Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.91/2016
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_91/2016  
 
 
Urteil vom 8. Oktober 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Gerichtsschreiberin Mayhall. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Einwohnergemeinde Saas-Grund, vertreten durch den Gemeinderat. 
 
Gegenstand 
Beschwerde gegen das Reglement über die Kurtaxe der Gemeinde Saas-Grund des
Staatsrats des Kantons Wallis vom 2. Dezember 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Nach dem Gesetz (des Kantons Wallis) vom 9. Februar 1996 über den Tourismus (TG
/VS; SGS 935.1) haben die Gemeinden namentlich die Leitlinien der örtlichen
Tourismuspolitik zu erarbeiten, dies in Zusammenarbeit mit den örtlichen
Tourismusbeteiligten, und die Umsetzung der Leitlinien zu überwachen (Art. 7
Abs. 1 lit. a TG/VS). Weiter obliegt ihnen, die touristische Ausstattung und
Entwicklung auf ihrem Gebiet zu fördern (lit. b) und die Tourismustaxen zu
erheben (lit. c). Das Gesetz kennt drei Formen kommunaler Tourismustaxen,
nämlich die Kurtaxe (Art. 17 ff.), die Beherbergungstaxe (Art. 23 ff.) und die
Tourismusförderungstaxe (Art. 27 ff. TG/VS), die von den Gemeinden anstelle der
Beherbergungstaxe erhoben werden kann. 
 
B.  
Die Gemeinden können die Kurtaxe entweder effektiv (nach der tatsächlichen Zahl
der Tage bzw. Nächte) oder pauschal erheben. Falls die Gemeinde den pauschalen
Bezug vorsieht, so ist die Kurtaxenpauschale auf der Grundlage objektiver
Kriterien zu berechnen. Zu beachten ist von Gesetzes wegen insbesondere der
durchschnittliche Belegungsgrad der entsprechenden Beherbergungsform
einschliesslich der gelegentlichen Vermietung (Art. 21 Abs. 3bis TG/VS in der
Fassung vom 8. Mai 2014, in Kraft seit 1. Januar 2015). Der Kurtaxenertrag
dient namentlich zur Finanzierung eines Informations- und Reservationsdienstes,
der Animation am Ort und der Erstellung und dem Betrieb von Anlagen, die dem
Tourismus, der Kultur und dem Sport dienen (Art. 22 TG/VS). 
 
C.  
Am 13. Juli 2015 verabschiedete die Urversammlung der Einwohnergemeinde
Saas-Grund ein neues Kurtaxenreglement (nachfolgend: KTR). Zur Kurtaxe lässt
sich diesem Kurtaxenreglement entnehmen, dass gemäss Art. 2 Abs. 1
kurtaxenpflichtig die Gäste sind, die in der Gemeinde Saas-Grund übernachten
und in der Gemeinde keinen Wohnsitz haben. Von der Bezahlung der Kurtaxe sind
insbesondere Personen befreit, die in der Gemeinde Saas-Grund Wohnsitz haben
(Art. 3 lit. a Kurtaxenreglement), und Personen, die bei einem von der Kurtaxe
befreiten Angehörigen unentgeltlich übernachten. Als Angehörige definiert Art.
3 lit. b Satz 2 Personen, die zur grosselterlichen Parantel gehören, und deren
Ehegatten. 
 
Der Staatsrat des Kantons Wallis homologierte das Reglement der
Einwohnergemeinde Saas-Grund an seiner Sitzung vom 2. Dezember 2015, was im
Staatsratsbulletin des Kantons Wallis in der Ausgabe vom 11. Dezember
2015veröffentlicht wurde. Das Reglement trat am 1. Mai 2016 in Kraft. 
 
D.  
Mit Eingabe vom 26. Januar 2016 gelangt A.________ an das Bundesgericht und
beantragt, Art. 3 lit. b Satz 2 ("Angehörige sind Personen, die zur
grosselterlichen Parantel gehören, und deren Ehegatten") des Reglements über
die Kurtaxe der Gemeinde Saas-Grund, homologiert am 2. Dezember 2015, sei
kostenfällig aufzuheben. Er ersucht des Weiteren um Erteilung der
aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und um unentgeltliche Rechtspflege,
eventualiter um Verzicht auf oder Ermässigung der Gerichtsgebühr. 
 
E.  
Der Staatsrat Wallis schliesst auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde. Die
Einwohnergemeinde Saas-Grund hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der
Beschwerdeführer repliziert und reicht unaufgefordert weitere Eingaben ein. Mit
Verfügung vom 16. Februar 2016 hat der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen
Abteilung des Bundesgerichts für die Dauer des hängigen Rechtsmittels
angeordnet, Art. 3 lit. b des Kurtaxenreglements so zu handhaben, dass auch
eingetragene Partner bzw. Partnerinnen eines in Saas-Grund wohnhaften, von der
Taxe befreiten Angehörigen ihrerseits von der Kurtaxe befreit bleiben. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer hat eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten gegen das Kurtaxenreglement der Einwohnergemeinde Saas-Grund
eingereicht.  
 
1.2. Die Kantone werden weder durch die Bundesverfassung noch durch ein
Bundesgesetz verpflichtet, eine kantonale Instanz zur Überprüfung der
Verfassungsmässigkeit ihrer Erlasse einzurichten (BGE 142 I 99 E. 1.1 mit
zahlreichen Hinweisen). Hat der betreffende Kanton - wie vorliegend der Kanton
Wallis für rein fiskalische Erlasse (vgl. Urteil 2C_519/2016 vom 4. September
2017 E. 1.2.2) - keine kantonale Verfassungsgerichtsbarkeit geschaffen, kann
der kommunale oder kantonale Erlass innert 30 Tagen nach der nach dem
kantonalen Recht massgebenden Veröffentlichung des Erlasses beim Bundesgericht
angefochten werden (Art. 82 lit. b, Art. 101 BGG). Vorliegend hat der Staatsrat
des Kantons Wallis das Kurtaxenreglement an seiner Sitzung vom 2. Dezember 2015
homologiert und hat diesen Beschluss in der am 11. Dezember 2015 erschienen
Ausgabe des Staatsratsbulletins veröffentlicht. Die Beschwerde erfolgte somit
fristgerecht und ist zulässig.  
 
1.3. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um eine Person, die über Grundbesitz
in der Einwohnergemeinde Saas-Grund verfügt, und als Wohnsitzadresse diese
Gemeinde angibt. Auszugehen ist somit davon, dass es sich beim Beschwerdeführer
um eine abgabebefreite Person im Sinne von Art. 3 lit. a des angefochtenen
Kurtaxenreglements handelt, und dessen Angehörige (im Sinne von Art. 3 lit. b
des angefochtenen Kurtaxenreglements) ebenfalls abgabebefreit in seiner
Liegenschaft übernachten können, weshalb der Beschwerdeführer durch eine seines
Erachtens rechtswidrige Umschreibung des Kreises der abgabebefreiten
Angehörigen im angefochtenen Kurtaxenreglement betroffen und zur
Beschwerdeführung legitimiert ist (Art. 89 Abs. 1 lit. b und lit. c BGG).  
 
1.4. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren der abstrakten Normenkontrolle
ist einzig die Vereinbarkeit der angefochtenen Bestimmungen mit übergeordnetem
Recht (BGE 143 I 272 E. 2.1 S. 276; 142 I 99 E. 1.7.1 S. 106). Bei aller
Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG) untersucht das
Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der
Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, es sei denn, die rechtlichen Mängel lägen geradezu auf der
Hand. Die Begründung muss nicht ausdrücklich die angeblich verletzten
Rechtsnormen oder Prinzipien bezeichnen und auch nicht zutreffend, aber doch
sachbezogen sein und erkennen lassen, dass und weshalb nach Auffassung des
Beschwerdeführers Recht verletzt ist (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 ff.; 139 I 306
E. 1.2 S. 308 f.; 138 I 217 E. 3.1 S. 219). Die Verletzung von  Grundrechten
 und von  kantonalem (einschliesslich kommunalem) und interkantonalem Recht
 prüft das Bundesgericht in jedem Fall nur, falls eine solche Rüge in der
Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist
(qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140
IV 57 E. 2.2 S. 60; 137 II 305 E. 3.3 S. 310 f.). Wird keine Verfassungsrüge
erhoben, kann das Bundesgericht eine Beschwerde selbst dann nicht gutheissen,
wenn eine Verfassungsverletzung tatsächlich vorliegt (BGE 141 I 36 E. 1.3 S.
41; 139 I 229 E. 2.2 S. 232). Das Bundesgericht hebt ein kantonales Gesetz oder
eine kantonale bzw. eine kommunale Rechtsverordnung in allen Fällen nur auf,
falls die Norm sich jeder verfassungs- und völkerrechtskonformen Auslegung
entzieht, nicht jedoch bereits, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise
zugänglich bleibt (BGE 143 I 272 E. 2.5.1 S. 282; 138 I 321 E. 2 S. 323; 137 I
77 E. 2 S. 82).  
 
1.5. Das vorliegende bundesgerichtliche Normenkontrollverfahren ist, angesichts
der fehlenden kantonalen Verfassungsgerichtsbarkeit in abgaberechtlichen
Angelegenheiten, ein erstinstanzliches Verfahren (Art. 87 Abs. 1 BGG). Das
Bundesgericht erhebt somit den Sachverhalt in Anwendung des Bundesgesetzes vom
4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess (BZP; SR 273) selbst (Art. 55 Abs.
1 BGG), wobei es sich insbesondere auf die von den Verfahrensparteien
eingereichten Beweismittel, amtliche Verlautbarungen und notorische Tatsachen
stützt und diese einer freien Beweiswürdigung unterzieht (Urteil 2C_519/2016
vom 4. September 2017 E. 1.5.5).  
 
2.  
Der Beschwerdeführer rügt, Art. 3 lit. b Satz 2 des angefochtenen
Kurtaxenreglements verletze dadurch, dass eingetragene Partnerinnen und Partner
im Unterschied zu Ehepartnerinnen und Ehepartner nicht als abgabebefreite
Angehörige gelten würden, gegen Art. 8 BV, Art. 14 EMRK und Art. 3 und Art.
13bis KV/VS verstosse. 
 
2.1. In seiner Vernehmlassung vom 17. Februar 2016 macht der Staatsrat des
Kantons Wallis geltend, die Fälle der Befreiung von der Kurtaxe würden
grundlegend in Art. 18 Abs. 1 des Gesetz des Kantons Wallis vom 9. Februar 1996
über den Tourismus (TG/VS) geregelt. Gemäss Art. 18 Abs. 1 lit. b TG/VS seien
sämtliche Personen, die bei einem von der Kurtaxe befreiten Angehörigen zu
Besuch seien, von der Kurtaxe befreit. Als Angehörige würden Personen
definiert, die zur grosselterlichen Parantel gehörten, und deren Ehegatten. Die
Rüge des Beschwerdeführers einer Benachteiligung von eingetragenen Partnerinnen
und Partnern erweise sich jedoch deswegen als unbegründet, weil gemäss Art. 1
des Einführungsgesetzes des Kantons Wallis vom 12. Oktober 2006 zum
Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare,
vorbehältlich der Adoption und der Verfahren der Fortpflanzungsmedizin,
sämtliche Bestimmungen der kantonalen Gesetzgebung, welche in Bezug auf
Verwandtschaft, die Schwägerschaft, die Ehe oder den Zivilstand Rechte
verleihen, Pflichten auferlegen oder ein Verfahren regeln, in gleicher Weise
für die eingetragene Partnerschaft gelten. Art. 18 Abs. 1 lit. b Satz 2 TG/VS
bzw. Art. 3 lit. b Satz 2 des angefochtenen Kurtaxenreglements würden den
Angehörigen einer von der Kurtaxe befreiten Person das Recht einräumen,
ebenfalls keine Kurtaxe bezahlen zu müssen. Dieses Recht werde den Ehepartnern
dieser Angehörigen im Sinne des Gesetzes bzw. des Reglements aufgrund ihrer Ehe
mit den Angehörigen gewährt, weshalb es sich bei der Abgabebefreiung in dieser
Konstellation um ein gestützt auf die Ehe verliehenes Recht handle. Gemäss den
oben stehenden Ausführungen würden demnach gestützt auf Art. 1 des kantonalen
Einführungsgesetzes zum bundesrechtlichen Partnerschaftsgesetzes auch Personen
in eingetragener Partnerschaft unter die Definition von "Angehörigen" gemäss
Art. 18 Abs. 1 lit. b Satz 2 TG/VS bzw. Art. 3 lit. b des angefochtenen
Kurtaxenreglements fallen. Eine von diesen Ausführungen abweichende Anwendung
von Art. 3 lit. b Satz 2 des angefochtenen Kurtaxenreglements wäre aufgrund des
Grundsatzes der derogatorischen Kraft des übergeordneten kantonalen Rechts
gegenüber dem Gemeinderecht auch unerheblich bzw. käme keine selbstständige
Bedeutung zu. Auf die ausdrückliche Nennung der eingetragenen Partnerinnen und
Partnern sei einzig aus den Gründen verzichtet worden, aus welchen regelmässig
auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen
verzichtet werde, die selbstredend für beiderlei Geschlechter gelten würde.  
 
2.2. Aus diesen Ausführungen zum kantonalen Recht geht ohne Weiteres hervor,
dass gemäss Art. 18 Abs. 1 lit. b Satz 2 TG/VS bzw. Art. 3 lit. b Satz 2 des
angefochtenen Kurtaxenreglements in Verbindung mit Art. 1 des kantonalen
Einführungsgesetzes zum bundesrechtlichen Partnerschaftsgesetz auch
eingetragene Partnerinnen und Partner von Personen, die zur grosselterlichen
Parantel einer von der Abgabe befreiten Person gehören, ihrerseits von der
Abgabe befreit sind, wenn sie in der Gemeinde Saas-Grund übernachten, ohne dort
Wohnsitz zu haben. Art. 3 lit. b Satz 2 des angefochtenen Kurtaxenreglements
lässt sich somit ohne Schwierigkeiten verfassungskonsform auslegen, weshalb
eine Aufhebung der angefochtenen Bestimmung des Kurtaxenreglements praxisgemäss
ausgeschlossen ist (oben, E. 1.4 in fine). Die Beschwerde erweist sich als
unbegründet und ist vollumfänglich abzuweisen.  
 
3.  
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer grundsätzlich
kostenpflichtig. Die unentgeltliche Rechtspflege kann dem Beschwerdeführer
wegen der offenkundigen Aussichtslosigkeit seiner Anträge nicht gewährt werden
(Art. 64 Abs. 1 e contrario BGG). Parteientschädigungen werden nicht gesprochen
(Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Einwohnergemeinde Saas-Grund und
dem Staatsrat des Kantons Wallis schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Oktober 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall 

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