des
Zürcher Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2;
besondere Nähe zur Streitsache und praktisches, eigenes sowie unmittelbares
Interesse) erfüllen.

5.

5.1. Sofern es die Verhältnisse erfordern, ernennt die Kindesschutzbehörde dem
Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat
unterstützt (Art. 308 Abs. 1 ZGB). Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse
übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der
Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruchs und anderer Rechte und
die Überwachung des persönlichen Verkehrs (Art. 308 Abs. 2 ZGB). Die elterliche
Sorge kann entsprechend beschränkt werden (Art. 308 Abs. 3 ZGB).
Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im
Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen
der elterlichen Sorge fest (Art. 314 Abs. 3 ZGB).

5.2. Sowohl Art. 308 Abs. 3 ZGB wie auch Art. 314 Abs. 3 ZGB führen die
Kompetenz der KESB an, die elterliche Sorge beschränken zu können. Nach Peter
Breitschmid (in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Band I, 5. Aufl. 2014, N. 8
zu Art. 314 ZGB) regelt Art. 314 Abs. 3 ZGB lediglich nochmals explizit, was
bereits bei der Auftragsumschreibung des Beistandes bzw. bei der Koordination
beistandschaftlicher und elterlicher Befugnisse Standard war. Nach Yvo
Biderbost (Handkommentar zum Schweizer Privatrecht [CHK], Personen- und
Familienrecht, 3. Aufl. 2016, N. 6 zu Art. 314 ZGB) ergibt sich aus dem
Sachzusammenhang resp. dem Ingress von Art. 314 Abs. 3 ZGB, dass es bei diesem
Absatz nur um Anordnungen nach Art. 308 Abs. 3 ZGB gehen kann. Art. 314 Abs. 3
ZGB hat demnach materiell keine über Art. 308 Abs. 3 ZGB hinausgehende
Bedeutung.

5.3. Bei einer Anordnung nach Art. 308 Abs. 2 ZGB hat nicht zwingend auch eine
Beschränkung der elterlichen Sorge nach Art. 308 Abs. 3 ZGB zu erfolgen (vgl.
etwa Urteil 5A_151/2015 vom 13. Mai 2015). Vielmehr setzt die Beschränkung der
elterlichen Sorge nach Art. 308 Abs. 3 ZGB ein höheres Mass an Gefährdung des
Kindswohls voraus, da diese einen stärkeren Eingriff darstellt (vgl. Biderbost,
Die Erziehungsbeistandschaft [Art. 308 ZGB], Diss. Freiburg i.Ü., 1996, S. 115
f., 225 f. und einlässlich S. 370 ff.; ders., CHK, N. 5 zu Art. 308 ZGB). Dazu
bedarf es, dass die Eltern mit dem Beistand nicht kooperieren und die Gefahr
besteht, dass sie die Anordnungen des Beistands unterlaufen oder hintertreiben
(Urteil 5C.50/1993 vom 18. Mai 1993 E. 3b; vgl. auch Breitschmid, a.a.O., N. 20
zu Art. 308 ZGB; Biderbost, CHK, N. 5 f. zu Art. 308 ZGB). Mit anderen Worten
soll die Beschränkung der elterlichen Sorge Ultima Ratio sein, da damit häufig
nur unnötige Gegenwehr statt Kooperation provoziert wird (vgl. dazu Biderbost,
CHK, N. 6 zu Art. 308 ZGB; ders., Diss., S. 365). Zudem muss stets der
Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Massnahme gewahrt sein (Urteil 5C.140/
2000 vom 10. August 2000 E. 3b). So hat das Bundesgericht festgehalten, eine
Beschränkung der elterlichen Sorge sei unverhältnismässig, wenn die Eltern mit
dem Beistand kooperieren würden (Urteil 5C.319/2006 vom 22. Januar 2007).
Die Beistandschaft als Kindesschutzmassnahme dauert grundsätzlich - sofern sie
von der KESB nicht befristet angeordnet wurde - bis zu ihrer Aufhebung oder
Ersetzung durch eine mildere Massnahme durch die zuständige Behörde (Urteil
5C.146/2004 vom 1. September 2004 E. 3). Die Bestellung eines Beistandes
erfolgt in erster Linie im Interesse des Kindes, auch wenn sich Fragen in
anderer Hinsicht, etwa in Zusammenhang mit der Tragung von Sozialhilfekosten,
stellen (vgl. Urteil 2A.485/2005 vom 17. Januar 2006 E. 2.7).

