Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.861/2016
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_861/2016

Urteil vom 21. Dezember 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Claudio Chiandusso,

gegen

Amt für Migration und Personenstand
des Kantons Bern,

Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung infolge Straffälligkeit,

Beschwerde gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 12. August 2016.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ (geb. 1955) ist kosovarischer Staatsbürger. Er arbeitete seit
1985 als Saisonnier in der Schweiz; ab 1990 hielt er sich dauerhaft im Land
auf. Seine kosovarische Ehefrau (geb. 1960) zog am 7. Februar 1993 mit den
sechs gemeinsamen Kindern (geb. zwischen 1982 und 1990) zu ihm. Beide Eheleute
kamen in den Genuss einer Niederlassungsbewilligung.

A.b. Am 8. Juni 2010 wurde A.________ wegen mehrfachen (mit seiner Gattin
begangenen) Betrugs, versuchten Betrugs sowie mehrfacher Urkundenfälschung zu
einer bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt. Im Anschluss hieran
stellte die Einwohnergemeinde U.________ den Eheleuten am 10. Dezember 2010 den
Widerruf ihrer Niederlassungsbewilligungen in Aussicht.

A.c. Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte A.________ am 25. Februar
2014 (unter anderem) wegen versuchten gewerbsmässigen Betrugs gegenüber der
Eidgenössischen Invalidenversicherung (IV) sowie gewerbsmässigen Betrugs
gegenüber den Sozialdiensten der Einwohnergemeinde U.________ (wiederum mit
seiner Gattin begangen) zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten
(10 Monate unbedingt) bei einer Probezeit von vier Jahren.

A.d. Gemäss dem Betreibungsregister des Betreibungsamts Oberland bestanden am
20. Januar 2014 gegen A.________ offene Betreibungen über insgesamt Fr.
84'986.85 sowie offene Verlustscheine von insgesamt Fr. 202'973.60.

B.
Das Amt für Migration und Personenstand (MIP), Migrationsdienst (MIDI), des
Kantons Bern widerrief am 26. März 2015 die Niederlassungsbewilligung von
A.________ und hielt ihn an, das Land zu verlassen. Die hiergegen gerichteten
kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg: Die Polizei- und Militärdirektion
sowie das Verwaltungsgericht des Kantons Bern gingen am 16. September 2015 bzw.
12. August 2016 davon aus, dass A.________ ein schweres Verschulden treffe; er
sei neben anderen untergeordneten Delikten zweimal einschlägig straffällig und
zu zwei überjährigen Strafen verurteilt worden (insgesamt 36 Monate).
A.________ und seine Familie hätten zwischen November 2005 bis Februar 2009 als
Vorauszahlungen für die IV-Rente betrügerisch Sozialhilfeleistungen in der Höhe
von Fr. 160'563.40 erwirkt und versucht, gestützt auf eine angebliche
vollständige Arbeitsunfähigkeit von A.________ - wiederum missbräuchlich - eine
ganze IV-Rente zu erlangen, wodurch der IV ein Schaden von Fr. 342'000.--
entstanden wäre.

C.
A.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern vom 12. August 2016 sowie die Entscheide der Polizei- und
Militärdirektion und des Migrationsdienstes aufzuheben. A.________ macht
geltend, der Widerruf seiner Bewilligung sei im Hinblick auf seine lange
Anwesenheit (fast 30 Jahre) und sein Alter (61-jährig) sowie auf den Aufenthalt
seiner Kinder und Enkelkinder in der Schweiz unverhältnismässig; der Vollzug
der Wegweisung sei wegen seiner gesundheitlichen Probleme unzumutbar. Für den
Fall des Unterliegens ersucht A.________, ihm die unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung zu gewähren.

Erwägungen:

1.

