Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.781/2016
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_781/2016

Urteil vom 16. September 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Zähndler.

Verfahrensbeteiligte
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch
Advokat Stefan Kunz,

gegen

Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt.

Gegenstand
Anordnung der Ausschaffungshaft,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht,
vom 26. August 2016.

Erwägungen:

1. 
Der 1967 geborene kubanische Staatsangehörige A.________ reiste am 22.
September 2003 in die Schweiz ein, wo er eine bis zum 29. September 2004
gültige Aufenthaltsbewilligung erhielt. Am 22. November 2005 wies ihn das
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt aus der Schweiz weg. Mit Verfügung vom
12. Mai 2006 ordnete das damalige Bundesamt für Migration (seit 1. Januar 2015:
Staatssekretariat für Migration [SEM]) die vorläufige Aufnahme für die Dauer
von 12 Monaten an. Am 6. August 2013 verfügte das Bundesamt für Migration die
Aufhebung der vorläufigen Aufnahme und es wies A.________ an, die Schweiz
unverzüglich zu verlassen, wobei der Betroffene dieser Aufforderung keine Folge
leistete.
Mit Urteil des Bezirksgerichts Laufenburg vom 10. Juli 2014wurde A.________ des
Betruges, der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, der einfachen
Körperverletzung, der Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz sowie
der Widerhandlung gegen das Waffengesetz schuldig erklärt und zu einer
Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, teilweise als Zusatzstrafe zu
verschiedenen früheren Verurteilungen. In der Folge befand sich A.________ bis
zum 5. April 2016 im Strafvollzug. Am selben Tag eröffnete ihm das kantonale
Migrationsamt ein bis zum 9. Juli 2018 geltendes Einreiseverbot und es setzte
ihm eine Ausreisefrist bis zum 19. April 2016. Gemäss eigenen Angaben will
A.________ die Schweiz am 10. April 2016 verlassen haben und anschliessend in
Spanien einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sein.
Am 23. August 2016 wurde er jedoch erneut in der Schweiz aufgegriffen und von
der Kantonspolizei Luzern wegen Verdachts auf Betäubungsmittelhandel vorläufig
festgenommen und dem Migrationsamt Basel-Stadt zugeführt. Dieses wies ihn am
26. August 2016 erneut aus der Schweiz weg und ordnete gegen ihn
Ausschaffungshaft an. Der Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht
am Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht
bestätigte mit Urteil vom 26. August 2016 die Haftanordnung bis zum 22. Oktober
2016.
Hiergegen beschwert sich A.________ mit Eingabe vom 5. September 2016 beim
Bundesgericht. Er beantragt im Wesentlichen seine Entlassung aus der
Ausschaffungshaft. Das Appellationsgericht Basel-Stadt und sinngemäss auch das
Staatssekretariat für Migration schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Mit
Eingabe vom 13. September 2016 äussert sich der Beschwerdeführer zum
Vernehmlassungsergebnis.

2.

2.1. Die Vorinstanz hat zutreffend ausgeführt, dass die zuständige Behörde nach
Eröffnung eines erstinstanzlichen Weg- oder Ausweisungsentscheids eine Person,
die keine Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung
besitzt, zur Sicherstellung des Vollzugs in Haft nehmen kann, wenn diese trotz
Einreiseverbot das Gebiet der Schweiz betritt und nicht sofort weggewiesen
werden kann (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 i.V.m. Art. 75 Abs. 1 lit. c AuG).
Ebenso kann die betroffene Person in Ausschaffungshaft genommen werden, wenn
sie wegen eines Verbrechens verurteilt worden ist (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff.
1 i.V.m. Art. 75 Abs. 1 lit. h AuG). Diese Haftgründe sind beim
Beschwerdeführer offensichtlich erfüllt, was er denn auch zu Recht nicht
bestreitet. Ebenso ist unbestritten, dass die maximale Haftdauer von sechs
Monaten (Art. 79 Abs. 1 AuG) resp. von 18 Monaten (Art. 79 Abs. 2 AuG) noch
nicht erreicht ist.

2.2. Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, seine Wegweisung nach
Kuba sei undurchführbar, weswegen die Haft unverhältnismässig und gemäss Art.
80 Abs. 6 AuG zu beenden sei. In diesem Zusammenhang macht er geltend, trotz
seines gültigen kubanischen Reisepasses sei ihm eine dauerhafte Rückkehr nach
Kuba nicht gestattet, da er das Land 2003 ohne entsprechende Bewilligung
verlassen habe.
Das Staatssekretariat für Migration entgegnet diesen Ausführungen, dass durch
eine per 14. Januar 2013 in Kraft getretene Änderung des kubanischen
Migrationsgesetzes eine Lockerung bezüglich der Wiedereinreise bzw. der
definitiven Rückkehr von kubanischen Staatsangehörigen im Ausland stattgefunden
habe, und eine solche Rückkehr nun grundsätzlich unabhängig von der Dauer des
Auslandaufenthaltes und vom bisherigen "Auslandstatus" der betroffenen Person
nach kubanischem Recht möglich sei. Voraussetzung sei ein persönliches und
selbständig eingereichtes Gesuch bei der zuständigen kubanischen Vertretung.
Das kubanische Innenministerium entscheide dann innert einer Frist von 90
Tagen.
Auch der Beschwerdeführer selbst anerkennt in seinen Eingaben, dass eine
Lockerung der kubanischen Rückreisevorschriften erfolgt ist. Indessen behauptet
er, dass ihm die dauerhafte Rückkehr gleichwohl verwehrt bleibe, zumal er
einerseits unerlaubt aus Kuba ausgereist sei, und er andererseits in der
Schweiz u.a. wegen Betäubungsmitteldelikten und illegalem Waffenbesitz
verurteilt worden sei. Auch habe er gegenüber der kubanischen Vertretung
bereits seinen Unwillen zur Rückkehr bekundet. Unter diesen Voraussetzungen sei
ein entsprechendes Gesuch um Wiedereinreise aussichtslos, weswegen von ihm
nicht verlangt werden dürfe, ein solches zu stellen. Im Übrigen verweist der
Beschwerdeführer auf einen Zeitungsartikel, wonach die Behandlung eines
Repatriierungsgesuches zufolge des grossen Andrangs mehrere Monate dauern
könnte.
Die Vorbringen des Beschwerdeführers überzeugen nicht: Zwar mag die Bewilligung
eines bei der kubanischen Vertretung gestellten Rückreisegesuches aufgrund der
von ihm genannten Umstände nicht als vollständig gesichert erscheinen. Indessen
kann die Bewilligungserteilung zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht von
vornherein ausgeschlossen werden (vgl. zur rechtlichen Möglichkeit der Rückkehr
nach Kuba die Urteile des Bundesgerichts 2C_13/2012 vom 8. Januar 2013 E. 4.4
und 2C_248/2014 vom 4. Dezember 2014 E. 3.4). Es ist dem Beschwerdeführer
durchaus zuzumuten, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht einen entsprechenden
Antrag zu stellen und auf dessen Genehmigung hinzuwirken. Von einer
Undurchführbarkeit des Wegweisungsvollzuges kann demnach vorliegend noch keine
Rede sein.
Dies gilt umso mehr, als der Beschwerdeführer, welcher sich vor seiner
Wiedereinreise in die Schweiz in Spanien aufhielt, von sich aus angibt, er
plane am 17. September 2016 seine Freundin -eine spanische Staatsangehörige -
in Spanien zu heiraten und fortan dort zu leben. Weiter macht er geltend, die
spanischen Migrationsbehörden würden bei einer Eheschliessung mit einer
spanischen Staatsangehörigen seinen Aufenthalt im Land mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit bewilligen. Bei dieser Sachlage besteht somit auch die
grundsätzliche Möglichkeit, den Wegweisungsvollzug mittels einer Ausschaffung
des Beschwerdeführers nach Spanien zu vollziehen. Entgegen der Vorstellung des
Beschwerdeführers hat die Ausreise jedoch geordnet zu erfolgen, was bedeutet,
dass er sich im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht bei der zuständigen spanischen
Behörde oder Vertretung um eine Einreiseerlaubnis zwecks Eheschliessung zu
bemühen hat. Die vom Beschwerdeführer verlangte Haftentlassung zur
anschliessenden selbständigen Ausreise vermag die Sicherstellung des
Wegweisungsvollzuges nicht hinreichend zu gewährleisten, zumal der
Beschwerdeführer einräumt, gegenwärtig (noch) über kein gültiges Einreisevisum
für Spanien zu verfügen. Somit erscheint die Verweigerung der Haftentlassung
auch in diesem Zusammenhang nicht als unverhältnismässig und sie stellt auch
keine unzulässige Beeinträchtigung des Rechts auf Achtung des Privat- und
Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK dar, wie dies der Beschwerdeführer behauptet.

3. 
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen. Dem Gesuch des
mittellosen, durch einen Rechtsanwalt vertretenen Beschwerdeführers um
unentgeltliche Rechtspflege kann in Anwendung von Art. 64 BGG entsprochen
werden. Die Beschwerde erscheint nicht als von vornherein aussichtslos, da die
Möglichkeit der Rückkehr nach Kuba in Bezug auf die konkreten Umstände nicht
abschliessend geklärt ist. Es wird somit auf die Erhebung von Gerichtskosten
verzichtet, und dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers wird eine angemessene
Entschädigung aus der Gerichtskasse ausgerichtet.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen.

2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

2.2. Advokat Stefan Kunz wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdeführers
bestellt und ihm wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.--
ausgerichtet.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen
im Ausländerrecht, sowie dem Staatssekretariat für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 16. September 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Zähndler

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben