Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.682/2016
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_682/2016            

 
 
 
Urteil vom 14. September 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch X.________ GmbH, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungs- 
gerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 
vom 22. Juni 2016 (VB.2016.00162). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
A.________ (Serbe; 1972) reiste am 20. März 2011 in die Schweiz ein und
heiratete am 27. April 2011 eine hier niederlassungsberechtigte Landsfrau,
weshalb ihm in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung erteilt und diese mehrfach
verlängert wurde. 
Nachdem das Migrationsamt einem anonymen Hinweis betreffend einer Scheinehe
zwischen den Ehepartnern nachgegangen war, widerrief es am 25. März 2015 die
Aufenthaltsbewilligung von A.________ und setzte diesem eine Ausreisefrist bis
zum 26. Mai 2015. Der dagegen erhobene Rekurs bei der Sicherheitsdirektion war
erfolglos, ebenso wie die Beschwerde gegen deren Entscheid beim
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. 
Vor Bundesgericht beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich vom 22. Juni 2016 aufzuheben. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragt ohne Vernehmlassung die
Abweisung der Beschwerde. Die Sicherheitsdirektion und das Migrationsamt des
Kantons Zürich sowie das Staatssekretariat für Migration haben sich nicht
vernehmen lassen. 
Mit Verfügung vom 9. August 2016 erteilte der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde
aufschiebende Wirkung. 
 
2.  
Die als öffentlich-rechtliche Beschwerde entgegen zu nehmende " (Subsidiäre
Verfassung-) Beschwerde" erweist sich als offensichtlich unbegründet, weswegen
sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a i.V.m. Abs. 3 BGG
mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid
zu erledigen ist. Für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde bleibt kein Raum (
Art. 113 BGG). 
 
2.1. Nach Art. 43 Abs. 1 AuG hat ein ausländischer Ehegatte einer Person mit
einer Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung, wenn er mit dieser zusammenwohnt. Massgebend ist somit
die gelebte Haushaltsgemeinschaft, unmassgeblich hingegen der formelle
Weiterbestand der Ehe (BGE 136 II 113 E. 3.2 S. 117). Nach Art. 49 AuG besteht
das Erfordernis des Zusammenwohnens u.a. nach Art. 43 nicht, wenn für getrennte
Wohnorte wichtige Gründe geltend gemacht werden und die Familiengemeinschaft
weiter besteht. Die Ansprüche nach Art. 43 AuG erlöschen, wenn sie
rechtsmissbräuchlich geltend gemacht werden, namentlich um Vorschriften dieses
Gesetzes und seiner Ausführungsbestimmungen über die Zulassung und den
Aufenthalt zu umgehen (Art. 51 Abs. 2 lit. a AuG), d.h. vor allem wenn die
Ehepartner nur noch zum Schein zusammenwohnen (BGE 136 II 113 E. 3.2 Abs. 2
i.f. S. 116). Das gleiche Ergebnis ergibt sich zudem aus Art. 51 Abs. 2 lit. b
i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. a AuG (Urteil 2C_328/2013 vom 14. Oktober 2013 E.
2.1).  
 
2.2. Ob die Ehe bloss noch formell besteht, entzieht sich - wie bei der Frage,
ob eine Scheinehe geschlossen wurde - in der Regel dem direkten Beweis und kann
nur durch Indizien erstellt werden (BGE 135 II 1 E. 4.2 S. 9 f.). Solche
Indizien können äussere Begebenheiten sein wie eine drohende Wegweisung, das
Fehlen einer Wohngemeinschaft, ein erheblicher Altersunterschied,
Schwierigkeiten in der Kommunikation, fehlende Kenntnisse über den Ehepartner
und dessen Familie oder die Bezahlung einer Entschädigung. Die Indizien können
aber auch psychische Vorgänge betreffen (tatsächlicher Wille). In beiden Fällen
handelt es sich um tatsächliche Feststellungen, welche das Bundesgericht nur
auf offensichtliche Unrichtigkeit oder Rechtsverletzungen hin überprüft (Art.
97 Abs. 1 BGG; BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152). In die vorinstanzliche
Beweiswürdigung greift es nur ein, wenn diese willkürlich ist (Urteile 2C_752/
2016 vom 16. September 2016 E. 3.2; 2C_1141/2015 vom 18. Juli 2016 E. 2.2; zur
Willkür in der   Beweiswürdigung vgl. BGE 142 II 433 E. 4.4 S. 444). Frei zu
prüfen ist dagegen die Rechtsfrage, ob die festgestellten Tatsachen (Indizien)
darauf schliessen lassen, die Berufung auf die Ehe sei rechtsmissbräuchlich
oder bezwecke die Umgehung fremdenpolizeilicher Vorschriften (BGE 128 II 145 E.
2.3 S. 152).  
Eine Umgehungsehe liegt umgekehrt nicht bereits dann vor, wenn auch
ausländerrechtliche Motive die Fortdauer der Lebensgemeinschaft beeinflusst
haben. Erforderlich ist, dass der Wille zur Führung der Lebensgemeinschaft im
Sinn einer auf Dauer angelegten wirtschaftlichen, körperlichen und spirituellen
Verbindung zumindest bei einem der Ehepartner fehlt (BGE 121 II 97 E. 3b S.
102). Grundsätzlich muss die Migrationsbehörde nachweisen, dass die Ehe nur
noch formell besteht. Dass die Ehe nur zum Schein fortgeführt wird, darf dabei
nicht leichthin angenommen werden (BGE 135 II 1 E. 4.2 S. 10). Die Behörden
müssen den Sachverhalt von Amtes wegen möglichst zuverlässig abklären; indessen
wird der Untersuchungsgrundsatz durch die Mitwirkungspflicht der Parteien
relativiert (vgl. Art. 90 AuG). Diese kommt naturgemäss bei Tatsachen zum
Tragen, die eine Partei besser kennt als die Behörden und die ohne ihre
Mitwirkung gar nicht oder nicht mit vertretbarem Aufwand erhoben werden können
(BGE 138 II 465 E. 8.6.4 S. 496 f.). Das gilt insbesondere, wenn bereits
gewichtige Hinweise für eine Scheinehe sprechen; dann wird von den Eheleuten
erwartet, dass sie von sich aus Umstände vorbringen und belegen, um den echten
Ehewillen glaubhaft zu machen (Urteil 2C_1019/2016 vom 9. Mai 2017 E. 2.3).
Umso mehr muss in diesen Fällen indes gelten, dass die Behörden die
Beweisangebote der Eheleute anzunehmen haben. 
 
2.3. Die Vorinstanz hat die Frage offen gelassen, ob es sich bei der Ehe des
Beschwerdeführers von Beginn weg um eine Scheinehe gehandelt habe. Sie hat aber
festgehalten, dass spätestens im September 2013 die Ehegemeinschaft aufgehoben
und seither lediglich vorgespielt worden sei. Dies würden verschiedene Indizien
belegen.  
 
2.4. In diesem Zusammenhang macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, dass
die Einleitung des Verfahrens nach einem Denunziationsschreiben unzulässig sei.
Es könne nicht sein, dass die Behörde eine Denunziation zum Anlass nehme, um
das Privatleben von Menschen auszuspionieren. Deren Folge sei auch, dass sowohl
das Migrationsamt als auch die Polizeibeamten, die die Hausdurchsuchungen
durchgeführt hätten, voreingenommen gewesen seien.  
Dem ausländischen Beschwerdeführer kommt nur unter bestimmten, dauerhaft zu
erfüllenden Voraussetzungen des AuG ein Bleiberecht zu. Ob diese erfüllt sind,
kann die Behörde grundsätzlich jederzeit überprüfen, was sich etwa im Recht und
der Pflicht, eine Bewilligung unter bestimmten Voraussetzungen zu widerrufen,
oder in den befristeten Aufenthaltsbewilligungen manifestiert. In diesem Rahmen
hat sie entsprechenden, rechtsrelevanten Hinweisen, welche auf ein
Fehlverhalten des ausländischen Beschwerdeführers deuten, nachzugehen, was sich
zudem aus dem jedermann zukommenden Recht zur Einreichung einer
Aufsichtsanzeige ergibt, das direkt aus der gesetzlichen Aufsichtskompetenz der
Behörde folgt und keiner weiteren gesetzlichen Grundlage bedarf (Urteil 2C_1026
/2015 vom 18. Juli 2016 E. 2.2). Den Sachverhalt hat das kantonale
Migrationsamt nach § 7 Abs. 1 und 4 des kantonalzürcherischen
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG; SR ZH 175.2) von Amtes
wegen zu untersuchen, zu prüfen, und die Beweise frei zu würdigen. Insofern
steht eine Denunziation der Anhandnahme eines Falles nicht entgegen. 
In Bezug auf die Voreingenommenheit macht der Beschwerdeführer keine konkreten
Umstände geltend, die den Anschein von Befangenheit und die Gefahr einer
Voreingenommenheit der Migrationsbehörden bzw. der Polizeibeamten belegen
würden. So kann er keine konkreten Anhaltspunkte bzw. Belege nennen, wonach die
Migrationsbehörden Beweise produzieren würden, damit die Denunziation sich
erfüllen würde. 
 
2.5. Der Beschwerdeführer moniert sodann, dass die Tatsachenfeststellung und
die Beweiswürdigung willkürlich erfolgt seien. Insbesondere seien verschiedene
Aspekte, welche zu seinen Gunsten sprechen würden, unberücksichtigt geblieben.
Dies trifft nicht zu. Die Vorinstanz hat detailliert dargelegt und
festgehalten, dass ab September 2013 an der Ehe nur noch formell festgehalten
wurde:  
Nach der Heirat haben die Eheleute zunächst zusammengewohnt, ab 1. September
2013 hat die Ehefrau eine möblierte Einzimmer-Personalwohnung, der
Beschwerdeführer eine andere Wohnung bezogen. Eine gemeinsame Wohnung ist erst
wieder gemietet worden (15. Mai 2014: Mietbeginn), nachdem dem Beschwerdeführer
infolge der getrennten Haushalte die Nichtverlängerung seiner
Aufenthaltsbewilligung in Aussicht gestellt worden war. Die Ehefrau hat trotz
Ummeldung ihre Wohnung behalten und im Dezember 2014 sogar einen neuen
Mietvertrag abgeschlossen. Dieser ist erst wieder aufgrund der
ausländerrechtlichen Ermittlungen am 3. Juli 2015 gekündigt worden. Bei den
Wohnungskontrollen am 17. Dezember 2014 wurde in der ehelichen Wohnung nur der
Beschwerdeführer angetroffen. Aufgrund der wenigen persönlichen Sachen der
Ehefrau und der nur an den Beschwerdeführer adressierten Briefpost ist die
Vorinstanz von einem reinen Männerhaushalt ausgegangen, was verwundert, da die
Ehefrau seit einem halben Jahr dort wieder angemeldet gewesen war. Der
Beschwerdeführer macht diesbezüglich geltend, dass es auf den Bildern auch ein
Kleidungsstück der Ehefrau und zwei Zahnbürsten gegeben habe. Diesem Befund hat
die Vorinstanz zwar nicht ausdrücklich, doch implizit Rechnung getragen, indem
sie ausführt, dass in der ehelichen Wohnung "nur wenige persönliche Sachen der
Ehefrau" gefunden wurden. Da die Ehefrau sich an der Wohnadresse der ehelichen
Wohnung angemeldet hat und die Eheleute auch behaupteten, dass sie zusammen
wohnen, ist auch das Argument des Beschwerdeführers unbehelflich, dass die
Ehefrau aufgrund ihrer Schicksalsschläge psychisch angeschlagen sei und einen
Rückzugsort benötigt habe. Abgesehen davon hat er auch keine diesbezüglichen
Arztzeugnisse eingereicht. Die Vorinstanz hat zudem erwogen, dass die Ehefrau
auch aufgrund von "geteilten Diensten" keineswegs eine eigene Wohnung
benötigte, da eine Heimkehr innert weniger Minuten möglich gewesen wäre.
Insofern hat die Vorinstanz zu Recht Art. 49 AuG als nicht anwendbar erachtet.
Am 6. Januar 2015 wurde die Ehefrau in ihrer Wohnung angetroffen, auf welche
auch sämtliche dort aufgefundene Korrespondenz lautete. Für getrennte Wohnungen
spricht auch, dass die Mietkosten für die Einzimmer-Personalwohnung die Ehefrau
bezahlt, diejenigen der gemeinsamen Wohnung der Beschwerdeführer. Die
Vorinstanz hat sich mit weiteren Indizien (finanzielle Situation der Ehefrau,
keine gemeinsamen Ferien, "freie Ehe") vertieft auseinandergesetzt, worauf der
Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht näher eingeht. Entgegen seiner
Auffassung hat die Vorinstanz auch Indizien zugunsten des Beschwerdeführers
berücksichtigt, welche aber zu Recht als nicht ausschlaggebend erachtet wurden.
Der Beschwerdeführer hat zudem auch nicht dargelegt, dass die Ehegemeinschaft
wieder gelebt werde. 
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sind die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung nicht willkürlich. Da die
Ehegatten nicht mehr zusammenleben, besteht kein Anspruch auf eine Erneuerung
der Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 43 Abs. 1 AuG. Für alles Weitere
und Detailliertere kann auf den vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden (
Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
2.6. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68
BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. September 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Errass 

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