Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.938/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
{T 0/2}
                             
2C_938/2016, 2C_939/2016

Urteil vom 15. Februar 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Straub.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
handelnd durch B.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokatin Silvia
Schneider, Schneider + Partner AG,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt.

Gegenstand
2C_938/2016
Kantonale Steuern pro 2002 bis 2008
(Nachsteuer und Bussenverfügungen),

2C_939/2016
Direkte Bundessteuer pro 2002 bis 2008
(Nachsteuer und Bussenverfügungen),

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht vom 20. Juli 2016.

Sachverhalt:

A. 
Die Steuerverwaltung Basel-Stadt (nachfolgend: Steuerverwaltung) leitete am 10.
September 2010 gegen die Steuerpflichtige A.________ wegen Verdachts auf
Nichtdeklaration von Einkommens- und Vermögenswerten ein Nach- und
Strafsteuerverfahren betreffend die Steuerperioden 2004 bis 2009 (kantonale
Steuern und direkte Bundessteuer) ein. Mit Schreiben vom 12. April 2011
gewährte ihr die Steuerverwaltung das rechtliche Gehör zu den provisorischen
Berechnungen der Nachsteuer- und Bussenverfügungen und präzisierte, es seien
die Steuerperioden 2002 bis 2008 betroffen. Am 14. Juni 2011 und 11. Juli 2011
gewährte die Steuerverwaltung A.________ das rechtliche Gehör zu den jeweils
aktualisierten provisorischen Berechnungen. Am 16. April 2012 und 4. Juni 2012
erfolgten zwei persönliche Vorsprachen der Steuerpflichtigen und ihres
damaligen Rechtsvertreters bei der Steuerverwaltung. In der Folge wurde
A.________ am 8. Juni 2012 zur Einreichung fehlender Unterlagen aufgefordert.
Nach zweimaliger Fristerstreckung legte der Rechtsvertreter am 4. September
2012 sein Mandat nieder. Mit Schreiben vom 12. September 2012 setzte die
Steuerverwaltung die Steuerpflichtige über die Berechnungen für die definitive
Rechnungsstellung im Nach- und Strafsteuerverfahren in Kenntnis. Mit
Nachsteuer- und Bussenverfügungen vom 13. September 2012 auferlegte sie der
Steuerpflichtigen Nachsteuern (inklusive Zins) von Fr. 109'556.-- (kantonale
Steuern) bzw. Fr. 40'462.90 (direkte Bundessteuer) und Hinterziehungsbussen von
Fr. 87'943.-- (kantonale Steuern) bzw. Fr. 34'992.-- (direkte Bundessteuer).

B.
Mit Eingabe vom 27. März 2013 ersuchte die Steuerpflichtige um
Wiederherstellung der Fristen zur Einreichung von Einsprachen gegen die
Verfügungen vom 13. September 2012. Die Steuerverwaltung wies das Gesuch mit
Entscheid vom 8. Mai 2013 ab.
Gegen diesen Entscheid erhob A.________ am 11. Juni 2013 Rekurs und Beschwerde
an die Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Stadt. Mit Entscheiden vom 27.
August 2015 wies die Steuerrekurskommission diese ab.
Den Rekurs und die Beschwerde, welche die Steuerpflichtige am 22. Oktober 2015
hiergegen erhob, wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als
Verwaltungsgericht mit Urteil vom 20. Juli 2016 ab.

C.
Mit Eingabe vom 3. September 2016 (recte: 3. Oktober 2016) erhebt A.________
beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie
beantragt, das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 20.
Juli 2016 sei aufzuheben und es sei die Nichtigkeit der Veranlagungen vom 13.
September 2012 festzustellen. Eventualiter sei die Rechtsmittelfrist
wiederherzustellen. In prozessualer Hinsicht beantragt sie, der Beschwerde sei
die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts wies
das Gesuch um Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung am 11. Oktober 2016 ab. Es
wurde kein Schriftenwechsel angeordnet.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Vorinstanz hat zu den Steuerperioden 2002 bis 2008 betreffend die
kantonalen Steuern einerseits und die direkte Bundessteuer anderseits ein
einziges Urteil gefällt. Die Beschwerdeführerin ficht dieses Urteil mit einer
einzigen Beschwerdeeingabe an. Nach ständiger Praxis hat das Bundesgericht zwei
Verfahren eröffnet. Da die sich stellenden Fragen im Bundesrecht und im
harmonisierten kantonalen Steuerrecht übereinstimmend geregelt sind,
rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren zu vereinigen und die Beschwerde in
einem einzigen Urteil zu erledigen (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 BZP [SR 273];
Urteile 2C_560/2014 und 2C_561/2014 vom 30. September 2015 E. 1.2.1, in: StE
2016 B 72.14.3 Nr. 1; 2C_309/2013 und 2C_310/2013 vom 18. September 2013 E. 1.2
mit Hinweisen).

1.2. Die Beschwerde richtet sich gegen den verfahrensabschliessenden Entscheid
einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen
Rechts. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1
lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1 und Art. 90 BGG in Verbindung mit Art. 146
DBG [SR 642.11] und Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR
642.14]). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

1.3. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) grundsätzlich nur die geltend
gemachten Vorbringen, es sei denn, weitere rechtliche Mängel seien geradezu
offensichtlich. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten, insbesondere des
Willkürverbots, und von kantonalem und interkantonalem Recht gilt eine
qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f.
mit Hinweisen).

I. Direkte Bundessteuer

2.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Nachsteuer- und Bussenverfügungen vom
13. September 2012 seien nichtig, da sie an formellen und inhaltlichen Mängeln
litten.

2.1. Fehlerhafte Verwaltungsakte sind in der Regel nicht nichtig, sondern nur
anfechtbar, und sie werden durch Nichtanfechtung rechtsgültig. Nichtigkeit,
d.h. absolute Unwirksamkeit, einer Verfügung wird nur angenommen, wenn sie mit
einem tiefgreifenden und wesentlichen Mangel behaftet ist, wenn dieser
schwerwiegende Mangel offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und
wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht
ernsthaft gefährdet wird. Inhaltliche Mängel haben nur in seltenen
Ausnahmefällen die Nichtigkeit einer Verfügung zur Folge; erforderlich ist
hierzu ein ausserordentlich schwerwiegender Mangel. Als Nichtigkeitsgründe
fallen hauptsächlich funktionelle und sachliche Unzuständigkeit einer Behörde
sowie schwerwiegende Verfahrensfehler in Betracht. Fehlt einer Verfügung in
diesem Sinne jegliche Rechtsverbindlichkeit, so ist das durch jede Behörde, die
mit der Sache befasst ist, jederzeit und von Amtes wegen zu beachten (BGE 138
II 501 E. 3.1 S. 503 f.; 137 I 273 E. 3.1 S. 275; Urteil 2C_596/2012 vom 19.
März 2013 E. 2.1; je mit Hinweisen).

2.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, es sei willkürlich und verstosse
gegen das Recht auf gleiche und gerechte Behandlung im Verfahren, dass die
Vorinstanz bezüglich formeller und inhaltlicher Mängel nicht auf eine
Gesamtbetrachtung abstelle. Die Frage, ob eine Häufung von formellen und
inhaltlichen Mängeln, welche je separat betrachtet nicht die Nichtigkeit der
Verfügung zur Folge hätten, gesamthaft zu betrachten wären und in ihrer Summe
zur Nichtigkeit der Verfügung führen könnten, braucht indessen vorliegend nicht
geprüft zu werden. Wie im Folgenden (vgl. E. 2.3 - 2.7) aufzuzeigen ist, liegt
keine Häufung von formellen und inhaltlichen Mängeln vor.
Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die rechtliche Einschätzung der Vorinstanz
den Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung im Verfahren gemäss Art. 29
Abs. 1 BV verletzen oder gegen das Willkürverbot von Art. 9 BV verstossen soll.
Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung
ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn er
offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch
steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder
in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 140 III 16 E.
2.1 S. 18 f.; 136 I 316 E. 2.2.2 S. 318 f., je mit Hinweisen). Dies ist
vorliegend angesichts der klaren und nachvollziehbaren vorinstanzlichen
Erwägungen nicht der Fall.

