Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.12/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_12/2016

Urteil vom 1. Juni 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Massimo Aliotta,
Beschwerdeführerin,

gegen

Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG,
Rechtsdienst, 8085 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 16. November 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1983, war ab 28. Mai 2007 als Pflegeassistentin bei der
B.________ AG angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Zürich
Versicherungs-Gesellschaft AG (Zürich) gegen die Folgen von Unfällen
versichert. Am 27. August 2008 missachtete sie als Mofalenkerin den Vortritt
eines Lieferwagens und zog sich bei der folgenden Kollision multiple Brüche zu
(Polizeirapport vom 17. September 2008). Die Zürich erbrachte die gesetzlichen
Leistungen. Gestützt auf das MEDAS-Gutachten vom 12. Dezember 2012 sprach die
IV-Stelle des Kantons Zürich A.________ am 28. Mai 2013 ab 1. Januar 2010 eine
ganze Invalidenrente zu. Am 27. Februar 2013 stellte die Zürich die
Heilbehandlung per 30. April 2010 und die Taggelder per 31. Dezember 2012 ein.
Nachdem A.________ dagegen hatte Einsprache erheben lassen, verfügte die Zürich
am 6. Januar 2014 eine weitere psychiatrische Begutachtung. Die dagegen
erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich gut
und ordnete den Erlass des Einspracheentscheids an. Am 4. April 2014 wies die
Zürich die Einsprache von A.________ ab.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht hiess die dagegen erhobene Beschwerde am 16.
November 2015 teilweise gut und änderte den Einspracheentscheid dahingehend ab,
dass A.________ ab 1. Januar 2013 Anspruch auf eine Invalidenrente bei einem
Invaliditätsgrad von 14 % habe.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und
festzustellen, dass sowohl ihre somatischen als auch psychischen Beschwerden in
natürlichem und adäquatem Kausalzusammenhang zum Ereignis vom 27. August 2008
stehen würden, und es sei die Zürich zu verpflichten, für alle Heilungskosten
der unfallbedingten somatischen und psychischen Beschwerden bis zum 31.
Dezember 2012 aufzukommen und ihr bei einem Invaliditätsgrad von 100 % ab 1.
Januar 2013 eine Rente auszurichten. Zudem sei ihr eine
Integritätsentschädigung infolge der unfallbedingten psychischen Beschwerden
zuzusprechen. Schliesslich ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig ist der Anspruch der Versicherten auf eine Invalidenrente sowie auf
eine Integritätsentschädigung. Dabei ist namentlich die Adäquanz der bei
Fallabschluss noch geklagten psychischen Beschwerden zum Ereignis vom 27.
August 2008 strittig. Hingegen sind sich die Parteien bezüglich des Zeitpunkts
des Fallabschlusses einig.

3. 
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst
der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 135 V
194). Solche Umstände können namentlich in formellrechtlichen Mängeln des
angefochtenen Entscheides liegen, mit denen die Partei nicht rechnete und nach
Treu und Glauben nicht zu rechnen brauchte, oder darin, dass die Vorinstanz
materiell in einer Weise urteilt, dass bestimmte Sachumstände neu und erstmals
rechtserheblich werden. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet
noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die
Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne
Weiteres hätten vorgebracht werden können. Das Vorbringen von Tatsachen, die
sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder entstanden (echte
Noven), ist vor Bundesgericht unzulässig (Urteil 8C_721/2014 vom 27. April 2015
E. 2 mit Hinweis).
Auf die vor Bundesgericht erstmals eingereichten Unterlagen ist nicht weiter
einzugehen, da diese dazu dienen sollen, bereits vor Vorinstanz strittige
Punkte zu belegen resp. widerlegen. Es ist denn auch kein Anhaltspunkt
ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin diese nicht bereits im kantonalen
Verfahren hätte einbringen können.

4. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die
Leistungsvoraussetzungen des natürlichen (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit
Hinweisen) und des adäquaten Kausalzusammenhangs (BGE 129 V 177 E. 3.2 S. 181
mit Hinweis), namentlich bei psychischen Fehlentwicklungen nach Unfällen (BGE
115 V 133), sowie den Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung
(Art. 18 Abs. 1 UVG) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die
Voraussetzungen des Fallabschlusses mit Prüfung der Rentenfrage (Art. 19 Abs. 1
UVG; BGE 137 V 199 E. 2.1 S. 201; 134 V 109 E. 4.1 S. 113) und die
Anforderungen an einen ärztlichen Bericht (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V
351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen.

5.

5.1. Die Beschwerdeführerin lässt vor Bundesgericht vorbringen, indem die
Vorinstanz im vorliegend angefochtenen vom 16. November 2015 an ihrem früheren
Entscheid vom 10. März 2014 festgehalten habe, mit welchem sie das
MEDAS-Gutachten vom 12. Dezember 2012 als eine zuverlässige Bewertungsgrundlage
qualifiziert und die Sache zur materiellen Beurteilung zurückgewiesen habe, sei
erstellt, dass sie auch heute noch und bleibend an invalidisierenden
psychischen Beschwerden leide, welche in einem direkten natürlichen
Kausalzusammenhang zum Unfall vom 27. August 2008 stünden. Im Entscheid vom 16.
November 2015 würdige die Vorinstanz nun aber in aktenwidriger und
willkürlicher Weise den medizinischen Sachverhalt und gehe mit dem
Unfallversicherer davon aus, dass die Anwendung der Schleudertraumapraxis (BGE
134 V 109) nicht gerechtfertigt sei.

5.2. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden: Streitig war dannzumal die von
der Zürich angeordnete erneute Begutachtung. Die Vorinstanz hat dabei lediglich
die Frage geprüft, ob das MEDAS-Gutachten vom 12. Dezember 2012 den formellen
Anforderungen entspricht, und dessen Beweistauglichkeit bejaht. Zu dessen
Inhalt und Anwendung auf die sich im konkreten Fall stellenden Fragen hat sie
sich jedoch nicht geäussert, sondern vielmehr die Sache an die Zürich zu
materiellem Entscheid zurückgewiesen. Letztlich ist jedoch nicht entscheidend,
ob die Vorinstanz bereits in ihrem Entscheid vom 10. März 2014 die Adäquanz der
noch geklagten Beschwerden alllenfalls bejaht hat, da dieser kantonale
(Zwischen-) Entscheid für das Bundesgericht so oder anders nicht verbindlich
ist (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG sowie in BGE 138 V 161 nicht publizierte E. 4 des
Urteils 8C_190/2011 vom 13. Februar 2012 und SVR 2009 UV Nr. 38 S. 131 E. 3.5,
8C_969/2008).

6. 
Die Versicherte beantragt vor Bundesgericht die Feststellung, die Zürich sei zu
verpflichten, für die Heilbehandlung der unfallbedingten somatischen und
psychischen Beschwerden bis 31. Dezember 2012 aufzukommen. Da die Vorinstanz
bereits in ihrer E. 4.3 unter Offenlassung der Frage eines Rückkommenstitels
festgestellt hat, dass die Zürich die Kosten der Heilbehandlung bis 31.
Dezember 2012 übernommen und auf eine Rückforderung verzichtet habe, fehlt es
diesbezüglich an einem schutzwürdigen Interesse. Auf diesen Antrag der
Versicherten ist nicht einzutreten.

7.

7.1. Bei der Beurteilung der Adäquanz von organisch nicht (hinreichend)
nachweisbaren Unfallfolgeschäden ist rechtsprechungsgemäss (BGE 127 V 102 E. 5b
/bb S. 103 mit Hinweisen) wie folgt zu differenzieren: Es ist zunächst
abzuklären, ob die versicherte Person beim Unfall ein Schleudertrauma der
Halswirbelsäule, eine dem Schleudertrauma äquivalente Verletzung oder ein
Schädel-Hirntrauma erlitten hat. Ist dies nicht der Fall, gelangt die
Rechtsprechung gemäss BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140 zur Anwendung. Ergeben die
Abklärungen, dass die versicherte Person eine der soeben erwähnten Verletzungen
erlitten hat, muss beurteilt werden, ob die zum typischen Beschwerdebild einer
solchen Verletzung gehörenden Beeinträchtigungen (vgl. dazu: BGE 119 V 335 E. 1
S. 338) zwar teilweise vorliegen, im Vergleich zur psychischen Problematik aber
ganz in den Hintergrund treten. Trifft dies zu, sind für die
Adäquanzbeurteilung ebenfalls die in BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140 für Unfälle
mit psychischen Folgeschäden aufgestellten Grundsätze massgebend; andernfalls
erfolgt die Beurteilung der Adäquanz gemäss den in BGE 117 V 359 E. 6a S. 366
und 117 V 369 E. 4b S. 382 festgelegten, mit BGE 134 V 109 E. 10.2 f. S. 127
ff. modifizierten Kriterien (vgl. BGE 123 V 98 E. 2a S. 99 mit Hinweisen).
Gleiches gilt, wenn die im Anschluss an den Unfall auftretenden psychischen
Störungen nicht zum typischen Beschwerdebild eines HWS- oder Schädelhirntraumas
gehören. Erforderlichenfalls ist vorgängig der Adäquanzbeurteilung zu prüfen,
ob es sich bei den im Anschluss an den Unfall geklagten psychischen
Beeinträchtigungen um blosse Symptome des erlittenen Traumas oder aber um eine
selbstständige (sekundäre) Gesundheitsschädigung handelt, wobei für die
Abgrenzung insbesondere Art und Pathogenese der Störung, das Vorliegen
konkreter unfallfremder Faktoren oder der Zeitablauf von Bedeutung sind (RKUV
2001 Nr. U 412 S. 80, U 96/00). Die Adäquanz des Kausalzusammenhangs ist nur
dann im Sinne von BGE 123 V 98 E. 2a S. 99 unter dem Gesichtspunkt einer
psychischen Fehlentwicklung nach Unfall zu beurteilen, wenn die psychische
Problematik bereits unmittelbar nach dem Unfall eindeutige Dominanz aufweist
(RKUV 2002 Nr. U 465 S. 437, U 164/01 E. 3a). Wird die zitierte Rechtsprechung
gemäss BGE 123 V 98 in einem späteren Zeitpunkt angewendet, ist zu prüfen, ob
im Verlaufe der ganzen Entwicklung vom Unfall bis zum Beurteilungszeitpunkt die
physischen Beschwerden gesamthaft nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt
haben und damit ganz in den Hintergrund getreten sind. Nur wenn dies zutrifft,
ist die Adäquanz nach der Rechtsprechung zu den psychischen Unfallfolgen (BGE
115 V 133) zu beurteilen (Urteil 8C_417/2015 vom 17. Dezember 2015 E. 3.2.1 mit
Hinweisen).

7.2. Streitig ist, wie es sich mit den von der Versicherten beklagten
Beschwerden (mit Ausnahme jener des Bewegungsapparates) verhält. Wie sich aus
den medizinischen Akten ergibt, lagen bei ihr schon vor dem Unfall vom 27.
August 2008 erhebliche psychische Beschwerden vor, welche eine längere
Behandlung erforderten und zu medizinischen Interventionen führten (vgl. die
Zusammenstellung im MEDAS-Gutachten vom 12. Dezember 2012 Ziff. 1.1.8). Obwohl
sie sich beim Unfall vom 27. August 2008 auch beachtliche somatische
Verletzungen zuzog, standen schon kurz nach diesem Ereignis die psychischen
Beschwerden derart im Vordergrund, dass sie das Leben der Versicherten
beherrschten und zu zahlreichen Hospitalisationen führten (vgl. v.a. die
zahlreichen Austrittsberichte der Klinik C.________ sowie der Klinik
D.________; vgl. auch die Austrittsberichte des psychiatrischen Zentrums
E.________, vom 20. Februar 2009 sowie der Klinik F.________ vom 26. Juni
2009). So stand bereits während des Aufenthalts in der Rehaklinik G.________
die Behandlung der psychischen Beschwerden im Zentrum (vgl. Berichte vom 17.
September 2008, und vom 31. Oktober 2008, sowie den Austrittsbericht vom 14.
November 2008) und es traten die ersten dissoziativen Vorfälle auf, welche
umgehend abgeklärt und einer psychischen Genese zugeordnet wurden (vgl. Bericht
der Neurologischen Klinik, Spital H.________, vom 24. September 2008, bestätigt
durch die stationären Abklärungen des Zentrums I.________ mit Berichten vom 5.
Januar 2011 und vom 28. September 2012). Die - zwar nicht geringen -
somatischen Verletzungen verursachten hingegen keine besonderen medizinischen
Interventionen, sondern fanden einen regelkonformen Heilungsverlauf und
begründeten ein Jahr nach dem Unfall in einer adaptierten Tätigkeit keine
andauernde Arbeitsunfähigkeit mehr (vgl. etwa die Berichte des Spitals
J.________ vom 27. November 2008 und der Klinik K.________ vom 3. Februar 2010
sowie das MEDAS-Gutachten vom 12. Dezember 2012 S. 57). Unter diesen Umständen
ist es demnach unerheblich, ob sich die Versicherte beim Ereignis vom 27.
August 2008 ein Schädelhirntrauma zugezogen hatte oder nicht, da infolge der
schon wenige Monate nach dem Unfall eingetretenen und hernach dominierenden
psychischen Überlagerung auch bejahendenfalls gestützt auf die Rechtsprechung
von BGE 123 V 98 für die Prüfung der Adäquanz nicht die Schleudertraumapraxis (
BGE 134 V 109), sondern die Psychopraxis (BGE 115 V 133) massgebend ist. Daran
ändert auch der Umstand nichts, dass die behandelnden psychiatrischen Ärzte und
Institutionen die psychischen Beschwerden auf den Unfall zurückführen; denn aus
den entsprechenden Berichten ergibt sich weder eine Auseinandersetzung mit dem
vorbestehenden Leiden (vgl. etwa die Berichte der Frau Dr. med. L.________,
Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 7. Oktober 2009 und des
Zentrums I.________ vom 5. Januar 2011 sowie sämtliche Berichte der Klinik
C.________ und der Klinik D.________; teils wird gar ein blander Vorzustand
festgehalten, etwa im Bericht der behandelnden Psychotherapeutin vom 30.
Dezember 2008) noch mit den einlässlich begründeten abweichenden Einschätzungen
der psychiatrischen Gutachter Dr. med. M.________, Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie, vom 6. März 2009 und Dr. med. N.________, Facharzt für
Psychiatrie und Psychotherapie, vom 2. September 2009 und vom 12. Mai 2012.
Vorinstanz und Unfallversicherer haben nach dem Gesagten für die
Adäquanzprüfung im Ergebnis zu Recht die Psychopraxis angewandt.

7.3. Im Folgenden ist der adäquate Kausalzusammenhang der noch geklagten
psychischen Beschwerden mit dem Ereignis vom 27. August 2008 nach der
Rechtsprechung von BGE 115 V 133 zu prüfen. Dabei sind allein die somatischen
Auswirkungen massgebend.

7.3.1. Die Versicherte hatte innerorts beim Linksabbiegen den Vortritt eines
Lieferwagens missachtet und kollidierte mit diesem seitlich. Der Lieferwagen
war vor dem Aufprall mit etwa 50 km/h gefahren; beim Unfall wurde die
Frontscheibe und die vordere Stossstange beschädigt sowie die Kühlerhaube
eingedrückt. Die Versicherte hatte beim Unfall einen Helm getragen; an ihrem
Mofa wurde durch die Kollision insbesondere die Gabel gebrochen, die Federbeine
und der Rahmen verzogen (Polizeirapport vom 17. September 2008). Mit der
Vorinstanz ist dieses Ereignis gestützt auf die von ihr angeführte
Rechtsprechung (Urteil 8C_137/2014 vom 5. Juni 2014 E. 6.1, Urteil 8C_621/2011
vom 31. Januar 2012 E. 3.4.3 und Urteil 8C_949/2009 vom 4. Mai 2009 E. 4.1) als
Unfall im eigentlich mittleren Bereich zu qualifizieren.

7.3.2. Bei einem mittelschweren Unfall im engeren Sinn ist die Adäquanz zu
bejahen, wenn von den massgebenden sieben Kriterien mindestens drei vorliegen
oder eines in besonders ausgeprägter Art gegeben ist (SVR 2010 UV Nr. 25 S.
100, 8C_897/2009).

7.3.3. Die Vorinstanz hat das Merkmal der besonders dramatischen Umstände oder
der besonderen Eindrücklichkeit höchstens in einfacher Weise bejaht. Gestützt
auf die bundesgerichtliche Praxis, wonach jedem mittelschweren Unfall eine
gewisse Eindrücklichkeit zukommt, die erlittenen Verletzungen und der
Heilungsverlauf nicht in die Beurteilung des Kriteriums einbezogen werden und
ein grundsätzlich objektiver Massstab gilt, ist das Merkmal beim vorliegenden
Unfallgeschehen nicht erfüllt, ungeachtet davon, ob die Versicherte sich nun an
den Unfall zu erinnern vermag (vgl. psychiatrisches Teilgutachten der MEDAS vom
20. September 2012) oder nicht (vgl. etwa den Polizeirapport vom 17. September
2008, oder das Gutachten des Dr. med. M.________ vom 6. März 2009, und das
neurologisches Teilgutachten der MEDAS vom 25. Juni 2012; vgl. zum Ganzen das
von der Vorinstanz bereits zitierte Urteil 8C_137/2014 vom 5. Juni 2014 E. 7.1
mit weiteren Hinweisen sowie das Urteil 8C_137/2013 vom 4. Juli 2013 E. 7, wo
bei einer sich ausserorts ereigneten Frontalkollision eines Mofalenkers mit
einem entgegenkommenden Personenwagen, bei welcher das Mofa 10 m
weggeschleudert wurde und beide Fahrzeuge Totalschaden erlitten, das Kriterium
ebenfalls verneint wurde, und die Beispiele bei Rumo-Jungo/Holzer, Bundesgesetz
über die Unfallversicherung, 4. Aufl. 2012, S. 69 ff.).
Zutreffend ist hingegen die Verneinung des Kriteriums der besonderen Art oder
Schwere der Verletzung. Entgegen der Ansicht der Versicherten spielen die
psychischen Beschwerden keine Rolle. Die von ihr geltend gemachten
epileptischen Anfälle werden denn auch sowohl vom Spital H.________ (Bericht
vom 24. September 2008) als auch vom Zentrum I.________ (Berichte vom 5. Januar
2011 und vom 28. September 2012) sowie gemäss dem MEDAS-Gutachten vom 12.
Dezember 2012 als psychogen bezeichnet und sind demnach in diesem Zusammenhang
nicht weiter zu berücksichtigen. Auch waren die - zwar nicht unerheblichen -
somatischen Verletzungen am Bewegungsapparat infolge ihrer Art oder Schwere
erfahrungsgemäss nicht geeignet, psychische Fehlentwicklungen auszulösen.
Das Kriterium der ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung der
somatischen Verletzungen ist mit der Vorinstanz zu verneinen. Wie das kantonale
Gericht zutreffend ausführt, reichen nach bundesgerichtlicher Praxis für die
Bejahung dieses Merkmals ärztliche Verlaufskontrollen, medikamentöse Behandlung
sowie Physiotherapie nicht aus. Zudem war die Versicherte ein Jahr nach dem
Unfall aus somatischer Sicht in einer adaptierten Tätigkeit wieder voll
arbeitsfähig (MEDAS-Gutachten vom 12. Dezember 2012). Die später erfolgte
Operation zur Entfernung des Osteosynthesematerials verlief planmässig und
verursachte nur vorübergehende Arbeitsunfähigkeit (vgl. Bericht der Klinik
K.________ vom 26. März 2010, sowie das MEDAS-Gutachten vom 12. Dezember 2012),
so dass auch damit nicht eine ungewöhnlich lange Dauer einer planmässigen
ärztlichen Behandlung erwiesen ist. Die geltend gemachten stationären
Aufenthalte vermögen das Kriterium ebenfalls nicht zu erfüllen, zumal nach
Entlassung aus der Rehaklinik G.________ zweieinhalb Monate nach dem Unfall nur
gerade der Spitalaufenthalt zur Entfernung des Osteosynthesematerials somatisch
bedingt waren.
Bezüglich des Merkmals der körperlichen Dauerbeschwerden wird ärztlicherseits
festgehalten, die geltend gemachten Schmerzen seien nicht eindeutig
nachvollziehbar (vgl. die orthopädischen, rheumatologischen und neurologischen
Teilgutachten der MEDAS). Ob dennoch mit der Vorinstanz dieses Kriterium
insgesamt bejaht werden kann, kann letztlich offen bleiben, da es jedenfalls
nicht in ausgeprägter Form vorliegt.
Eine ärztliche Fehlbehandlung ist nicht ersichtlich und wird auch von der
Versicherten nicht geltend gemacht.
Das Kriterium des schwierigen Heilungsverlaufs und der erheblichen
Komplikationen ist ebenfalls nicht gegeben. Denn dafür bedarf es besonderer
Umstände, die hier jedoch nicht vorliegen; der Umstand, dass trotz
regelmässiger Therapie keine Beschwerdefreiheit erreicht wurde, reicht etwa
nicht aus (Urteil 8C_318/2013 vom 18. September 2013 E. 5.4 mit Hinweis).
Die Versicherte war ein Jahr nach dem Unfall aus somatischer Sicht in einer
adaptierten Tätigkeit wieder voll arbeitsfähig. Die nachfolgende
Arbeitsunfähigkeit infolge der Osteosynthesematerialentfernung war
vorübergehender Natur und fällt hier deshalb nicht ins Gewicht. Damit ist auch
das Kriterium von Grad und Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit
nicht gegeben.

7.3.4. Nach dem Gesagten liegt höchstens eines der massgebenden Kriterien in
nicht besonders ausgeprägter Weise vor. Der adäquate Kausalzusammenhang
zwischen den psychischen Beschwerden und dem Ereignis vom 27. August 2008 ist
demnach zu verneinen.

7.4. Nachdem die psychischen Beschwerden nicht adäquatkausal sind, ist die
psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Invaliditätsbemessung nicht
zu berücksichtigen. Damit hat es bei der vorinstanzlich festgesetzten Rente
infolge der somatisch bedingten Arbeitsunfähigkeit sein Bewenden, zumal die
Versicherte dagegen keine konkreten Rügen vorbringt und sich in den Akten keine
Anhaltspunkte finden, wonach dies offensichtlich unzutreffend wäre.

8. 
Angesichts der fehlenden Kausalität der nach Fallabschluss per 31. Dezember
2012 noch geklagten psychischen Beschwerden besteht kein Anspruch auf eine
Leistung des Unfallversicherers in Form einer Integritätsentschädigung (BGE 129
V 177 E. 3.2 S. 181 mit Hinweis).

9. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Die unterliegende Versicherte hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Infolge Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG) werden diese jedoch
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen und ihrem Anwalt wird eine
Entschädigung aus der Gerichtskasse bezahlt. Die Versicherte hat jedoch Ersatz
zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). Die
Zürich hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt Massimo Aliotta wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4. 
Dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin wird aus der Bundesgerichtskasse
eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. Juni 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold

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