Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.642/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_642/2016        

Urteil vom 20. Juli 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Mösching.

Verfahrensbeteiligte
A.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Frei,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Abteilung, vom 1. Juni 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der nigerianische Staatsangehörige A.________ wurde 1988 in der Schweiz
geboren, nachdem seine Eltern am 19. August 1987 aus Nigeria hierher
übersiedelten. Er verfügt über eine Niederlassungsbewilligung, ist ledig und
hat keine Kinder. Er trat in der Schweiz mehrfach strafrechtlich in
Erscheinung:

- Zwischen 2002 und 2007 belegte ihn die Jugendanwaltschaft mit fünf
Erziehungsverfügungen.
- Das Bezirksstatthalteramt Liestal sprach ihn mit Strafbefehl vom 12. Dezember
2008 der einfachen Verletzung von Verkehrsregeln schuldig und verurteilte ihn
zu einer Busse von Fr. 500.--.
- Mit Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom 26. Januar 2009 wurde A.________
der sexuellen Nötigung, der mehrfachen Urkundenfälschung, der mehrfachen
falschen Anschuldigung, des geringfügigen Diebstahls sowie der Übertretung des
Transportgesetzes schuldig gesprochen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe
von 13 Monaten (Probezeit von drei Jahren), wovon zwei Tage durch Polizeihaft
erstanden sind, sowie einer Busse von Fr. 500.-- verurteilt.
- Das Bezirksgericht Zürich verurteilte A.________ am 29. April 2009 wegen
einfacher Körperverletzung, Sachbeschädigung, Tätlichkeit und Drohung zu einer
bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten (Probezeit von drei Jahren) als
Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom 26. Januar 2009 sowie
zu einer Busse von Fr. 500.--.
- Mit Urteil des Bezirksgerichts vom 24. Juni 2013 wurde A.________ der
versuchten schweren Körperverletzung begangen am 12. Mai 2012 schuldig
gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Weiter
wurde eine vollzugsbegleitende ambulante Behandlung im Sinn von Art. 63 StGB
angeordnet. Auf Berufung bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich mit
Urteil vom 20. Februar 2014 den Schuldspruch sowie das Strafmass und ordnete
die ambulante Behandlung ohne Aufschub des Strafvollzugs an. Die dagegen
erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht am 14. Oktober 2014 ab, soweit es
darauf eintrat.
Aufgrund der verschiedenen Strafverfahren schuldet er dem Kanton Zürich Fr.
76'872.--.

B. 
Nachdem das Migrationsamt des Kantons Zürich A.________ am 9. Juli 2009 wegen
seiner Straffälligkeit bereits verwarnt hatte, widerrief es am 17. Juni 2015
die Niederlassungsbewilligung von A.________, wies ihn aus der Schweiz weg und
ordnete an, er habe das schweizerische Staatsgebiet unverzüglich nach der
Entlassung aus dem Massnahmenvollzug zu verlassen. Die dagegen erhobenen
Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Entscheid der Sicherheitsdirektion vom 1.
Februar 2016 sowie Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. Juni 2016).

C. 
A.________ gelangt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an
das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei
aufzuheben und ihm die Niederlassungsbewilligung zu belassen. Der
Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Der Abteilungspräsident legte der Beschwerde am 12. Juli 2016 antragsgemäss
aufschiebende Wirkung bei.
Das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Die Sicherheitsdirektion, das Migrationsamt und das
Staatssekretariat für Migration haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den
kantonal letztinstanzlichen Endentscheid betreffend den Widerruf einer
Niederlassungsbewilligung ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c [e
contrario], Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG; BGE 135 II 1 E.
1.2.1 S. 4). Als Adressat des angefochtenen Urteils ist der Beschwerdeführer
zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die
form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 42 Abs. 2
und Art. 100 Abs. 1 BGG).

1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 139 II 404 E. 3 S. 415). In Bezug auf
die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und
Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 136
II 304 E. 2.5 S. 314).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die
Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss
berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung
wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die
beschwerdeführende Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der
festgestellte Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung klar und
eindeutig mangelhaft, mit anderen Worten willkürlich, erscheint (Art. 42 Abs. 2
und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; 133 II 249 E. 1.4.3;
133 III 350 E. 1.3). Auf rein appellatorische Kritik an der
Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung geht das Bundesgericht nicht
ein (BGE 136 II 101 E. 3 S. 104 f.).

1.4. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als
der angefochtene Entscheid hierzu Anlass gibt (Art. 99 BGG). Der
Beschwerdeführer reicht im bundesgerichtlichen Verfahren einen Therapiebericht
der Psychiatrischen Klinik U.________ vom 28. November 2016, einen
Vollzugsbericht der Strafanstalt Saxerriet vom 15. Dezember 2016, einen
Arbeitsvertrag vom 18. Oktober 2016 sowie eine Arbeitsbestätigung desselben
Arbeitgebers vom 19. Januar 2017 und das Protokoll der Standortsitzung der
Zürcher Vollzugsbehörden vom 17. Februar 2017 ein. Es handelt sich bei
sämtlichen Eingaben um unzulässige echte Noven, d.h. Tatsachen, die erst nach
dem angefochtenen Urteil eingetreten sind. Sie bleiben im bundesgerichtlichen
Verfahren in jedem Fall unberücksichtigt (vgl. BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123;
133 IV E. 2.1 S. 343 f.; je mit Hinweisen).

2.

2.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn die
ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe d.h. zu einer
solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist (Art. 63 Abs. 1 lit. a
i.V.m. Art. 62 lit. b AuG in der bis am 30. September 2016 geltenden,
vorliegend noch massgeblichen Fassung; BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 36) oder in
schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der
Schweiz oder im Ausland verstossen hat bzw. diese gefährdet (Art. 63 Abs. 1
lit. b AuG). Davon ist auszugehen, wenn die ausländische Person durch ihre
Handlungen besonders hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr bringt
oder sie sich von strafrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lässt und
damit zeigt, dass sie auch künftig weder gewillt noch fähig erscheint, sich an
die Rechtsordnung zu halten, was jeweils im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu
prüfen ist (BGE 139 I 16 E. 2 S. 18, 31 E. 2, 145 E. 2; 137 II 297 E. 3 S. 302
ff.). Die genannten Widerrufsgründe gelten auch für Niederlassungsbewilligungen
ausländischer Personen, die sich seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und
ordnungsgemäss in der Schweiz aufhalten (Art. 63 Abs. 2 AuG).

2.2. Gemäss Art. 63 AuG "kann" die Niederlassungsbewilligung widerrufen werden.
Die Massnahme muss - wie jedes staatliche Handeln - verhältnismässig sein (vgl.
Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 AuG). Gemäss der Praxis des Bundesgerichts, welche
sich auch auf Art. 8 EMRK stützt, sind dabei namentlich die Schwere des Delikts
und des Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das
Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner Integration bzw. die
Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die ihm und seiner Familie drohenden
Nachteile zu berücksichtigen (BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19 f.; 135 II 377 E.
4.3; vgl. auch das Urteil des EGMR i.S.  Trabelsi gegen Deutschland vom 13.
Oktober 2011 [Nr. 41548/06], Ziff. 53 ff. bezüglich der Ausweisung eines in
Deutschland geborenen, wiederholt straffällig gewordenen Tunesiers).

2.3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind umso strengere
Anforderungen an eine fremdenpolizeiliche Massnahme zu stellen, je länger eine
ausländische Person in der Schweiz anwesend war. Die Niederlassungsbewilligung
einer ausländischen Person, die sich schon seit langer Zeit hier aufhält, soll
zwar nur mit besonderer Zurückhaltung widerrufen werden, doch ist dies bei
wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit selbst dann nicht ausgeschlossen,
wenn sie hier geboren ist und ihr ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat
(BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19). Grundsätzlich unterliegt die Wegweisung
straffällig gewordener Ausländer der zweiten Generation erhöhten Anforderungen
(Urteil 2C_94/2016 vom 2. November 2016 E. 3.3). Handelt es sich bei den
begangenen Straftaten um Gewaltdelikte, so vermag das öffentliche Interesse an
einer Ausreise des Straftäters, je nach Gewichtung der übrigen, ebenfalls bei
der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Elemente, dessen privates
Interesse an einem Verbleib im Aufnahmestaat zu überwiegen. Selbst eine
einmalige Straftat kann eine aufenthaltsbeendende Massnahme rechtfertigen, wenn
die Rechtsgutsverletzung schwer wiegt (Urteile 2C_896/2014 vom 25. April 2015
E. 2.3; 2C_445/2014 vom 2. Dezember 2014 E. 2.5; 2C_547/2011 vom 28. November
2011 E. 5). Bei schwerer Straffälligkeit, insbesondere bei schweren Delikten
gegen Leib und Leben, muss selbst ein geringes Rückfallrisiko nicht hingenommen
werden (BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34). Zudem dürfen bei ausländischen Personen,
die sich - wie der Beschwerdeführer - nicht auf das FZA (SR 0.142.112.681)
berufen können, generalpräventive Gesichtspunkte berücksichtigt werden (Urteil
2C_940/2014 vom 30. Mai 2015 E. 5.3).

3. 
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass aufgrund seiner Verurteilung zu
einer Freiheitsstrafe von vier Jahren der Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1
lit. a AuG vorliegt. Er beanstandet jedoch, der Widerruf seiner
Niederlassungsbewilligung sei nicht verhältnismässig und es liege deshalb eine
Verletzung von Art. 8 EMRK sowie Art. 13 BV vor.

3.1. Ausgangspunkt und Massstab für die Schwere des Verschuldens und die
fremdenpolizeiliche Interessenabwägung ist die vom Strafgericht verhängte
Strafe (Urteil 2C_295/2009 E. 5.3 nicht publ. in BGE 135 II 377; BGE 129 II 215
E. 3.1 S. 216). Das Bezirksgericht Zürich ging in seinem Urteil vom 24. Juni
2013 aufgrund des erstellten Sachverhalts von einem sehr erheblichen
Verschulden des Beschwerdeführers aus. Zwischen dem Beschwerdeführer und dem
Geschädigten war es aufgrund einer Provokation des Beschwerdeführers zu einer
Rangelei gekommen, von welcher sich der Beschwerdeführer entfernte, um mit
einem Klappmesser (Klingenlänge ca. 3 - 6 cm) bewaffnet zurückzukehren. In der
Folge versetzte er dem Geschädigten mehrere gezielte Messerstiche in den
Oberkörper. Er ging dabei direkt und spezifisch auf den Geschädigten los und
musste mehrfach zurückgehalten werden, ansonsten er vermutlich weiter auf den
Geschädigten eingestochen hätte. Der Geschädigte wurde dabei nicht
lebensbedrohlich verletzt, jedoch befanden sich das Bauch- bzw. Brustfell sowie
die inneren Bauch- und Brustorgane in unmittelbarer Nähe zu den
Schnittverletzungen. Es ist dem Zufall bzw. dem Eingreifen eines Dritten
zuzuschreiben, dass keine schwereren Verletzungen eintraten.

3.2. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Straftat sei massgeblich auf
seinen problematischen Alkoholkonsum zurückzuführen, welcher hinsichtlich des
Verschuldens zumindest teilweise entlastend berücksichtigt werden müsse und
auch zu einer (ambulanten) Suchtbehandlung während des Strafvollzugs führte,
rügt er eine rechtswidrige Erstellung des rechtserheblichen Sachverhalts durch
das Verwaltungsgericht. Jedoch ist die Vorinstanz an die rechtskräftigen
Erkenntnisse des Strafgerichts gebunden, welches allfällige schuldmildernde
Umstände berücksichtigt (vgl. Urteil 2C_995/2013 vom 24. April 2014 E. 3.1);
insbesondere besteht im ausländerrechtlichen Verfahren regelmässig kein Raum,
die Beurteilung des Strafgerichts zur Angemessenheit der Sanktion zu
relativieren (vgl. Urteile 2C_396_2014 vom 27. März 2015 E. 3.1; 2C_867/2013
vom 1. Mai 2014 E. 3.1; 2C_1052/2012 vom 2. April 2013 E. 4.3 mit Hinweisen).
Dies gilt auch für das vorliegende Verfahren, zumal das Obergericht in seinem
Urteil vom 20. Februar 2014 ausführte, dass der Beschuldigte in der Berufung
seinen Alkoholkonsum übertrieben darstellte, um eine Grundlage für die von ihm
gewünschte stationäre Massnahme zu legen. Das Obergericht erachtete in der
Folge die ambulante Suchtbehandlung, welche bereits das Bezirksgericht
angeordnet hatte, als ausreichend.

3.3. Bei der versuchten schweren Körperverletzung handelte es sich um das
letzte von verschiedenen Delikten des Beschwerdeführers, die sich gegen die
Gesundheit anderer Menschen richteten. Er liess sich dabei weder von
strafrechtlichen Massnahmen noch von einer ausländerrechtlichen Verwarnung
beeindrucken. Das Verwaltungsgericht durfte sein Verschulden deshalb als schwer
bezeichnen, zumal der Beschwerdeführer bei seiner letzten Tat bereits 23 Jahre
alt war und nicht mehr von jugendlicher Delinquenz gesprochen werden kann (BGE
139 I 31 E. 3.1 S. 36; Urteile des Bundesgerichts 2C_689/2008 vom 4. März 2009
E. 2.4; 2C_197/2012 E. 4.2).

3.4. Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 16. Mai 2012 in Haft. Wie die
Vorinstanz gestützt auf den Bericht vom 11. Dezember 2015 der Fachkommission
des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats feststellte, war sein
Vollzugsverhalten bisher tadellos und er wird als Musterbeispiel eines
gelungenen Vollzugsverlaufs beschrieben. Allerdings kommt diesem Wohlverhalten
im Strafvollzug eine geringere Bedeutung zu als einem solchen in Freiheit und
durfte das von ihm erwartet werden (BGE 139 II 121 E. 5.5.2). Im Weiteren ging
jedoch auch die Fachkommission von einer weiterhin belasteten Legalprognose
aus, auch wenn sie gegenüber der Prognose im Bericht vom 5. Mai 2015, wonach
bei Tätlichkeiten und Sachbeschädigungen ein hohes und bei schwerwiegenden
Gewaltdelikten ein mittelgradiges Rückfallrisiko bestehe, eine leichte
Verbesserung sah. Das Gesuch um bedingte Entlassung aus dem Massnahmenvollzug
per 13. Januar 2016 wurde denn auch am 5. Januar 2016 abgewiesen. Aber selbst
wenn der Beschwerdeführer aufgrund einer verbesserten Legalprognose bedingt aus
dem Massnahmenvollzug entlassen würde, schliesst dies eine Ausweisung nicht
aus. Strafrecht und Ausländerrecht verfolgen unterschiedliche Ziele und sind
unabhängig voneinander anzuwenden. Der Straf- und Massnahmenvollzug hat nebst
der Sicherheitsfunktion eine resozialisierende bzw. therapeutische Zielsetzung;
für die Fremdenpolizeibehörden steht demgegenüber das Interesse der öffentliche
Ordnung und Sicherheit im Vordergrund, woraus sich ein im Vergleich mit den
Straf- und Strafvollzugsbehörden strengerer Beurteilungsmassstab ergibt (BGE
137 II 233 E. 5.2.2 S. 237).

3.5. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wurde auch nicht sein Anspruch
auf rechtliches Gehör verletzt, weil sich die Vorinstanz auf eine Einschätzung
der Fachkommission aus dem Herbst 2015 gestützt hat, die im Zeitpunkt des
Urteils vom 1. Juni 2016 nicht mehr aktuell gewesen sei. Die Vorinstanz durfte
ohne Willkür annehmen, dass sich die gewonnene Überzeugung in dieser kurzen
Zeitspanne nicht mehr verändern würde (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236).
Andernfalls wäre die Fällung eines Urteils kaum mehr möglich, da immer wieder
neue Beweismittel über einen sich entwickelnden Sachverhalt erhoben werden
müssten. Ebenfalls trifft es nicht zu, dass die Vorinstanz zu Unrecht von einer
positiven Kindheit des Beschwerdeführers ausgegangen sei, weil dieser in seinen
Ferien zum Teil fremdplaziert worden war. Die Fachkommission fällte eine
Legalprognose, die von der Vorinstanz zutreffend wieder gegeben worden ist. Der
Beschwerdeführer legt nicht dar, dass der Bericht eindeutig mangelhaft ist
(vgl. E. 1.3), zumal dieser weitgehend auf seinen eigenen Aussage beruht. Die
Unterlagen, welche belegen sollen, dass sich der Beschwerdeführer auch
weiterhin wohl verhalte, können wiederum, wie bereits erwähnt (E. 1.4), im
bundesgerichtlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden.

3.6. Die Vorinstanz durfte folglich willkürfrei davon ausgehen, dass weiterhin
eine gewisse Rückfallgefahr und damit ein entsprechend gewichtiges
(sicherheitspolizeiliches) Interesse daran besteht, dass der Beschwerdeführer
das Land verlässt.

4. 
Dem öffentlichen Interesse am Widerruf der Niederlassungsbewilligung und der
damit verbundenen Wegweisung sind die privaten Interessen des Beschwerdeführers
an einem Verbleib in der Schweiz gegenüberzustellen.

4.1. Der Beschwerdeführer wurde in der Schweiz geboren und hat hier sein
gesamtes Leben verbracht. Die Dauer seines Aufenthalts fällt bei der
Verhältnismässigkeitsprüfung zwar zu seinen Gunsten ins Gewicht (vgl. BGE 130
II 281 E. 3.2.1; Urteil 2C_512/2013 vom 17. Februar 2014 E. 3.1 f. mit
Hinweisen), doch ist er wiederholt - und trotz entsprechender Verwarnungen -
straffällig geworden. Die Vorinstanz führte zu seiner sozialen Integration aus,
dass er hier zwar intakte Beziehungen zu seiner Mutter und seinen Schwestern
sowie zu seiner Freundin unterhalte und bei seinen Mitmenschen äusserst beliebt
erscheine, da zahlreiche Schreiben von Familie, Freunden und Bekannten sowie
eine Unterschriftensammlung von rund 180 Personen sich für sein Verbleiben in
der Schweiz aussprechen würden. Dennoch liege aufgrund seiner diversen
Straftaten und der dabei offenbarten ausgeprägten sozialen Gefährlichkeit
(grundloses Provozieren, Anpinkeln und gewalttätiges Angreifen von ihm
unbekannten Personen) keine erfolgreiche soziale Integration vor. Die
Beanstandungen des Beschwerdeführers an der verbindlichen Feststellung des
Sachverhalts erschöpfen sich in rein appellatorischer Kritik. Gleiches gilt
hinsichtlich der wirtschaftlichen Integration des Beschwerdeführers, welche die
Vorinstanz ebenfalls als nicht erfolgreich bezeichnete. Der Beschwerdeführer
verfügt zwar über eine abgeschlossene Berufslehre als Logistiker, jedoch
zeigten sich sowohl sein Lehrbetrieb als auch die Globus AG, bei welcher der
Beschwerdeführer von Februar bis November 2011 angestellt war, über seine
Leistungen sehr unzufrieden. Unbestritten zog er sich am 26. April 2011 eine
vollständige Ruptur des vorderen Kreuzbandes links zu. Wie die SUVA in ihrer
Verfügung vom 25. Oktober 2012 feststellte, kann der Beschwerdeführer deshalb
seine angestammte Tätigkeit als Logistikassistent nicht mehr ausführen. Er hat
indessen keinen Anspruch auf eine Invalidenrente, da ihm weniger schwer
belastende Tätigkeiten vollzeitig zumutbar sind. Der Beschwerdeführer hat zudem
gegenüber dem Kanton Zürich Schulden in der Höhe von Fr. 76'872.--.

4.2. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung schützt Art. 8 EMRK in
Zusammenhang mit der Bewilligung des Aufenthalts in erster Linie die
Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen
Kindern (BGE 135 I 143 E. 1.3.2 S. 146). Der Beschwerdeführer ist erwachsen,
unverheiratet und hat keine Kinder. Er kann somit diesbezüglich keinen Schutz
aus Art. 8 EMRK ableiten. Beziehungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren
Eltern fallen ihrerseits nur in den Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK, sofern
ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht, welches über normale affektive
Bindungen hinausgeht (BGE 137 I 154 E. 3.4.2 S. 159; 129 II 11 E. 2 S. 14).
Eine lange Anwesenheit und die damit verbundene durchschnittliche Integration
genügen im Hinblick auf den Schutz des Privatlebens nicht; erforderlich sind
besonders intensive private Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher
Natur (BGE 130 II 281 E. 3.2.1; 126 II 377 E. 2c S. 384 ff.; 120 Ib 16 E. 3b S.
22). Die Frage, ob der Widerruf der Bewilligung einen Eingriff in das
Privatleben des Beschwerdeführers darstellt, kann offen bleiben, nachdem dieser
sich auch bei Berücksichtigung seiner familiären und gesellschaftlichen
Beziehungen als verhältnismässig und gerechtfertigt erweist (vgl. Urteil des
Bundesgerichts 2C_536/2013 vom 30. Dezember 2013 E. 2.5, nicht publ. in BGE 140
II 129). Sein soziales Umfeld vermochte ihn bereits bisher nicht davon
abzuhalten, in der Schweiz wiederholt schwer straffällig zu werden.

4.3. Der Entzug der Niederlassungsbewilligung trifft den Beschwerdeführer als
in der Schweiz geborenen Ausländer der zweiten Generation, der noch nie in
Nigeria gewesen ist, zweifellos hart. Die Ausreise kann ihm aber dennoch
zugemutet werden. Der Aufbau einer neuen beruflichen Zukunft, weil er aufgrund
seiner Verletzung nicht mehr den erlernten Beruf ausüben kann, wird an beiden
Orten mit Schwierigkeiten verbunden sein. Es wird ihm dabei zugute kommen, dass
er in der Schweiz die Schule abgeschlossen hat und damit grundsätzlich über die
Fähigkeiten verfügt, um in der Heimat wirtschaftlich Fuss zu fassen und falls
beabsichtigt eine weitere Ausbildung in Angriff zu nehmen. Dass der
Beschwerdeführer in seiner Heimat weniger vorteilhafte wirtschaftliche
Verhältnisse antreffen wird und er Schwierigkeiten haben dürfte, sich in den
dortigen Arbeitsmarkt einzugliedern, mag allenfalls zutreffen. Diese Folge ist
indessen seinem kriminellen Verhalten zuzuschreiben und deshalb hinzunehmen
(Urteil 2C_327/2015 vom 22. April 2016 E. 5.5; 2C_1029/2011 vom 10. April 2012
E. 3.3.2 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer ist noch relativ jung und
abgesehen von seiner Knieverletzung, die jedoch weiterhin ein weites Feld an
verschiedenen Tätigkeiten zulässt, bei guter Gesundheit. In seinem Alter ist es
ihm auch zumutbar, eine neue Sprache zu erlernen (vgl. Urteil 2C_50/2012 vom
28. September 2012 E. 7.3), bzw. seine nicht sehr umfangreichen Kenntnisse des
Englischen weiter zu verbessern. Der Beschwerdeführer ist in der Lage, sich bei
einer Rückkehr ein soziales Umfeld aufzubauen, soweit er darüber nicht bereits
aufgrund verwandtschaftlicher Kontakte verfügen sollte. Neben seiner Familie
kann ihn in der Startphase auch seine Lebensgefährtin finanziell wie auch
psychisch aus der Schweiz unterstützen. Insgesamt hat es der Beschwerdeführer
in der Hand, sich in der Heimat eine neue Existenz aufzubauen, auch wenn dies
mit einiger Anstrengung verbunden ist.

4.4. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz
sind wegen seiner langen Anwesenheit und mit Blick auf seine hier lebende
Familie, Partnerin sowie Freunde insgesamt bedeutend. Aufgrund der wiederholten
sowie schweren Delinquenz und einer vorhandenen Rückfallgefahr überwiegen sie
aber das sicherheitspolizeiliche Interesse nicht, seinen Aufenthalt zu beenden.
Die vorinstanzliche Rechtsgüterabwägung ist somit nicht zu beanstanden; sie
verletzt weder Völker- (Art. 8 Ziff. 2 EMRK) noch Bundesrecht (Art. 13 Abs. 1
sowie Art. 5 Abs. 2 BV; 96 Abs. 1 AuG).

5. 
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Der
Beschwerdeführer trägt grundsätzlich die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da der angefochtene Entscheid vollumfänglich
der Rechtslage und der Praxis des Bundesgerichts entspricht, muss die
Beschwerde als aussichtslos beurteilt und das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung abgewiesen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Dem
Verfahrensausgang entsprechend wird der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig. Der finanziellen Situation des Beschwerdeführers wird durch
reduzierte Gerichtskosten Rechnung getragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine
Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 1-3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Abteilung und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Juli 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Mösching

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