1.1. Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung steht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4; Art.
82 ff. BGG). Soweit der Beschwerdeführer beantragt, auch die Verfügung des
Migrationsdienstes bzw. der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern
aufzuheben, ist sein Begehren unzulässig: Die entsprechenden Hoheitsakte bilden
nicht Anfechtungsobjekt vor Bundesgericht; sie gelten lediglich mit dem
kantonal letztinstanzlichen richterlichen Entscheid inhaltlich als
mitangefochten ("Devolutiveffekt"; Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; BGE 134 II 142 E.
11.4 S. 144; Urteil 2C_1115/2015 vom 20. Juli 2016 E. 1.3.5).

1.2. Auf die Beschwerde ist nicht weiter einzugehen, soweit der
Beschwerdeführer implizit den mit der Beendigung des Aufenthalts als
gesetzliche Folge (vgl. Art. 64 Abs. 1 lit. c AuG) verbundenen
Wegweisungsentscheid infrage stellt (Unzumutbarkeit des Vollzugs ausserhalb der
Interessenabwägung bezüglich der Beendigung seiner Anwesenheit im Rahmen von
Art. 96 AuG und Art. 8 Ziff. 2 EMRK). Diesbezüglich sind im Rahmen der
subsidiären Verfassungsbeschwerde nur Rügen verfahrensrechtlicher Mängel
zulässig, die einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommen und die durch das
Gericht von der Bewilligungsfrage getrennt beurteilt werden können
("Star"-Praxis; BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 312 f.; 123 I 25 E. 1 S. 26 f.) oder
solche von besonderen verfassungsmässigen Rechten. Der Beschwerdeführer
erläutert nicht, dass und inwiefern solche (Non-Refoulement-Gebot, Verbot
unmenschlicher Behandlung usw.) bei einem Vollzug seiner Wegweisung verletzt
würden (vgl. BGE 137 II 305 ff.).

1.3.

1.3.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Vorbringen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Der Verletzung von
Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht geht es nur nach,
soweit eine entsprechende Rüge verfassungsbezogen vorgebracht und hinreichend
substanziiert begründet wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232;
134 II 244 E. 2.2 S. 246). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und
kann diesen - soweit entscheidrelevant - bloss berichtigen oder ergänzen, wenn
er offensichtlich unrichtig oder unvollständig festgestellt wurde (Art. 105
Abs. 2 BGG; BGE 136 II 65 E. 1.4 S. 68, 134 V 53 E. 4.3 S. 62). Die
beschwerdeführende Person muss in Auseinandersetzung mit den Ausführungen der
Vorinstanz dartun, dass und inwiefern diese den Sachverhalt klar und eindeutig
mangelhaft ermittelt hat (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3;
133 III 350 E. 1.3). Rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung
und an der Beweiswürdigung genügt den gesetzlichen Begründungs- bzw.
Rügeanforderungen nicht (vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen).

1.3.2. Der Beschwerdeführer beschränkt sich weitgehend darauf, seine bereits
vor dem Verwaltungsgericht erhobenen, von diesem jedoch verworfenen Einwände zu
wiederholen und zu behaupten, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf Schutz
des Familienlebens verletzt (Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 EMRK). Mit den
Darlegungen im angefochtenen Entscheid zu seinen bereits im kantonalen
Verfahren vorgebrachten Argumenten setzt er sich kaum weiterführend
auseinander. Soweit der Beschwerdeführer lediglich in appellatorischer Weise
seine Sicht der Dinge und Wertungen derjenigen der Vorinstanz gegenüberstellt,
ohne in Bezugnahme auf deren Darlegungen auszuführen, inwiefern diese
Bundesrecht verletzt hat, ist auf seine Darlegungen nicht weiter einzugehen.

1.4. Da neue Vorbringen (echte Noven) im bundesgerichtlichen Verfahren
grundsätzlich unzulässig sind (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG [Novenverbot]; BGE 139
III 120 E. 3.2.1 S. 123; 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.; Urteil 2C_333/2015 vom
10. Februar 2016 E. 2.3), kann das Bundesgericht die erst im vorliegenden
Verfahren geltend gemachten gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers bei
seiner Beurteilung nicht berücksichtigen; der Beschwerdeführer hätte diese
Aspekte bereits im kantonalen Verfahren einbringen können und müssen. Der von
ihm eingereichte ärztliche Bericht datiert vom 1. September 2016 und wurde
somit erst nach dem angefochtenen Entscheid (12. August 2016) erstellt, obwohl
die gesundheitlichen Probleme vorbestanden. Der rechtlichen Beurteilung ist im
Folgenden die vorinstanzliche Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellung
zugrunde zu legen (Art. 105 Abs. 1 BGG).

2.

2.1. Der angefochtene Entscheid verletzt kein Bundesrecht: Die
Niederlassungsbewilligung kann praxisgemäss widerrufen werden, (1) wenn die
ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer
solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist; dabei spielt keine
Rolle, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde
(Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG; BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 32;
137 II 297 E. 2 S. 299; 135 II 377 E. 4.2 S. 381; Urteile 2C_679/2015 vom 19.
Februar 2016 E. 5.1 und 2C_685/2014 vom 13. Februar 2015 E. 4), oder (2) wenn
der Ausländer in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und
Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat bzw. er diese gefährdet
(Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG). Die entsprechenden Widerrufsgründe gelten auch für
ausländische Personen, die seit mehr als 15 Jahren in der Schweiz leben (vgl.
Art. 63 Abs. 3 AuG). Die aufenthaltsbeendende Massnahme muss indessen immer
verhältnismässig sein (vgl. Art. 96 AuG; Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 Abs. 3
BV; Art. 8 Ziff. 2 EMRK). Zu berücksichtigen sind dabei namentlich die Schwere
des Delikts und des Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene
Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner
Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die ihm und seiner
Familie drohenden Nachteile (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.). Keines dieser
Elemente ist für sich allein ausschlaggebend; geboten ist eine Abwägung der
gesamten Umstände im Einzelfall (vgl. das Urteil 2C_846/2014 vom 16. Dezember
2014 E. 2.4).

2.2.

2.2.1. Der Beschwerdeführer hält sich mit seiner Familie schon seit langer Zeit
in der Schweiz auf; er hat ein gewichtiges Interesse daran, im Land verbleiben
und die Beziehungen zu seiner Frau und seinen Kindern bzw. Enkelkindern hier
pflegen zu können, zumal er als Handlanger auf dem Bau von einer
Überbrückungsrente bis zu seiner Pensionierung profitieren kann. Umgekehrt
haben er und seine Gattin wiederholt betrügerisch versucht, sich ihr
Familienleben durch die öffentliche Hand bzw. die Allgemeinheit finanzieren zu
lassen. Der Beschwerdeführer hat aus der ersten Verurteilung wegen Betrugs im
Zusammenhang mit der Aufnahme von Krediten für den Lebensunterhalt nichts
gelernt und daraus keinerlei Konsequenzen gezogen. Im Gegenteil: Er gab sich
anschliessend über Jahre hinweg als voll arbeitsunfähig aus und erwirkte damit
Bevorschussungen der von ihm angestrebten IV-Leistungen. Wie das Obergericht
des Kantons Bern im Strafurteil zu Recht unterstrichen hat, ist es stossend das
Sozialsystem des Gaststaates in dieser Weise auszunutzen. Der Beschwerdeführer
gab während über drei Jahren vor, nicht sprechen zu können, völlig apathisch,
mutistisch, voll pflegebedürftig und demnach nicht mehr arbeitsfähig zu sein.
Sein - so das Obergericht - "hartnäckiges und schauspielerisch geschicktes
Handeln" habe sich über einen "beachtlichen" Zeitraum erstreckt, wobei er durch
seine Gattin und einen Teil der Kinder bei seinem betrügerischen Verhalten
unterstützt worden sei, obwohl er sich ausserhalb der ärztlichen Abklärungen
"völlig normal" und wie ein "gesunder Mensch" benommen habe. Auch wenn er nicht
äusserst raffiniert vorgegangen sei, habe er doch - so das Gericht - "mit allem
Drumm und Dran ziemlich dreist und mit recht hoher krimineller Energie
gehandelt". Seine Beweggründe seien rein egoistisch gewesen. Nur dank der
Kontrollen vor Ort habe sein Betrug aufgedeckt werden können.

2.2.2. Die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich - wie der
Beschwerdeführer - schon seit langer Zeit im Land aufhält,   soll praxisgemäss
nur mit Zurückhaltung widerrufen werden. Bei wiederholter bzw. schwerer
Straffälligkeit ist dies jedoch selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn der
Ausländer hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht
hat (vgl. das Urteil 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.3 [Widerruf der
Niederlassungsbewilligung eines hier geborenen 43-jährigen Türken] und den
Entscheid des EGMR i.S.  Trabelsi gegen Deutschland vom 13. Oktober 2011 [Nr.
41548/06], Ziff. 53 ff. bezüglich der Ausweisung eines in Deutschland
geborenen, wiederholt straffällig gewordenen Tunesiers). Soweit dies zu keinem
Widerspruch zu übergeordnetem Recht - und insbesondere der EMRK - führt,
berücksichtigt das Bundesgericht auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben von
Art. 121 Abs. 3 BV. Danach sollen gemäss dem Willen des Verfassungsgebers
gewisse schwere oder besonders stossende Delikte wie Betrugshandlungen zulasten
der Sozialwerke bzw. der missbräuchliche Bezug von
Sozialversicherungsleistungen losgelöst von der Anwesenheitsdauer künftig zum
Verlust des Aufenthaltsrechts und weiteren ausländerrechtlichen Sanktionen
führen (vgl. Art. 121 Abs. 3 lit. b AuG; BGE 139 I 16 E. 5.3 S. 31; Urteile
2C_679/2015 vom 19. Februar 2016 E. 6.2.3 mit Hinweisen und 2C_333/2015 vom 10.
Februar 2016 E. 5.2). Zwar hat sich das Verhalten des Beschwerdeführers und
seiner Gattin bzw. teilweise der Kinder nicht gegen Leib und Leben oder ein
anderes grundlegendes Rechtsgut gerichtet, dessen Verletzung im Sinne der
bundesgerichtlichen Praxis einer Gewalttat gleich kommt, doch kann nicht
verkannt werden, dass der Beschwerdeführer eine Anlasstat im Sinne von Art. 121
Abs. 3 lit. b BV begangen hat, die nach dem 1. Oktober 2016 im Rahmen der
Konkretisierung der genannten Verfassungsbestimmung grundsätzlich obligatorisch
zu einer strafrechtlichen Landesverweisung führen soll. Gerade
Verhaltensweisen, wie sie der Beschwerdeführer und seine Familie über Jahre
hinweg an den Tag gelegt haben, wurden vom Verfassungs- und Gesetzgeber als
besonders verwerflich erachtet und bildeten Anlass zu der heute - unter
Vorbehalt der Härtefallklausel (Art. 66a Abs. 2 StGB) - im Strafgesetzbuch
vorgesehenen Pflicht, entsprechend straffällig gewordene ausländische Personen
des Landes zu verweisen (Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB).

2.2.3. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung kann - entgegen den allgemein
gehaltenen Ausführungen des Beschwerdeführers - auch nicht als
unverhältnismässig bezeichnet werden: Der Beschwerdeführer ist in seiner Heimat
sozialisiert worden. Er hat dort bis 18-jährig und von 25- bis 30-jährig
gelebt. Dazwischen soll er sich in Slowenien aufgehalten haben. Auf jeden Fall
ist er der heimischen Sprache kundig sowie mit der Kultur und den Gebräuchen im
Kosovo nach wie vor bestens vertraut. Trotz seiner familiären Beziehungen ist
er hier zweimal wegen Vermögensdelikten verurteilt worden, dabei verleitete er
teilweise zusätzlich auch seine Angehörigen dazu, sich an diesen zu beteiligen.
Sein Verhalten lässt auf eine weitgehende Uneinsichtigkeit und Unbelehrbarkeit
schliessen. Wenn die Vorinstanz angenommen hat, der Beschwerdeführer könnte
rückfällig werden, sollte er (wieder) in finanzielle Schwierigkeiten
geraten,   ist dies nicht unhaltbar. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht,
er sei bei den Sozialwerken inzwischen bekannt, weshalb keine Rückfallgefahr
mehr bestehe, übersieht er, dass seine ersten Betrugsdelikte nicht gegen die
Sozialwerke, sondern private Dritte gerichtet waren. Seine Gattin ist ebenfalls
kosovarische Staatsangehörige; es kann dem Ehepaar deshalb gegebenenfalls
zugemutet werden, ihr Familienleben in der gemeinsamen Heimat zu pflegen, zumal
sich die Ehefrau jeweils an den Betrügereien ihres Mannes beteiligt hat. Hieran
ändert nichts, dass der Beschwerdeführer für den zu vollziehenden Teil seiner
Strafe vom "Electronic Monitoring" profitieren konnte und inzwischen offenbar
einer Arbeit nachgeht. Sein jahrelanges täuschendes Verhalten weist auf eine
ungenügende soziale und berufliche Integration hin, zumal er kaum über
Deutschkenntnisse verfügt.

2.2.4. Zwar sind die volljährigen Kinder hier integriert und haben inzwischen
eigene Familien gegründet. Da indessen keine über die normalen familiären
Bindungen hinaus gehenden Abhängigkeiten bestehen, kann der entsprechende
Familienkontakt besuchsweise und über die neuen oder klassischen
Kommunikationsmittel grenzüberschreitend aufrechterhalten werden. Zudem ist zu
berücksichtigen, dass die Gattin und die Kinder nicht gehalten sind, das Land
zu verlassen. Verbleiben sie hier und besteht die Anspruchssituation nach Art.
43 AuG künftig fort, wird ein Gesuch des Beschwerdeführers neu zu prüfen sein,
wenn er sich in seiner Heimat bewährt hat und von ihm keine spezifische Gefahr
mehr für die hiesige Sicherheit und Ordnung zu befürchten ist - er sich mit
anderen Worten für eine angemessene Dauer in seiner Heimat klaglos verhalten
hat, sodass eine Integration in die hiesigen Verhältnisse absehbar erscheint
und eine allfällige Rückfallgefahr ausländerrechtlich vernachlässigt werden
kann. Der Zeitablauf, verbunden mit der Deliktsfreiheit, kann dazu führen, dass
die Interessenabwägung künftig anders ausfällt als im Zeitpunkt der
strafrechtlichen Verurteilung oder der Entlassung aus dem Strafvollzug (Urteil
2C_1170/2012 vom 24. Mai 2013 E. 3.3 mit Hinweisen). In der Zwischenzeit können
die familiären Beziehungen grenzüberschreitend gepflegt werden. Seine Ehefrau
und seine Kinder können den Beschwerdeführer zudem in der Heimat finanziell und
moralisch unterstützen, auch wenn er - im Hinblick auf die
sozialversicherungsrechtliche Situation zwischen der Schweiz und dem Kosovo -
keine Sozialleistungen bzw. Rente erhalten sollte.

3.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet; sie ist deshalb abzuweisen, soweit
darauf eingetreten wird. Der Beschwerdeführer ersucht für diesen Fall um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung, was belegt, dass seine
finanzielle Situation in der Schweiz nicht problemlos und eine gewisse
Rückfallgefahr nicht zum Vornherein ausgeschlossen ist. Gestützt auf die
ausführliche Begründung im angefochtenen Entscheid war die vorliegende Eingabe
aussichtslos. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist
deshalb abzuweisen (Art. 64 BGG). Der Beschwerdeführer hat die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Umstand, dass
über sein Gesuch erst im vorliegenden Urteil entschieden wird, ist bei der
Festsetzung der Kostenhöhe Rechnung zu tragen; dem Beschwerdeführer wäre es bei
einer vorgängigen Beurteilung seines Gesuchs allenfalls noch möglich gewesen,
seine Beschwerde zurückzuziehen. Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet
(vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Bern und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Dezember 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben