Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.654/2016
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_654/2016        

Urteil vom 17. März 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann, Haag,
Gerichtsschreiberin Fuchs.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwälte
Dr. Christian Witschi und Michèle Remund-Ludwig,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer,
Verrechnungssteuer, Stempelabgaben.

Gegenstand
Internationale Quellenbesteuerung CH-UK; Anteilsberechnung gemäss Art. 28 IQG,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I,
vom 29. Juni 2016.

Sachverhalt:

A.
Die A.________ AG (nachfolgend auch: Bank) ist eine Schweizer Privatbank mit
Sitz und einzigem Geschäftsstandort in U.________, welche über eine
Bankenbewilligung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) verfügt.
Am 20. Januar 2015 ordnete die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) gegenüber
der Bank unter anderem Folgendes an:

"Der Anteil der A.________ AG am Ausfall gemäss Artikel 28 IQG [Bundesgesetz
vom 15. Juni 2012 über die internationale Quellenbesteuerung, SR 672.4] im
Zusammenhang mit den Einmalzahlungen an das Vereinigte Königreich [im Sinne des
Abkommens vom 6. Oktober 2011 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die
Zusammenarbeit im Steuerbereich, SR 0.672.936.74, nachfolgend: Abkommen UK]
beträgt CHF 922'084.92."

Zugleich wies die ESTV darauf hin, dass der erwähnte Betrag "aufgrund des
iterativen Charakters der Berechnung noch steigen oder sich reduzieren" könne.

B.

B.a. Die von der Bank am 20. Februar 2015 erhobene Einsprache wies die ESTV mit
Entscheid vom 5. Januar 2016 ab. In Ziffer 2 des Dispositivs ordnete sie an:

"Die A.________ AG [...] hat einen Anteil von CHF 922'084.92 am Ausfall zu
tragen. Dieser Betrag kann aufgrund des iterativen Charakters der Berechnung
noch Änderungen erfahren. Für diesen Fall erlässt die ESTV eine neue Verfügung,
welche diesem Umstand Rechnung trägt und ausschliesslich bezüglich der Höhe des
Betrags angefochten werden kann."

B.b. Die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde wies das
Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 29. Juni 2016 ab.

C.

C.a. Mit Eingabe vom 18. Juli 2016 erhebt die A.________ AG Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht und beantragt, der
Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juni 2016 sei vollumfänglich
aufzuheben. Eventualiter sei die Sache zur neuen Sachverhaltsfeststellung und
neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen; subeventualiter sei der von
der Beschwerdeführerin am Ausfall zu tragende Anteil auf Fr. 32'588.57
festzusetzen.

C.b. Die ESTV schliesst auf Abweisung der Beschwerde; das
Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf Vernehmlassung. Mit weiterer Eingabe
vom 4. Oktober 2016 hält die Beschwerdeführerin an ihren Anträgen fest.
Mit Verfügung vom 26. Juli 2016 wurde das Gesuch um aufschiebende Wirkung
abgewiesen.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) des
Bundesverwaltungsgerichts, welcher gestützt auf das Bundesgesetz vom 15. Juni
2012 über die internationale Quellenbesteuerung (IQG; SR 672.4), und somit in
einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, ergangen ist. Die Beschwerde der
nach Art. 89 Abs. 1 BGG legitimierten Beschwerdeführerin wurde unter Einhaltung
der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht
und ist grundsätzlich zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG).

1.2. Zu prüfen ist, ob die Beschwerde die Voraussetzungen gemäss Art. 84a BGG
erfüllen muss, wonach gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen
Amtshilfe in Steuersachen die Beschwerde nur zulässig ist, wenn sich eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen
Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG
handelt (vgl. dazu die Rechtsmittelbelehrung des Bundesverwaltungsgerichts im
angefochtenen Entscheid).

1.2.1. Ein Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in
Steuersachen liegt vor, wenn die Administrativbehörde eines Landes die
Administrativbehörde eines anderen Landes um Hilfe im Bereich des Steuerrechts
ersucht (vgl. ANDREA OPEL, Neuausrichtung der schweizerischen Abkommenspolitik
in Steuersachen: Amtshilfe nach dem OECD-Standard, 2015, S. 115; ALAIN
WURZBURGER, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 5 zu Art. 84a BGG;
HANSJÖRG SEILER, in: Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2015, N. 2 zu Art. 84a
BGG). Die Steueramtshilfe kann sich sowohl auf den Informationsaustausch
zwischen den Behörden (vgl. Art. 26 des OECD-Musterabkommens vom 28. Januar
2003 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen [OECD-MA; Version 2012]) als auch auf die Amtshilfe
der Behörde eines Landes bei der Erhebung von Steuern zugunsten der Behörde
eines anderen Landes beziehen (vgl. Art. 27 OECD-MA). Gemeinsam ist beiden
Arten, dass jeweils die Hilfeleistung zwischen den zwei Behörden erfolgt.

1.2.2. Im hier zu beurteilenden Fall liegt die Anwendung der Bestimmung über
die Deckung des Ausfalls nach Art. 28 IQG bei Vorauszahlung durch
schweizerische Zahlstellen (IQG, 7. Abschnitt) im Streit. Es geht um die Frage,
ob die Beschwerdeführerin von der ESTV zu Recht verhalten wurde, gestützt auf
Art. 28 IQG einen Beitrag von Fr. 922'084.92 an den Ausfall UK zu bezahlen.
Hintergrund der verfügten Ausfallzahlung ist die Regelung in Art. 17 Abs. 2
Satz 1 Abkommen UK, wonach die schweizerischen Zahlstellen innert 25 Tagen nach
dem Inkrafttreten des Abkommens eine Vorauszahlung in der Höhe von 500
Millionen Franken an die zuständige schweizerische Behörde zu leisten haben.
Die zuständige schweizerische Behörde überweist diese Vorauszahlung innerhalb
eines Monats nach dem Inkrafttreten des Abkommens an die zuständige Behörde des
Vereinigten Königreichs (Art. 17 Abs. 2 Satz 2 Abkommen UK). Mit dieser
Vorauszahlung soll dem Vereinigten Königreich ein Mindestaufkommen aus der
Vergangenheitsregularisierung gesichert werden (vgl. Botschaft vom 18. April
2012 zur Genehmigung der Abkommen mit Deutschland über die Zusammenarbeit im
Steuer- und im Finanzmarktbereich und mit dem Vereinigten Königreich über die
Zusammenarbeit im Steuerbereich sowie zum IQG [nachfolgend: Botschaft IQG], BBl
2012 4943, 4978 und 5006 zu Art. 15 Abs. 1 und 2 und Art. 17 Abs. 1 und 2).
Betreffend die Abwicklung dieser steuerlichen Regularisierung von
Vermögenswerten in der Schweiz (vgl. dazu 2. Abschnitt des IQG) bestimmen Art.
4 und 5 IQG, dass die schweizerischen Zahlstellen Einmalzahlungen zu erheben
und der ESTV zu überweisen haben, wobei die geleisteten Vorauszahlungen mit den
Einmalzahlungen aus der Vergangenheitsregularisierung verrechnet werden, bis
die schweizerischen Zahlstellen die geleistete Vorauszahlung zurückerhalten
haben (vgl. Art. 26 Abs. 7 IQG; vgl. auch Botschaft IQG, BBl 2012 5025 zu Art.
26). Art. 28 IQG enthält sodann eine Regelung für den Fall, dass die geleistete
Vorauszahlung nicht vollständig mit Einmalzahlungen verrechnet werden kann. Er
bestimmt, dass diesfalls die ESTV die notwendigen Zahlungsverfügungen gegenüber
genau umschriebenen schweizerischen Zahlstellen erlässt.

1.2.3. Aus den dargelegten Regelungen ergibt sich, dass die Ausfallzahlungen
nach Art. 28 IQG ausschliesslich das Verhältnis zwischen der ESTV einerseits
und den schweizerischen Zahlstellen andererseits betreffen. Es handelt sich
damit um eine rein schweizerische Streitigkeit, an der weder eine ausländische
Behörde noch ausländische Steuerpflichtige beteiligt sind. Zur Diskussion steht
damit weder der internationale Informationsaustausch noch die Amtshilfe bei der
Erhebung von Steuern. Dementsprechend kommt die Ausnahmebestimmung von Art. 84a
BGG im vorliegenden Verfahren nicht zur Anwendung.

1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter
anderem die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 BGG).
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an
die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann die Beschwerde aus einem
anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit
einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen
(Motivsubstitution; BGE 140 III 86 E. 2 S. 89; 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.).
Trotz der Rechtsanwendung von Amtes wegen untersucht das Bundesgericht, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte
Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, soweit sie
offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich, sind oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG). Zudem
muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein,
was in der Beschwerde klar und substanziiert aufzuzeigen ist (Art. 97 Abs. 1
BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f.; 140 IV 97 E. 1.4.1 S. 100). Rein
appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung
genügt den Begründungs- und Rügeanforderungen nicht. Bei ungenügender Rüge und
Begründung ist auf die Rüge nicht einzutreten (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266).

2.
Die Beschwerdeführerin rügt zunächsteine unrichtige Sachverhaltsfeststellung
durch die Vorinstanz.

2.1. Sie führt dazu aus, aufgrund des Vergleichs der von der ESTV am 20.
Dezember 2013 in Aussicht gestellten Ausfallhaftung (Fr. 937'883.92) mit der am
20. Januar 2015 verfügten Ausfallhaftung (Fr. 922'084.92) ergebe sich, dass
sich eine Veränderung der Ausfallhaftung ausschliesslich durch eine Veränderung
des von nicht zahlungspflichtigen Zahlstellen gemeldeten Steuerrückbehalts
begründen lasse. Die Vorinstanz habe hierzu in ihrer Entscheidbegründung
festgehalten, die genannte Diskrepanz lasse sich nicht als Beleg dafür
interpretieren, die ESTV habe in der Zeitspanne zwischen dem 20. Dezember 2013
und dem Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung feststellen müssen,
dass weitere Zahlstellen zahlungspflichtig seien. Als Begründung habe sie
festgehalten, die ESTV habe im Schreiben vom 20. Dezember 2013 ihre
Berechnungsgrundlage nicht vollständig aufgeführt und "lediglich von einem
voraussichtlich zu übernehmenden Betrag von 'rund' Fr. 937'883.92" gesprochen.

2.2. Die Beschwerdeführerin begründet ihre Rüge mit eigenen Berechnungen, wobei
sie von den von ihr zu übernehmenden Beträgen gemäss Schreiben vom 20. Dezember
2013 und Verfügung vom 20. Januar 2015 und der Annahme ausgeht, dass der
Gesamtsteuerrückbehalt vor Abzug der Steuerrückbehalte der nicht
zahlungspflichtigen Zahlstellen, der von der Beschwerdeführerin gemeldete
Steuerrückbehalt sowie der Gesamtausfall zwischen dem 20. Dezember 2013 und dem
20. Januar 2015 unverändert geblieben seien. Der Totalbetrag für die Berechnung
des Ausfalls gemäss Art. 28 IQG müsse sich entsprechend geändert haben. Die
ESTV zeigt dagegen in ihrer Vernehmlassung auf, dass sie bei den ersten
Berechnungen versehentlich den gesamten für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis
zum 31. Mai 2011 gemeldeten EU-Steuerrückbehalt herangezogen habe und nicht nur
denjenigen Anteil, der auf das Vereinigte Königreich entfallen sei, und dass
sie die korrekten Zahlen erst der Berechnung vom 20. Januar 2015 zugrunde
gelegt habe. Die Beschwerdeführerin vermag somit nicht darzulegen, dass die
Vorinstanz den Sachverhalt offensichtlich falsch festgestellt hat. Soweit sie
in ihren Gegenbemerkungen vom 4. Oktober 2016 festhält, die ESTV habe in deren
Vernehmlassung explizit bestätigt, zwischen der Ankündigung der
Zahlungsverpflichtung und deren Erlass am 20. Januar 2015 seien zusätzliche
Zahlstellen als zahlungspflichtig qualifiziert worden, zeigt sie nicht auf,
inwiefern dies für die Feststellung ihrer Zahlungsverpflichtungen von Relevanz
sein könnte. Sie führt zur allfälligen Relevanz einer Sachverhaltskorrektur
zwar aus, daraus ergebe sich, dass die ESTV vergleichbare Tatsachen ungleich
behandelt habe. Inwiefern dies der Fall sein soll, macht sie jedoch nicht
schlüssig geltend; denn sie legt ihrer Argumentation einzig die unbelegte
Behauptung zugrunde, die ESTV habe erhöhende Korrekturen an gemeldeten
Steuerrückbehalten berücksichtigt.

2.3. Das Bundesgericht ist somit an die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung gebunden.

3.
In materieller Hinsicht umstritten ist vorliegend die Auslegung von Art. 28
IQG. Dieser sieht eine Regelung für den Fall vor, dass die gestützt auf das
Abkommen UK geleistete Vorauszahlung nicht mit den gemäss Art. 4 f. IQG
geleisteten Einmalzahlungen zur Verrechnung gebracht werden kann.

3.1. Art. 28 IQG lautet wie folgt:

" 1 Kann die geleistete Vorauszahlung nicht vollständig mit Einmalzahlungen
verrechnet werden, so erlässt die ESTV die notwendigen Zahlungsverfügungen.
Diese richten sich an schweizerische Zahlstellen, deren Anteil grösser ist als
0,01 Prozent des in Bezug auf den Partnerstaat nach dem
Zinsbesteuerungsabkommen erhobenen Steuerrückbehalts. Massgebend ist der Anteil
aufgrund der letzten statistischen Angaben, welche die Zahlstellen der ESTV vor
Unterzeichnung des anwendbaren Abkommens geliefert haben.

2 Der nicht verrechnete Betrag der Vorauszahlung wird auf diese Zahlstellen
nach Massgabe ihres Anteils aufgeteilt. Hat eine Zahlstelle einen Beitrag an
die Vorauszahlung geleistet, so wird die Differenz zwischen diesem Beitrag und
den nach Artikel 26 Absatz 7 überwiesenen Beträgen von diesem Anteil abgezogen.

^3 Die ESTV überweist die eingezogenen Beträge den Zahlstellen so, dass diese
den Ausfall nach Massgabe ihres Anteils nach Absatz 1 tragen.

4 Artikel 38 ist sinngemäss anwendbar."

3.2. Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen ist vorliegend unbestritten,
dass die ESTV im Sinne von Art. 28 Abs. 1 IQG die notwendige Zahlungsverfügung
zu erlassen hatte, weil die dem Vereinigten Königreich geleistete Vorauszahlung
(mangels Erreichen der Schwelle von 1'300 Millionen Franken im Sinne von Art.
17 Abs. 3 Satz 1 Abkommen UK) nicht mit Einmalzahlungen verrechnet werden kann.

3.3. Umstritten ist dagegen, ob die Beschwerdeführerin die Schwelle von 0,01
Prozent gemäss Art. 28 Abs. 1 IQG überschritten hat und damit zu Recht als eine
der Adressatinnen der Zahlungsverfügung ins Recht gefasst wurde.
Die diesbezügliche Diskrepanz zwischen der Beschwerdeführerin und der ESTV
rührt daher, dass Letztere davon ausgeht, massgebend für die Berechnung seien
die seitens der Zahlstellen bis zur Unterzeichnung des Abkommens UK am 6.
Oktober 2011 der ESTV gelieferten Angaben zum EU-Steuerrückbehalt. Demgegenüber
stellt sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, es sei nicht auf die bis
zum 6. Oktober 2011 gemeldeten Steuerrückbehalte abzustellen, sondern auf die
für das Jahr 2010 effektiv geschuldeten. Relevant sind die unterschiedlichen
Auffassungen deswegen, weil die Beschwerdeführerin einerseits am 6. Januar 2011
mittels Formular 150 einen Steuerrückbehalt von Fr. 45'075.90 gemeldet hatte,
was unbestrittenermassen einen Anteil von mehr als 0,01 Prozent am gesamten,
hinsichtlich des Vereinigten Königreichs erhobenen Steuerrückbehalt (von Fr.
24'522'416.85) ausmacht. Andererseits nahm die Beschwerdeführerin eine - von
der ESTV mit Schreiben vom 6. Oktober 2014 zugelassene - Berichtigung des
Steuerrückbehalts 2010 betreffend das Vereinigte Königreich im Umfang von Fr.
43'485.65 (auf Fr. 1'590.25) vor, was bei deren Berücksichtigung im Rahmen der
Anwendung von Art. 28 Abs. 1 IQG zur Nichterreichung des Schwellenwertes von
0,01 Prozent führen würde.

3.4. Die Vorinstanz hat festgestellt, nach dem insoweit in allen drei
Amtssprachen unmissverständlichen Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 Satz 3 IQG sei
bei der Ermittlung des für die Zahlungspflicht im Sinne von Art. 28 Abs. 1
Sätze 1 und 2 IQG massgebenden Anteils an dem in Bezug auf den Partnerstaat
nach dem Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über Regelungen, die den in
der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen
festgelegten Regelungen gleichwertig sind (Zinsbesteuerungsabkommen, ZBstA, AS
2005 2557) erhobenen Steuerrückbehalt auf  vor der Unterzeichnung des
einschlägigen Abkommens der ESTV gelieferte Angaben abzustellen. Der klare
Wortlaut schliesse somit eine Korrektur der Angaben zum entscheidenden
Steuerjahr 2010 durch eine Zahlstelle  nach dem Zeitpunkt der
Abkommensunterzeichnung (6. Oktober 2011) aus.
Dieser Feststellung ist beizupflichten. Dies ergibt sich vorab aus dem Wortlaut
der Bestimmung: "Massgebend [für die Bestimmung der Überschreitung des
Schwellenwertes von 0,01 Prozent] ist der Anteil aufgrund der letzten
statistischen Angaben, welche die Zahlstellen der ESTV vor Unterzeichnung des
anwendbaren Abkommens geliefert haben ("La part déterminante est celle
enregistrée la dernière année pour laquelle des données statistiques ont été
fournies par les agents payeurs à l'AFC avant la signature de l'accord
applicable." bzw. "Determinante è la quota nell'ultimo anno per il quale sono
stati forniti i dati statistici dagli agenti pagatori all'AFC prima della firma
della convenzione applicabile."; Art. 28 Abs. 1 Satz 3 IQG). Sowohl der
Umstand, dass die fragliche Bestimmung explizit von den Angaben spricht, welche
die Zahlstellen der ESTV "vor Unterzeichnung des Abkommens" geliefert haben,
wie auch der Umstand, dass die Bestimmung von der Lieferung "statistischer
Angaben" spricht, lassen keinen Raum für die Auffassung, der Wortlaut dieser
Bestimmung könne auch eine Bedeutung haben, wonach die effektiven
Steuerrückbehalte, welche zufolge nachträglicher Korrekturen erst zu einem
späteren Zeitpunkt feststehen, bei der Berechnung irgendwie relevant sein
könnten. Soweit die Beschwerdeführerin der Auffassung ist, der Wortlaut der
fraglichen Bestimmung sei nicht klar, kann ihr nicht gefolgt werden.

3.5. Die Beschwerdeführerin macht geltend, vom Wortlaut sei aufgrund
teleologischer und historischer Auslegung von Art. 28 IQG abzuweichen.

3.5.1. Die Vorinstanz hat sich mit der Entstehungsgeschichte von Art. 28 Abs. 1
IQG einlässlich auseinandergesetzt und dargelegt, dass im Rahmen des
historischen Auslegungselements einzig entscheidend sei, ob sich den
Materialien Hinweise für die Annahme entnehmen lassen, dass der Gesetzgeber
eine Abweichung vom klaren Wortlaut wollte. Solche Hinweise würden nicht
vorliegen. Den Ausführungen der Vorinstanz ist zuzustimmen. Insbesondere
streicht sie zu Recht heraus, dass der Gesetzgeber an einschlägiger Stelle
erklärt habe, der im Gesetz festgelegte Verteilungsschlüssel bilde eine 
adäquate Annäherung an die Marktanteile. Dies übersieht die Beschwerdeführerin,
wenn sie zwar die Botschaft IQG korrekt zitiert, um dann jedoch sogleich
vorzutragen, nach dem Willen des Gesetzgebers sei der  tatsächliche Marktanteil
 abzuschätzen. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, die Botschaft IQG weise
ausdrücklich darauf hin, dass die ESTV sich auf den erhobenen Steuerrückbehalt
abstütze, kann ihren Schlüssen ebenfalls nicht gefolgt werden. Die ESTV führt
diesbezüglich in der Vernehmlassung zu Recht aus, die Beschwerdeführerin
verkenne mit ihrer Unterscheidung zwischen "erhobenen" und "gemeldeten"
Steuerrückbehalten, dass betreffend die vorliegend zu interessierende
Zeitperiode vom 1. Juni 2010 bis 31. Mai 2011 der gemeldete und der erhobene
Steuerrückbehalt ein und denselben Vorgang abdecken würden. Was die
Beschwerdeführerin effektiv will, ist die Berücksichtigung von lange nach dem
Stichtag erfolgten Korrekturen der Steuerrückbehalte. Hinweise, wonach es die
Intention des Gesetzgebers war, derartige Korrekturen zu ermöglichen, lassen
sich den Materialien nicht entnehmen.

3.5.2. Die gleiche Überlegung liegt auch dem Argument der Beschwerdeführerin
zugrunde, dem Sinn und Zweck der Norm entspreche es, die Zahlungspflicht vom
effektiv geschuldeten Steuerrückbehalt abhängig zu machen und entsprechend den
effektiv geschuldeten Steuerrückbehalt zu verteilen. Auch diesbezüglich ist ihr
nicht zu folgen. Sie geht davon aus, die Bestimmungen des IQG versuchten zu
erreichen, dass jede Zahlstelle Leistungen entsprechend den effektiv von ihr
gepflegten Kundenbeziehungen zu erbringen habe. Dies könnte ein theoretisch
möglicher Ansatz sein. Aus der Regelung betreffend die
Vergangenheitsregularisierung - insbesondere aus dem Umstand, dass die
schweizerischen Zahlstellen Vorauszahlungen leisten müssen, diese im Rahmen
einer Selbstregulierung selber festlegen können und die ESTV (soweit der im
Abkommen festgelegte Betrag am Stichtag nicht vollständig geleistet ist)
Zahlungsverfügungen für den Fehlbetrag basierend auf statistischen Angaben
festsetzen kann (vgl. Art. 26 IQG, insb. Abs. 5) - ergibt sich jedoch, dass das
Gesetz in Bezug auf die Vergangenheitsregularisierung offensichtlich einem
Pauschalierungsansatz folgt und nicht die Lastenverteilung aufgrund der
effektiven - und allenfalls nachträglich kontrollierten und korrigierten -
Kundenbeziehungen im Fokus hat. Dieser Schluss wird auch durch die
entsprechende Ausgestaltung der Ausfallregelung bestätigt, ist doch auch dort
explizit von statistischen Angaben die Rede (vgl. Art. 28 Abs. 1 IQG). Für die
von der Beschwerdeführerin behauptete Fokussierung der Regelung auf effektive
Lastenverteilung auch in Bezug auf die Vergangenheitsregularisierung sind
dagegen keine Hinweise ersichtlich.

3.6. Die Vorinstanz hat demnach zu Recht das Vorgehen der ESTV geschützt,
welche der Berechnung, ob die Beschwerdeführerin in den Kreis der an der
Ausfallregelung zu beteiligenden Zahlstellen fällt, die von dieser gemeldeten
Steuerrückbehalte zugrunde legte.

4.
Eventualiter beantragt die Beschwerdeführerin für den Fall, dass sie
grundsätzlich unter die an der Ausfallregelung zu beteiligenden Zahlstellen
falle, die Berechnung der konkret zu leistenden Entschädigung gestützt auf die
von ihr effektiv abzuliefernden Steuerrückbehalte, d.h. also die
Berücksichtigung der am 6. Oktober 2014 zugelassenen Berichtigung auch im
Rahmen der Ausfallregelung.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Bestimmung des von der
einzelnen zahlungspflichtigen Zahlstelle zu leistenden Anteils an der
Ausfallzahlung ist in Art. 28 Abs. 2 IQG geregelt. Danach wird der nicht
verrechnete Betrag der Vorauszahlungen auf die fraglichen Zahlstellen nach
Massgabe ihres Anteils aufgeteilt. Aus der Entstehungsgeschichte der Regelung
ergibt sich, dass mit dem Anteil nach Absatz 2 genau dasselbe gemeint ist, wie
mit dem Anteil nach Absatz 1. So führt die Botschaft zu Art. 28 IQG aus: "Diese
Aufteilung erfolgt entsprechend dem Anteil der einzelnen Zahlstelle auf dem in
Bezug auf den Partnerstaat nach dem Zinsbesteuerungsabkommen erhobenen
Steuerrückbehalt, sofern  dieser Anteil gemäss den der ESTV im letzten Jahr vor
der Unterzeichnung des Abkommens gelieferten statistischen Angaben mindestens
0,01 % beträgt" (Hervorhebung durch das Bundesgericht; vgl. Botschaft IQG, BBl
2012 5027 zu Art. 28). Auch bezüglich der konkreten Berechnung des Ausfalls
könnte der von der Beschwerdeführerin vertretene Ansatz eine theoretische
Vorgehensmöglichkeit darstellen, was immerhin bedeuten würde, dass die ESTV
zwei Berechnungen vornehmen müsste, nämlich einerseits eine erste aufgrund der
gemeldeten statistischen Angaben sowie eine zweite aufgrund der effektiven,
korrigierten und kontrollierten Abrechnungen der Zahlstellen. Abgesehen davon,
dass dies - wie eben ausgeführt - weder mit dem Wortlaut der Bestimmung noch
deren Entstehungsgeschichte in Einklang steht, sind keinerlei Anhaltspunkte
ersichtlich, wonach eine solche Lösung dem Zweck der Regelung besser
entsprechen würde. Somit ist auch der Eventualantrag der Beschwerdeführerin
abzuweisen.

5.
Nach dem Ausgeführten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist
abzuweisen. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65 und
66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 12'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht,
Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. März 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Fuchs

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben