Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.788/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_788/2016

Urteil vom 21. Dezember 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Fellmann.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Departement des Innern des Kantons Solothurn, Migrationsamt.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom
7. Juli 2016.

Erwägungen:

1.

1.1. A.A.________ (geb. 1973) ist kosovarischer Staatsangehöriger. Er reiste am
28. Januar 1993 erstmals in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch, das
abgewiesen wurde. Gleichwohl verblieb er in der Schweiz, wobei er vom 21. Juni
1999 bis 16. August 1999 gestützt auf einen entsprechenden Bundesratsbeschluss
vorläufig aufgenommen wurde. Ab 6. Oktober 2000 galt er als verschwunden. Vor
seinem Verschwinden lebte er zusammen mit der ihm religiös angetrauten
E.________ (geb. 1973) sowie den gemeinsamen Kindern B.A.________ (geb. 1998)
und C.A.________ (geb. 2000) in V.________/BE. E.________ verliess die Schweiz
mit den beiden Kindern am 1. September 2000.

1.2. A.A.________ reiste am 15. Januar 2005 zwecks Ehevorbereitung erneut in
die Schweiz ein; hier heiratete er am 4. Februar 2005 die schweizerische
Staatsangehörige F.________ (geb. 1967). Daraufhin wurde ihm der Aufenthalt in
der Schweiz bewilligt. Am 1. Dezember 2006 trennten sich die Ehegatten. Nachdem
das Migrationsamt am 4. April 2008 in Aussicht stellte, die
Aufenthaltsbewilligung von A.A.________ nicht zu verlängern, zog er am 1. Juni
2008 wieder bei der Ehegattin ein. Am 19. März 2010 wurde ihm die
Niederlassungsbewilligung erteilt. Das Paar trennte sich erneut am 1. September
2010 und liess sich am 13. November 2010 scheiden.

1.3. Am 27. Juni 2012 stellte A.A.________ ein Gesuch um Familiennachzug für
seine drei mit E.________ gemeinsamen Kinder B.A.________, C.A.________ und
D.A.________ (geb. 2004). Das Migrationsamt des Kantons Solothurn wies das
Gesuch am 18. September 2013 ab. Die dagegen ergriffenen innerkantonalen
Rechtsmittel blieben erfolglos; letztinstanzlich wies das Bundesgericht eine
Beschwerde von A.A.________ gegen die Verweigerung des Familiennachzugs ab
(Urteil 2C_44/2014 vom 24. Juni 2014).

1.4. Im Rahmen eines am 21. August 2014 gestellten Gesuchs um Wiedererwägung
betreffend Familiennachzug für seine drei Kinder machte A.A.________ geltend,
deren Betreuungssituation im Kosovo habe sich massgeblich verändert. Unter
anderem sei der Kindsmutter die elterliche Sorge entzogen und auf ihn
übertragen worden. Zudem sei die Grossmutter, die die Kinder bisher betreut
habe, am 4. April 2014 gestorben. Gestützt darauf ersuchte das Migrationsamt
die Schweizer Vertretung in Kosovo um nähere Abklärungen zu den
Wohnverhältnissen der Kinder. Dabei stellte sich unter anderem heraus, dass die
Kinder von A.A.________ und dessen Vater gemeinsam mit der Kindsmutter zusammen
in einem Haus leben, das A.A.________ gehört.

1.5. Nach vorgängiger Gewährung des rechtlichen Gehörs widerrief das
Migrationsamt mit Verfügung vom 2. Mai 2016 die Niederlassungsbewilligung von
A.A.________ und verfügte dessen Wegweisung aus der Schweiz. Auf das Gesuch um
Wiedererwägung betreffend Familiennachzug trat es nicht ein. Das
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn wies eine Beschwerde gegen den
Widerruf der Niederlassungsbewilligung ab (Urteil vom 7. Juli 2016). Soweit den
Familiennachzug betreffend erwuchs die Verfügung vom 2. Mai 2016 unangefochten
in Rechtskraft.
Mit Eingabe vom 8. September 2016 gelangt der Beschwerdeführer an das
Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und
verlangt, vom Widerruf der Niederlassungsbewilligung und von der Wegweisung
abzusehen.
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt.

2. 
Die Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 7. Juli 2016 ist zulässig und als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten entgegen zu nehmen, soweit sie sich gegen den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung richtet (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG e contrario; BGE
135 II 1 E. 1.2.1 S. 4; Urteil 2C_608/2015 vom 1. Februar 2016). Soweit der
Beschwerdeführer die Wegweisung beanstandet, ist hingegen einzig die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde zulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG i.V.m. Art. 113
BGG). Mangels ausreichend erhobenen Verfassungsrügen (Art. 117 i.V.m. Art. 106
Abs. 2 BGG) kann auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde indes nicht
eingetreten werden.
Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offensichtlich unbegründet, weshalb sie
im vereinfachten Verfahren unter Verweisung auf den angefochtenen Entscheid
nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG abzuweisen ist.

3.

3.1. Die Niederlassungsbewilligung kann bei einem Aufenthalt von weniger als
fünfzehn Jahren ununterbrochenen und ordnungsgemässen Aufenthalts in der
Schweiz widerrufen werden, wenn die Person ausländischer Staatsangehörigkeit im
Bewilligungsverfahren falsche Angaben macht oder wesentliche Tatsachen
verschwiegen hat (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. a AuG [SR 142.20]).
Die falsche Angabe oder das Verschweigen wesentlicher Tatsachen muss in der
Absicht erfolgen, gestützt darauf den Aufenthalt oder die Niederlassung
bewilligt zu erhalten (vgl. BGE 135 II 1 E. 4.1 S. 9; Urteile 2C_1115/2015 vom
20. Juli 2016 E. 4; 2C_113/2016 vom 29. Februar 2016 E. 2.1).

3.2. Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer mit seiner
mittlerweile geschiedenen Ehefrau eine Umgehungsehe ("Scheinehe") geführt hat.
Demgegenüber rügt der Beschwerdeführer, diese Schlussfolgerung sei willkürlich
und ein Widerrufsgrund liege nicht vor. Mit der appellatorischen Kritik des
Beschwerdeführers ist indes nicht dargetan, dass der vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellung, die das Bundesgericht nur auf offensichtliche
Unrichtigkeit und Rechtsverletzungen hin überprüft (Art. 97 Abs. 1 BGG; Art.
105 Abs. 1 BGG; BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445), ein Mangel anhaftet. Sodann ist
in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz gestützt auf
die festgestellten Umstände das Vorliegen einer Umgehungsehe bejahte (vgl. zur
Abgrenzung von Sachverhalts- und Rechtsfragen im vorliegenden Zusammenhang BGE
128 II 145 E. 2.3 S. 152; Urteil 2C_303/2013 vom 13. März 2014 E. 2.1). In
Übereinstimmung mit der jüngst präzisierten Rechtsprechung des Bundesgerichts
zur Mitwirkungspflicht im Bewilligungsverfahren, die eine ausländische Person
im Zusammenhang mit der Existenz von vor- oder ausserehelichen Kindern trifft,
hat die Vorinstanz den Widerruf der Niederlassungsbewilligung nicht allein auf
das langjährige Verschweigen von Sohn D.A.________ gestützt (vgl. dazu Urteile
2C_706/2015 vom 24. Mai 2016 E. 3.2 [zur Publikation vorgesehen]; 2C_1115/2015
vom 20. Juli 2016 E. 4.2). Die Umstände von dessen Geburt am 22. Juli 2004, die
nur kurz vor der Einleitung des Verfahrens auf Eheschliessung mit F.________
erfolgte, hat die Vorinstanz indes zutreffend als Anhaltspunkte für das
Vorliegen einer Umgehungsehe gewertet. Weitere festgestellte Hinweise - erste
Trennung wenige Monate nach der Heirat mit F.________, unvermittelte
Wiedervereinigung nach angedrohter Nichtverlängerung der
Aufenthaltsbewilligung, erneute Trennung von F.________ kurze Zeit nach
Erteilung der Niederlassungsbewilligung, Wohnsituation der Kinder und der
Kindsmutter im Haus des Beschwerdeführers im Kosovo, Aussagen von Drittpersonen
über eine bestehende Ehe des Beschwerdeführers mit E.________ - sind nicht
anders zu würdigen. Der Schluss der Vorinstanz, wonach von einer Umgehungsehe
auszugehen ist, verletzt vor diesem Hintergrund kein Bundesrecht. Ergänzend
kann auf die diesbezüglichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen
werden (vgl. angefochtener Entscheid E. 3; Art. 109 Abs. 3 BGG). Ein
Widerrufsgrund nach Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. a AuG liegt vor.
Dieser steht im Übrigen auch der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung
entgegen (vgl. Art. 51 Abs. 1 lit. a AuG; Urteil 2C_804/2013 vom 3. April 2014
E. 2.1), sodass nicht weiter geprüft werden muss, ob dem Beschwerdeführer als
mildere Massnahme zum Widerruf der Niederlassungsbewilligung eine
Aufenthaltsbewilligung erteilt werden kann (vgl. dazu Urteile 2C_562/2015 vom
15. Januar 2016 E. 4; 2C_748/2014 vom 12. Januar 2015 E. 3.1; 2C_682/2012 vom
7. Februar 2013 E. 6).

3.3. Zu prüfen bleibt, ob der Widerruf der Niederlassungsbewilligung mit der
Folge, dass der Beschwerdeführer die Schweiz verlassen muss, verhältnismässig
ist (Art. 5 Abs. 2 BV, Art. 96 AuG; BGE 139 I 145 E. 2.2 S. 147 ff.). Der
Beschwerdeführer weist diesbezüglich darauf hin, dass seine Anwesenheitsdauer
nicht mehr als kurz bezeichnet werden kann, nachdem er seit dem Jahr 2005
ununterbrochen hier Wohnsitz hat und sich bereits während den 1990er-Jahren
längere Zeit in der Schweiz aufgehalten hatte. Gemäss den vorinstanzlichen
Feststellungen ist der Beschwerdeführer zudem wirtschaftlich gut integriert; er
führt als Pächter erfolgreich ein Restaurant. Der Widerruf der
Niederlassungsbewilligung ist gleichwohl verhältnismässig, weil eine Rückkehr
des Beschwerdeführers in seine Heimat mit keiner grossen Härte verbunden ist.
So lebte der Beschwerdeführer den grössten Teil seines bisherigen Lebens im
Kosovo und verbrachte dort insbesondere seine prägenden Kinder- und
Jugendjahre. Er ist Eigentümer eines grossen Hauses in U.________, wo seine
Kinder, deren Mutter und der Vater wohnen, die er während seinem Aufenthalt in
der Schweiz häufig besuchte. Fünf Brüder des Beschwerdeführers besitzen im
selben Ort ebenfalls eine Liegenschaft. Neben diesen sozialen Aspekten spricht
auch nichts gegen eine erfolgreiche wirtschaftliche Reintegration im Kosovo:
Seine Erfahrungen in der Gastronomiebranche ermöglichen dem Beschwerdeführer
ebenso einen Neuanfang in der Heimat wie seine frühere Tätigkeit als
Plattenleger. An der Verhältnismässigkeit des Bewilligungswiderrufs ändert auch
der vom Beschwerdeführer geplante Kauf einer Liegenschaft in der Schweiz
nichts. Das Migrationsamt hatte dem Beschwerdeführer die mögliche Beendigung
des Anwesenheitsrechts bereits in Aussicht gestellt, bevor dieser eine
Absichtserklärung zum Kauf einer Immobilie unterzeichnete und eine Anzahlung
leistete. Eine Rückkehr in die Heimat ist dem Beschwerdeführer klarerweise
zumutbar.
Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch des Beschwerdeführers um
Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.

4. 
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
Der Beschwerdeführer trägt als unterliegende Partei die Gerichtskosten (Art. 66
Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten dem Verwaltungsgericht des Kantons
Solothurn und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Dezember 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Fellmann

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