Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 2D.41/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2D_41/2016

Urteil vom 20. Januar 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Departement Bildung, Kultur und Sport des Kantons Aargau,
Regierungsrat des Kantons Aargau.

Gegenstand
Nichtbestehen des Qualifikationsverfahrens 2015 im Beruf Fachfrau Gesundheit
EFZ,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 3.
Kammer, vom 6. Oktober 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________ besuchte in den Jahren 2012 bis 2014 die Nachholbildung Fachfrau
Gesundheit (FaGe) sowie den allgemein bildenden Unterricht für Erwachsene an
der Berufsfachschule Gesundheit und Soziales in U.________. Nachdem sie an den
Prüfungen 2014 gescheitert war, wiederholte sie das Qualifikationsverfahren
ohne Schulbesuch 2015 in den Fächern "Allgemeinbildung" und "Berufskenntnisse".
Das Departement Bildung, Kultur und Sport, Abteilung Berufsbildung und
Mittelschule, des Kantons Aargau teilte ihr am 15. Juni 2015 mit, dass ihr das
Eidgenössische Fähigkeitszeugnis wiederum nicht erteilt werden könne, da ihre
Gesamtnote mit 3.8 erneut ungenügend ausgefallen sei (praktische Arbeit: 4.0
[Gewichtung fünffach], Berufskenntnisse 3.5 [Gewichtung dreifach],
Allgemeinbildung 3.5 [Gewichtung zweifach], Gesamtnote: 3.8; vgl. Art. 16 der
auf den 1. Januar 2017 aufgehobenen Verordnung vom 13. November 2008 des
Staatssekretariats für Berufsbildung, Forschung und Innovation [SBFI] über die
berufliche Grundbildung Fachfrau/Fachmann Gesundheit mit eidgenössischem
Fähigkeitsausweis [EFZ]; AS 2008 5963).

B. 
Im Rahmen der kantonalen Beschwerdeverfahren erhöhte das Departement Bildung,
Kultur und Sport, Abteilung Berufsbildung und Mittelschule, des Kantons Aargau
die Punktzahl von A.________ nach erneuter Durchsicht der Prüfungsunterlagen im
Fach "Berufskenntnisse" von 75 auf 80 Punkte. Um eine genügende Note zu
erreichen, hätte sie 11.5 zusätzliche Punkte erzielen müssen. Der Regierungsrat
gewährte A.________ in seinem Beschluss vom 23. März 2016 zwei weitere Punkte,
was indessen immer noch nicht ausreichte, um auf die für eine genügende Note
erforderlichen 86.5 Punkte zu kommen. Mit Urteil vom 6. Oktober 2016 wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau die von A.________ gegen den
regierungsrätlichen Entscheid eingereichte Beschwerde ab. Es verneinte, dass
weitere von ihr als ebenfalls richtig geltend gemachte Antworten den
Beurteilungsspielraum, welcher den Fachexperten bei Prüfungsentscheiden
zusteht, überschritten hätten und rechtsfehlerhaft als falsch bzw. ungenügend
bewertet worden seien.

C. 
Am 28. Oktober 2016 ersuchte A.________ das Bundesgericht, ihr die
Beschwerdefrist zur Anfechtung des Urteils des Verwaltungsgerichts zu
verlängern. Sie wurde am 31. Oktober 2016 darauf hingewiesen, dass dies nicht
möglich sei (vgl. Art. 47 Abs. 1 BGG). A.________ beantragte in der Folge am 5.
November 2016, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 6.
Oktober 2016 und den Beschluss des Regierungsrats des Kantons Aargau vom 23.
Mai 2016 aufzuheben. Am 11. November 2016 liess der Abteilungspräsident die
kantonalen Akten einholen. Am 6. Dezember 2016 ergänzte A.________ ihre Eingabe
mit zusätzlichen Ausführungen.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist der Entscheid eines letztinstanzlichen oberen kantonalen
Gerichts (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG) in einer Angelegenheit des
öffentlichen Rechts; hiergegen steht in der Regel als ordentliches Rechtsmittel
die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a BGG)
offen. Diese ist gemäss Art. 83 lit. t BGG indessen gegen Entscheide über das
Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen ausgeschlossen,
namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der
Berufsausübung. Nicht jeder Entscheid, der sich auf eine Prüfung bezieht, fällt
jedoch unter den Ausschlussgrund von Art. 83 lit. t BGG: Dieser erfasst nur
Prüfungsergebnisse im eigentlichen Sinn sowie Entscheide, die auf einer
Bewertung der intellektuellen oder physischen Fähigkeiten einer Kandidatin oder
eines Kandidaten beruhen, nicht aber auch andere im Zusammenhang mit Prüfungen
oder Fähigkeitsbewertungen stehende Aspekte (BGE 136 I 229 E. 1 S. 231; s. auch
BGE 138 II 42 E. 1.1 und 1.2 S. 44 f.). Sind organisatorische Belange strittig
(z.B. Prüfungserleichterungen für Behinderte [Urteil 2D_7/2011 vom 19. Mai 2011
E. 1.2; s. auch Urteil 2C_930/2011 vom 1. Mai 2012 E. 1.1]) oder geht es um das
Nichtbestehen von Prüfungen wegen unehrlichen Verhaltens (Urteil 2C_306/2012
vom 18. Juli 2012 E.1.2) bzw. wird eine Prüfung wegen (ungenügend
entschuldigtem) Nichtantreten als gescheitert gewertet (Urteil 2D_57/2009 vom
3. Dezember 2009 E. 1.2), gilt der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. t BGG
nicht. Da im vorliegenden Fall die Beurteilung eigentlicher Prüfungsleistungen
Verfahrensgegenstand bildet, ist die Eingabe als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen und zu behandeln (vgl. die Urteile
2C_1149/2015 vom 29. März 2016 E. 1 und 2D_31/2014 vom 22. April 2014 E. 2.2).
Der Beschluss des Regierungsrats vom 23. März 2016 bildet vor Bundesgericht
nicht Anfechtungsobjekt und kann lediglich inhaltlich im Rahmen des kantonal
letztinstanzlichen richterlichen Entscheids (mit) beanstandet werden; es ist
deshalb zum Vornherein auf den Antrag nicht einzutreten, auch jenen aufzuheben
(vgl. Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144
[Devolutiveffekt]).

1.2. Nach Art. 100 Abs. 1 BGG ist die Beschwerdeschrift beim Bundesgericht -
von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - innert 30 Tagen nach der
Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des angefochtenen Entscheids
einzureichen. Die Beschwerdeführerin hat das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Aargau vom 6. Oktober 2016 am 13. Oktober 2016 in Empfang genommen,
womit die Beschwerdefrist am 14. Oktober 2016 zu laufen begann und am Montag,
14. November 2016, endete. Die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 5. November
2016 (Postaufgabe: 10. November 2016) erfolgte rechtzeitig. Dies gilt indessen
nicht für ihr ergänzendes Schreiben vom 6. Dezember 2016; soweit sie darin
versucht, ihre Beschwerdebegründung zu ergänzen, ist auf die entsprechenden
Ausführungen, weil verspätet, nicht weiter einzugehen.

1.3.

1.3.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Vorbringen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Die Verletzung von
Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht muss in
Auseinandersetzung mit den Erwägungen im angefochtenen Entscheid
verfassungsbezogen qualifiziert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139
I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246).

1.3.2. Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Eingabe vom 5./10. November 2016
vorab in allgemeiner Weise geltend, der negative Prüfungsentscheid sei
willkürlich, verletze den Anspruch auf Treu und Glauben sowie jenen auf
rechtliches Gehör und wirksamen Rechtsschutz. Soweit sich ihre Ausführungen in
appellatorischer Kritik erschöpfen, ohne sich in grundrechtlicher Hinsicht mit
den Darlegungen der Vorinstanz zum Prüfungsresultat von 2015 detailliert
auseinanderzusetzen und zu erklären, inwiefern dieses Verfassungsrecht
missachtet, ist auf ihre Einwände nicht weiter einzugehen: Das gilt etwa,
soweit sie geltend macht, die Einsichtnahme in die Prüfungsunterlagen 2014 sei
nicht "vorbereitet" gewesen, oder sie darauf hinweist, dass ihr in der Prüfung
von 2014 6 Punkte und in der Prüfung 2015 deren 4 gefehlt hätten, sodass bei
einer korrekten und willkürfreien Bewertung die Prüfungen wegen deren
"schlechter Qualität" als bestanden zu gelten hätten. Soweit sie kritisiert,
die Fachexpertin habe bei der Qualifikationsprüfung 2015 nach ihrem Erscheinen
den Raum zur Einsichtnahme in die Akten wegen einer dringlichen Angelegenheit
"sofort" wieder verlassen, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf und ist nicht
ersichtlich, inwiefern ihre Verfahrensrechte dadurch verletzt worden wären, hat
sie doch in Kenntnis aller einschlägigen Unterlagen ihren Standpunkt wirksam in
die weiteren kantonalen Verfahren einbringen können, was die dort vorgenommenen
Korrekturen belegen.

2.

2.1. Hat das Bundesgericht auf eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde hin die
Bewertung von Prüfungsleistungen zu beurteilen, auferlegt es sich eine gewisse
Zurückhaltung. Es schreitet als Verfassungsgericht bei Prüfungsentscheiden nur
ein, falls sich die Behörde von sachfremden oder sonst wie unhaltbaren
Erwägungen hat leiten lassen, sodass ihr Entscheid unter rechtsstaatlichen
Gesichtspunkten als nicht mehr vertretbar und damit willkürlich erscheint (BGE
136 I 229 E. 6.2 S. 238; 131 I 467 E. 3.1 S. 473 mit Hinweisen; Urteile 2D_6/
2013 vom 19. Juni 2013 E. 1.5; 2D_34/2012 vom 26. Oktober 2012 E. 1.3; 2D_11/
2011 vom 2. November 2011 E. 4.1 und 4.2 in fine). Nach der Rechtsprechung
verletzt es kein Bundes (verfassungs) recht und insbesondere nicht die
Rechtsweggarantie von Art. 29 Abs. 1 BV, wenn die kantonalen richterlichen
Behörden sich ihrerseits bei der Beurteilung von Prüfungsentscheiden ebenfalls
eine gewisse Zurückhaltung auferlegen (vgl. das Urteil 2D_11/2011 vom 2.
November 2011 E. 4.1). Das Rechtsmittelverfahren kann nicht dazu dienen, die
Prüfung zu wiederholen bzw. die gegebenen Antworten nachträglich so umzudeuten,
dass sie möglichst weitgehend der Musterlösung entsprechen; die Würdigung der
erbrachten Prüfungsleistungen obliegt in erster Linie den fachkundigen
Examinatoren (vgl. die Urteile 2D_6/2013 vom 19. Juni 2013 E. 3.2.2 und 2D_11/
2011 vom 2. November 2011 E. 4.2, je mit weiteren Hinweisen).

2.2. Bei der vorliegend umstrittenen Prüfung ging es um Fachfragen im
Pflegebereich. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die zur Korrektur
dienenden Musterlösungen seien zu strikt angewendet worden, kann ihr nicht
gefolgt werden: Die Musterlösungen dienen dazu, die Leistungen der
Prüfungskandidatinnen und -kandidaten nach einem einheitlichen Massstab zu
beurteilen; sie fördern die rechtsgleiche Behandlung der zu prüfenden Personen.
Bei der Frage, welche Teile der Musterlösung mit wie vielen Punkten zu bewerten
und ob allenfalls für Antworten, welche die Musterlösung nicht vorsieht,
Zusatzpunkte zu vergeben sind, steht den Examinatoren ein grosser
Ermessensspielraum zu (Urteil 2P.252/2003 vom 3. November 2003 E. 9.3). Im
Rahmen des regierungsrätlichen Beschwerdeverfahrens wurde dieser mit
zusätzlichen Punkten zugunsten der Beschwerdeführerin genutzt, ohne dass dies
dazu geführt hätte, ihre Leistungen insgesamt als genügend qualifizieren zu
können.

2.3. Wenn das Verwaltungsgericht keine zusätzlichen Korrekturen vornahm, ist
dies weder offensichtlich unhaltbar noch anderweitig verfassungswidrig: Seine
detaillierten Ausführungen zu den verschiedenen bei ihm noch strittigen Fragen
sind nachvollziehbar und stützen sich auf sachliche Gründe. Wie das Gericht
zutreffend festgestellt hat, darf die Punktvergabe vom Gebrauch bestimmter
Fachbegriffe abhängig gemacht werden; auch die Einschätzung der Experten und
der Vorinstanz, wonach die Antworten der Beschwerdeführerin teils
widersprüchlich, teils zu allgemein gehalten gewesen seien und sie die
Fragestellung nicht immer richtig erfasst habe, ist aufgrund der Akten
verfassungsrechtlich haltbar.

2.4. Hieran ändert nichts, dass gewisse Prüfungsaufgaben allenfalls auch anders
oder klarer hätten formuliert werden können bzw. nach Ansicht der
Beschwerdeführerin müssen. Entgegen ihren Einwänden kann sie nichts daraus
ableiten, dass die Prüfungsverfahren regelmässig analysiert werden und - in
allgemeiner und nicht auf die konkrete Prüfung bezogener Weise - dabei auch
schon festgehalten wurde, dass bezüglich des Detaillierungsgrads der geprüften
Situationen bzw. deren chronologischen Aufbaus künftig noch
Optimierungspotential besteht. Die Beschwerdeführerin vermag mit ihren
Ausführungen auch diesbezüglich nicht darzutun, dass sich die Vorinstanz (bzw.
die anderen kantonalen Behörden) in den noch strittigen Punkten von sachfremden
oder sonst ganz offensichtlich unhaltbaren Erwägungen hätten leiten lassen oder
es zu ergebnisrelevanten Verfahrensfehlern gekommen wäre; nur in diesem Fall
könnte das Bundesgericht gestützt auf das Verfassungsrecht zugunsten der
Beschwerdeführerin in die Bewertung ihrer Prüfungsleistungen eingreifen (vgl.
oben E. 2.1).

3.

3.1. Die Beschwerde kann im Verfahren nach Art. 109 BGG abgewiesen werden,
soweit darauf einzutreten ist. Ergänzend zur vorliegenden Urteilsbegründung
wird auf die Ausführungen zu den einzelnen Bewertungen im angefochtenen
Entscheid verwiesen (vgl. Art. 109 Abs. 3 BGG).

3.2. Dem Verfahrensausgang entsprechend hat die unterliegende
Beschwerdeführerin die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (vgl. Art. 66 Abs.
1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 Abs. 3
BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Januar 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar

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