Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.143/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_143/2016 {T 0/2}     

Urteil vom 7. Juli 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Wirthlin,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Wachter,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung
(Kausalzusammenhang; Arbeitsunfähigkeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 15. Januar 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1967 geborene A.________ war seit 1. August 2004 bei der B.________ AG als
Bauarbeiter angestellt und damit bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch unfallversichert. Am 8. Mai
2012 zog er sich bei der Arbeit eine laterale Tibiaplateau-Impressionsfraktur
links zu. Am 15. Mai 2012 erfolgte deswegen im Spital C.________ eine
Osteosynthese. Die SUVA kam für die Heilbehandlung und das Taggeld auf. Vom 28.
August bis 8. November 2013 liess sie den Versicherten observieren, worüber die
damit betraute Firma am 6. Dezember 2013 einen Bericht erstattete. Am 10.
September 2013 erfolgte im Spital C.________ die Entfernung des
Knochenimplantats. Mit Schreiben vom 29. November 2013 stellte die SUVA ihre
Leistungen per 26. November 2013 ein, woran sie mit Schreiben vom 12. Juni 2014
festhielt. Am 16. Juni 2014 erstattete die Arbeitgeberin eine Rückfallmeldung.
Mit Verfügung vom 26. Juni 2014 bestätigte die SUVA die Leistungseinstellung
per 26. November 2013. Dagegen erhoben der Versicherte und sein
Krankenversicherer Einsprache. Letzterer zog sie in der Folge zurück. Die
Einsprache des Versicherten wies die SUVA mit Entscheid vom 16. Oktober 2014
ab.

B. 
Hiegegen erhob der Versicherte beim Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich Beschwerde. Er reichte Berichte des Psychiaters Dr. med. D.________ vom
14. April 2014 und der Klinik für Rheumatologie, Spital E.________, vom 14.
September 2015 ein. Die SUVA legte eine Stellungnahme des PD Dr. med.
F.________, Facharzt für Chirurgie FMH, SUVA Versicherungsmedizin, vom 6.
November 2015 auf. Mit Entscheid vom 15. Januar 2016 wies das kantonale Gericht
die Beschwerde ab.

C. 
Mit Beschwerde beantragt der Versicherte, in Aufhebung des kantonalen
Entscheides sei festzustellen, dass er auch über den 26. November 2013 hinaus
Anspruch auf die gesetzlichen Leistungen nach UVG habe; die Sache sei an die
Vorinstanz bzw. an die SUVA zu ergänzenden Abklärungen bzw. neuem Entscheid
zurückzuweisen.
Die SUVA schliesst auf Beschwerdeabweisung, während das Bundesamt für
Gesundheit auf Vernehmlassung verzichtet. Mit Eingabe vom 29. April 2016 hält
der Versicherte an der Beschwerde fest.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem
Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E.
2.2.1 S. 389).
 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Die Vorinstanz hat das in der obligatorischen Unfallversicherung - im Grundfall
sowie bei Rückfällen und Spätfolgen - bestehende Leistungserfordernis des
natürlichen Kausalzusammenhanges zwischen Unfall und Gesundheitsschaden im
Allgemeinen (BGE 134 V 109      E. 2.1 S. 111; zum Genügen einer
Teilursächlichkeit für die Bejahung der Kausalität siehe BGE 134 V 109 E. 9.5
S. 125) richtig dargelegt. Gleiches gilt für die Anspruchsgrundlagen betreffend
Heilbehandlung (Art. 10 Abs. 1 UVG) und Taggeld (Art. 16 ATSG), die
Voraussetzungen des Fallabschlusses unter Einstellung der vorübergehenden
Leistungen mit gleichzeitiger Prüfung des Anspruchs auf Invalidenrente und
Integritätsentschädigung (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109    E. 4 S. 113
ff.), den Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E. 6
S. 221) und den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125
V 351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen.

3. 
Die Vorinstanz erwog, die Untersuchung durch den Kreisarzt Dr. med. G.________,
Facharzt für Chirurgie FMH, vom 26. November 2013 habe bezüglich des linken
Knies noch Restbeschwerden ergeben, die nur zu 10 % unfallkausal gewesen seien.
Er habe gefolgert, dass von weiteren Behandlungen keine Verbesserung des
Gesundheitszustandes des Versicherten, soweit er unfallbedingt beeinträchtigt
gewesen sei, zu erwarten gewesen sei. Die erst nach dieser kreisärztlichen
Untersuchung verfügbaren Videoaufnahmen der hauptsächlich im September und
Oktober 2013 erfolgten Überwachung des Versicherten hätten gemäss der
Beurteilung des Dr. med. G.________ vom 28. Januar 2014 ebenfalls eine
weitgehende intakte Funktionsfähigkeit der Kniegelenke ergeben. Demnach sei der
Fallabschluss per 26. November 2013 bezüglich somatischer Unfallfolgen nicht zu
beanstanden. Den Ende April 2014 durch die Klinik H.________ erhobenen
bildgebenden Befunden am linken Kniegelenk lasse sich nicht entnehmen, dass
noch unfallkausale Beeinträchtigungen anzunehmen gewesen wären. Die am 10. Juni
2014 erfolgte Attestierung einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit durch den
behandelnden Arzt Dr. med. I.________, Prakt. Arzt, ab 2. Juni 2014 vermöge zu
keinem anderen Schluss zu führen. Die psychische Problematik des Versicherten
sei nicht natürlich unfallkausal. Somit sei die Leistungseinstellung durch die
SUVA nicht zu beanstanden.

4. 
Unbestritten ist die vorinstanzliche Verneinung der natürlichen
Unfallkausalität der psychischen Beschwerden des Versicherten. Hierzu erübrigen
sich mithin Weiterungen.

5. 
Streitig und zu prüfen ist die somatische Problematik betreffend das linke
Knie.

5.1. Der Versicherte beruft sich auf den Austrittsbericht des Spitals
E.________ vom 14. September 2015. Hierin wurde unter anderem festgehalten, die
Kniebeschwerden links seien auf die posttraumatischen Veränderungen mit
lateralem Knorpeldefekt zurückzuführen. Sie würden als Unfallfolge erachtet, da
sie erst nach dem Unfall begonnen hätten. Dem Versicherten sei eine Tätigkeit
im angestammten Beruf als Bauarbeiter dauerhaft nicht mehr möglich. Der
Versicherte rügt, die Vorinstanz habe diesen Bericht nicht berücksichtigt,
weshalb ihr Entscheid mangelhaft und aufzuheben sei.
Die Vorinstanz erwähnte den Bericht des Spitals E.________ vom 14. September
2015 im Sachverhalt, nahm dazu aber in den Erwägungen nicht Stellung. Gleiches
gilt für die von der SUVA angerufene, aufgrund der Akten verfasste
Stellungnahme des PD Dr. med. F.________ vom 6. November 2015. Das
Bundesgericht kann indessen mit Blick auf die Rechtsverletzung, die aus der
Nichtbeachtung von potenziell erheblichen Beweismitteln resultiert (Art. 29
Abs. 2 BV; BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88), die entsprechenden Aktenstücke selber
würdigen und beurteilen, ob die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung zu
korrigieren ist (Art. 105 Abs. 2 BGG; Urteile 8C_777/2015 vom 22. März 2016 E.
3.6, 8C_924/2014 vom 2. April 2015 E. 4.2 und 8C_492/2013 vom 10. Februar 2014
E. 5.4, je mit Hinweisen).

5.2. Der Versicherte rügt weiter, auf den Bericht des PD Dr. med. F.________
vom 6. November 2015 könne nicht abgestellt werden, da es sich nicht um ein
unabhängiges Gutachten handle. Es sei eine Aktenbeurteilung eines
SUVA-Mediziners, dem es an der erforderlichen Unabhängigkeit mangle. Sie sei
ohne Gewährung der Mitwirkungsrechte des Versicherten erstellt worden.
Da es sich bei der Stellungnahme des PD Dr. med. F.________ nicht um ein
Gutachten nach Art. 44 ATSG handelte, ist die Rüge des Versicherten, es seien
ihm keine Mitwirkungsrechte eingeräumt worden, nicht stichhaltig (BGE 135 V 465
E. 4.2 S. 468; Urteil 8C_843/2014 vom 18. März 2015 E. 4). Ihr kommt vielmehr
der Beweiswert versicherungsinterner ärztlicher Feststellungen zu. Wenn auch
nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit solcher
Feststellungen bestehen, ist eine versicherungsexterne Begutachtung anzuordnen
(BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229 mit Hinweis; Urteil 8C_487/2015 vom 30. November
2015 E. 4.1.3).

6. 
PD Dr. med. F.________ kam in seiner Stellungnahme vom 6. November 2015 zum
Schluss, per 26. November 2013 hätten überwiegend wahrscheinlich keine
behandlungsbedürftigen Unfallfolgen mehr vorgelegen. Seit diesem Zeitpunkt sei
dem Versicherten die angestammte Tätigkeit als Bauarbeiter in Anbetracht der
Unfallfolgen wieder zu 100 % zumutbar. Diese Stellungnahme beruht auf einer
Würdigung der ab 8. Mai 2012 (Unfalldatum) bis 1. September 2015 vorgenommen
bildgebenden Untersuchungen des linken Knies und aller übrigen relevanten
medizinischen Akten. Dazu gehören die Berichte des Kreisarztes Dr. med.
G.________ vom 26. November 2013 und 28. Januar 2014, der Klinik H.________,
vom 29. April und 2. Mai 2014, insbesondere aber auch derjenige des Spitals
E.________ vom 14. September 2015. Zudem berücksichtigte PD Dr. med. F.________
die medizinische Literatur und den Bericht vom 6. Dezember 2013 betreffend die
Observation des Versicherten (zum Beweiswert einer Observation zusammen mit
einer ärztlichen Aktenbeurteilung vgl. BGE 137 I 327 E. 7.1 S. 337).
Die Stellungnahme des PD Dr. med. F.________ vom 6. November 2015 erfüllt die
rechtlichen Beweisanforderungen an einen Aktenbericht (SVR 2010 UV Nr. 17 S. 63
E. 7.2 [8C_239/2008]; RKUV 1993 Nr. U 167 S. 95 E. 5d; Urteile 8C_843/2014 vom
18. März 2015 E. 5.4 und 8C_394/2014 vom 19. August 2014 E. 4.3). Der
Beschwerdeführer bringt denn auch keine inhaltlichen Einwände dagegen vor.
Insgesamt bestehen keine Anhaltspunkte, die auch nur geringe Zweifel an der
Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der betreffenden Beurteilung wecken (vgl. E.
5.2 hievor).

7.

7.1. Der Beschwerdeführer wendet ein, Kreisarzt Dr. med. G.________ sei im
Bericht vom 26. November 2013 zum Schluss gekommen, die vorhandenen Beschwerden
am linken Kniegelenk seien noch zu 10 % unfallkausal. Dies genüge für die
Bejahung des natürlichen Kausalzusammenhangs. Eine Begründung für dessen
Wegfall liege nicht vor. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Denn
entscheidend ist, dass gemäss der Beurteilung des PD Dr. med. F.________ vom 6.
November 2015 trotz der Unfallrestfolgen am linken Knie und des am 16. Juni
2014 gemeldeten Rückfalls seit 26. November 2013 bis zum Einspracheentscheid
vom 16. Oktober 2014 (vgl. BGE 129 V 167 E. 1 S. 169) keine
Behandlungsbedürftigkeit und keine Arbeitsunfähigkeit in der angestammten
Tätigkeit als Bauarbeiter mehr vorlagen, wie zuvor schon der Kreisarzt erkannt
hatte.

7.2. Weiter hat PD Dr. med. F.________ eingehend und nachvollziehbar dargelegt,
weshalb die aus dem MRI des linken Knies vom 1. September 2015 ersichtlichen
Befunde, entgegen dem Austrittsbericht des Spitals E.________ vom 14. September
2015, die Beschwerden des Versicherten nicht überwiegend wahrscheinlich
erklären.

7.3. Unbehelflich ist die Berufung auf den Bericht der Kreisärztin Frau Dr.
med. K.________ vom 5. November 2012, die ausführte, medizinisch sei ein
Arbeitsversuch auf dem Bau sicher vertretbar, aber längerfristig sehr
ungünstig. Denn der Versicherte räumt selber ein, dass es sich um eine
Ersteinschätzung handelte, die noch in der Heilungsphase erfolgte.

7.4. Aus den Zeugnissen des Dr. med. I.________ vom 10. Juni 2014 - mit welchem
die Rückfallmeldung vom 16. Juni 2014 begründet wurde - und 25. Juli 2014,
wonach der Versicherte vom 2. Juni bis 31. Juli 2014 zu 100 % arbeitsunfähig
gewesen sei, kann dieser ebenfalls nichts zu seinen Gunsten ableiten. Denn im
erstgenannten Zeugnis kreuzte Dr. med. I.________ zwar an, die
Arbeitsunfähigkeit bestehe "wegen Unfall", versah dies jedoch mit einem
Fragezeichen und dem Vermerk, diese Frage werde geprüft. Im zweitgenannten
Zeugnis ging er dann von unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit aus, lieferte dafür
aber keinerlei Begründung.

7.5. Da von weiteren Abklärungen keine entscheidrelevanten Ergebnisse zu
erwarten waren, verzichtete die Vorinstanz darauf zu Recht. Dies verstösst
weder gegen den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) noch gegen den
Anspruch auf rechtliches Gehör bzw. auf Beweisabnahme (Art. 29 Abs. 2 BV;
antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; Urteil 8C_940/2015
vom 19. April 2016 E. 8). Von willkürlicher Beweiswürdigung der Vorinstanz kann
keine Rede sein. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen.

8. 
Der unterliegende Versicherte trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 7. Juli 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Jancar

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