Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.947/2016
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_947/2016        

Urteil vom 17. März 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd, Stadelmann,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Fürsprecherin Sandra Künzi,

gegen

Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern,

Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern. 

Gegenstand
Einleitung eines Verfahrens auf Aufenthaltsbewilligung im Familiennachzug,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin, vom 30. August 2016.

Sachverhalt:

A.
Der pakistanische Staatsangehörige A.________ (geb. 1989) reiste am 7. August
2013 in die Schweiz ein und ersuchte um Asyl. Am 17. März 2015 wies das
Staatssekretariat für Migration sein Asylgesuch ab und wies ihn unter Ansetzung
einer bis zum 12. Mai 2015 laufenden Ausreisefrist aus der Schweiz weg. Diese
Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft. A.________ ist der
Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen. Am 10. April 2015 heiratete er
die hier aufenthaltsberechtigte äthiopische Staatsangehörige B.________ (geb.
1980), welche aus einer früheren Beziehung zu einem heute eingebürgerten
Schweizer zwei Kinder mit Schweizer Bürgerrecht (geb. 2006 und 2008) hat. Am
30. Juni 2016 ging aus der Ehe zwischen A.________ und B.________ eine Tochter
hervor.

B.
Am 11. Dezember 2015 ersuchte B.________ um Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung an ihren Ehemann, von dem sie damals das Kind erwartete.
Mit Verfügung vom 22. Dezember 2015 trat das Amt für Migration und
Personenstand des Kantons Bern auf das Nachzugsgesuch nicht ein.

C.
Diese Verfügung wurde auf Beschwerde hin von der Polizei- und Militärdirektion
des Kantons Bern (Entscheid vom 11. März 2016) und vom Verwaltungsgericht des
Kantons Bern (Urteil vom 30. August 2016) bestätigt, wobei das
Verwaltungsgericht auch das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abwies.

D.
A.________ und B.________ erheben mit Eingabe vom 3. Oktober 2016 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht mit dem Antrag, in
Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Polizei- und Militärdirektion
des Kantons Bern anzuweisen, dem Beschwerdeführer 1 eine Aufenthaltsbewilligung
zum Verbleib bei seiner Ehefrau zu erteilen. Eventualiter sei die Sache zur
neuen Beurteilung an die genannte Direktion zurückzuweisen. Zudem beantragen
sie Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege vor der Vorinstanz und vor
Bundesgericht.
Das Verwaltungsgericht und die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern
beantragen Abweisung der Beschwerde. Das Amt für Migration und Personenstand
verzichtet auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den
kantonal letztinstanzlichen Endentscheid in einer Angelegenheit des
öffentlichen Rechts ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art.
90 BGG), da die Beschwerdeführer in vertretbarer Weise einen Anspruch auf
Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 8 EMRK geltend machen (Art. 83 lit. c
Ziff. 2 BGG e contrario; Urteil 2C_349/2011 vom 23. November 2011 E. 1.3, nicht
publ. in: BGE 137 I 351); sie sind als abgewiesene Gesuchsteller zur Beschwerde
legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).

1.2. Streitgegenstand vor Bundesgericht kann allerdings nur sein, was bereits
vor der Vorinstanz Streitgegenstand war (Art. 99 Abs. 2 BGG). Ausgangspunkt des
Streits ist, dass das Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern
unter Berufung auf Art. 14 Abs. 1 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG; SR
142.31) auf das Familiennachzugsgesuch der Beschwerdeführer nicht eingetreten
ist; nur dieser Nichteintretensentscheid bzw. der diesen bestätigende Entscheid
der Polizei- und Militärdirektion wurde vom Verwaltungsgericht beurteilt
(angef. Urteil E. 1.3, E. 2). Der vor Bundesgericht gestellte Hauptantrag auf
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ist deshalb unzulässig (Urteil 2C_647/
2016 vom 2. Dezember 2016 E. 1.2 m.H.). Einzutreten ist jedoch auf den
Eventualantrag, die Sache sei zur neuen Beurteilung (d.h. zum Eintreten auf das
Gesuch) an die Direktion (recte: das Amt) zurückzuweisen.

