Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.102/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]             
8C_102/2016    {T 0/2}     

Urteil vom 16. Juni 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung,
Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roger Peter,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 21. Dezember 2015.

Sachverhalt:

A. 
Die 1958 geborene und seit dem Jahre 2009 als selbstständige
Werbeartikelverkäuferin im Aussendienst tätige A.________ meldete sich am 4.
April 2013 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle
des Kantons Zürich klärte den erwerblichen und den medizinischen Sachverhalt
unter anderem mittels eines internistisch-rheumatologischen Gutachtens der Dr.
med. und Dr. sc. nat. ETH B.________, Fachärztin für Innere Medizin FMH spez.
Rheumaerkrankungen, vom 28. August 2014 ab. Mit Verfügung vom 7. Juli 2015
sprach die IV-Stelle der Versicherten für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis 30.
April 2014 eine ganze Invalidenrente zu.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess eine dagegen erhobene
Beschwerde in dem Sinne gut, als es die Sache zur weiteren Abklärung und neuen
Verfügung über den Anspruch auf eine Rente ab April 2015 zurückwies. Im übrigen
wies es die Beschwerde ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides habe die
Beschwerdegegnerin, eventualiter die Vorinstanz, den Sachverhalt
polydisziplinär abzuklären und über ihren Anspruch auf eine Invalidenrente ab
1. Mai 2014 neu zu verfügen.
Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1. 

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97   Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit bzw. deren Veränderung in einem bestimmten Zeitraum handelt es
sich grundsätzlich um Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Gleiches
gilt für die konkrete Beweiswürdigung (Urteil 9C_204/2009 vom 6. Juli 2009 E.
4.1, nicht publ. in BGE 135 V 254, aber in: SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164). Dagegen
sind die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln
nach Art. 61 lit. c ATSG Rechtsfragen.

2.

2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist vorab
zulässig gegen Endentscheide, welche das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG),
und gegen Teilentscheide im Sinne von Art. 91 BGG. Zwischenentscheide sind -
abgesehen von Entscheiden über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren
(Art. 92 BGG) - nur dann (ausnahmsweise) anfechtbar, wenn sie einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können, oder wenn die Gutheissung der
Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden
Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde
(Art. 93 Abs. 1 lit. a und b BGG). Es obliegt der beschwerdeführenden Partei
darzutun, dass die Eintretensvoraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt
sind, es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu in die Augen (BGE 133 III
629       E. 2.3.1 S. 632 und E. 2.4.2 S. 633; Urteil 5A_422/2013 vom 8. August
2013 E. 4.1).

2.2. Ein Rückweisungsentscheid schliesst das Verfahren rechtsprechungsgemäss
nicht ab und ist somit nach der Regelung des BGG kein Endentscheid. Das
kantonale Gericht hat die Beschwerde der Versicherten gemäss Dispositiv-Ziffer
1 seines Entscheides insoweit im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen,
als es in Abänderung der Verfügung vom 7. Juli 2015 festhält, die
Beschwerdegegnerin habe den Gesundheitszustand ab April 2015 weiter abzuklären
und danach über den Anspruch auf eine Rente ab jenem Zeitpunkt neu zu verfügen.
Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich somit, soweit die Rentenfrage ab
April 2015 betreffend, um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1
BGG. Streitig und zu prüfen ist demnach letztinstanzlich einzig die Frage, ob
im Zeitraum vom 1. Mai 2014 bis 31. März 2015 Anspruch auf eine Invalidenrente
bestand und in diesem Zusammenhang, ob der rechtserhebliche Sachverhalt für
jenen Zeitraum genügend abgeklärt worden ist.

3. 
Im angefochtenen Entscheid sind die Bestimmungen und Grundsätze zu den
Begriffen Invalidität und Erwerbsunfähigkeit, zum Anspruch auf eine
Invalidenrente, zur Aufgabe von Arzt und Ärztin bei der Invaliditätsbemessung,
zu den Voraussetzungen für eine rückwirkend ergangene befristete Invalidenrente
und die dafür vorausgesetzten Revisionsgründe (BGE 134 V 131 E. 3 S. 132; 133 V
263) sowie zur Beweiswürdigung, namentlich bezüglich ärztlicher Berichte und
Gutachten, zutreffend dargelegt. Hervorzuheben ist, dass die Beurteilung
sozialversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche verlässlicher medizinischer
Entscheidungsgrundlagen bedarf. Hinsichtlich des Beweiswertes eines
Arztberichtes ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend
ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden
berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in
der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der
medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten
begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232 mit Hinweis). Im Verwaltungs- und
im kantonalen Beschwerdeverfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs.
1, Art. 61 lit. c ATSG).

4. 

4.1. Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin von April 2012 bis Ende
Oktober 2013 in jeglicher Tätigkeit vollumfänglich arbeitsunfähig war. Das
kantonale Gericht erwog darüber hinaus, bezüglich des jenem Zeitpunkt folgenden
Gesundheitszustandes und der daraus resultierenden Arbeitsfähigkeit könne auf
das voll beweiswertige Gutachten der Dr. med. B.________ vom 28. August 2014
abgestellt werden. Demnach sei die Versicherte ab November 2013 zu 70 % und ab
dem 19. Januar 2014 zu 100 % in einer angepassten Tätigkeit arbeitsfähig
gewesen. Die abweichenden Beurteilungen und Einschätzungen der behandelnden
Ärzte könnten daran nichts ändern. Entsprechend sei von einer Verbesserung der
Arbeitsfähigkeit und der Zumutbarkeit einer vollen Tätigkeit in einer
angepassten Stelle auszugehen, womit die Befristung des Rentenanspruchs per
Ende April 2014 zu Recht erfolgt sei. Indessen sei die im Frühjahr 2015 - und
damit vor Erlass der Rentenverfügung vom 7. Juli 2015 - erfolgte erneute
Verschlechterung des Gesundheitszustandes von der IV-Stelle zu Unrecht nicht
berücksichtigt und gewürdigt worden. Diese habe daher die erforderlichen
medizinischen Abklärungen zu treffen und über den (eventuell) erneuten
Rentenanspruch der Beschwerdeführerin neu zu verfügen.

4.2. In der Beschwerde werden Einwände gegen die Beurteilung der körperlichen
Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit erhoben. Die
Versicherte sei gutachterlich nur internistisch-rheumatologisch und nicht
hinsichtlich ihrer sämtlichen Beschwerden untersucht worden. Es fehle an einem
polydisziplinären (neurologischen, wirbelsäulenchirurgischen, kardiologischen
und [schmerz-]psychiatrischen) Gutachten. Im weiteren habe sich die Gutachterin
nicht mit der anderslautenden Einschätzung der Arbeitsfähigkeit durch den
behandelnden Wirbelsäulenchirurgen, Dr. med. C.________, auseinandergesetzt.
Indem die Vorinstanz trotzdem auf das Gutachten der Dr. med. B.________
abgestellt habe, habe sie den Untersuchungsgrundsatz und damit Bundesrecht
verletzt. Eine polydisziplinäre Begutachtung hätte gezeigt, dass sich der
Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin bereits im Sommer 2014 und nicht erst
ab April 2015 wieder verschlechtert habe.

5. 

5.1. Die Tatsachenfeststellung des kantonalen Gerichts, namentlich die aus den
medizinischen Akten gewonnene Erkenntnis, wonach ab Januar 2014 eine volle
Arbeits- und Leistungsfähigkeit in einer körperlich angepassten Tätigkeit
bestand, ist im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich. Im Rahmen
der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es nicht
Aufgabe des Bundesgerichts, die schon im vorinstanzlichen Verfahren im Recht
gelegenen medizinischen Berichte neu zu würdigen und die rechtsfehlerfreie
Sachverhaltsfeststellung des kantonalen Gerichts hinsichtlich der medizinisch
begründeten Einschränkung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz
gesundheitlicher Einschränkungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit zu korrigieren.

5.2. Die Beschwerdeführerin bringt nichts vor, was die auf konkreter
Beweiswürdigung beruhenden und damit für das Bundesgericht verbindlichen (vgl.
E. 1 hievor) vorinstanzlichen Feststellungen als offensichtlich unrichtig oder
sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen liessen:

5.2.1. Die Kritik der Versicherten, das Gutachten sei unvollständig, es fehle
an einer polydisziplinären Expertise und Dr. med. B.________ habe sich mit
ihren Beschwerden nicht genügend befasst, ist unbegründet. Die Vorinstanz hat
sich damit bereits ausführlich auseinandergesetzt (E. 4). Es kann darauf
verwiesen werden.

5.2.2. Auch soweit die Beschwerdeführerin rügt, die Gutachterin habe ihr nach
ihrer Hospitalisation auf Grund kardiologischer Probleme ab dem 13. August 2014
gleichzeitig eine volle Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit und
eine volle Arbeitsunfähigkeit attestiert, kann nur von einer fehlerhaften
Interpretation der Expertise gesprochen werden. Das Verbot, Sport zu betreiben,
ist nicht mit einer Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen. Ein Widerspruch besteht
ebenso wenig wie konkrete Indizien, welche gegen die Zuverlässigkeit des als
rechtserheblich anerkannten Gutachtens vom 28. August 2014 sprechen würden. Die
Vorinstanz hat den Untersuchungsgrundsatz nicht verletzt.

5.2.3. Schliesslich hat das kantonale Gericht die Berichte der behandelnden
Ärzte im Zeitraum von Ende November 2014 bis Ende April 2015 gewürdigt. Es ist
zum Schluss gelangt, der Gesundheitszustand der Versicherten sei ab April 2015
nicht mehr genügend abgeklärt. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwieweit
die vorinstanzlichen Feststellungen hinsichtlich des Zeitpunktes einer
möglichen erneuten Verschlechterung offensichtlich unrichtig sein sollen. Die
Beschwerde ist unbegründet.

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. Juni 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer

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