Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.838/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_838/2016        

Urteil vom 3. April 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiberin Genner.

Verfahrensbeteiligte
1. A.C.________,
2. B.C.________,
vertreten durch Herrn A.C.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Gemeinde D.________,
vertreten durch den Gemeinderat.

Gegenstand
Gebühren,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3.
Abteilung, Einzelrichter, vom 5. Juli 2016.

Sachverhalt:

A.
Die Eheleute A.C.________ und B.C.________ beantragten am 9. März 2012 eine
Baubewilligung für ein Einfamilienhaus mit angebauter Doppelgarage und
Swimmingpool auf dem Grundstück Kat.-Nr. xxx an der E.________-Strasse
(Gemeinde D.________). Die Baukommission der Gemeinde D.________ erteilte ihnen
am 16. April 2012 die Baubewilligung mit folgenden Nebenbestimmungen: Vor
Baubeginn sei mit dem Bausekretariat ein Zustandsprotokoll der
E.________-Strasse und der F.________-Strasse aufzunehmen und der Baukommission
vorzulegen. Allfällige Beschädigungen an öffentlichen Anlagen seien durch die
Bauherrschaft auf eigene Kosten zu beheben.

B.
Am 11. Februar 2014, nach Abschluss der Bauarbeiten, stellte der Gemeinderat
D.________ den Eheleuten C.________ Fr. 1'863.05 für Aufwendungen betreffend
die Strasseninstandstellung (Ersatz Randabschlüsse E.________-Strasse) in
Rechnung; das (von der Bauherrschaft nicht unterschriebene) Zustandsprotokoll
der E.________-Strasse vom 5. Juli 2012 legte er bei. Mit Einspracheentscheid
vom 9. Juli 2014 hielt der Gemeinderat an der Rechnung fest. Die dagegen
erhobenen Rechtsmittel der Eheleute C.________ blieben erfolglos (Entscheid des
Baurekursgerichts des Kantons Zürich vom 4. Februar 2015; Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. Juli 2016).

C.
A.C.________ und B.C.________ erheben am 13. September 2016 Beschwerde beim
Bundesgericht mit den Anträgen, das angefochtene Urteil bzw. die Rechnung der
Gemeinde D.________ vom 11. Februar 2014 betreffend Strasseninstandstellung
aufzuheben; eventuell sei die Angelegenheit zur neuen Beurteilung an die
Gemeinde D.________ zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht schliesst auf
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Erwägungen:

1.

1.1. Das angefochtene Urteil betrifft die Geldforderung eines Gemeinwesens
gegenüber dem Empfänger einer Baubewilligung. Die Vorinstanz hat den Entscheid
dem Bereich der Gebühren zugeordnet. Ob es sich um eine Gebühr im Rechtssinn
handelt, kann bei der Eintretensfrage offenbleiben: Durch die Akzessorietät zum
Baubewilligungsentscheid ist die Natur der Streitsache als öffentlich-rechtlich
zu qualifizieren, weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten zulässig ist (Art. 82 lit. a BGG; offensichtlich gegeben sind
die Voraussetzungen nach Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG).

1.2. Die Beschwerdeführer sind als Adressaten des angefochtenen Entscheids
besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung
oder Aufhebung; sie sind zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1
BGG).

1.3. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.
Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG schreibt vor, dass kantonale Entscheide, welche der
Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, die massgebenden Gründe
tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angabe der angewendeten
Gesetzesbestimmungen, enthalten müssen. Aus dem Entscheid muss klar
hervorgehen, welchen Sachverhalt die Vorinstanz als rechtserheblich erachtet
und ihrem Entscheid zugrunde gelegt hat und - davon ausgehend - welche
rechtlichen Überlegungen sie angestellt hat. Genügt ein Entscheid den
Anforderungen nach Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG nicht, so kann das Bundesgericht
ihn in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG an die kantonale Behörde zur
Verbesserung zurückweisen oder aufheben. Die erste Variante drängt sich etwa
bei Kanzleiversehen auf, welche der Berichtigung unterliegen; es handelt sich
dabei nicht um einen Endentscheid des Bundesgerichts, sondern um eine
Instruktionsmassnahme (HANSJÖRG SEILER, in: Stämpflis Handkommentar zum
Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2. Aufl. 2015, N. 46 zu Art. 112 BGG). Die zweite
Variante betrifft inhaltliche Mängel des angefochtenen Entscheids, welche
mittels Verbesserung nicht korrigiert werden können. Aufgrund der
Kann-Vorschrift des Art. 112 Abs. 3 BGG ist das Bundesgericht dennoch nicht
gezwungen, einen derartigen Entscheid aufzuheben: Ist dieser trotz des
Eröffnungsfehlers überprüfbar, ohne dass dadurch den Parteien ein Nachteil
erwächst, steht einer materiellen Prüfung nichts im Weg (SEILER, a.a.O., N. 44
zu Art. 112 BGG). Im gegenteiligen Fall steht es dem Bundesgericht nicht zu,
sich an die Stelle der Vorinstanz zu setzen, die ihrer Aufgabe nicht
nachgekommen ist (BGE 141 IV 244 E. 1.2.1 S. 246; Urteil 8C_742/2016 vom 5.
Januar 2017 E. 1).
Muss der angefochtene Entscheid durch das Bundesgericht aufgehoben werden, ist
die Beschwerde gutzuheissen und an die Vorinstanz zurückzuweisen; diese hat
einen Entscheid zu fällen, welcher den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 BGG
genügt (Urteile 2C_517/2016 vom 28. Juni 2016 E. 4.4; 1C_435/2015 vom 17.
September 2015 E. 3; BERNARD CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014,
N. 60 zu Art. 112 BGG). Die Aufhebung und Rückweisung zu neuem Entscheid nach
Art. 112 Abs. 3 BGG ist (wie die Rückweisung nach Art. 107 Abs. 2 BGG) ein
kassatorischer Sachentscheid mit der Folge, dass die Vorinstanz einen neuen
Entscheid mit verbesserter Begründung fällen muss (SEILER, a.a.O., N. 48 zu
Art. 112 BGG). Die verfahrensrechtlichen Folgen gemäss Art. 112 Abs. 3 BGG sind
von Amtes wegen zu prüfen (Urteile 8C_742/2016 vom 5. Januar 2017 E. 1; 5A_6/
2016 vom 15. September 2016 E. 5.1).

3.

3.1. Die Vorinstanz erwog, aufgrund der in der Baubewilligung verfügten
Auflagen hätten die Beschwerdeführer gewusst, dass sie vor Baubeginn eine
Zustandsaufnahme der E.________-Strasse und der F.________-Strasse hätten
vornehmen müssen, bevor sie überhaupt mit den Bauarbeiten hätten beginnen
dürfen. Es habe daher von ihnen erwartet werden dürfen, dass sie entsprechende
Abklärungen treffen oder zumindest nach den Zustandsprotokollen fragen würden.
Am 5. Juli 2012, vor Beginn der Bauarbeiten, habe die Gemeinde D.________ ein
Zustandsprotokoll der Strasse inklusive der Randabschlüsse im Bereich der
Bauparzelle erstellen lassen. Gemäss dem Zustandsprotokoll vom 5. Juli 2012 sei
vor Baubeginn der Zustand der Randabschlüsse (Schalensteine) im Bereich des
Baugrundstücks ausserordentlich gut gewesen. Die Sanierungsdringlichkeit der
Abschlüsse sei auf über zwei Jahre eingeschätzt worden.
Die Bauherrschaft sei zwar bei der Erstellung des Protokolls nicht zugegen
gewesen und habe es auch nicht unterschrieben. Dennoch sei darauf abzustellen,
denn es sei mit zahlreichen Fotos dokumentiert und Gründe für eine falsche
Protokollierung seien weder vorgebracht worden noch ersichtlich. Auf den
Bildern, die nach Abschluss der Bauarbeiten aufgenommen worden seien, seien
mehrere ausgebrochene Randsteine erkennbar. Auch wenn der Zustand der
Randabschlüsse vor den Bauarbeiten teilweise nicht mehr gut gewesen sei, sei er
durch die Bauarbeiten deutlich verschlechtert worden. Eine Instandstellung
erscheine gerechtfertigt. Zudem sei es sinnvoll, die inneren und äusseren
Randsteine miteinander zu ersetzen, weil diese zusammen einbetoniert würden.
Die Gemeinde D.________ habe die Sanierung der Randsteine entlang der gesamten
Bauparzelle (ca. 27m) vorgenommen, den Beschwerdeführer n aber nur die Kosten
für 3m davon auferlegt. Dies sei verhältnismässig.
Die Rüge der Beschwerdeführer, die Gemeinde habe ihnen keine Gelegenheit
geboten, die Instandstellung selbst vorzunehmen, sei nicht gerechtfertigt. Denn
es werde nicht vorgebracht, dass ein Ersatz auf eigene Kosten günstiger gewesen
wäre. Da die Gemeinde die Randsteine entlang der gesamten Parzelle erneuert
habe, sei es angebracht gewesen, den Auftrag als Ganzes ausführen zu lassen.

3.2. Das angefochtene Urteil nennt keine Gesetzesbestimmung, auf die sich die
Forderung der Gemeinde D.________ stützen soll; desgleichen der Entscheid des
Baurekursgerichts. Ob es um Schadenersatz im Rechtssinn geht oder um eine
Gebühr und wenn ja, um welche Art von Gebühr, ist dem angefochtenen Urteil
nicht zu entnehmen. Zudem fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der
Zulässigkeit von Nebenbestimmungen bei Verfügungen und mit der Rechtsnatur der
Kausalabgaben, denen die Gebühren zugehören.

3.3. Bei dieser Ausgangslage ist es dem Bundesgericht nicht möglich, die
Kostenauferlegung für die Instandstellung von Randabschlüssen an der
E.________-Strasse entlang der Parzelle der Beschwerdeführer auf ihre
Rechtmässigkeit zu überprüfen. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, ohne dass
die Rügen der Beschwerdeführer behandelt werden können. Denn ohne Kenntnis der
gesetzlichen Grundlage für die Kostenauflage kann auch nicht beurteilt werden,
ob die Vorbringen rechtserheblich sind. Das angefochtene Urteil ist gestützt
auf Art. 112 Abs. 3 BGG aufzuheben und an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese
wird - allenfalls nach Durchführung von Beweismassnahmen - zu prüfen haben, ob
die Gemeinde ihre Forderung zu Recht erhoben hat. Wird dies bejaht, sind die
gesetzlichen Grundlagen anzugeben, auf welche sich der Entscheid stützt.
Andernfalls ist die Beschwerde gutzuheissen.

4.
Die Beschwerde ist gutzuheissen, und das angefochtene Urteil ist aufzuheben.
Die Sache ist zu neuer Entscheidung im Sinn der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Die Gerichtskosten sind dem unterliegenden Kanton Zürich, dessen
Verwaltungsgericht durch das nicht begründete Urteil unnötige Kosten verursacht
hat, aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 3 BGG). Den nicht vertretenen Beschwerdeführern
ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, und das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich vom 5. Juli 2016 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer
Entscheidung im Sinn der Erwägungen an das Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich zurückgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Kanton Zürich auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 3. Abteilung, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. April 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Genner

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