Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.639/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_639/2016

Urteil vom 21. Dezember 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiberin Mayhall.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Nicole Kiefer,

gegen

Amt für Migration Basel-Landschaft,

Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung/Wegweisung,

Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft,
Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht,
vom 25. Mai 2016.

Erwägungen:

1.
A.A.________ (Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik, Jahrgang 1978)
reiste am 25. September 2004 in die Schweiz ein, worauf ihm eine bis letztmals
am 22. Juni 2012 verlängerte Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Am 23. Juni
2005 heiratete er die in der Schweiz niedergelassene B.A.________. Im Jahr 2007
bzw. 2009 kamen die gemeinsamen Kinder C.A.________ und D.A.________ zur Welt.
Mit Schreiben vom 24. August 2011 ermahnte das Amt für Migration des Kantons
Basel-Landschaft (nachfolgend Migrationsamt) A.A.________, er habe seit März
2011 durch die Sozialhilfebehörde mit Fr. 23'282.-- unterstützt werden müssen.
Mit Entscheid vom 29. April 2013 verurteilte das Strafgericht Basel-Landschaft
A.A.________ wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die
Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe vom 3. Oktober 1951 (BetmG; SR
812.121), Betrugs und mehrfacher Geldwäscherei zu einer Freiheitsstrafe von
zehn Jahren; diese Freiheitsstrafe wurde durch das Kantonsgericht mit Urteil
vom 29. April 2014 infolge Freisprechung von bestimmten Anklagepunkten der
qualifizierten Widerhandlung gegen das BetmG und des Betrugs auf neun Jahre und
sechs Monate reduziert. Er trat am 24. Oktober 2013 den vorzeitigen
Strafvollzug an. Die Sozialhilfebehörde U.________ hielt mit Schreiben vom 10.
April 2015 an das Migrationsamt fest, die Familie A.________ habe seit März
2011 mit Fr. 176'303.65 unterstützt werden müssen. Mit Verfügung vom 5. Juni
2015 verweigerte das Migrationsamt A.A.________ die Verlängerung seiner
Aufenthaltsbewilligung und wies ihn an, im Zeitpunkt seiner bedingten
Entlassung aus der Schweiz auszureisen. Die von A.A.________ gegen diese
Verfügung erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons
Basel-Landschaft mit Entscheid vom 29. September 2015 ab und ordnete an, er
habe im Zeitpunkt seiner bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug aus der
Schweiz auszureisen. Mit Urteil vom 25. Mai 2016 wies das Kantonsgericht
Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, die dagegen von
A.A.________ geführte Beschwerde unter Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege ab.

2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 11. Juli 2016
gegen die Verweigerung der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des mit
einer niederlassungsberechtigten ausländischen Person verheirateten
Beschwerdeführers (Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario BGG; BGE 135 II 1 E.
1.2.1 S. 4) und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde desselben Datums gegen die
angeordnete Ausreise (Art. 83 lit. c Ziff. 4, Art. 113 BGG; BGE 137 II 305 E.
1.1 S. 307) sind zulässig, aber offensichtlich unbegründet, weshalb sie im
vereinfachten Verfahren unter Verweisung auf den angefochtenen Entscheid nach
Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG abgewiesen werden.

2.1. Die Nichtverlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, welche ihre rechtliche
Grundlage in Art. 51 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 62 lit. b des Bundesgesetzes
vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20)
findet, muss verhältnismässig sein (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 AuG).
Massgebliche Kriterien sind die Schwere des Delikts, wobei besonders ins
Gewicht fällt, ob diese Taten als Jugendlicher oder als Erwachsener begangen
wurden, und ob es sich dabei um Gewaltdelikte handelte, das Verschulden des
Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum und das Verhalten des
Betroffenen während diesem, der Grad seiner Integration bzw. die sozialen,
kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat und zum Heimatstaat,
die Dauer der bisherigen Anwesenheit, die ihm und seiner Familie drohenden
Nachteile, insbesondere unter gesundheitlichen Aspekten, sowie die mit der
aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer der Fernhaltung (BGE 139 I 16
E. 2.2.1 S. 19, E. 2.2.2 S. 20; 139 I 31 E. 2.3.1 S. 33, E. 2.3.3 S. 34 f.).
Generalpräventive Gesichtspunkte dürfen berücksichtigt werden, sofern die
ausländische Person vom Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens (FZA; SR
0.142.112.681) ausgenommen ist (BGE 136 II 5 E. 4.2 S. 20; 130 II 176 E. 3.4.1
S. 183; je zum FZA). Die Prüfung der Verhältnismässigkeit der staatlichen
Anordnung des Widerrufs (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 AuG) entspricht inhaltlich
jener, die bei eröffnetem Schutzbereich für die rechtmässige Einschränkung der
konventionsrechtlichen Garantie gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK vorausgesetzt wird
(vgl. BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19, E. 2.2.2 S. 20; 139 I 31 E. 2.3.1 S. 33, E.
2.3.3 S. 34 f.). In Übereinstimmung mit der Praxis des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) stuft das Bundesgericht in ständiger
Praxis Betäubungsmitteldelikte aus rein finanziellen Motiven als schwere
Straftaten und das damit verbundene öffentliche Interesse an einer Wegweisung
des Straftäters als hoch ein (BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34). Bei
Betäubungsmitteldelikten (ohne Konsum) überwiegt, falls keine besonderen
persönlichen oder familiären Bindungen im Aufenthaltsstaat bestehen,
regelmässig das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts; das
öffentliche Fernhalteinteresse setzt sich bei ledigen und kinderlosen Personen
tendenziell durch, sofern das Strafmass drei Jahre Freiheitsstrafe erreicht
oder wesentliche weitere Delikte hinzukommen (BGE 139 I 16 E. 2.2.2 S. 20). Bei
Verurteilungen zu Freiheitsstrafen in dieser Grössenordnung für
Betäubungsmitteldelikte hat das Bundesgericht den Bewilligungswiderruf aber
auch schon dann geschützt, wenn der betroffene Ausländer in der Schweiz Ehefrau
und Kinder hatte (vgl. ausführlich BGE 139 I 16 E. 2.2.3 S. 21 f.).

2.2. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass die Nichtverlängerung seiner
Aufenthaltsbewilligung verhältnismässig ist. Zu Unrecht: Der Beschwerdeführer
ist als nicht süchtiger Kokainhändler tätig geworden. Zusammen mit anderen
Mitgliedern einer Organisation hat er äusserst professionell und mit hoher
krimineller Energie den Import von rund 13 Kilogramm reinem Kokain von der
Dominikanischen Republik in die Schweiz organisiert und ist somit über einen
längeren Zeitraum im internationalen Betäubungsmittelhandel tätig gewesen. Die
Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, dass er ohne Notlage und aus rein
finanziellen Motiven die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen schwer
gefährdet hat. Für eine ausführliche Darstellung der Umstände, die ein
öffentliches Interesse an der Ausreise des Beschwerdeführers begründen, kann
vollumfänglich auf das angefochtene vorinstanzliche Urteil verwiesen werden
(Art. 109 Abs. 3 BGG).
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift vermögen die   privaten
Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz das
sicherheitspolizeiliche Interesse an seiner Ausreise keineswegs zu überwiegen,
weshalb ein Eingriff in die konventions- bzw. verfassungsrechtliche Garantie
des Schutzes des Privat- und Familienlebens (Art. 8 Ziff. 2 EMRK; Art. 13 Abs.
1 in Verbindung mit Art. 36 Abs. 2 BV) auf jeden Fall gerechtfertigt ist. Der
Beschwerdeführer ist erst im Alter von 26 Jahren in die Schweiz eingereist und
hat die prägenden Kinder- und Jugendjahre in der Dominikanischen Republik
verbracht. Er ist mit den Verhältnissen vor Ort, insbesondere mit der Kultur
und Sprache, noch immer bestens vertraut, und unterhält nach wie vor
persönlichen Kontakt zu dort lebenden Mitgliedern der Familie. Eine besondere
Verwurzelung in die hiesigen Verhältnisse wurde im vorinstanzlichen Verfahren
nicht festgestellt. Eine Rückreise in die Dominikanische Republik ist somit
sowohl ihm wie auch seiner Ehefrau derselben Staatsangehörigkeit und den beiden
sich noch im anpassungsfähigen Alter befindenden Kindern zumutbar. Sowohl der
Beschwerdeführer wie auch seine Ehefrau haben sich (für sich und die
gemeinsamen Kinder) in Schreiben vom 27. April 2015 bzw. vom 25. April 2015 zu
ihrer persönlichen und familiären Situation, insbesondere derjenigen der
Kinder, äussern können, weshalb der rechtserhebliche Sachverhalt auch ohne die
in Art. 12 der UNO-Kinderrechtskonvention vom 20. November 1989 (KRK; SR
01.107) und etwas weniger weitgehend in Art. 47 Abs. 4 AuG sowie Art. 73 Abs. 3
der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober
2007 (VZAE; SR 142.201) vorgesehene persönliche Anhörung der Kinder
unterbleiben konnte (BGE 124 II 361 E. 3c; Urteil 2C_303/2014 vom 20. Februar
2015 E. 5.1, mit weiteren Hinweisen). Konkrete Anzeichen für eine Gefährdung
der Familienmitglieder in der Dominikanischen Republik wurden nicht in das
vorinstanzliche Verfahren eingebracht. Die Vorinstanz konnte somit zutreffend
und willkürfrei davon ausgehen, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise
eines Straftäters, der sich auch durch Ehefrau und Kinder nicht davon abhalten
liess, aus rein egoistischen Motiven in den internationalen
Betäubungsmittelhandel einzusteigen, sein bzw. das persönliche Interesse seiner
Familie, die nach wie vor mit den Gegebenheiten im Heimatstaat vertraut ist
bzw. sich noch im anpassungsfähigen Alter befindet, überwiegt. Für alles
weitere wird auf den zutreffend begründeten vorinstanzlichen Entscheid
verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).

3.
Dem für das bundesgerichtliche Verfahren gestellte Gesuch um Erteilung der
unentgeltlichen Rechtspflege kann wegen Aussichtslosigkeit nicht entsprochen
werden (Art. 64 BGG). Damit sind die Verfahrenskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen werden nicht
gesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde werden abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht
Basel-Landschaft und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 21. Dezember 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Mayhall

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