5.4. Eine (explizite) Ermächtigung zur Prozessführung allein nach Art. 308 Abs.
2 ZGB reicht aus, damit der Beistand selbstständig im Namen des Kindes einen
Prozess führen kann; er bedarf dazu weder das Einverständnis der Eltern noch
jenes der KESB, denn letztere hat dies mit der ausdrücklichen Beauftragung des
Beistandes zur Prozessführung bereits gegeben. Nach Biderbost wird der Beistand
mit dieser Einsetzung ex lege Vertreter des Kindes (CHK, N. 14 zu Art. 308 ZGB;
ders., Diss., S. 287; vgl. dazu auch Diggelmann/Isler, Vertretung und
prozessuale Stellung des Kindes im Zivilprozess, SJZ 2015 S. 141, 142 f.). Die
Vertretungsbefugnis des Beistandes besteht neben der (mangels expliziter
Einschränkung der elterlichen Sorge) weiterhin gegebenen elterlichen
Vertretungsbefugnis; in der Lehre und Rechtsprechung wird dies konkurrierende
oder parallele Befugnis genannt (Breitschmid, a.a.O., N. 7 zu Art. 308 ZGB;
Biderbost, Diss., S. 223 ff., 287 f. und 362; ders., CHK, N. 14 zu Art. 308
ZGB; vgl. auch Estermann/Hauri/Vogel, Aufgaben im Kindes- und
Erwachsenenschutz, in: Rosch/Fountoulakis/Heck [Hrsg.], Handbuch Kindes- und
Erwachsenenschutz, 2016, Rz. 395). D.h. die Eltern haben eine Handlung des
Beistandes im Rahmen seines Auftrags hinzunehmen, können dieser aber durch
eigenes Handeln zuvorkommen (Biderbost, Diss., S. 224 f. und 362 f.).
Breitschmid hält denn auch fest, die Auffassung, es werde durch die Anordnung
einer Beistandschaft die Rechtsstellung der Eltern nur berührt, wenn ihre
elterliche Sorge explizit beschränkt werde, vernachlässige die akzentuierte
Zusammenwirkungs- bzw. Unterordnungspflicht im Bereich konkurrierender
Zuständigkeit, welche den entscheidenden Unterschied zur Erziehungsaufsicht
nach Art. 308 Abs. 1 ZGB ausmache; zudem verweist er auf ZVW 1994 165 ff.,
wonach der Beistand nach Art. 308 Abs. 2 ZGB auch ohne Zustimmung der Inhaberin
der elterlichen Sorge einen Unterhaltsvertrag unterzeichnen durfte (a.a.O., N.
5 zu Art. 308 ZGB). Das Bundesgericht hat die parallele Prozessführung einer
Mutter nebst der eigenständigen Prozessführung des Kindes durch seinen explizit
dazu beauftragten Beistand, welcher trotz fehlendem Entzug der elterlichen
Sorge ohne Zustimmung der Mutter handelte, als zulässig erachtet (Urteil 5P.468
/2000 vom 1. Februar 2001 E. 2c, publiziert in Pra 2001 Nr. 75 S. 439). Weiter
hält Breitschmid fest, im Rahmen des spezifischen Auftrags stünden dem Beistand
alle zur Durchsetzung gebotenen Behelfe zur Verfügung und es konkurrierten
seine Befugnisse mit jenen der Inhaber der elterlichen Sorge (a.a.O., N. 7 zu
Art. 308 ZGB).

5.5. Nach § 21 Abs. 1 VRG ist zum Rekurs berechtigt, wer durch die Anordnung
berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung
hat. Die Bestimmung des VRG über die Rechtsmittelbefugnis Privater entspricht
sinngemäss der Regelung für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten vor Bundesgericht (Martin Bertschi, in: Griffel [Hrsg.],
Kommentar VRG, 3. Aufl. 2014, N. 4 zu § 21 VRG), wenn auch auf Stufe des
kantonalen Rechts. Damit wird ein besonderes Berührtsein, ein schutzwürdiges
Interesse sowie die Teilnahme am vorinstanzlichen Verfahren vorausgesetzt (vgl.
Art. 89 Abs. 1 BGG). Dritte, welche zu Gunsten der Verfügungsadressaten
intervenieren, stellen keine einheitliche Kategorie dar. Bei einer
Drittbeschwerde pro Adressat sind die unmittelbar betroffenen Personen
unabhängig vom Verhalten des Adressaten rechtsmittellegitimiert, wenn die
Anordnung direkt in ihre schutzwürdigen Interessen eingreift; eine rechtliche
Beziehung zwischen Adressat und Betroffenen mag vorliegen, tritt aber in den
Hintergrund und es wird auch nicht danach unterschieden, ob die Interessen der
beiden identisch sind oder nicht (Bertschi, a.a.O., N. 86 zu § 21 VRG). Soweit
die Legitimation der Drittperson auf deren unmittelbarem eigenem Interesse am
Verfahrensausgang beruht, kann sie nicht davon abhängen, dass auch der
Verfügungsadressat ein Rechtsmittel erhebt (Bertschi, a.a.O., N. 89 zu § 21
VRG).

6.

6.1. Die KESB hat mit (rechtskräftiger) Verfügung vom 29. Juli 2014 den beiden
Kindern gestützt auf Art. 314 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 445 ZGB einen
Beistand nach Art. 308 Abs. 2 ZGB eingesetzt und diesen beauftragt, eine
ganztägige Betreuung im Hort der Primarschule zu organisieren, zu begleiten und
für deren Finanzierung zu sorgen (Ziff. 1 lit. a und Ziff. 2 des Dispositivs).
Entgegen den vorinstanzlichen Ausführungen kann somit nicht gesagt werden, die
KESB habe nötigenfalls eine Hortplatzierung anzuordnen, da dies bereits erfolgt
ist. Der Einwand des aktenwidrigen Sachverhalts (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist somit
zutreffend.

6.2. In casu erfolgte die Einsetzung der beiden Beistände nach Art. 308 Abs. 2
ZGB, weil das Kindswohl insofern gefährdet war, als die Eltern als nicht fähig
erachtet wurden, selbstständig für die entsprechende Durchsetzung des Anspruchs
auf eine sekundäre Kostengutsprache zu sorgen. Eine Beschränkung der
elterlichen Sorge war in diesem Zusammenhang jedoch weder zwingend notwendig
noch angebracht (E. 5.3 und 5.4). So ergibt sich aus den Akten, dass die Eltern
sich weder gegen die Ernennung des ersten Beistandes noch gegen die
Unterbringung im Hort wehrten. Vielmehr beurteilte der Hort "den Kontakt und
Austausch mit den Eltern als kindsorientiert und verbindlich". Somit durfte die
KESB von der grundsätzlichen Kooperation und Einsicht der Eltern ausgehen, so
dass kein Anlass bestand, die elterliche Sorge einzuschränken. Nachdem das
Sozialamt die Kostengutsprache verweigert hatte, meldete der Vater die Kinder
per Ende Dezember 2014 aus finanziellen Gründen vom Hort ab, obwohl er
gegenüber dem Beistand erklärte, die Betreuung im Hort bringe für alle
Beteiligten grosse Vorteile. Als die KESB das weitere Vorgehen gegenüber dem
Sozialamt abklären wollte, teilten die Eltern mit, sie seien nicht an einer
Anhörung interessiert und sie hätten keine Energie mehr, sich weiter mit der
ganzen Sache auseinanderzusetzen. Dies kann jedoch nicht dahingehend verstanden
werden, dass sie sich grundsätzlich gegen eine Anfechtung der Verfügung des
Sozialamtes stellten; vielmehr ist davon auszugehen, dass die Eltern selbst
nicht die Kraft dazu aufbringen konnten, aber keine Einwände hatten, dass
jemand anderes den Prozess führt. Ihr Verhalten kann demnach nicht so ausgelegt
werden, sie hätten im Rahmen ihrer konkurrierenden Befugnisse rechtsverbindlich
gegenüber dem Sozialamt oder dem Bezirksrat auf eine Anfechtung der
entsprechenden Verfügung verzichtet. Indem die Beiständin somit von ihrer
konkurrierenden Zuständigkeit zur Vertretung der Kinder Gebrauch machte, kann
ihr - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - nicht entgegen gehalten werden, ihr
fehle die elterliche Genehmigung zum Rekurs resp. es fehle an der
diesbezüglichen Einschränkung der elterlichen Sorge.

6.3. Zu prüfen bleibt damit, ob Bezirksrat und Vorinstanz mit ihrer Anwendung
der kantonalen Verfahrensvorschriften die Ausübung der von Bundesrechts wegen
gegebenen Kompetenzen der Beiständin und damit deren Durchsetzung vereitelten
(vgl. Art. 49 Abs. 1 BV) resp. ob die Beschwerdeführer die Voraussetzungen nach
§ 21 Abs. 1 VRG als Dritte erfüllen: Das schutzwürdige Interesse der Kinder an
einer Anfechtung der ablehnenden Verfügung des Sozialamtes ist wegen der
Kindswohlgefährdung und rechtskräftigen Anordnung der Kindesschutzmassnahme
nach ZGB gegeben: Die Kinder sind mehr als jedermann von der verweigerten
Kostengutsprache betroffen, stehen also in besonderer Nähe zur Streitsache, so
dass es ihnen nicht schadet, nicht Adressaten zu sein. Schliesslich haben sie
auch angesichts der Überforderung ihrer Eltern zur eigenständigen
Prozessführung sowie der Notwendigkeit der Finanzierung der in ihrem (und nicht
zwingend mit den Eltern übereinstimmenden) Interesse stehenden
Kindesschutzmassnahmen ein eigenes und unmittelbares Interesse an der
Anfechtung des ablehnenden Entscheids der Sozialbehörde.
Somit sind die Voraussetzungen der Legitimation nach § 21 Abs. 1 VRG gegeben
und der Bezirksrat wäre gehalten gewesen, auf den Rekurs der Beschwerdeführer
einzutreten. Folglich sind der vorinstanzliche Entscheid und der Entscheid des
Bezirksrates vom 9. September 2015 aufzuheben und die Sache ist an den
Bezirksrat zurückzuweisen, damit er über den Rekurs vom 14. Januar 2015
materiell entscheide.

7. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Auf Grund der gegebenen Umstände wird auf
die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdeführer haben hingegen Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten
der Beschwerdegegnerin (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich vom 14. Januar 2016 und der Entscheid des Bezirksrats Uster vom
9. September 2015 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuem Entscheid an den
Bezirksrat Uster zurückgewiesen.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, dem
Bezirksrat Uster und dem Regierungsrat des Kantons Zürich schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 13. Juli 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold

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