Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.886/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_886/2016

Urteil vom 16. Februar 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Straub.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokatur & Notariat Koch & Schneider,

gegen

Kantonsgericht Luzern,
Beschwerdegegner,

Notariatsprüfungskommission des Kantons Luzern.

Gegenstand
Zulassung zur Notariatsprüfung,

Beschwerde gegen das Urteil des
Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung,
vom 9. August 2016.

Sachverhalt:

A.
A.________ absolvierte in den Jahren 2011, 2012 und 2013 im Kanton Luzern
jeweils erfolglos den schriftlichen Teil der Notariatsprüfungen. Am 9. April
2013 teilte die kantonale Notariatsprüfungskommission ihm das Ergebnis der
schriftlichen Prüfung im dritten Versuch mit; die schriftliche Prüfung sei
damit nicht bestanden und eine Wiederholung nicht mehr möglich. Dagegen
gerichtete Rechtsmittel von A.________ blieben erfolglos (Urteil des
Bundesgerichts 2D_2/2014 vom 16. Juni 2014).

B.
Am 21. Januar 2016 ersuchte A.________ das Kantonsgericht Luzern um die
Zulassung zur Notariatsprüfung im Frühling 2016. Die Geschäftsleitung des
Kantonsgerichts lehnte das Gesuch am 3. Februar 2016 ab. Sie begründete ihren
Entscheid damit, dass ein Bewerber nach dreimaligem Misserfolg nicht mehr zur
Prüfung zugelassen werde (§ 5 Abs. 2 der kantonalen Verordnung vom 24. November
1973 ü ber die Prüfung der Notare [Prüfungsverordnung, SRL 257]).
Mit Beschwerde an das Kantonsgericht vom 23. Februar 2016 beantragte A.________
insbesondere, die Verfügung der Geschäftsleitung des Kantonsgerichts vom 3.
Februar 2016 sei aufzuheben und er sei zur Notariatsprüfung zuzulassen. Er
rügte namentlich eine Verletzung des Legalitätsprinzips; es bestehe keine
hinreichende gesetzliche Grundlage, um die Anzahl der Prüfungsversuche mittels
der Prüfungsverordnung zu begrenzen.
Mit Urteil vom 9. August 2016 trat das Kantonsgericht auf die Beschwerde nicht
ein, da es zur Behandlung der Beschwerde nicht zuständig sei. Im Übrigen
bestehe keine Pflicht zur Weiterleitung der Eingabe an eine andere Instanz.

C.
Mit Beschwerde vom 21. September 2016 beantragt A.________, das Urteil des
Kantonsgerichts vom 9. August 2016 sei aufzuheben und er sei zur
Notariatsprüfung zuzulassen. Eventualiter sei die Sache an das Kantonsgericht
oder den Kanton Luzern zurückzuweisen. Weiter verlangt er eine
Parteientschädigung für das kantonale und das bundesgerichtliche
Beschwerdeverfahren. Ausserdem weist er in einer Eingabe vom 10. November 2016
auf mögliche Ausstandsgründe gegenüber den Bundesrichtern Stadelmann und
Donzallaz hin.

D.
Die Notariatsprüfungskommission, das Kantonsgericht sowie dessen
Geschäftsleitung verzichten auf eine Stellungnahme zur Beschwerde, wobei das
Kantonsgericht und dessen Geschäftsleitung die Abweisung der Beschwerde
beantragen.

Erwägungen:

1.
Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe vom 10. November 2016 ein
Ausstandsgesuch betreffend die Bundesrichter Donzallaz und Stadelmann stellen
wollte, erweist sich dieses als gegenstandslos, da die genannten Bundesrichter
am vorliegenden Entscheid nicht mitwirken.

2.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren
Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier
Kognition (BGE 141 II 113 E. 1 S. 116).

2.1. Angefochten ist ein Nichteintretensentscheid in Bezug auf die Zulassung
zur Notariatsprüfung. Die Zulassung zur Prüfung ist im öffentlichen Recht - der
kantonalen Prüfungsverordnung - geregelt und öffentlich-rechtlicher Natur. Es
liegt damit eine Streitigkeit in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit vor
(Art. 82 lit. a BGG), ohne dass auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, es
sei eine zivilrechtliche Streitigkeit gegeben, näher eingegangen werden müsste.
Auf die ebenfalls erhobene Beschwerde in Zivilsachen ist nicht einzutreten.

2.2. Der angefochtene Nichteintretensentscheid ist ein letztinstanzlicher
kantonaler Endentscheid (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG).
Gegenstand des kantonalen Verfahrens sind nicht die Ergebnisse der vom
Beschwerdeführer absolvierten Prüfungen, sondern die Zulassung zur Prüfung nach
drei erfolglosen Versuchen. Organisatorische bzw. verfahrensrechtliche
Gesichtspunkte der vorliegenden Art sind vom Ausschlussgrund in Art. 83 lit. t
BGG nicht erfasst. Sie können im Rahmen der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten überprüft werden (BGE 136 I 229 E. 1 S.
231 mit Hinweis; Urteil des Bundesgerichts 2C_974/2014 vom 27. April 2015 E.
1.1; vgl. auch BGE 138 II 42 E. 1.1 und 1.2 S. 44 f.). Die Beschwerde ist daher
als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten entgegenzunehmen. Für
die gleichzeitig erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde bleibt kein Raum
(Art. 113 BGG).

2.3. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten legitimiert, wer ein schutzwürdiges Interesse an der
Beurteilung seiner Eingabe hat (lit. c). Dieses muss nicht nur bei der
Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung
aktuell und praktisch sein. Fällt das aktuelle Interesse im Verlaufe des
Verfahrens dahin, wird die Sache als erledigt erklärt; fehlte es schon bei
Beschwerdeeinreichung, ist auf die Eingabe nicht einzutreten (Art. 71 BGG
i.V.m. Art. 72 BZP [SR 273]; BGE 139 I 206 E. 1.1 S. 208; 137 I 296 E. 4.2 S.
299; 137 I 23 E. 1.3 S. 24 f.).
Der Beschwerdeführer beantragte beim Kantonsgericht die Zulassung   zur Prüfung
im Frühling 2016. Dieser Prüfungszeitpunkt ist mittlerweile verstrichen, ohne
dass der Beschwerdeführer an der Prüfung hätte teilnehmen können. Mit einer
Gutheissung der vorliegenden Beschwerde kann die Teilnahme an der Prüfung im
Frühling 2016 zwar nicht mehr erreicht werden. Seine Begehren und deren
Begründung können jedoch in dem Sinne verstanden werden, dass es ihm nicht
allein um die Zulassung zur Prüfung im Frühling 2016 ging, sondern auch zur
Prüfung in einem späteren Zeitpunkt, obwohl er dies nicht ausdrücklich
verlangt. Der definitive A usschluss von weiteren Notariatsprüfungen nach drei
gescheiterten Versuchen wurde dem Beschwerdeführer bereits mit Verfügung der
kantonalen Notariatsprüfungskommission 9. April 2013 mitgeteilt. Das
Rechtsmittelverfahren betreffend diese Verfügung endete mit der Abweisung der
Beschwerde durch das Bundesgericht mit Urteil 2D_2/2014 vom 16. Juni 2014.
Damit stellt sich die Frage, ob in dieser Sache ein weiteres
Rechtsmittelverfahren durchgeführt werden kann oder ob einem solchen Verfahren
die formelle Rechtskraft der Verfügung vom 9. April 2013 entgegensteht.

3.
Umstritten ist, ob das Kantonsgericht auf das Rechtsmittel des
Beschwerdeführers zu Recht nicht eingetreten ist. Die Notariatsprüfung ist
Gegenstand von § 6 des kantonalen Gesetzes vom 18. September 1973 über die
öffentlichen Beurkundungen (BeurkG; SRL 255). Danach besteht die Prüfung aus
einem schriftlichen und einem mündlichen Teil (Abs. 1). Zugelassen werden
Inhaber eines kantonalen Anwaltspatentes oder des luzernischen
Fähigkeitszeugnisses als Gemeindeschreiber (Abs. 2). Das Kantonsgericht wählt
für eine Amtsdauer von vier Jahren eine Prüfungskommission von fünf
Mitgliedern, darunter wenigstens zwei Notare, sowie Ersatzmitglieder (Abs. 3).
Das Kantonsgericht bestimmt alles Nähere durch Verordnung (Abs. 4). Die
Wiederholung der Prüfung ist in § 5 der Prüfungsverordnung geregelt: Wird die
schriftliche oder die mündliche Prüfung nicht bestanden, so bestimmt die
Kommission, wann und unter welchen Bedingungen der Bewerber sich neuerdings
anmelden kann (Abs. 1). Nach dreimaligem Misserfolg wird der Bewerber nicht
mehr zur Prüfung zugelassen (Abs. 2). Weiter besagt § 2 Abs. 4 der
Prüfungsverordnung, dass das Kantonsgericht über Gesuche um Zulassung zur
Prüfung entscheidet [...].

3.1. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer die Notariatsprüfung auch
beim dritten Versuch nicht bestanden hat und die kantonale
Notariatsprüfungskommission ihm mit Verfügung vom 9. April 2013 sowohl das
Prüfungsergebnis als auch den Ausschluss von weiteren Wiederholungen mitteilte.
Diese Verfügung war mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen. Die vom
Beschwerdeführer erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos. Mit dem Urteil des
Bundesgerichts 2D_2/2014 vom 16. Juni 2014 wurde die Verfügung der
Notariatsprüfungskommission vom 9. April 2013 rechtskräftig bestätigt. Auf ein
erneutes Zulassungsgesuch des Beschwerdeführers vom 21. Januar 2016 hin
bestätigte der Kantonsgerichtspräsident mit Schreiben vom 3. Februar 2016, dass
ein Bewerber nach dreimaligem Misserfolg nicht mehr zur Prüfung zugelassen
werde. Auf eine Beschwerde gegen diese Mitteilung ist das Kantonsgericht mit
dem angefochtenen Entscheid vom 9. August 2016 nicht eingetreten.

3.2. Der definitive Ausschluss des Beschwerdeführers von einer weiteren
Notariatsprüfung wurde bereits am 9. April 2013 durch die
Notariatsprüfungskommission verfügt, und es bestand die Möglichkeit, den
Ausschluss im Rahmen seiner Beschwerde gegen diese Verfügung anzufechten. Der
Beschwerdeführer hat aber in seiner damaligen Beschwerde an das Kantonsgericht
den Ausschluss von weiteren Prüfungen nicht beanstandet. In seiner
Nachbegründung zur damaligen Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Kantonsgericht beantragte er zwar in allgemeiner Weise, die Beschränkung der
Anzahl der Prüfungsversuche sei aufzuheben. Das Kantonsgericht legte in seinem
Entscheid vom 18. November 2013 indes dar, dass es zur Behandlung von Anträgen
auf Abänderung der Prüfungsverordnung nicht zuständig sei und deshalb darauf
nicht eintreten könne. Im anschliessenden bundesgerichtlichen Verfahren 2D_2/
2014 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Aufhebung der Verfügung vom 9.
April 2013. Darauf trat das Bundesgericht wegen des Devolutiveffekts zwar nicht
ein; indessen galt die erstinstanzliche Verfügung als inhaltlich mit
angefochten (Urteil 2D_2/2014 vom 16. Juni 2014 E. 1.6 mit Hinweisen). Der
definitive Ausschluss des Beschwerdeführers von der Notariatsprüfung als Folge
des Nichtbestehens der Prüfung im dritten Versuch war nicht Thema des
bundesgerichtlichen Entscheids, da er vom Beschwerdeführer nicht beanstandet
wurde. Die Verfügung vom 9. April 2013 und damit auch der definitive Ausschluss
von weiteren Prüfungen erwuchs in formelle Rechtskraft, nachdem sämtliche
dagegen erhobenen Rechtsmittel abgewiesen wurden.

3.3. Formelle Rechtskraft bedeutet, dass die Verfügung mit keinem ordentlichen
Rechtsmittel mehr angefochten werden kann; das Verfahren hat seinen Abschluss
gefunden. Dies ist etwa der Fall, wenn die Rechtsmittelfrist unbenutzt
abgelaufen ist, wenn von vornherein kein ordentliches Rechtsmittel mehr gegeben
ist, bei einem ausdrücklichen Verzicht auf ein ordentliches Rechtsmittel oder
bei Rückzug des   ordentlichen Rechtsmittels. Als ordentliches Rechtsmittel
gelten auch die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde (vgl. Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Markus
Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 31 N. 5 und 6; Häfelin/
Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, Rz. 1091 f.;
Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht, 2. Aufl. 2015, Rz. 848).
Das Schreiben des Kantonsgerichtspräsidenten vom 3. Februar 2016 erscheint vor
diesem Hintergrund als reine Bestätigung des rechtskräftig gewordenen
Prüfungsausschlusses vom 9. April 2013. Es ist nichtersichtlich und wird vom
Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht, dass sich die Verhältnisse
geändert hätten oder ein anderer Grund für eine Neubeurteilung des
rechtskräftigen Ausschlusses oder für eine Wiedererwägung der Verfügung vom 9.
April 2013vorliegen könnte. Der Beschwerdeführer stellt auch nicht in Abrede,
dass ihm gegen die Verfügung vom 9. April 2013 bereits einmal der verfassungs-
und konventionskonforme Zugang zur gerichtlichen Beurteilung durch das
Kantonsgericht und das Bundesgericht offen stand.
Somit ist nicht zu beanstanden, dass das Kantonsgericht auf die Beschwerde
nicht eingetreten ist, die sich formell zwar gegen das Schreiben des
Kantonsgerichtspräsidenten vom 3. Februar 2016 richtete, inhaltlich indessen
den rechtskräftig gewordenen Prüfungsausschluss vom 9. April 2013 betraf. Bei
dieser Rechtslage erübrigt sich die Prüfung der vom Beschwerdeführer
aufgeworfenen Frage der Zuständigkeit des Kantonsgerichts. Unter diesen
Umständen konnte sich auch eine allfällige Verletzung der Weiterleitungspflicht
durch das Kantonsgericht (Art. 48 Abs. 3 BGG) nicht zum Nachteil des
Beschwerdeführers auswirken. Auf die Beschwerde ist insoweit nicht einzutreten.

4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf
eingetreten werden kann.
Dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend sind die
Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG). Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Das Ausstandsgesuch wird als gegenstandslos abgeschrieben.

2. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Notariatsprüfungskommission des Kantons
Luzern und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Februar 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Straub

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