2.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen oder auf Rüge hin
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1,
Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführer bringen zwar in ihrer Beschwerde
eingangs vor, sie würden eine offensichtlich unrichtige Feststellung des
Sachverhalts rügen, doch legen sie nicht rechtsgenüglich dar, dass und
inwiefern der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt offensichtlich unrichtig
sein soll. Von diesem ist demnach auszugehen.

3.

3.1. Die Vorinstanz hat den Abweisungsentscheid der Polizei- und
Militärdirektion gegen die Nichteintretensverfügung des Amtes für Migration und
Personenstand unter Berufung auf Art. 14 Abs. 1 AsylG bestätigt. Diese
Bestimmung lautet:
Ab Einreichung des Asylgesuches bis zur Ausreise nach einer rechtskräftig
angeordneten Wegweisung, nach einem Rückzug des Asylgesuches oder bis zur
Anordnung einer Ersatzmassnahme bei nicht durchführbarem Vollzug kann eine
asylsuchende Person kein Verfahren um Erteilung einer ausänderrechtlichen
Aufenthaltsbewilligung einleiten, ausser es bestehe ein Anspruch auf deren
Erteilung.

Es ist unbestritten, dass gegenüber dem Beschwerdeführer 1 nach Abweisung
seines Asylgesuchs rechtskräftig eine Wegweisung angeordnet wurde, er aber
nicht ausgereist ist. Er kann daher kein Verfahren um Erteilung einer
ausländerrechtlichen Bewilligung einleiten "ausser es bestehe ein Anspruch auf
deren Erteilung" (frz. "A moins qu'il n'y ait droit"; ital. "a meno che non
abbia diritto al permesso medesimo"). Umstritten ist, ob ein solcher Anspruch
besteht.

3.2. Die Vorinstanz geht davon aus, ob ein solcher Anspruch bestehe, beurteile
sich im Rahmen des Eintretens nicht aufgrund einer umfassenden Prüfung des
geltend gemachten Aufenthaltsanspruchs; der Anspruch müsse offensichtlich sein,
um eine Ausnahme vom Grundsatz der Ausschliesslichkeit des Asylverfahrens zu
rechtfertigen. Die Beschwerdeführer sind demgegenüber der Auffassung, es
dürften an den Anspruch gemäss Art. 14 Abs. 1 AsylG keine strengeren
Anforderungen gestellt werden als im Rahmen von Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG; es
reiche das Vorliegen eines grundsätzlichen konventionsrechtlichen Anspruchs.
Zumindest müsse umfassend geprüft werden, ob ein Anspruch bestehe.

3.3. Art. 14 Abs. 1 AsylG legt den Grundsatz der Ausschliesslichkeit des
Asylverfahrens fest (BGE 128 II 200 E. 2.1 S. 202 ff.) und will diesen
gegenüber dem früheren Recht (Art. 12f des früheren Asylgesetzes vom 5. Oktober
1979 (aAsylG) noch verstärken (BGE 128 II 200 E. 2.2.1 S. 204). Nach der
Rechtsprechung ist eine Ausnahme von der Ausschliesslichkeit des Asylverfahrens
zumindest dann, wenn sich ein Gesuch nicht auf einen gesetzlichen
Bewilligungsanspruch, sondern ausschliesslich auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK stützt,
nur gerechtfertigt, wenn der Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung offensichtlich
besteht (BGE 137 I 351 E. 3.1 S. 354 f.; Urteile 2C_647/2016 vom 2. Dezember
2016 E. 3.1; 2C_1170/2013 vom 28. Juli 2014 E. 3.1; 2C_702/2011 vom 23. Februar
2012 E. 3.3.2; 2C_493/2010 vom 16. November 2010 E. 1.4; 2C_733/2008 vom 12.
März 2009 E. 5.1; 2A.673/2006 vom 18. Dezember 2006 E. 3.3; 2A.8/2005 vom 30.
Juni 2005 E. 3.1). Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn sich der
Gesuchsteller einzig auf sein Recht auf Privatleben beruft; es kann aber der
Fall sein, wenn es um den Schutz des Familienlebens geht, namentlich um die
Beziehungen zwischen Ehegatten zu schützen; das setzt allerdings voraus, dass
der Gesuchsteller mit einer Person verheiratet ist, die ihrerseits über ein
gefestigtes Aufenthaltsrecht verfügt, sei es das Schweizer Bürgerrecht oder
eine Niederlassungsbewilligung oder unter bestimmten Umständen eine
Aufenthaltsbewilligung, wenn es von vornherein klar erscheint, dass diese
dauerhaft verlängert werden wird (BGE 137 I 351 E. 3.1 S. 354 f.).

