Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.725/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_725/2016

Urteil vom 30. Dezember 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiberin Genner.

Verfahrensbeteiligte
A.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Sutter,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung /
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Abteilung, vom 21. Juli 2016.

Erwägungen:

1.

1.1. A.________ (geb. 1984), Staatsangehöriger von Bangladesch, reiste am 5.
September 2000 in die Schweiz ein, wo er erfolglos um Asyl ersuchte. Am 27.
November 2002 heiratete er die 1952 geborene Schweizerin B.________, worauf ihm
die Aufenthaltsbewilligung und am 18. Oktober 2007 die
Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. Die Ehe wurde am 17. September 2010
geschieden.
Am 5. Juni 2011 heiratete A.________ in Bangladesch die 1992 geborene Landsfrau
C.________. Diese beantragte am 22. Januar 2014 bei der Schweizer Botschaft in
Bangladesch eine Einreisebewilligung zum Verbleib beim Ehemann.
A.________ erwirkte in der Schweiz folgende Strafurteile:

- Urteil der Jugendanwaltschaft Uznach vom 12. Dezember 2001: Busse von Fr.
100.-- wegen geringfügigen Diebstahls;
- Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 29. April 2009: Geldstrafe
von sechs Tagessätzen zu Fr. 50.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit
von zwei Jahren, und Busse von Fr. 100.-- wegen Vergehens gegen das
Waffengesetz;
- Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 14. Juni 2012: Freiheitsstrafe von 36
Monaten, davon 18 Monate bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von drei
Jahren, wegen versuchter schwerer Körperverletzung, begangen am 5. Februar
2011.

1.2. Am 2. Juni 2015 widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich die
Niederlassungsbewilligung und wies A.________ aus der Schweiz weg. Gleichzeitig
wies es das Gesuch von C.________ um Bewilligung der Einreise ab. Die dagegen
erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos (Entscheid der
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich vom 13. Mai 2016, Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. Juli 2016).

1.3. A.________ erhebt am 24. August 2016 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit den Anträgen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die
Niederlassungsbewilligung aufrecht zu erhalten sowie das Gesuch um Bewilligung
der Einreise von C.________ gutzuheissen; eventuell die Angelegenheit
betreffend Einreisebewilligung an das Migrationsamt zurückzuweisen. Ferner
erhebt A.________ subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen den
Wegweisungsentscheid.

2.

2.1. Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4;
Urteil 2C_139/2016 vom 14. Juni 2016 E. 1.2). Die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen (Form, Frist und Legitimation gemäss Art. 42, Art.
100 Abs. 1 und Art. 89 Abs. 1 BGG) sind erfüllt. Auf die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist einzutreten, soweit sie den Widerruf
der Niederlassungsbewilligung betrifft.

2.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig
gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend die Einreise
(Art. 83 lit. c Ziff. 1 BGG). Auf den entsprechenden Antrag ist daher nicht
einzutreten. Soweit ersichtlich, wurde kein Gesuch um Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung für die Ehefrau (Familiennachzug) gestellt; die
Eintretensfrage wäre ohnehin vom Ausgang der Beschwerde betreffend die
Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers abhängig (vgl. Art. 43 Abs. 1
AuG [SR 142.20]).

2.3. Gegen Entscheide betreffend die Wegweisung ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG).
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG gegen den
Wegweisungsentscheid ist offensichtlich unzulässig: Der Beschwerdeführer macht
nicht die Verletzung besonderer verfassungsmässiger Rechte geltend, welche ihm
unmittelbar ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinn von Art. 115 lit. b BGG
verschaffen würden (BGE 137 II 305 E. 3.3 S. 310). Auf die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten.

3. 
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, weshalb sie im
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG zu erledigen ist.

3.1. Durch die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren ist der
Widerrufsgrund nach Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG i.V.m. Art. 62 lit. b AuG
erfüllt. Zu prüfen bleibt die Verhältnismässigkeit der Massnahme im Sinn von
Art. 96 Abs. 1 AuG.

3.2. Ausgangspunkt für das migrationsrechtliche Verschulden ist die vom
Strafgericht ausgesprochene Strafe (BGE 134 II 10 E. 4.2 S. 23; 129 II 215 E.
3.1 S. 216). Eine Freiheitsstrafe von 36 Monaten indiziert ein erhebliches
migrationsrechtliches Verschulden, denn dieses Strafmass liegt weit über der
Grenze von einem Jahr, welche für die Möglichkeit des Widerrufs massgeblich ist
(vgl. BGE 139 I 145 E. 2.1 S. 147). Der Beschwerdeführer hat eine beträchtliche
kriminelle Energie offenbart: Er und ein weiterer Täter hinderten den
Geschädigten unter Einsatz eines Pfeffersprays daran, in ein bestimmtes Lokal
zu gelangen. Danach verfolgten sie den flüchtenden Geschädigten, sprühten ihm
erneut Pfefferspray ins Gesicht und versetzten ihm Faustschläge gegen den Kopf.
Der Geschädigte floh in einen Hinterhof, wo ihn der Beschwerdeführer und der
Mittäter - nachdem letzterer ihn mit zwei Fusstritten gegen den Oberkörper zu
Fall gebracht hatte - mit Fusstritten und Faustschlägen traktierten, bis er
bewusstlos war. Der Geschädigte erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades,
eine Gehirnerschütterung sowie ein massives Hämatom mit blutender Schürfung am
Kopf. Bei schwerer Straffälligkeit, insbesondere bei schweren Delikten gegen
Leib und Leben, muss selbst ein geringes Rückfallrisiko nicht hingenommen
werden (BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34). Zudem dürfen bei ausländischen Personen,
die sich - wie der Beschwerdeführer - nicht auf das FZA (SR 0.142.112.681)
berufen können, generalpräventive Gesichtspunkte berücksichtigt werden (Urteil
2C_940/2014 vom 30. Mai 2015 E. 5.3). Sodann lässt sich aus dem klaglosen
Verhalten des Beschwerdeführers seit der verfahrensauslösenden Verurteilung
nichts ableiten, befand er sich doch während 18 Monaten im Strafvollzug, wo er
engmaschig betreut wurde. Auch nach der Entlassung stand er unter dem Eindruck
des Widerrufsverfahrens. Die Vorinstanz hat das migrationsrechtliche
Verschulden des Beschwerdeführers zu Recht als erheblich eingestuft und daraus
ein entsprechend hohes öffentliches Interesse an der Beendigung des Aufenthalts
abgeleitet.

3.3. Der Beschwerdeführer hat in der Schweiz keine nahen Angehörigen; er ist
kinderlos, und seine Ehefrau lebt in Bangladesch. Wirtschaftlich hat er sich
integriert; er erzielt ein ausreichendes Einkommen und war - soweit ersichtlich
- nie von der Sozialhilfe abhängig. Die berufliche Verwurzelung ist aber nicht
so stark, dass sie eine Rückkehr nach Bangladesch unzumutbar erscheinen liesse.
Hinsichtlich der sozialen Integration ist dem angefochtenen Urteil kaum etwas
zu entnehmen. Aus dem Rekursentscheid der Sicherheitsdirektion vom 13. Mai 2016
geht aber hervor, dass der Beschwerdeführer ungenügende Kenntnisse der
deutschen Sprache aufweist. Der Beschwerdeführer seinerseits behauptete im
Verfahren vor der Vorinstanz, er spreche "tadellos" deutsch, allerdings ohne
dies zu untermauern. Es sind auch sonst keine Anzeichen einer vertieften
sozialen Integration ersichtlich. Das Interesse des Beschwerdeführers, in der
Schweiz bleiben zu können, beruht in erster Linie auf der - im Verhältnis zum
Lebensalter - relativ langen Aufenthaltsdauer von ungefähr 14 Jahren
(Aufenthaltsdauer bis zum angefochtenen Urteil abzüglich der im Strafvollzug
verbrachten Zeit von 18 Monaten), wobei den zwei Jahren, welche der Erteilung
der Aufenthaltsbewilligung vorangingen, nur geringe Bedeutung zukommt (vgl.
Urteil 2C_977/2012 vom 15. März 2013 E. 3.6). Der Beschwerdeführer ist im Alter
von 16 Jahren in die Schweiz gekommen; er ist somit in seinem Herkunftsland
verwurzelt. Wie die Vorinstanz verbindlich festgestellt hat, leben seine Mutter
und seine Geschwister dort. Zu ihnen pflegt der Beschwerdeführer telefonischen
Kontakt und besucht sie regelmässig. Eine Wiedereingliederung kann ihm, der
jung und gesund ist, durchaus zugemutet werden.

3.4. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung erweist sich als
verhältnismässig. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der
Beschwerdeführer nicht verwarnt wurde. In Anbetracht der Schwere des
verfahrensauslösenden Delikts musste er wissen, dass eine Verurteilung
ausländerrechtlich nicht ohne Folgen bleiben würde (vgl. Urteil 2C_453/2015 vom
10. Dezember 2015 E. 5.3). Dies umso mehr, als er diese Tat während der
Probezeit zur vorangegangenen Verurteilung vom 29. April 2009 verübte. Es
besteht demnach kein Anlass, anstelle des Widerrufs der
Niederlassungsbewilligung eine Verwarnung auszusprechen, wie es der
Beschwerdeführer sinngemäss beantragt.

4. 
Die Beschwerde ist abzuweisen.
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. Dezember 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Genner

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