Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.130/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_130/2016

Urteil vom 16. August 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Armin Sahli,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Freiburg, Route du Mont-Carmel 5, 1762 Givisiez,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg,
Sozialversicherungsgerichtshof, vom 15. Januar 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________ war zuletzt im Fürstentum Liechtenstein erwerbstätig gewesen, als
sie sich am 18. September 2000 bei der liechtensteinischen
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug anmeldete. Diese sprach ihr mit
Verfügung vom 24. November 2003 ab 1. April 2001 bis zum 31. März 2002 ein
halbe und ab 1. April 2002 eine ganze Invalidenrente zu.

Nachdem die Versicherte Wohnsitz im Kanton Freiburg genommen und sich bei der
dortigen IV-Stelle zum Leistungsbezug angemeldet hatte, hielt diese mit
Schreiben vom 26. August 2004 fest, für die Zeit vom 1. April 2001 bis zum 31.
März 2002 ebenfalls von einem Invaliditätsgrad von 50 % und für die Zeit ab 1.
April 2002 von einem Invaliditätsgrad von 100 % auszugehen. Zudem bestätigte
die IV-Stelle mit Verfügung vom 10. März 2005 die ganze Rente der
Invalidenversicherung für die Zeit ab 1. März 2005.

Mit Verfügung vom 3. April 2009 kam die IV-Stelle auf ihre Leistungszusprache
zurück und hob die ganze Rente per Ende des der Zustellung der Verfügung
folgenden Monats auf. Eine von der Versicherten hiegegen erhobene Beschwerde
hiess das Kantonsgericht Freiburg mit Entscheid vom 12. Mai 2011 gut und wies
die Sache zu weiteren Abklärungen im Sinne der Erwägungen an die IV-Stelle
zurück. Nach Vorliegen des rheumatologischen Berichts der Dr. med. B.________
vom 8. Februar 2012 bestätigte die IV-Stelle mit Verfügung vom 21. August 2013
ihre Rentenaufhebung per 1. Mai 2009.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht
Freiburg mit Entscheid vom 15. Januar 2016 in dem Sinne teilweise gut, als es
der Versicherten bis zum 29. Februar 2012 eine ganze Rente der
Invalidenversicherung zusprach. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.

C. 
Mit Beschwerde beantragt A.________, ihr sei unter Aufhebung der Verfügung und
des kantonalen Gerichtsentscheides weiterhin eine ganze Rente der
Invalidenversicherung auszurichten. Eventuell sei die Sache im Sinne der
Erwägungen an das kantonale Gericht zurückzuweisen.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

1.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen
nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu
Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die
Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das
Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen
wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid
festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1
S. 18 mit Hinweisen).

2. 
Die Beschwerdeführerin rügt eine überlange Verfahrensdauer. Sie legt jedoch
nicht dar, dass sie eine Rechtsverzögerungsbeschwerde erhoben oder in anderer
Weise auf eine beförderlichere Behandlung ihrer Rechtsmittel gedrängt hätte.
Ein Schaden, der durch die Verfahrensdauer entstanden wäre, ist nicht
ersichtlich. Da zudem auch bei übermässiger Verfahrensdauer kein Anspruch auf
eine Wiedergutmachung in der Form der Zusprechung einer materiell-rechtlich
nicht geschuldeten Sozialversicherungsleistung besteht (BGE 129 V 411 E. 3.4 S.
422; Urteil 8C_323/2010 vom 10. Mai 2011 E. 5.2), braucht nicht näher geprüft
zu werden, ob die Verfahrensdauer tatsächlich als überlang zu qualifizieren
ist.

3.

3.1. Der Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung setzt unter anderem
voraus, dass die versicherte Person invalid oder von Invalidität unmittelbar
bedroht ist. Invalidität ist gemäss Art. 8 Abs. 1 ATSG die voraussichtlich
bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit.

3.2. Ändert sich der Invaliditätsgrad eines Rentenbezügers erheblich, so wird
gemäss Art. 17 ATSG die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die
Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben. Die Frage der
wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen beurteilt sich im
vorliegenden Fall unbestrittenermassen durch Vergleich des Sachverhalts, wie er
im Zeitpunkt der ursprünglichen Rentenverfügung bestanden hat, mit demjenigen
zur Zeit der streitigen Revisionsverfügung (BGE 134 V 131 E. 3 S. 132 f.).

3.3. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, als
sie die Rentenaufhebung auf den 29. Februar 2012 hin bestätigte.

4.

4.1. Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der medizinischen
Akten, insbesondere aber unter Berücksichtigung des Berichts der Dr. med.
B.________, FMH für Rheumatologie am Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) Bern/
Freiburg/Solothurn, vom 8. Februar 2012 für das Bundesgericht grundsätzlich
verbindlich festgestellt, dass sich der Gesundheitszustand der Versicherten in
der Zeit zwischen der leistungszusprechenden Verfügung und dem 23. November
2011 (Datum der Untersuchung durch die RAD-Ärztin) erheblich verbessert hat.
Diese Besserung besteht nach den vorinstanzlichen Feststellungen im
Wesentlichen darin, dass die Versicherte jedenfalls in der Zeit ab 23. November
2011 nicht mehr an einer Fibromyalgie leidet. Die Beschwerdeführerin bringt
verschiedene Rügen vor, weshalb diese vorinstanzliche Feststellung
bundesrechtswidrig sein soll.

4.2. Die Versicherte macht zunächst unter Hinweis auf das Urteil I 694/05 des
damaligen Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 15. Dezember 2006 E. 5
geltend, die IV-Stelle sei aufgrund des Rückweisungsentscheides des kantonalen
Gerichts vom 12. Mai 2011 verpflichtet gewesen, ein versicherungsexternes
Gutachten im Verfahren nach Art. 44 ATSG einzuholen und hätte sich nicht mit
einem Bericht des RAD begnügen dürfen. In der Tat hat gemäss dem erwähnten
Urteil I 694/05 ein Versicherungsträger, an welchen eine Streitsache von einem
Gericht zum Einholen eines Gutachtens zurückgewiesen wird, eine
versicherungsexterne Expertise zu veranlassen. Im nämlichen Urteil wurde
indessen auch ausgeführt, dass das kantonale Gericht frei ist, vom
Versicherungsträger lediglich ergänzende Abklärungen zu verlangen und damit die
Art der Abklärung in dessen pflichtgemässes Ermessen zu stellen. Diesen Weg hat
das kantonale Gericht in seinem Entscheid vom 12. Mai 2011 beschritten, womit
das Abstellen der Vorinstanz auf den Bericht der RAD-Ärztin nicht bereits aus
diesem Grund bundesrechtswidrig ist. Dass dieser Bericht auf französisch
abgefasst ist, stellt ebenfalls keinen Grund dar, ihn nicht zu beachten, zumal
der Rechtsvertreter der Versicherten gemäss den verbindlichen Feststellungen
der Vorinstanz dieser Sprache genügend mächtig ist und die Akten eine
Übersetzung der wichtigsten Passagen des Berichts enthalten. Auf den Bericht
der RAD-Ärztin kann somit rechtsprechungsgemäss abgestellt werden, soweit auch
keine geringen Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit ihrer
Feststellungen bestehen (vgl. BGE 135 V 465 E. 4.6 S. 471).

4.3. Entgegen den Vorbringen der Versicherten wird die spontane Besserung einer
Fibromyalgie mit zunehmendem Alter in der Literatur als häufig beschrieben
(vgl. etwa Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 266. Aufl. 2014, S. 682). Die
Tatsache, dass die RAD-Ärztin von einer Besserung der Fibromyalgie ausgeht,
begründet für sich alleine somit noch keine Zweifel an der Zuverlässigkeit
ihrer Feststellungen. Dasselbe gilt für den Umstand, dass sie in ihrem Bericht
vom 8. Februar 2012 nicht ausführlich dargelegt hat, welche Trigger-Punkte als
schmerzhaft bezeichnet wurden. Soweit die Vorinstanz in diesem Zusammenhang auf
den ergänzenden Bericht der RAD-Ärztin vom 16. Dezember 2013 sowie darauf
verweist, dass ein entsprechendes Diagramm entbehrlich gewesen wäre, sind darin
weder offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellungen noch sonstige
Bundesrechtsverletzungen zu erkennen. Auch finden sich im Bericht der Dr. med.
C.________ vom 11. September 2013 keine Ausführungen, welche die Feststellungen
der RAD-Ärztin bezüglich der Fibromyalgie in Zweifel ziehen würden. Ebenfalls
nicht zu beanstanden sind somit die - im Übrigen im Einklang mit der erwähnten
ergänzenden Stellungnahme der RAD-Ärztin stehenden - vorinstanzlichen
Erwägungen, wonach der nur kurze Zeit nach Verfügungserlass ergangene Bericht
der behandelnden Ärztin zu keinen Weiterungen Anlass bietet.

4.4. Die Vorinstanz folgte der RAD-Ärztin bezüglich der Besserung der
Fibromyalgie, nicht jedoch ihren Ausführungen zum Zeitpunkt der Besserung. Zu
Gunsten der Versicherten ging sie davon aus, die Fibromyalgie habe sich erst
unmittelbar vor dem Untersuchungstermin beim RAD am 23. November 2011
verbessert. Damit hat die Vorinstanz jedenfalls nicht zu Ungunsten der
Beschwerdeführerin gegen Bundesrecht verstossen. Geht man von einer Besserung
erst ab November 2011 aus, so kann die Versicherte aus dem Bericht des Dr. med.
D.________ vom 4. Februar 2008, in welchem die Diagnose einer Fibromyalgie noch
bestätigt wird, nichts weiter zu ihren Gunsten ableiten.

4.5. Somit hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, als sie von einer
erheblichen Verbesserung des Gesundheitszustandes ausgegangen ist. Auf weitere
Abklärungen kann verzichtet werden; nachdem die Diagnose einer Fibromyalgie
nicht mehr gestellt werden kann, entfällt auch die Notwendigkeit einer
Auseinandersetzung mit BGE 141 V 281. Im Übrigen wird in der Beschwerde auch
nicht geltend gemacht, dass eine psychiatrische Begutachtung anzuordnen wäre.
Wie das kantonale Gericht zudem zutreffend dargelegt hat, war die
Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Rentenaufhebung weder mindestens 55 Jahre
alt noch seit mehr als 15 Jahren Rentenbezügerin. Somit besteht kein Anspruch
auf besondere berufliche Massnahmen vor der Rentenaufhebung. Die Verneinung
eines Rentenanspruchs ab März 2012 ist somit - bei unbestritten gebliebener
Invaliditätsbemessung - nicht zu beanstanden; die Beschwerde ist abzuweisen.

5. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg,
Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. August 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Nabold

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