3.4. Es besteht kein Anlass, diese Rechtsprechung zu ändern: Der Sinn von Art.
14 Abs. 1 AsylG besteht darin, dass nicht parallel zwei Verfahren durchgeführt
werden. Die Regelung soll verhindern, dass Asylsuchende das Asylverfahren
verschleppen oder eine drohende Wegweisung hinauszögern, indem sie nach dem
negativen Asylentscheid zusätzlich um eine fremdenpolizeiliche
Aufenthaltsbewilligung nachsuchen (zit. Urteil 2A.8/2005 vom 30. Juni 2005 E.
3.1). Die Situation ist daher eine andere als im Rahmen der Eintretensprüfung
für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 83
lit. c Ziff. 2 BGG: Zwar hat die Botschaft zu Art. 14 AsylG auf die
bundesgerichtliche Praxis zum damaligen Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG
verwiesen (BBl 1996 II 48). Nach der damaligen Praxis prüfte das Bundesgericht
bereits im Rahmen des Eintretens das grundsätzliche Vorhandensein eines
Rechtsanspruchs (BGE 132 II 65 E. 1 S. 67; 130 II 281 E. 1 S. 283). Nach der
aktuellen Praxis genügt es jedoch für das Eintreten, wenn in vertretbarer Weise
ein Anspruch geltend gemacht wird; ob der Anspruch tatsächlich besteht, ist
Sache der materiellen Beurteilung (BGE 139 I 330 E. 1.1 S. 332). Es
rechtfertigt sich nicht, diese geänderte Eintretenspraxis des Bundesgerichts
analog auch auf das Eintreten im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 AsylG zu übertragen.
Beim Eintreten nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG geht es darum, den Weg zur
abschliessenden materiellen Beurteilung zu eröffnen, welche unterbliebe, wenn
das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht einträte. Die Situation im Rahmen
von Art. 14 Abs. 1 AsylG ist anders: Wird infolge des Grundsatzes der
Ausschliesslichkeit des Asylverfahrens auf das ausländerrechtliche Gesuch nicht
eingetreten, so bedeutet das lediglich, dass der betroffene Ausländer vorerst
ausreisen muss. Eine umfassende materielle Prüfung wird damit nicht
ausgeschlossen. Bloss muss der abgewiesene Asylbewerber, der um eine
ausländerrechtliche Bewilligung nachsuchen will, den Bewilligungsentscheid im
Ausland abwarten, gleich wie jeder andere Ausländer, der ein Gesuch um
Aufenthaltsbewilligung stellt. Es verhält sich analog wie bei einem Ausländer,
der für einen vorübergehenden Aufenthalt in die Schweiz eingereist ist und
nachträglich eine Bewilligung für einen dauerhaften Entscheid beantragt; auch
er hat den Entscheid grundsätzlich im Ausland abzuwarten (Art. 17 Abs. 1 AuG;
BGE 137 I 351 E. 3.8 S. 361). Damit soll verhindert werden, dass der
Gesuchsteller durch einen unbewilligten Aufenthalt in der Schweiz vollendete
Tatsachen schafft, die er bei rechtmässigem Verhalten nicht hätte schaffen
können, und dadurch privilegiert wird gegenüber demjenigen, der das korrekte
Verfahren einhält (BGE 139 I 37 E. 3.3.1 S. 44; Urteil 2C_303/2014 vom 20.
Februar 2015 E. 6.7.5).

3.5. Art. 8 EMRK wird dadurch nicht verletzt: Erweist sich im Rahmen der
nachfolgenden materiellen Prüfung, dass kein konventionsrechtlicher
Bewilligungsanspruch besteht, so konnte von vornherein ein solcher Anspruch
nicht verletzt sein. Ergibt die materielle Prüfung, dass ein Anspruch besteht,
so wird die Bewilligung erteilt werden und der erzwungene Aufenthalt im Ausland
war nur vorübergehend. Art. 8 EMRK gibt grundsätzlich keinen Anspruch auf
verfahrensrechtlichen Aufenthalt bis zum Entscheid (BGE 139 I 37 E. 3.5.1 S. 47
f.; Urteil 2C_493/2010 vom 16. November 2010 E. 1.2 m.w.H.) und hindert nicht,
dass der Bewilligungsentscheid im Ausland abgewartet werden muss. Eine Ausnahme
rechtfertigt sich dann, wenn die Zulassungsvoraussetzungen offensichtlich
erfüllt sind (Art. 17 Abs. 2 AuG), weil es in diesem Fall eine sinnlose
Schikane wäre, wenn der Betroffene vorerst ausreisen müsste (BGE 139 I 37 E.
2.2 S. 40 f.). Auch der vorfrageweise Entscheid über die
Aufenthaltsberechtigung im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 AsylG ist in diesem Sinne
vorläufiger Natur (zit. Urteil 2A.8/2005 vom 30. Juni 2005 E. 3.4.3 in fine).
Wie im Falle von Art. 17 Abs. 2 AuG (dazu BGE 139 I 37 E. 2.2 S. 40 f.) ist
deshalb auch über den Aufenthaltsanspruch im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 AsylG
nicht aufgrund einer umfassenden Prüfung, sondern nur in einer summarischen
Würdigung der Erfolgsaussichten zu entscheiden. Dementsprechend prüft auch das
Bundesgericht nicht vertieft und umfassend, ob ein Anspruch auf Bewilligung
besteht, sondern nur, ob die Vorinstanz zu Recht erwogen hat, die
Voraussetzungen seien nicht offensichtlich erfüllt.

4.
Bei der dargelegten rechtlichen Ausgangslage ist der angefochtene Entscheid
nicht zu beanstanden:

4.1. Der Beschwerdeführer 1 ist mit der Beschwerdeführerin 2 verheiratet und
hat mit ihr eine gemeinsame Tochter. Die Beschwerdeführerin 2 hat aber keine
Niederlassungsbewilligung, sondern bloss eine Aufenthaltsbewilligung. Der
Beschwerdeführer hat somit keinen gesetzlichen Anspruch auf
Aufenthaltsbewilligung, da Art. 44 AuG nur eine "Kann"-Formulierung enthält (
BGE 137 I 284 E. 1.2 S. 286 f.). Auch die gemeinsame Tochter hat ihrerseits
bloss eine Aufenthaltsbewilligung und kann dem Beschwerdeführer 1 kein
Aufenthaltsrecht vermitteln. Allerdings ist die Beschwerdeführerin 2 Mutter von
zwei weiteren Kindern mit Schweizer Bürgerrecht, die offenbar bei ihr leben.
Die Rechtsprechung hat aus Art. 24 und Art. 25 Abs. 1 BV i.V.m. Art. 8 EMRK
abgeleitet, dass der Elternteil, der für ein Kind mit Schweizer Bürgerrecht
sorgt, grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz hat, allerdings unter
Vorbehalt ordnungs- oder sicherheitspolizeilicher Gründe, die eine Verweigerung
der Bewilligung rechtfertigen (BGE 135 I 143 E. 4.1 S. 150 f.; 135 I 153 E. 2.2
S. 156 ff.; 136 I 285 E. 5.2 S. 287; 137 I 247 E. 4.2 S. 250 ff.). Sodann kann
nach der Rechtsprechung auch eine bloss aufenthaltsberechtigte ausländische
Person gestützt auf Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Familiennachzug geltend
machen, wenn sie ihrerseits einen gefestigten Anspruch auf
Aufenthaltsbewilligung hat und die Voraussetzungen von Art. 44 AuG erfüllt sind
(BGE 137 I 284 E. 2.6 S. 292 f.), wozu namentlich gehört, dass die Familie
nicht auf Sozialhilfe angewiesen ist (Art. 44 lit. c AuG). Ein Anspruch des
Beschwerdeführers 1 auf Aufenthaltsbewilligung kann sich somit nur aus
rechtsprechungsgemässer doppelter Ableitung ergeben: Einerseits abgeleitet aus
dem Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführerin 2, welche ihrerseits ihr
Aufenthaltsrecht aus ihrer elterlichen Sorge über zwei Kinder mit Schweizer
Bürgerrecht ableitet, alles jedoch unter Vorbehalt ordnungs- oder
sicherheitspolizeilicher Gründe bzw. Sozialhilfeabhängigkeit.