2.3. Die Beschwerdeführerin rügt in der Folge eine Verletzung der in Art. 6
Abs. 2 EMRK und Art. 32 Abs. 1 BV verankerten Unschuldsvermutung. Die
Steuerverwaltung habe ihr ohne jegliche Nachweise und ohne Abklärungen zum
Sachverhalt ein unerklärliches Einkommen aufgerechnet. Sie habe nicht alle
Untersuchungsmittel ausgeschöpft und den Grundsatz in dubio pro minus verletzt.
Die Vorinstanz habe die ermessensweise Festsetzung von nicht deklariertem
Einkommen im Steuerstrafverfahren willkürlich als zulässig erachtet.

2.3.1. Die rechtlichen Erwägungen der Vorinstanz bezüglich der
Unschuldsvermutung und Ermessensveranlagung im Steuerstrafverfahren sind nicht
zu beanstanden. Im Gegensatz zu den Veranlagungs- und Nachsteuerverfahren fällt
das Strafverfahren betreffend die (vollendete oder versuchte)
Steuerhinterziehung unter Art. 6 Ziff. 1 EMRK (BGE 140 I 68 E. 9.2 S. 74; 138
IV 47 E. 2.6.1 S. 51). Es gilt daher die Unschuldsvermutung. Auch im
Steuerhinterziehungsverfahren ist es jedoch zulässig, die Höhe eines
hinterzogenen Einkommens- oder Vermögensbestandteils zu schätzen (Urteil 2C_290
/2011 und 2C_291/ 2011 vom 12. September 2011 E. 5.2.2). Sodann kann auch im
Strafverfahren bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden, dass die
steuerpflichtige Person Klärungen nicht liefert, die sich aufdrängen (Urteil
2C_214/2014 vom 7. August 2014 E. 3.6.2 mit Hinweisen).

2.3.2. Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin gewisse Einkommens- und
Vermögensbestandteile nicht deklariert hat. Entgegen ihrer Auffassung war eine
ermessensweise Festsetzung der Höhe des nicht deklarierten Einkommens bzw.
Einkommens demnach zulässig. Eine Verletzung der Unschuldsvermutung ist nicht
ersichtlich. Sodann legt die Beschwerdeführerin weder dar, welche weiteren
Untersuchungen notwendig gewesen wären, noch zeigt sie auf, inwiefern die
Schätzung der Steuerverwaltung zu ihren Ungunsten ausgefallen sei und zu einem
überhöhten Aufrechnungsbetrag geführt haben soll. Die Nachsteuer- und
Bussenverfügungen vom 13. September 2012 weisen diesbezüglich keinen Mangel
auf. Angesichts der ausführlichen und stichhaltigen Erwägungen der Vorinstanz
geht der Vorwurf, diese habe die ermessensweise Festsetzung von nicht
deklariertem Einkommen im Steuerstrafverfahren willkürlich und ohne Weiteres
als zulässig bezeichnet, ins Leere.

2.4. Weiter rügt die Beschwerdeführerin, die Steuerverwaltung habe bei der
Eröffnung der Nach- und Strafsteuerverfahren für die Perioden 2007 und 2008
gegen Treu und Glauben verstossen. Sie habe die Beschwerdeführerin mit
Schreiben vom 27. Juli 2009 mit einem nicht erklärbaren Vermögenszuwachs
konfrontiert und intern ein Nach- und Strafsteuerverfahren eröffnet. Sie habe
also von der Unvollständigkeit der Steuererklärungen bereits im Sommer 2009 und
somit vor der definitiven Veranlagung für die Jahre 2007 und 2008 Kenntnis
gehabt, so dass die nachträgliche Eröffnung eines Nach- und
Strafsteuerverfahrens mangels neuer Tatsachen im Sinne von Art. 151 Abs. 1 DBG
nicht mehr möglich gewesen sei. Die Vorinstanz verfalle in Willkür und lasse
den relevanten Sachverhalt und die Beweismittel ausser Acht, wenn sie
diesbezüglich zu einem anderen Schluss gelange.

2.4.1. Die Erwägungen im vorinstanzlichen Urteil sind indessen auch in diesem
Punkt nachvollziehbar und schlüssig: Aus einer von der Beschwerdeführerin am
19. August 2009 abgegebenen Erklärung ergibt sich eine unvollständige
Deklaration der Vermögenswerte betreffend die Veranlagung pro 2006. Dass auch
die ordentlichen Veranlagungen pro 2007 und 2008 unvollständig waren, war in
jenem Zeitpunkt nicht ersichtlich. Die dem Nach- und Strafsteuerverfahren
zugrunde liegenden Tatsachen und Beweismittel sind damit als neu im Sinne von
Art. 151 Abs. 1 DBG zu qualifizieren, und es liegt kein Verstoss gegen Treu und
Glauben vor.

2.4.2. Entgegen der Behauptung in der Beschwerde ergeben sich keine Gründe für
die Annahme, die Steuerverwaltung hätte mit der Eröffnung des Nach- und
Strafsteuerverfahrens gegen Treu und Glauben verstossen und die Nachsteuer- und
Bussenverfügungen würden deswegen an einem Mangel leiden. Es ist somit nicht
ersichtlich, dass die Vorinstanz Tatsachen und Beweismittel ausser Acht
gelassen hätte und in Willkür verfallen wäre.

2.5. Als weiteren Mangel der Nachsteuer- und Bussenverfügungen rügt die
Beschwerdeführerin, diese seien ungenügend begründet, was den Anspruch auf
rechtliches Gehör verletze. Aufgrund der Komplexität solcher Fälle, der
erfolgten Schätzung der steuerbaren Faktoren, der Strafsteuer und des
erheblichen Eingriffs in die individuellen Rechte sei eine hohe
Begründungsdichte zu verlangen. Die ihr am 12. und 13. September 2012
zugestellten Dokumente und Verfügungen würden sich mit den einzelnen
Sachverhaltselementen nicht befassen und der Begründungspflicht daher nicht
genügen. Sie seien unverständlich und nicht nachvollziehbar. Es müsse davon
ausgegangen werden, dass die von der Beschwerdeführerin während laufender
Rechtsmittelfrist mandatierte Treuhandfirma ebenso wie die Vorinstanz aufgrund
der Komplexität und der fehlenden Begründung überfordert gewesen seien. Die
Vorinstanz habe die strengen Voraussetzungen der Begründungspflicht nicht
geprüft und eine Gehörsverletzung in willkürlicher Art und Weise verneint.

2.5.1. Entgegen der Behauptung in der Beschwerde setzte sich die Vorinstanz in
ihrem Entscheid in Erwägung 2.5 eingehend mit der gerügten Verletzung der
Begründungspflicht auseinander. Sie gelangte zum Schluss, die Nachsteuer- und
Bussenverfügungen seien ausreichend begründet und diesbezüglich nicht mit einem
Mangel behaftet. Die vorinstanzliche Argumentation ist nachvollziehbar und
verletzt das rechtliche Gehör nicht. Ihre Einschätzung kann nicht als
willkürlich bezeichnet werden.

2.5.2. Gemäss Art. 131 Abs. 1 DBG setzt die Veranlagungsbehörde in der
Veranlagungsverfügung die Steuerfaktoren, den Steuersatz und die Steuerbeträge
fest. Kommt es zu Aufrechnungen oder sonstigen Korrekturen, hat die
Veranlagungsbehörde der steuerpflichtigen Person (einzig) die "Abweichungen von
der Steuererklärung" bekanntzugeben (Art. 131 Abs. 2 DBG). Im Fall der
Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen sieht das Gesetz keine
weiterreichende Begründungspflicht vor. Erscheint es der betroffenen
steuerpflichtigen Person unklar, wie die Veranlagung nach pflichtgemässem
Ermessen zustande gekommen ist, darf ihr zugemutet werden, während laufender
Einsprachefrist tätig zu werden und Erkundigungen bei der Veranlagungsbehörde
einzuziehen (Urteil 2C_372/2016 und 2C_374/2016 vom 7. Juni 2016 E. 3.3.4). Die
Nachsteuer- und Bussenverfügungen vom 13. September 2012 wurden der
Beschwerdeführerin unter Angabe der abweichenden Steuerfaktoren, Steuersätze
und Steuerbeträge eröffnet. Im Schreiben vom 12. September 2012 wurde zudem
erläutert, wie die Aufrechnungen für die Nachsteuer zustande kamen.
Hinsichtlich der Bussen zitierte die Steuerverwaltung Art. 175 DBG, wonach mit
Busse bestraft wird, wer als steuerpflichtige Person vorsätzlich oder
fahrlässig bewirkt, dass eine Veranlagung zu Unrecht unterbleibt oder eine
rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist, und sich die Höhe der Busse am
Betrag der hinterzogenen Steuer bemisst. Entsprechend dem gesetzlichen
Regelfall wurde die Busse auf das Einfache dieses Betrages festgesetzt. Eine
Verletzung der Begründungspflicht liegt damit nicht vor.

2.6. Sodann macht die Beschwerdeführerin geltend, indem die Steuerverwaltung
die Verfügungen wenige Tage nach der Mandatsniederlegung ihres langjährigen
Rechtsvertreters eröffnet habe, habe sie gegen Treu und Glauben verstossen. Es
scheine, dass angesichts der Hilflosigkeit der Beschwerdeführerin absichtlich
schnell agiert worden sei. Zuvor sei die Steuerverwaltung sie über mehr als
zwei Jahre mit belanglosen Nachfragen zur Vermögensentwicklung angegangen und
zuletzt sei lange Zeit nichts mehr passiert.
In Übereinstimmung mit den vorinstanzlichen Erwägungen ist das Verhalten der
Steuerverwaltung nicht als treuwidrig zu bezeichnen. Zwar erfolgte die
Eröffnung der Verfügungen kurz nach der Mandatsniederlegung ihres vormaligen
Rechtsvertreters. Die Beschwerdeführerin mandatierte indessen während der
Einsprachefrist eine neue, steuerrechtlich spezialisierte Vertretung, deren
Wissen sie sich anrechnen lassen muss. Die implizite Behauptung, sie habe nicht
mit einer Verfügung rechnen müssen, da sie von der Steuerverwaltung eine lange
Zeit nichts mehr gehört habe, ist sodann unzutreffend. Die Steuerverwaltung war
vor dem Erlass der Verfügungen vom 13. September 2012 während geraumer Zeit um
Abklärungen bemüht, und die letzte, zweimal verlängerte Frist zur Einreichung
von Unterlagen war am 31. August 2012 abgelaufen.

2.7. Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin, sie sei vor der
Ermessensveranlagung nicht formell gemahnt worden. Die mehr als ein Jahr vor
der Verfügung erfolgten Rückfragen könnten die erforderliche Mahnung nicht
ersetzen, da kein direkter Zusammenhang mit der vorgenommenen ermessensweisen
Schätzung ihres Einkommens bestehe. Ihr habe aufgrund der Nachfragen nicht klar
sein können, dass eine Einschätzung nach Ermessen erfolgen werde.

2.7.1. Wie bereits festgehalten wurde, fällt das Strafverfahren betreffend
Steuerhinterziehung im Gegensatz zu den Veranlagungs- und Nachsteuerverfahren
unter Art. 6 Ziff. 1 EMRK (vgl. E. 2.3.1 hiervor). Die steuerpflichtige Person
ist im verwaltungsrechtlichen Steuerveranlagungsverfahren zur Mitwirkung
verpflichtet (Art. 126 DBG) und macht sich unter Umständen wegen Verletzung von
Verfahrenspflichten strafbar (Art. 174 DBG), wenn sie ihrer Mitwirkungspflicht
trotz Mahnung nicht nachkommt. Demgegenüber ist sie im Strafverfahren gemäss
dem im Strafprozessrecht allgemein anerkannten sowie in Art. 14 Ziff. 3 lit. g
UNO-Pakt II (SR 0.103.2) und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verankerten Grundsatz "nemo
tenetur se ipsum accusare" nicht gehalten, zu ihrer Belastung beizutragen (BGE
138 IV 47 E. 2.6.1 S. 51; 140 I 68 E. 9.2 S. 74; je mit Hinweisen). Dies hat
zur Folge, dass Beweismittel aus einem Nachsteuerverfahren in einem
Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung nur verwendet werden dürfen, wenn sie
weder unter Androhung einer Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen (Art. 130
Abs. 2 DBG) mit Umkehr der Beweislast nach Art. 132 Abs. 3 DBG noch unter
Androhung einer Busse wegen Verletzung von Verfahrenspflichten beschafft wurden
(Art. 183 Abs. 1bis DBG; BGE 138 IV 47 E. 2.6.2 S. 52; Urteil 2C_32/2016 vom
24. November 2016 E. 13). Die Ermessensveranlagung im Nachsteuerverfahren
dagegen setzt voraus, dass die steuerpflichtige Person vorgängig gemahnt wurde,
ihre Verfahrenspflichten zu erfüllen (Art. 130 Abs. 2 i.V.m. Art. 153 Abs. 3
DBG). Dies führt bei der kombinierten Durchführung von Nach- und
Strafsteuerverfahren zu einem Spannungsfeld, kann indessen entgegen der
Argumentation der Vorinstanz nicht dazu führen, dass die Ermessensveranlagung
im Nachsteuerverfahren ohne Mahnung erfolgt. Die Mahnung ist gemäss Art. 130
Abs. 2 DBG eine gesetzliche Voraussetzung für eine Veranlagung nach
pflichtgemässem Ermessen und gilt selbstredend auch dann, wenn gleichzeitig ein
Steuerstrafverfahren durchgeführt wird. Aus dem Gesetzestext ergibt sich nicht,
ob die Mahnung die Rechtsnachteile bei nicht gehöriger Erfüllung der
Verfahrenspflichten zwingend enthalten muss (vgl. hierzu ALTHAUS-HOURIET, in:
Commentaire Romand, Impôt fédéral direct, 2. Aufl. 2017, N. 18 zu Art. 130
DBG). Diese Frage stellt sich vorliegend indessen nicht, da dieser allfällige
Mangel in der Mahnung, wie hiernach aufzuzeigen ist, ohnehin nicht geeignet
wäre, die Nichtigkeit der Verfügung zu bewirken.

2.7.2. Vorliegend wurde die Beschwerdeführerin im Rahmen der Gewährung des
rechtlichen Gehörs vom 12. April 2011, 14. Juni 2011 und 11. Juli 2011 von der
Steuerverwaltung jeweils ausdrücklich auf ihr Recht zur Aussageverweigerung im
Strafverfahren hingewiesen. Ebenso wurde sie auf ihre Mitwirkungspflicht im
Nachsteuerverfahren hingewiesen und es wurde angekündigt, die Verfügungen
würden in Rechnung gestellt werden, sollte ihrerseits innert Frist keine
Reaktion erfolgen. Aus den Schreiben ergibt sich zwar implizit, dass eine
Ermessensveranlagung erfolgen könnte, zumal bereits gewisse Aufrechnungen
vorgenommen und ihr zwecks Gewährung des rechtlichen Gehörs zugestellt wurden,
die Ermessensveranlagung wurde jedoch nicht ausdrücklich angedroht. Mit
Schreiben vom 6. März 2012 und 11. Mai 2012 wurde die Beschwerdeführerin zur
Einreichung von in Aussicht gestellten Unterlagen beziehungsweise zur
persönlichen Auskunftserteilung aufgefordert. Am 8. Juni 2012 setzte die
Steuerverwaltung eine weitere Frist zur Einreichung von Unterlagen an und gab
bekannt, anschliessend würden die aktuellen Kenntnisse in die Berechnungen
aufgenommen und die aktuelle Aufrechnung werde der Beschwerdeführerin zur
Begutachtung vorgelegt. Eine Ermessensveranlagung wurde auch in diesen
Schreiben nicht explizit angedroht.
Insgesamt wurde die Beschwerdeführerin somit wiederholt gemahnt und auf ihre
Mitwirkungspflicht im Nachsteuerverfahren aufmerksam gemacht. Es scheint
fraglich, ob sie sich angesichts der mehrmaligen Zustellung von Berechnungen,
welche die Steuerverwaltung zumindest teilweise nach Ermessen vorgenommen hatte
und zu welchen ihr das rechtliche Gehör gewährt wurde, im Rahmen eines
Einspracheverfahrens in guten Treuen hätte darauf berufen können, die
Ermessensveranlagung sei ihr nicht explizit angedroht worden (vgl. Urteil
2C_463/2009 vom 21. Dezember 2009 E. 3). Dies kann vorliegend indessen offen
bleiben. Der unterbliebene Hinweis auf die Rechtsnachteile bei nicht gehöriger
Erfüllung der Verfahrenspflichten ist jedenfalls nicht als schwerwiegender
Verfahrensmangel zu werten und daher nicht geeignet, die Nichtigkeit der
erfolgten Ermessensveranlagung zu bewirken (vgl. BGE 137 I 273 E. 3.5;
TSCHANNEN, in: Klöti-Weber/Siegrist/Weber [Hrsg.], Kommentar zum Aargauer
Steuergesetz, 4. Aufl. 2015, N. 21 zu § 191, welcher die Nichtigkeit der
Ermessensveranlagung auch bei gänzlicher Unterlassung der Mahnung verneint).

2.8. Zusammenfassend weisen die Nachsteuer- und Bussenverfügungen vom 13.
September 2013 keine Mängel auf, welche die Nichtigkeit zur Folge haben
könnten.

3.
Eventualiter beantragt die Beschwerdeführerin die Wiederherstellung der
Rechtsmittelfristen für die Nachsteuer- und Bussenverfügungen vom 13. September
2013. Es sei wegen der schwerwiegenden Mängel in den Veranlagungen objektiv
unmöglich gewesen, die Einsprachefrist einzuhalten.
Auf verspätete Einsprachen kann gemäss Art. 133 Abs. 3 DBG nur eingetreten
werden, wenn die steuerpflichtige Person nachweist, dass sie durch Militär-
oder Zivildienst, Krankheit, Landesabwesenheit oder andere erhebliche Gründe an
der rechtzeitigen Einreichung der Einsprache verhindert war und dass diese
innert dreissig Tagen nach Wegfall der Hinderungsgründe eingereicht wurde. Die
Beschwerdeführerin vermag nicht nachzuweisen, dass sie infolge Krankheit oder
fehlender Urteilsfähigkeit an der rechtzeitigen Einreichung einer Einsprache
verhindert gewesen wäre. Sie beauftragte während laufender Einsprachefrist eine
Treuhandfirma mit der Wahrung ihrer Interessen. Mit der Vorinstanz ist davon
auszugehen, dass diese in der Lage war, die geltend gemachten Mängel zu
erkennen und im Rahmen einer Einsprache geltend zu machen.

4. 
Somit erweist sich die Beschwerde betreffend direkte Bundessteuer als
unbegründet und ist abzuweisen.

II. Kantonale Steuern

5.

5.1. Die Bestimmungen von §§ 153, 158 Abs. 2, 159, 160 Abs. 4, 177, 179 Abs. 4,
208, 209 und 218 Abs. 3 des Gesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 12. April 2000
über die direkten Steuern (StG/BS; SG 640.100) entsprechen inhaltlich Art. 126,
130 Abs. 2, Art. 131 Abs. 1 und 2, Art. 132 Abs. 3, Art. 151 Abs. 1, Art. 153
Abs. 3, Art. 174, Art. 175 und Art. 183 Abs. 1 ^bis DBG (vgl. E. 1.1 hiervor).
Daraus folgt, dass die Erwägungen zur direkten Bundessteuer analog massgebend
sind. Damit ergibt sich für die kantonalen Steuern dasselbe Ergebnis wie bei
der direkten Bundessteuer.

5.2. Die Wiederherstellung der Frist kann nach der kantonalrechtlichen
Bestimmung (§ 147 Abs. 5 StG/BS) verlangt werden, wenn die säumige Person von
ihrer Einhaltung durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten war. Das
Begehren muss binnen dreissig Tagen nach Wegfall des Hindernisses gestellt
werden. Wie bereits in den Erwägungen zur direkten Bundessteuer festgestellt,
gelingt es der Beschwerdeführerin nicht, nachzuweisen, dass sie an der
rechtzeitigen Einreichung einer Einsprache verhindert gewesen wäre (vgl. E. 3
hiervor).

5.3. Demnach erweist sich die Beschwerde auch hinsichtlich der Kantonssteuern
als unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist.

III. Kosten- und Entschädigungsfolgen

6. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65 i.V.m. Art. 66 Abs. 1
BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 68 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 2C_938/2016 und 2C_939/2016 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer (2C_939/2016) wird
abgewiesen.

3. 
Die Beschwerde betreffend die kantonalen Steuern (2C_938/2016) wird abgewiesen.

4. 
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 6'000.-- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt.

5. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht und der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Februar 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Straub

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