Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.701/2016
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_701/2016            

 
 
 
Urteil vom 1. Dezember 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Donzallaz, Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiber Zähndler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ GmbH, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Ruppen, 
 
gegen  
 
Munizipalgemeinde B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Perrig, 
Staatsrat des Kantons Wallis. 
 
Gegenstand 
Verhältnismässigkeitsprinzip (abstrakte Normenkontrolle), 
 
Beschwerde gegen das Reglement Forststrasse C.________ (Benützung und
Gebührenerhebung) der Gemeinde B.________ vom 11. Mai 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die A.________ GmbH betreibt auf der Alp D.________, auf dem
Gemeindegebiet von U.________, das Restaurant "E.________".  
Strassentransporte zu diesem Restaurant erfolgen auf der Alpstrasse C.________,
welche in einem ersten Teilstück auf einer Länge von ca. 12 km vom Dorf
B.________ über die Alp G.________ zur Gemeindegrenze zwischen B.________ und
U.________ führt. Ab dem Ort "H.________" gilt auf diesem Teilstück ein
allgemeines Fahrverbot. Ausnahmen können von der Gemeinde B.________
gebührenpflichtig bewilligt werden. Das zweite Teilstück der Strasse mit einer
Länge von rund 300 m führt anschliessend weiter auf die Alp D.________ und
liegt auf dem Gebiet der Gemeinde U.________. Beide Gemeinden verfügen je über
ein eigenes Reglement, welches die Erhebung von Gebühren auf dieser Strasse
beinhaltet. 
Nebst der genannten Strasse besteht zudem eine Erschliessung der Alp D.________
über die Luftseilbahnen I.________. 
 
A.b. Bereits in den Jahren 2007, 2009 und 2011 führte die A.________ GmbH
Transporte über die Alpstrasse durch. Das damals in Kraft gewesene Reglement
der Gemeinde B.________ vom 25. November 1994 über die Benützung und die
Erhebung von Gebühren für die Strasse C.________ (altes Gebührenreglement) sah
u.a. folgende Gebühren vor:  
 
"  1. Schwertransporte (bis 25 t / 11'000 l)   
1-10 Fahrten              Fr. 400.-- pro Fahrt 
11-30 Fahrten              Fr. 350.-- pro Fahrt 
31-50 Fahrten              Fr. 300.-- pro Fahrt 
Ab 50 und mehr Fahrten Pauschalbetrag nach Vereinbarung mit dem Gemeinderat.
Spezialtransporte nach besonderer Regelung mit dem Gemeinderat. 
 
2. Kleintransporter und Personenwagen   
Fr. 100.-- pro Fahrt" 
 
Gestützt auf dieses Reglement stellte die Gemeinde B.________ der A.________
GmbH für insgesamt 104 Fahrten mit dem Camion einen Betrag von Fr. 32'850.-- in
Rechnung, was im Durchschnitt einer Gebühr von Fr. 315.85 pro Fahrt
entspricht. 
 
A.c. Die entsprechenden Gebührenverfügungen der Gemeinde focht die A.________
GmbH mittels Verwaltungsbeschwerden beim Staatsrat des Kantons Wallis an. In
seinem Entscheid vom 25. September 2013 hiess dieser die Beschwerden gut. Zur
Begründung führte der Staatsrat u.a. aus, dass basierend auf den
Jahresrechnungen 2001-2007 die mit der Alpstrasse generierten Einnahmen fast
doppelt so hoch seien wie die in diesem Zusammenhang anfallenden Kosten, was
das Kostendeckungsprinzip offensichtlich verletze. Zudem bestehe keine
vernünftige Relation zwischen dem Wert der Leistung, d.h. der Strassenbenutzung
auf dem Gemeindegebiet, und der Höhe der verlangten Gebühr. Infolgedessen sei
auch das Äquivalenzprinzip verletzt. In Berücksichtigung des Kostendeckungs-
und des Äquivalenzprinzipes legte der Staatsrat die Benutzungsgebühr für eine
Fahrt mit dem Camion wie folgt fest:  
 
"1 bis 10 Fahrten              Fr. 100.-- pro Fahrt 
11 bis 30 Fahrten              Fr. 80.-- pro Fahrt 
31 bis 50 Fahrten              Fr. 60.-- pro Fahrt 
ab 50 Fahrten Pauschalbetrag nach Vereinbarung mit dem Gemeinderat" 
 
 
A.d. Eine von der Gemeinde B.________ hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit
Urteil des Kantonsgerichts Wallis vom 18. März 2015 abgewiesen: In seinem
Entscheid führte das Kantonsgericht aus, dass die Gemeinde B.________ die hohen
Benutzungsgebühren für die Alpstrasse stets damit gerechtfertigt habe, man
wolle die Luftseilbahn nicht konkurrenzieren; die Unterhaltskosten hätten
demgegenüber bis anhin kein zentrales Argument dargestellt. Entsprechend seien
die im Streit liegenden Benutzungsgebühren nicht als kostenabhängige
Kausalabgaben zu bezeichnen, weshalb das Kostendeckungsprinzip entgegen der
Ansicht des Staatsrates nicht zur Anwendung gelangen könne. Indessen bestätigte
das Kantonsgericht ausdrücklich die Auffassung des Staatsrates, dass die von
der Gemeinde reglementarisch vorgesehenen Benutzungsgebühren in keinem
Verhältnis zum im Gegenzug eingeräumten Recht zur Befahrung der Alpstrasse auf
dem Gemeindegebiet von B.________ stünden. Dies verletze das Äquivalenzprinzip,
weswegen die Herabsetzung der Gebühren durch den Staatsrat zu Recht erfolgt
sei. Dieses Urteil des Kantonsgerichts erwuchs unangefochten in Rechtskraft.  
 
B.  
Am 11. Mai 2016 erliess die Gemeinde B.________ ein neues Reglement
Forststrasse C.________ (Benützung und Gebührenerhebung), welches am 7. Juni
2016 von der Urversammlung der Gemeinde genehmigt, am 4. Juli 2016 vom
Staatsrat homologiert und am 15. Juli 2016 im Amtsblatt des Kantons Wallis
publiziert wurde. In Ziff. 18 dieses Reglements wird die Gebührenordnung für
Fahrten auf der Alpstrasse wie folgt festgelegt: 
 
"11.1 [recte: 18.1] Schwertransporte (bis 25 t)   
CHF 350.- pro Fahrt 
Ab 30 und mehr Fahrten wird vor der ersten Fahrt ein Pauschalbetrag mit der
Gemeinde vereinbart. Dasselbe gilt für Spezialtransporte. 
 
11.2 [recte: 18.2] Kleintransporter oder Personenwagen mit Anhänger   
CHF 100.- pro Fahrt 
 
11.3 [recte: 18.3] Personenwagen   
CHF 10.- pro Fahrt 
 
[...]" 
 
C.  
Mit Eingabe vom 12. August 2016 führt die A.________ GmbH Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Sie beantragt im
Wesentlichen die Aufhebung des genannten Reglements der Gemeinde B.________ vom
11. Mai 2016. Sie rügt, die darin vorgesehene Gebührenordnung verletze erneut
das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip. 
Während der Staatsrat des Kantons Wallis auf eine Stellungnahme verzichtet,
schliesst die Gemeinde B.________ auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. 
Mit Eingabe vom 1. Februar 2017 nimmt die A.________ GmbH zum
Vernehmlassungsergebnis Stellung. Mit Schreiben vom 9. März 2017 äussert sich
auch die Gemeinde B.________ erneut zur Sache. Dieses Schreiben wurde der
A.________ GmbH am 7. April 2017 zugestellt. Innert der hierfür angesetzten
Frist erfolgte keine weitere (fakultative) Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen einen kantonalen
(und kommunalen) Erlass ist zulässig (Art. 82 lit. b, Art. 87 Abs. 1 BGG). 
Die Legitimation zur Beschwerde richtet sich nach Art. 89 Abs. 1 BGG. Soweit
ein kantonales Rechtsmittel fehlt (Art. 87 Abs. 1 BGG), entfällt für die
Erlassanfechtung das Erfordernis der formellen Beschwer nach Art. 89 Abs. 1
lit. a BGG. 
Die Beschwerdeführerin behauptet, es sei kein kantonales Rechtsmittel
vorhanden, um das beanstandete Reglement der Gemeinde bei einer kantonalen
Instanz anzufechten. Dies wird von der Gemeinde B.________ in ihrer
Vernehmlassung ausdrücklich anerkannt. Der Staatsrat des Kantons Wallis,
welcher wie ausgeführt auf eine Vernehmlassung verzichtete, sah sich
entsprechend ebenfalls nicht veranlasst, diesen Punkt in Frage zu stellen. Das
Gesetz des Kantons Wallis vom 6. Oktober 1976 über das Verwaltungsverfahren und
die Verwaltungsrechtspflege (VVRG/VS) regelt soweit ersichtlich ausschliesslich
die Anfechtung von individuell-konkreten Verfügungen und schliesst zudem in
Art. 75 lit. a VVRG/VS die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen über
die Genehmigung von Erlassen aus. Somit ist vom Grundsatz auszugehen, dass im
Kanton Wallis kein kantonales Rechtsmittel besteht, mit welchem kommunale
Erlasse abstrakt überprüft werden können. Ausnahmen von diesem Grundsatz
bestehen jedoch, so z.B. auf dem Gebiet des Raumplanungsrechts, wo das
kantonale Ausführungsgesetz vom 23. Januar 1987 zum Bundesgesetz über die
Raumplanung (AG-RPG/VS) in seinem Art. 37 Abs. 1 und Abs. 4 auch gegen
angefochtene Reglemente erst eine Beschwerdemöglichkeit an den Staatsrat und
anschliessend die Beschwerde an das Kantonsgericht vorsieht (vgl. Urteil 2C_13/
2015 vom 14. Januar 2015 betreffend ein kommunales Reglement zur Förderung der
Bewirtschaftung von Zweitwohnungen, welches eine kommunale Zweitwohnungsabgabe
vorsieht). Anders als im genannten bundesgerichtlichen Urteil, stützt sich das
angefochtene Reglement im vorliegenden Fall weder auf das Raumplanungsgesetz
des Bundes noch auf das kantonale Ausführungsgesetz hierzu oder auf die
kantonale Baugesetzgebung, weshalb sich diese Ausnahme als nicht einschlägig
erweist und daher weiterhin vom Fehlen eines kantonalen Rechtsmittels zur
Anfechtung des streitbetroffenen Reglements auszugehen ist. Im gleichen Sinn
hat das Bundesgericht auch in seinem Urteil 2C_770/2012 vom 9. Mai 2013 E. 1.2
entschieden, wo ebenfalls ein Reglement einer Walliser Gemeinde über die
Benutzung von Landwirtschafts-, Forst- und Alpstrassen im Streit lag. 
Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und lit. c BGG ist zur Anfechtung eines kantonalen
Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell besonders
berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung
hat. Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur
sein. Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass der Beschwerdeführer von der
angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen
Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (BGE 137 I 77 E. 1.4 S. 81 mit
Hinweis). Diese Anforderungen sind vorliegend ohne Weiteres erfüllt: Die
Beschwerdeführerin ist Gewerbetreibende auf der Alp D.________ und die
streitbetroffene Alpstrasse stellt die einzige Strassenverbindung zum
betriebenen Restaurant und überhaupt die einzige Zugangsmöglichkeit für
Schwertransporte dar. Die Beschwerdeführerin hat die Strasse entsprechend
bereits in der Vergangenheit mehrfach benutzt und hierfür Gebühren entrichtet. 
Auf das im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Rechtsmittel ist somit
einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführerin beruft sich insbesondere auf das Äquivalenzprinzip.
Dieses konkretisiert im Bereich des Kausalabgaberechts einerseits das
Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 BV) und andererseits das
Gleichheitsgebot und das Willkürverbot (Art. 8 und Art. 9 BV). Demgemäss darf
die Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert
der Leistung stehen und muss sie sich in vernünftigen Grenzen halten. Der Wert
der Leistung bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Nutzen, den sie dem
Pflichtigen bringt, oder nach dem Kostenaufwand der konkreten Inanspruchnahme
im Verhältnis zum gesamten Aufwand des betreffenden Verwaltungszweigs, wobei
schematische, auf Wahrscheinlichkeit und Durchschnittserfahrungen beruhende
Massstäbe angelegt werden dürfen. So ist es nicht notwendig, dass die Gebühren
in jedem Fall genau dem Verwaltungsaufwand entsprechen; sie sollen indessen
nach sachlich vertretbaren Kriterien bemessen sein und nicht Unterscheidungen
treffen, für die keine vernünftigen Gründe ersichtlich sind (BGE 139 III 334 E.
3.2.4 S. 337; Urteil 2C_729/2013 vom 3. April 2014 E. 5.1, je mit Hinweisen).  
 
2.2. Zu prüfen ist vorab die Natur der im Streit liegenden Abgabe. Von
Bedeutung ist dabei namentlich, ob die Abgabe eine Lenkungswirkung
beabsichtigt: Wäre dies der Fall und wäre sie mithin als  Lenkungskausalabgabe
zu bezeichnen, so fände das Äquivalenzprinzip auf sie keine Anwendung (Urteil
2C_609/2010 vom 18. Juni 2011 E. 3.3, mit Hinweisen).  
Hiergegen spricht indes das auf der betreffenden Strasse geltende Fahrverbot,
dessen Einhaltung zusätzlich mit einer Schranke gesichert wird. Diese
Verkehrseinschränkung geht deutlich über eine blosse Abgabenpflicht hinaus: Das
Befahren der Strasse ist grundsätzlich nicht erlaubt, auch nicht gegen eine
Gebühr. Nur in begründeten Einzelfällen ("objektiv begründetes Bedürfnis", Art.
1 des Regelments) kann der Gemeinderat nach einer umfassenden
Interessenabwägung Ausnahmen zulassen, wenn etwa ein notwendiger Transport auf
die Alp D.________ ansteht, der nicht mit der Luftseilbahn erfolgen kann
(Heizöl, sperriges Baumaterial, etc.). Bei dieser Sachlage besteht für eine 
Lenkung der Anzahl Fahrten mittels einer Abgabe weder Raum noch ein Bedürfnis.
Für eine beabsichtigte Lenkungswirkung der Abgabe bestehen im Reglement auch
keine Hinweise, denn grundsätzlich hat eine betroffene Person gar keine Wahl:
Sie kann sich namentlich nicht aus wirtschaftlichen Gründen für oder gegen die
Benutzung der Strasse entscheiden, zumal ihr diese Option grundsätzlich auch
gegen Entgelt gar nicht offen steht. Liegt dagegen ein spezieller Grund im
Sinne von Art. 1 des Reglements vor, für den ein Ausnahmegesuch bewilligt
werden kann, so hat der Betroffene regelmässig nicht die Möglichkeit, die
Luftseilbahn zu benutzen, da ansonsten die Strassenbenützung nicht genehmigt
werden könnte.  
Aus Art. 8 des Reglements geht hervor, dass die erhobenen Gebühren die
"Sicherstellung von Erhalt und Unterhalt der Strasse" bezwecken und für
"Sonderfahrten, Schwertransporte und Fahrten, die eine aussergewöhnliche
Abnutzung mit sich bringen" erhoben werden sollen. Dies führt zum Schluss, dass
die streitbetroffene Abgabe als reine Benutzungsgebühr zu qualifizieren ist,
auf welche das Äquivalenzprinzip Anwendung findet. Davon geht offenbar auch die
Gemeinde selbst aus, wie sich ihren Ausführungen in der Vernehmlassung
entnehmen lässt (vgl. act. 17 S. 12 ff.). Im Nachfolgenden ist daher zu prüfen,
ob das Äquivalenzprinzip vorliegend eingehalten wurde. 
 
2.3. Wie obenstehend aufgezeigt (Sachverhalt Lit. A hiervor), kamen betreffend
das alte Gebührenreglement der Gemeinde B.________ vom 25. November 1994 sowohl
der Staatsrat des Kantons Wallis als auch das Kantonsgericht Wallis zum
Schluss, dass die darin vorgesehenen Gebühren in keinem vernünftigen Verhältnis
zum Wert des im Gegenzug eingeräumten Rechts zur Befahrung der Alpstrasse auf
dem Gemeindegebiet standen, was das Äquivalenzprinzip verletzte. Gemäss dem
alten Gebührenreglement betrugen die Gebühren für Schwertransporte mit dem
Camion (bis 25 t oder 11'000 l) bei 1-10 Fahrten Fr. 400.-- pro Fahrt, bei
11-30 Fahrten Fr. 350.-- pro Fahrt, bei 31-50 Fahrten Fr. 300.-- pro Fahrt und
ab 50 Fahrten eine mit dem Gemeinderat zu vereinbarende Pauschale. Diese von
den kantonalen Behörden rechtskräftig als zu hoch qualifizierten Tarife wurden
vom Staatsrat wie bereits ausgeführt auf Fr. 100.-- pro Fahrt bei 1 bis 10
Fahrten, Fr. 80.-- pro Fahrt bei 11 bis 30 Fahrten, Fr. 60.-- pro Fahrt bei 31
bis 50 Fahrten und eine Pauschale ab 50 Fahrten herabgesetzt, was das
Kantonsgericht schützte und wogegen sich die Gemeinde B.________ damals
insbesondere auch nicht beim Bundesgericht beschwerte. Indem die Gemeinde nun
im angefochtenen neuen Reglement für eine einmalige Befahrung der Alpstrasse
mit einem Camion wieder eine Gebühr von grundsätzlich Fr. 350.-- pro Fahrt
verlangt, begibt sie sich zurück auf das von den kantonalen Behörden bereits
als stark überhöht erkannte Niveau. Dabei ist der neue Tarif für Camions im
Durchschnitt rund vier mal höher, als die vom Staatsrat und vom Kantonsgericht
als verhältnismässig erachtete Gebühr.  
 
2.4. Die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang geäusserten
Vorbringen und die von ihr erhobene Rüge der Verletzung des Äquivalenzprinzips
sind begründet:  
Der faire Gegenwert der Benutzung einer Strasse von rund 12 km Länge lässt sich
nicht ohne Weiteres festlegen: Aufgrund der durch die Verfassung
gewährleisteten Gebührenfreiheit der Benützung öffentlicher Strassen (Art. 82
Abs. 3 BV), verbleiben wenige auffindbare Beispiele von Gebühren, welche die
Nutzung nichtöffentlicher Strassen oder Strassenabschnitte betreffen. Dennoch
ergeben sich diesbezüglich einige Anhaltspunkte: Im bereits erwähnten Urteil
2C_770/2012 vom 9. Mai 2013 sah das entsprechende Benutzungsreglement
betreffend Landwirtschafts-, Wald- und Alpstrassen für Sonderfahrten von
auswärtigen Personen eine Tagesgebühr von Fr. 15.-- vor. Die Gemeinde Wiler
(Lötschen) /VS erhebt für die Benutzung der Strasse Wiler-Alpen eine Gebühr von
Fr. 20.-- für eine Tagesbewilligung, Fr. 25.-- für eine Wochenendbewilligung (3
Tage), Fr. 35.-- für eine Wochenbewilligung und Fr. 100.-- für eine
Saisonbewilligung. Die einmalige Benutzung des Grossen St. Bernhard-Tunnels
kostet für Personenwagen ab Fr. 29.30 bis Fr. 45.50 (mit Camping-Anhänger), für
Kleintransporter Fr. 79.--, für leichte Lastwagen Fr. 115.50 und für schwere
Lastwagen Fr. 175.50. Für die einmalige Durchfahrt durch den Tunnel Munt La
Schera werden bei Personen- und Lieferwagen (inklusive Anhänger) zwischen Fr.
35.-- und Fr. 53.--, für Lastwagen bis 18 Tonnen zwischen Fr. 38.-- und Fr.
41.-- und für Lastwagen ab 18 Tonnen zwischen Fr. 44.-- und Fr. 47.--
verlangt. 
Bei einem Vergleich mit den genannten Beispielen erscheinen die hier
streitbetroffenen Gebühren als stark überhöht. Zu diesem Schluss gelangten
(betreffend das frühere Reglement) bereits der Staatsrat des Kantons Wallis und
das Kantonsgericht Wallis, welche mit den örtlichen Gegebenheiten und der
Grössenordnung von vergleichbaren Strassenbenutzungsgebühren in ihrem Kanton
zudem noch besser vertraut sein dürften als das Bundesgericht. In der Tat
erscheint es nicht nachvollziehbar, weshalb die Gemeinde B.________ für die
einmalige Befahrung der zwölf Kilometer langen Alpstrasse mit einem Camion Fr.
350.-- fordert. Eine Gebühr in dieser Höhe verletzt offensichtlich das
Äquivalenzprinzip. Die Gemeinde kann denn in ihrer Vernehmlassung auch keine
plausiblen Umstände benennen, welche eine derart hohe Gebühr rechtfertigen
würden. Soweit sie auf "veränderte finanzielle Rahmenbedingungen rund um die
Forststrasse" verweist, können ihre Ausführungen - soweit sie sich denn
überhaupt auf das Äquivalenz- und nicht viel mehr auf das Kostendeckungsprinzip
beziehen - nicht nachvollzogen werden: Aus den von ihr angerufenen
Investitions- und Unterhaltsrechnungen der Jahre 2009 bis 2015 ergibt sich,
dass sie dort hohe buchhalterische Abschreibungen mitberücksichtigt. Dennoch
resultierte in den Jahren 2011 und 2012 sogar nach der Lesart der Gemeinde ein
Einnahmenüberschuss. In den übrigen Jahren (2009-2010 sowie 2013-2015) macht
sie wohl einen Ausgabenüberschuss geltend, doch liegt dieser stets unter der
Höhe der technischen Abschreibungen. Für das Jahr 2016 verweist die Gemeinde
schliesslich auf ein Ausbleiben von kantonalen Subventionen: Dieser Umstand
vermag den Wert der eingeräumten Leistung (Strassenbenutzungsrecht) aus Sicht
des Gebührenpflichtigen indes nicht zu erhöhen. Schlechthin unverständlich
erscheint schliesslich, wenn die Gemeinde die Auffassung vertritt, aus den
genannten Entscheiden des Staatsrats und des Kantonsgerichts liesse sich für
den vorliegenden Fall nichts herleiten, da es ja jetzt um ein neues, anderes
Reglement gehe: Auch wenn formell ein neues Reglement erlassen wurde, ändert
dies nichts am offenkundigen Umstand, dass es letztlich um die gleiche Gebühr
für die Benutzung derselben Strasse geht, und die Gemeinde die Benutzungsgebühr
in einer Höhe festgelegt hat, die von den kantonalen Instanzen bereits als
unverhältnismässig und unzulässig erklärt wurde. 
 
2.5. Richtig ist einzig der Hinweis der Gemeinde, dass die zum alten
Gebührenreglement ergangenen Entscheide des Staatsrates und des Kantonsgerichts
lediglich die Gebühren für die Strassenbenutzung mit Camions betrafen und sich
die Entscheide nicht zu den Gebühren für die Befahrung der Strasse mit
Personenwagen äusserten. Daraus kann die Gemeinde im vorliegenden Fall
allerdings nichts zu ihren Gunsten herleiten: Ausgehend von den obenstehend
aufgezeigten Beispielen und davon, dass der mit den Verhältnissen im Kanton
Wallis vertraute Staatsrat für die Befahrung der Alpstrasse mit Camions
Gebühren zwischen Fr. 60.-- und Fr. 100.-- als verhältnismässig erachtete und
ersatzweise festlegte, erscheint die im neuen Reglement vorgesehene Gebühr von
Fr. 100.-- für die einmalige Befahrung der Strasse mit einem Kleintransporter
oder einem Personenwagen mit Anhänger ebenfalls als stark übersetzt. Zudem ist
nicht ersichtlich, welche sachlich vertretbaren Kriterien es rechtfertigen
würden, die Gebühr für die einmalige Befahrung der Strasse mit einem
Personenwagen mit Anhänger (Fr. 100.--) zehnmal höher anzusetzen als jene für
die einmalige Befahrung mit einem Personenwagen ohne Anhänger (Fr. 10.--). Auch
in diesem Zusammenhang wurde demnach das Äquivalenzprinzip verletzt (vgl. E.
2.1 hiervor). Die Höhe der Gebühr für Personenwagen ohne Anhänger (Fr. 10.--)
wird von der Beschwerdeführerin dagegen nicht kritisiert. Auch erscheint diese
Gebühr in Anbetracht der obenstehenden Vergleichsbeispiele nicht als überhöht.
Insofern ist das angefochtene Reglement unter den hier massgeblichen
Gesichtspunkten demnach nicht zu beanstanden.  
 
3.  
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde wegen Verletzung des
Äquivalenzprinzips gutzuheissen. Ob und inwieweit auch eine Verletzung des
Kostendeckungsprinzips vorliegt, ist an dieser Stelle nicht mehr zu prüfen.
Ebenfalls kann offen bleiben, inwiefern das angefochtene Reglement mit dem
verfassungsmässigen Recht auf Gebührenfreiheit öffentlicher Strassen vereinbar
ist (Art. 82 Abs. 3 BV; vgl. hierzu Urteil 2C_770/2012 vom 9. Mai 2013 E. 3-4);
die Beschwerdeführerin erhebt keine entsprechende Rüge (vgl. BGE 138 I 171 E.
1.4 S. 176; Urteil 2C_770/2012 vom 9. Mai 2013 E. 1.5.3 Abs. 2). 
Die Beschwerdeführerin verlangt beschwerdeweise zwar die Aufhebung des gesamten
Reglements der Gemeinde B.________ vom 11. Mai 2016. Da sie sich in der
Begründung jedoch einzig gegen die Höhe der verlangten Benutzungsgebühren für
Camions bzw. für Kleintransporter und Personenwagen mit Anhänger richtet und
auch nur zu diesen Punkten Ausführungen macht, rechtfertigt es sich, nur Ziff.
18.1 und 18.2 des Reglements aufzuheben (vgl. Urteile 2C_770/2012 vom 9. Mai
2013 E. 1.5.3 Abs. 2; 2C_88/2009 vom 19. März 2010 E. 3.3) 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der unterliegenden
Gemeinde B.________ zu auferlegen, welche Vermögensinteressen verfolgte (Art.
66 Abs. 1 und Abs. 4 e contrario BGG). Zudem hat die Gemeinde B.________ die
Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art.
68 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). 
 
 
  
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Ziffern 18.1 sowie 18.2 des Reglements
Forststrasse C.________ (Benützung und Gebührenerhebung) der Gemeinde
B.________ vom 11. Mai 2016 werden aufgehoben. 
 
2.  
Die Gerichtsgebühren in Höhe von Fr. 3'000.-- werden der Munizipalgemeinde
B.________ auferlegt. 
 
3.  
Die Munizipalgemeinde B.________ hat der Beschwerdeführerin für das
bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung in Höhe von Fr. 3'500.--
zu entrichten. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. Dezember 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Zähndler 

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