Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.875/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_875/2016

Urteil vom 10. Oktober 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Einwohnergemeinde U.________,

Steueramt des Kantons Solothurn.

Gegenstand
Feuerwehrersatzabgabe,

Beschwerde gegen das Urteil des
Kantonalen Steuergerichts Solothurn
vom 4. Juli 2016.

Sachverhalt:

A.
A.________ (geb. 1987) hat Wohnsitz in U.________/SO, wo er aufgrund seines
Alters der Feuerwehrdienstpflicht unterliegt. Seinem eigenen Bekunden zufolge
leidet er an einer degenerativen Erkrankung der Gelenkknorpel der Kniescheibe
(Chondropathia patellae Grad III), wozu er auf einen Austrittsbericht der Suva
(Rehaklinik Bellikon) vom 26. April 2011 verweist. Danach bestehen
belastungsverstärkte leichte Knieschmerzen rechts und links patellär,
intermittierend, intermittierend belastungsabhängige Hüftschmerzen beidseitig
sowie subjektives Knacken/Knirschen des Kniegelenks, auch dies beidseitig.
A.________ bezieht weder eine Rente noch eine Hilflosenentschädigung der
Eidgenössischen Invalidenversicherung.

B.
Am 30. Dezember 2015 stellte die Wohnsitzgemeinde A.________ für das Jahr 2014,
in welchem er keinen aktiven Feuerwehrdienst geleistet hatte, eine
Feuerwehrersatzabgabe von Fr. 189.05 in Rechnung. A.________ bestritt die
Forderung und beantragte die Befreiung von der Ersatzabgabe sowie die
Rückerstattung bereits bezahlter Abgaben. Er machte geltend, angesichts seiner
Behinderung stelle die Abgabe sich als diskriminierend dar. Mit Verfügung vom
8. Februar 2016 wies die örtliche Finanzverwaltung die Eingabe ab, was der
Einwohnergemeinderat mit Beschwerdeentscheid vom 30. März 2016 bestätigte.

C.
Am 28. April 2016 gelangte A.________ an das Kantonale Steuergericht Solothurn,
das den Rekurs mit Entscheid SGSEK.2016.14 vom 4. Juli 2016 abwies. Das
Steuergericht erwog, es bestehe kein Anspruch auf persönliche Erfüllung der
Feuerwehrpflicht. Dementsprechend sei die örtliche Feuerwehrkommission nicht
gehalten gewesen, über die Nichtrekrutierung eine Verfügung zu erlassen. Das
örtliche Korps weise zur Zeit ohnehin einen Überbestand auf. Eine
Diskriminierung sei nicht ersichtlich. Der Rechtsprechung der Strassburger
Organe lasse sich nichts Gegenteiliges entnehmen, zumal - anders als bezüglich
der Militärdienstpflicht - keine alternative Pflichterfüllung zur Verfügung
stehe.

D.
Mit Eingabe beim Bundesgericht vom 18. September 2016 (Poststempel) erhebt
A.________ (nachfolgend: der Abgabepflichtige) beim Bundesgericht Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, "alle Menschen" mit einer
Behinderung, die aufgrund ihrer Behinderung untauglich zum Feuerwehrdienst
sind, seien von der Feuerwehrpflicht und der Ersatzpflicht zu befreien und es
seien ihnen die in den letzten fünf Jahren geleisteten Ersatzabgaben zu
erstatten. Eventualiter sei er (persönlich) von der Feuerwehrpflicht und der
Ersatzpflicht zu befreien, zudem seien ihm die in den letzten fünf Jahren
geleisteten Ersatzabgaben zu erstatten.
Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat als
Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]) von
Instruktionsmassnahmen abgesehen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den verfahrensabschliessenden Entscheid
(BGE 141 III 395 E. 2.2 S. 397) einer letzten kantonalen Instanz in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Urteil 2C_160/2014 vom 7. Oktober 2014
E. 1.1). Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten liegen grundsätzlich vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario,
Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 und 100 Abs. 1 BGG). Auf die
Beschwerde ist unter Vorbehalt des Nachfolgenden einzutreten.

1.2.

1.2.1. Der Streitgegenstand ("l'objet du litige") setzt sich aus dem durch die
Verfügung geregelten Rechtsverhältnis zusammen, das Gegenstand der
angefochtenen Verfügung bildete oder hätte bilden sollen, in jedem Fall aber
nur insoweit, als das Rechtsverhältnis überhaupt noch streitig ist (BGE 142 I
155 E. 4.4.2 S. 156). Der Streitgegenstand kann daher im Laufe des
Rechtsmittelverfahrens nur eingeschränkt  (minus), nicht aber ausgeweitet 
(plus) oder geändert  (aliud) werden (Urteil 2C_124/2013 vom 25. November 2013
E. 2.2.4 mit zahlreichen Hinweisen, in: ASA 82 S. 379, ZBl 115/2014 S. 663,
RDAF 2015 I, S. 311). Nicht zum Streitgegenstand zählt die rechtliche
Begründung einer Verfügung. Den Parteien ist es unbenommen, ihre rechtliche
Argumentation im Laufe des Rechtsmittelverfahrens anzupassen, ohne dass darin
eine unzulässige Veränderung des Streitgegenstands oder ein unzulässiges Novum
liegt (Art. 99 Abs. 1 BGG; zit. Urteil 2C_124/2013 E. 2.2.2). Demgegenüber sind
neue Begehren vor Bundesgericht in jedem Fall unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG;
BGE 142 I 155 E. 4.4.3 S. 156; 136 V 362 E. 3.4 S. 365 f.).

1.2.2. Ausgangspunkt des Verfahrens war die dem Abgabepflichtigen auferlegte
Feuerwehrersatzabgabe. Soweit er beantragt, alle Menschen mit einer
Behinderung, die aufgrund dieser Behinderung feuerwehrdienstuntauglich sind,
seien von der Feuerwehrdienstpflicht und der Ersatzpflicht zu befreien und es
seien ihnen die geleisteten Abgaben zurückzuerstatten, sprengt dies den Rahmen
des Streitgegenstandes. Zudem wäre der Abgabepflichtige mangels besonderer
Betroffenheit (Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG; BGE 141 I 78 E. 3.1 S. 81; 141
II 50 E. 2.1 S. 52) zu einem solchen Antrag gar nicht legitimiert. Insoweit ist
auf die Beschwerde daher nicht einzutreten.

1.2.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 189
Abs. 1 lit. a und b BV [SR 101]; Art. 95 lit. a und b BGG). Bei der Prüfung
verfügt das Bundesgericht über uneingeschränkte (volle) Kognition und wendet es
das Bundesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 140 III 86 E. 2 S.
88).

1.2.4. Der Eingriff in kantonales oder kommunales Recht bildet nur insofern
einen eigenständigen Beschwerdegrund, als die Verletzung kantonaler
verfassungsmässiger Rechte (Art. 95 lit. c BGG) oder kantonaler Bestimmungen
zum Stimm- und Wahlrecht (Art. 95 lit. d BGG) geltend gemacht wird. Abgesehen
davon kann das Bundesgericht die Handhabung kantonalen und kommunalen
Verfassungs-, Gesetzes- oder Verordnungsrechts nicht als solche prüfen, sondern
lediglich daraufhin, ob dadurch Bundes-, Völker- oder interkantonales Recht
verletzt wird (Art. 95 lit. a, b und e BGG; BGE 141 I 36 E. 5.4 S. 43). In der
Praxis steht die Prüfung unter dem Aspekt der Verletzung verfassungsmässiger
Rechte (BGE 142 V 94 E. 1.3 S. 96) und dabei insbesondere des Willkürverbots im
Sinne von Art. 9 BV (BGE 141 IV 317 E. 5.4 S. 324) im Vordergrund.

1.2.5. Im vorliegenden Fall stellt sich insbesondere die Frage nach der
Vereinbarkeit des kantonalen bzw. kommunalen Feuerwehrrechts mit dem
übergeordneten Recht (Art. 49 Abs. 1 [Bundesrecht] und Art. 5 Abs. 4 BV
[Völkerrecht]). Dabei handelt es sich um einen zulässigen Beschwerdegrund im
Sinne von Art. 95 lit. a in Verbindung mit Art. 82 lit. a BGG (vorfrageweise
bzw. "konkrete" Normenkontrolle). Zeigt sich, dass die streitbetroffene
generell-abstrakte Norm ganz oder teilweise übergeordnetem Recht widerspricht,
bleibt diese zwar weiterhin in Kraft, doch ist der darauf beruhende
individuell-konkrete Anwendungsakt aufzuheben (Urteile 2C_422/2014 vom 18. Juli
2015 E. 2.3.2, in: ASA 84 S. 321; 2C_1174/2012 vom 16. August 2013 E. 1.7.1 und
1.7.4, in: ASA 82 S. 146 und 502, ZBJV 150/2014 S. 791).

1.2.6. Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten und von kantonalem bzw.
kommunalem und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht in jedem Fall nur,
falls eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend
begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht gemäss Art.
106 Abs. 2 BGG; BGE 140 IV 57 E. 2.2 S. 60). Unterbliebt dies, kann das
Bundesgericht eine Beschwerde selbst dann nicht gutheissen, wenn eine
Verfassungsverletzung tatsächlich vorliegt (BGE 141 I 36 E. 1.3 S. 41). In der
Beschwerde ist daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des
angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Rechte
verletzt worden sein sollen (BGE 140 II 141 E. 8 S. 156).

1.2.7. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz, wozu auch die Beweiswürdigung zählt (BGE 141 IV
369 E. 6.3 S. 375), nur berichtigen oder ergänzen, soweit sie offensichtlich
unrichtig - das heisst willkürlich - sind oder auf einer anderen
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 142
V 2 E. 2 S. 5).

2.

2.1. Das Feuerwehrwesen als Teil der inneren Sicherheit ist, von Ausnahmen
abgesehen, Sache der Kantone (Art. 3 in Verbindung mit Art. 42 Abs. 1 und insb.
Art. 57 Abs. 1 BV; RAINER J. SCHWEIZER/ MARKUS H. F. MOHLER, in: Ehrenzeller/
Schindler/Schweizer/Vallender, Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl.
2014, N. 15 zu Art. 57 BV). Im Kanton Solothurn ist hierzu das Gesetz vom 24.
September 1972 über die Gebäudeversicherung, Brandverhütung, Feuerwehr und
Elementarschadenhilfe (GVG/SO; BGS 618.111) ergangen. Dementsprechend herrscht
im bundesgerichtlichen Verfahren die qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht
(vorne E. 1.2.6). Ob dieser Anforderung durchwegs genügt wird, kann offen
bleiben, nachdem die Beschwerde, wie zu zeigen ist, ohnehin abgewiesen werden
muss.

2.2.

2.2.1. Nach dem Recht des Kantons Solothurn hat jede Gemeinde eine Feuerwehr zu
organisieren und zu unterhalten (§ 71 Abs. 1 Satz 1 GVG/SO). Der Pflicht zum
Feuerwehrdienst unterliegen alle Frauen und Männer der jeweiligen
Wohnsitzgemeinde (§ 76 Abs. 1 GVG/SO in der Fassung vom 28. November 1993 und
in Kraft seit 1. Januar 1994). Die Pflicht beginnt in dem Jahr, in welchem das
21. Altersjahr vollendet wird, und hört mit dem Jahr auf, in welchem das 42.
Altersjahr vollendet wird (§ 77 Abs. 1 GVG/SO). Sie besteht entweder in der
persönlichen  Leistung des Feuerwehrdienstes (Hauptpflicht) oder in der 
Bezahlung der Ersatzabgabe (Ersatzpflicht).

2.2.2. Darüber, in welcher Weise der Dienstpflicht zu genügen ist, entscheiden
die für die Aushebung und Einteilung der Dienstpflichtigen zuständigen
Gemeindebehörden (§ 76 Abs. 2 GVG/SO). Die  Ersatzpflicht ist subsidiär. Ihr
unterliegt, solange eine Dienstpflicht besteht, "wer nicht in einer Orts- oder
anerkannten Betriebsfeuerwehr eingeteilt ist" (§ 78 GVG/SO in der Fassung vom
7. Dezember 1986, in Kraft seit 1. Januar 1987).

2.2.3. Unter bestimmten Umständen sind die Personen im dienstpflichtigen Alter
sowohl von der Haupt- wie der Ersatzpflicht ausgenommen. Der entsprechende
Katalog ist abschliessender Natur (§ 77bis Abs. 1 GVG/SO in der Fassung vom 28.
November 1993, in Kraft seit 1. Januar 1994). Gänzlich befreit sind danach
Schwangere (lit. a); diejenige Person, die mindestens ein im eigenen Haushalt
lebendes Kind bis zum vollendeten 15. Altersjahr allein oder vorwiegend betreut
(lit. b); Personen, die eine Invalidenrente oder eine Hilflosenentschädigung
der Eidgenössischen Invalidenversicherung beziehen (lit. c), sowie diejenige
Person, die eine im eigenen Haushalt lebende Person nach Buchstabe c dauernd
betreuen muss (lit. d). Was die Befreiung von der Hauptpflicht (nicht aber der
Ersatzpflicht) betrifft, sind die Gemeinden befugt, weitergehende Ausnahmen
vorzusehen (§ 77ter GVG/SO in der Fassung vom 28. November 1993, in Kraft seit
1. Januar 1994).

2.3. Im Nachgang zu den kantonalen Vorschriften hat die Gemeindeversammlung der
hier interessierenden Einwohnergemeinde am 19. Juni 1995 ein Feuerwehrreglement
erlassen. Dieses übernimmt im streitbetroffenen Bereich die kantonalen
Vorgaben, so insbesondere bezüglich der Dienstpflicht im Allgemeinen (§ 7) oder
der Befreiung von der Dienstpflicht (§ 10). Kommunal gilt eine
Feuerwehrdienstpflicht bis zum erreichten 45. Altersjahr (§ 8 in der Fassung
vom 17. Juni 2002, in Kraft seit 1. Januar 2003).

2.4. Bei der Feuerwehrersatzabgabe nach dem Recht des Kantons Solothurn handelt
es sich um eine Ersatzabgabe im abgaberechtlichen Sinn  (taxe de remplacement).
Als solche fällt sie - wie etwa auf eidgenössischer Ebene die Ersatzabgabe
gemäss Art. 1 und 11 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1959 über die
Wehrpflichtersatzabgabe (WPEG; SR 661) - nicht unter die Steuern (Urteil 2C_221
/2009 vom 21. Januar 2010 E. 4.2, in: StR 65/2010 S. 332), die
voraussetzungslos geschuldet sind (Urteil 2C_794/2015 vom 22. Februar 2016 E.
3.2.1, in: ASA 84 S. 725, StR 71/2016 S. 542). Ersatzabgaben werden - auch wenn
der für Kausalabgaben kennzeichnende Leistungsaustausch fehlt - den
Kausalabgaben zugerechnet (ERNST BLUMENSTEIN/PETER LOCHER, System des
schweizerischen Steuerrechts, 7. Aufl. 2016, S. 3 und insb. 5; ISABELLE HÄNER,
in: Isabelle Häner/Bernhard Waldmann [Hrsg.], Kausalabgaben, 2015, S. 8; XAVIER
OBERSON, Droit fiscal suisse, 4. Aufl. 2012, § 1 N. 9; DANIELA WYSS,
Kausalabgaben, 2009, S. 13 f.).

2.5. Der Sinn der Ersatzabgabe besteht darin, dass diejenigen, welche die
Hauptpflicht nicht erfüllen und demzufolge die damit verbundenen Belastungen
und Nachteile nicht tragen müssen, einen gewissen Ausgleich leisten. Dass eine
Wehrpflichtersatzabgabe erhoben wird, entspricht dem Gebot der Rechtsgleichheit
und der Gerechtigkeit gegenüber denjenigen, welche die Hauptpflicht persönlich
erfüllen (Urteil 2C_221/2009 vom 21. Januar 2010 E. 4.2 und 5, in: StR 65/2010
S. 332). Dies trifft auf die bundesrechtliche Wehrpflichtersatzabgabe ebenso zu
wie auf die Feuerwehrpflichtersatzabgabe nach dem Recht des Kantons Solothurn.

3.

3.1. Der Abgabepflichtige bezeichnet sich als behindert und beziffert seinen
mutmasslichen Invaliditätsgrad mit zehn Prozent. Den Umstand, dass er zur
Ersatzabgabe herangezogen wird, erachtet er als rechtsungleich (Art. 8 Abs. 1
BV) und diskriminierend (Art. 8 Abs. 2 BV). Er erblickt darin auch einen
Verstoss gegen Völkerrecht.

3.2. Der Abgabepflichtige beschreibt seine Krankheit (vorne lit. A)
dahingehend, dass bereits das eigene Körpergewicht zu einer Überlastung der
Knie führe. Er sei auf eine Tätigkeit angewiesen, bei welcher er vorwiegend
sitzen könne. Häufigem Stehen und Gehen sei er ebenso wenig gewachsen wie enger
Kleidung oder dem Aufenthalt in der Kälte. Die Vorinstanz macht zum
Gesundheitszustand des Abgabepflichtigen kaum Aussagen. Sie stellt aber fest,
dass der Abgabepflichtige weder eine Rente noch eine Hilflosenentschädigung der
Eidg. Invalidenversicherung beziehe. Dies ist für das Bundesgericht verbindlich
(Art. 105 Abs. 1 BGG; vorne E. 1.2.7).

3.2.1. Soweit die Ausführungen des Beschwerdeführers zu seinem gegenwärtigen
Gesundheitszustand mit Blick auf das Novenverbot (Art. 99 Abs. 1 BGG, vorne E.
1.2.1; Urteil 2C_1115/2014 vom 29. August 2016 E. 1.4, zur Publ. vorgesehen)
überhaupt zu hören sein sollten, ist folgendes festzuhalten: Der
Abgabepflichtige bezieht sich vor Bundesgericht einzig auf den eingangs
erwähnten Austrittsbericht der Suva. Dieser datiert vom 26. April 2011 und
attestiert dem Abgabepflichtigen zwar gewisse belastungsabhängige Beschwerden
im Knie- und Hüftbereich, es ist aber lediglich von "leichten" Knieschmerzen
beidseitig die Rede (vorne lit. A). Das Attest ist zudem vor mehr als fünf
Jahren ergangen. Der Umstand, dass der Abgabepflichtige im vorinstanzlichen
Verfahren kein neueres Attest vorlegen konnte, lässt darauf schliessen, dass
die Beeinträchtigung in der Zwischenzeit nicht wesentlich zugenommen hat.

3.2.2. Wie die Vorinstanz willkürfrei ausführt, sieht das Feuerwehrrecht des
Kantons Solothurn keinen Rechtsanspruch auf Einteilung vor (§ 76 Abs. 1 Satz 2
GVG/SO; § 7 Abs. 2 Satz 2 Regl.). Die Vorinstanz leitet daraus ab, die örtliche
Feuerwehrkommission sei nicht gehalten gewesen, eine Verfügung über die
Nicht-Aushebung zu erlassen. Es muss hier nicht entschieden werden, ob dem
gefolgt werden kann. Im Ergebnis ist die Begründung jedenfalls nicht zu
beanstanden, da der Abgabepflichtige gar nicht verlangt, zur Hauptpflicht
zugelassen zu werden. Gegenteils hält er sich für untauglich, weshalb er
beantragt, er sei von Haupt- und Ersatzpflicht zu befreien.

3.2.3. Entsprechend unbehelflich ist es, wenn der Abgabepflichtige die Praxis
der Strassburger Organe anruft. Der damalige Abgabepflichtige, ein Diabetiker,
hatte stets erklärt, er sei willens, Militärdienst zu leisten (Urteil des EGMR 
Glor gegen Schweiz vom 30. April 2009 [13444/04] § 77, passim). Er wurde indes
sowohl für den Militär- wie auch den Zivilschutzdienst untauglich erklärt, was
das Bundesgericht schützte (Urteil 2A.590/2003 vom 9. März 2004). Der EGMR
erachtete es unter dem Gesichtspunkt des akzessorischen Diskriminierungsverbots
(Art. 14 EMRK) in Verbindung mit dem Anspruch auf Achtung des Privatlebens
(Art. 8 Ziff. 1 EMRK) als problematisch, dass leicht behinderten Personen keine
Möglichkeit offenstand, die Dienstpflicht in anderer als militärischer Form zu
erfüllen (Zivildienst oder Zivilschutzdienst; Urteile 2C_924/2012 vom 29. April
2013 E. 3.3; 2C_396/2012 vom 23. November 2012 E. 4.3.1). Im vorliegenden Fall
strebt der Abgabepflichtige keine Zulassung zur Hauptpflicht an, gegenteils
wünscht er die Befreiung von sämtlichen feuerwehrrechtlichen Pflichten. Der
Entscheid  Glor gegen Schweiz steht der Erhebung der Ersatzabgabe daher nicht
entgegen.

3.3. Der Abgabepflichtige kritisiert weiter, dass die kantonale und kommunale
Gesetzgebung zum Feuerwehrwesen gewissermassen eine Grauzone zwischen gesunden
Personen einerseits und beeinträchtigten Personen ohne Behinderung im Sinne des
Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG; SR
831.20) schaffe.

3.3.1. Unzulässige Rechtsungleichheit in der Rechtssetzung liegt vor, wenn ein
Erlass hinsichtlich einer entscheidwesentlichen Tatsache rechtliche
Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden
Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn er Unterscheidungen unterlässt,
die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen. Gleiches muss nach Massgabe
seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit
ungleich behandelt werden. Die Frage, ob für eine rechtliche Unterscheidung ein
vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu
verschiedenen Zeiten unterschiedlich beantwortet werden, je nach den
herrschenden Anschauungen und Verhältnissen. Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen
dieser Grundsätze und des Willkürverbots ein weiter Gestaltungsspielraum
(Urteil 8C_90/2016 vom 11. August 2016 E. 4.2, zur Publ. vorgesehen; BGE 141 I
78 E. 9.1 S. 90).

3.3.2. Der kantonale Gesetzgeber hat mit dem Abstellen auf den Bestand einer
Rente oder Hilflosenentschädigung eine klare Trennlinie gezogen. Gemäss Art. 28
Abs. 2 IVG in der Fassung vom 6. Oktober 2006 (fünfte IV-Revision, in Kraft
seit 1. Januar 2008 [AS 2007 5129; BBl 2005 4459]) setzt der Rentenanspruch bei
einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 Prozent ein. Das Feuerwehrrecht des
Kantons Solothurn knüpft an diese fremdrechtliche Grenzziehung an und lässt die
umfassende Dienstpflicht (Dienstleistung  und Ersatzabgabe) folglich erst bei
40-prozentigen Invaliditätsgrad entfallen (§ 77bis Abs. 1 lit. c GVG/SO; ebenso
§ 10 Abs. 1 lit. c Regl.). Dabei handelt es sich um einen gesetzgeberischen
Entscheid, der seine Entsprechung in Art. 4 Abs. 1 lit. a bis WPEG findet (in
der Fassung vom 17. Juni 1994, in Kraft seit 1. Januar 1995 [AS 1994 2777 2784
Art. 1; BBl 1993 II 730]).

3.3.3. Für die kantonale Regelung bestehen triftige Gründe: Wer
sozialversicherungsrechtlich als invalid gilt, soll feuerwehrrechtlich weder
zur Haupt- noch zur Ersatzpflicht herangezogen werden. Umgekehrt gilt, dass
Personen, die nicht als invalid gelten, grundsätzlich der Haupt- bzw.
ersatzweise der Abgabepflicht unterliegen. Entgegen der Einschätzung des
Abgabepflichtigen ist die kantonale Bestimmung durchaus differenziert
ausgestaltet, indem sie eine sozialversicherungsrechtliche Wertung übernimmt,
von welcher sich auch der Bundesgesetzgeber - im Bereich der
Wehrpflichtersatzabgabe (Art. 4 Abs. 1 lit. a bis WPEG) - hat leiten lassen.
Wie dargelegt, entspricht die Ersatzabgabe dem Gebot der Rechtsgleichheit und
der Gerechtigkeit gegenüber denjenigen, welche die Hauptpflicht persönlich
erfüllen (vorne E. 2.5). Dies gilt auch in Bezug auf Personen, die an sich
dienstpflichtig wären, aber nicht zur Hauptpflicht herangezogen werden, weil
der Sollbestand des Verbandes (hier: die örtliche Feuerwehr) erreicht ist. Von
der Ersatzpflicht kann aber ohne Verletzung der Rechtsgleichheit ausgenommen
werden, wer - bedingt durch eine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung -
in seiner finanziellen Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist und deswegen
Leistungen der Sozialversicherung bezieht. Darunter fällt aber nicht, wer
gesundheitlich nur  geringfügig beeinträchtigt ist, sondern eben nur, wessen
Einschränkung in der Erwerbsfähigkeit rechtserheblich ist.

3.3.4. Alle übrigen Betroffenen haben die Wechselfälle des Lebens grundsätzlich
selbst zu meistern. Entsprechend ist es diesen Personen auch zuzumuten, der
feuerwehrrechtlichen Ersatzpflicht nachzukommen, wenn es ihnen entweder nicht
möglich ist, der Hauptpflicht nachzukommen, oder sie zwar Dienst leisten
könnten und möchten, hierzu aber nicht aufgeboten werden (da darauf kein
Rechtsanspruch besteht). Es greift daher zu kurz, wenn der Abgabepflichtige die
Rechtsungleichheit des Gesetzes darin erblickt, dass das Gesetz "invalide"
Behinderte (solche im Sinne des IVG) anders als "nicht invalide" Behinderte
behandelt. Für diese Differenzierung besteht durchaus ein vernünftiger Grund in
den zu regelnden Verhältnissen (vorne E. 3.3.1).

3.3.5. Die kantonale und kommunale Gesetzgebung ist mithin im streitbetroffenen
Bereich rechtsgleich gehalten. Ebenso wenig lässt sich mit Recht sagen, sie
diskriminiere Personen mit geringer Behinderung (Art. 8 Abs. 2 BV; vgl. zur
Tragweite von Art. 8 Abs. 2 BV Urteil 9C_183/2016 vom 26. Juni 2016 E. 6.1.1,
zur Publ. vorgesehen; BGE 141 I 241 E. 4.3.2 S. 250 f.).

3.4. Der Abgabepflichtige beruft sich sodann auf das New Yorker Übereinkommen
vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (SR
0.109), das für die Schweiz am 15. Mai 2014 in Kraft getreten ist.

3.4.1. Ein Staatsvertrag kann lediglich angerufen werden, soweit er der
betreffenden Person individualrechtliche Ansprüche verleiht. Eine
staatsvertragliche Bestimmung ist praxisgemäss direkt anwendbar
("self-executing"), wenn sie  inhaltlich hinreichend bestimmt und klar ist, um
im Einzelfall Grundlage eines Entscheides bilden zu können. Die Norm muss
mithin justiziabel sein, das heisst, es müssen die Rechte und Pflichten des
Einzelnen umschrieben und der Adressat der Norm die rechtsanwendenden Behörden
sein. Wie es sich damit verhält, ist von diesen zu bestimmen (BGE 140 II 185 E.
4.2 S. 190; 136 I 297 E. 8.1 S. 307 f.; 133 I 286 E. 3.2 S. 291 mit weiteren
Hinweisen).

3.4.2. In einem der seltenen höchstrichterlichen Anwendungsfälle zum New Yorker
Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat das
Bundesgericht den Bestand eines Rechtsanspruchs ausdrücklich offengelassen
(Urteil 6B_13/2015 vom 11. Februar 2015 E. 5.5 am Ende). Dies betraf Art. 13
Abs. 1 ("Zugang zur Justiz"), wo die Rede davon ist, dass die Vertragsstaaten
Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wirksamen Zugang zur
Justiz  "gewährleisten". Auch im hier streitbetroffenen Bereich muss die Frage
nicht abschliessend entschieden werden. Der Abgabepflichtige wird nicht 
aufgrund seiner Behinderung ungleich behandelt. Er schuldet die Ersatzabgabe
einzig deshalb,  weil er der Hauptpflicht nicht nachkommt. Es gelten mithin für
ihn dieselben Regeln wie für nichtbehinderte Dienstpflichtige, die keinen
Feuerwehrdienst leisten bzw. zu einem solchen, beispielsweise aus
Bestandesgründen, nicht herangezogen werden. Die Art. 3 lit. e (allgemeiner
Grundsatz der Chancengleichheit) und Art. 5 Abs. 1 und 2 (Gebot der
Rechtsgleichheit und der Nichtdiskriminierung) des New Yorker Übereinkommens
wären deshalb auch dann nicht verletzt, wenn sie als self-executing betrachtet
werden.

3.5. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, weshalb sie abzuweisen
ist, soweit auf sie eingetreten werden kann.

3.6. Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 65 i. V. m. Art. 66 Abs. 1 BGG) sind die
Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen.
Der Wohnsitzgemeinde, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine
Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden dem
Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonalen Steuergericht
Solothurn schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Oktober 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher

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