4.2. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Beschwerdeführerin 2 bereits vor
der Heirat mit dem Beschwerdeführer 1 und der Schwangerschaft
sozialhilfeabhängig war und auch aktuell samt ihren Kindern vom Sozialdienst
unterstützt wird. Zwar habe sie gemäss ihren Vorbringen nach der Heirat ihre
Arbeitsbemühungen verstärkt, doch seien weder für sie noch für den
Beschwerdeführer 1 konkrete Arbeitsbemühungen aktenkundig. Die Vorinstanz hat
sodann erwogen, für den Beschwerdeführer 2, der über keine Berufsausbildung
verfüge, würde es schwierig sein, eine Arbeitsstelle zu finden. Falls er in der
Schweiz bleiben dürfte, müsste voraussichtlich auch er im Rahmen der
Sozialhilfe unterstützt werden. Es sei zu befürchten, dass die Familie bzw. der
nachzuziehende Beschwerdeführer 1 (weiterhin) von der Sozialhilfe abhängig sein
werde. Es könne daher nicht von einem offensichtlichen Aufenthaltsanspruch die
Rede sein.

4.3. Die Beschwerdeführer rügen den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt
nicht rechtsgenüglich als offensichtlich unrichtig, so dass davon auszugehen
ist (E. 2). Die Beschwerdeführer räumen ein, dass die Beschwerdeführerin 2 bis
2014 keine Arbeitsbemühungen nachweisen konnte und im Falle einer Wegweisung
des Beschwerdeführers 1 auch bei verstärkten Arbeitsbemühungen nicht ohne
Sozialhilfe werde leben können. Sie bringen aber vor, dass eine
Aufenthaltsbewilligung für den Beschwerdeführer 1 realistische Perspektiven auf
Ablösung vom Sozialdienst eröffnen würde, könnte er doch die Familienarbeit
übernehmen und die Beschwerdeführerin 2 einer Vollzeitarbeit nachgehen. Auch
der Beschwerdeführer 1 könnte einer Arbeit nachgehen und die Chancen auf
Ablösung vom Sozialdienst erhöhen. Mit diesen Überlegungen verkennen die
Beschwerdeführer die beschränkte Prüfung und Tragweite des hier zu treffenden
Entscheids, bei dem es nicht um eine umfassende Prüfung des
Aufenthaltsanspruchs geht (vorne E. 3). Die Ausführungen der Beschwerdeführer
über die mutmasslichen künftigen Entwicklungen ihrer wirtschaftlichen Situation
mögen im Rahmen der später vorzunehmenden umfassenden Prüfung eines
Bewilligungsgesuchs von Bedeutung sein. Sie ändern aber nichts daran, dass
aktuell jedenfalls von einem offensichtlichen Anspruch auf Bewilligung nicht
die Rede sein kann.

5.
Die Vorinstanz hat das bei ihr gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
abgewiesen mit der Begründung, der angefochtene Entscheid der Polizei- und
Militärdirektion habe die massgebliche Gerichtspraxis zutreffend wiedergegeben
und umfassend und sorgfältig begründet, weshalb dem Beschwerdeführer 1 kein
Aufenthaltsrecht im Sinne von Art. 14 Abs. 1 AsylG zukomme. Die
Beschwerdeführer kritisieren diese Beurteilung nur mit dem Argument, die
Vorinstanz hätte eine umfassende Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK
vornehmen müssen, was jedoch nicht zutrifft (vorne E. 3). Es ist daher nicht zu
beanstanden, dass die Vorinstanz die bei ihr eingereichte Beschwerde als
aussichtslos beurteilt hat.

6.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, soweit darauf eingetreten
werden kann. Aus den in E. 5 genannten Gründen ist auch das vor Bundesgericht
gestellte Begehren um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit
abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführer tragen die
bundesgerichtlichen Verfahrenskosten unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs.
1 und 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftung auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin, und dem
Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. März 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben