Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.618/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_618/2016

Urteil vom 13. Februar 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichter Donzallaz,
Gerichtsschreiberin Mayhall.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dominik Zillig,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt,
2. Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt.
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht vom 13. Mai 2016.

Erwägungen:

1.
A.________ (Jahrgang 1966) ist mazedonischer Staatsangehöriger. Er reiste nach
einem Aufenthalt in der Schweiz zwischen 1985 und 1987 am 1. Dezember 1990
unter falschem Namen in die Schweiz ein und heiratete eine schweizerische
Staatsangehörige, worauf ihm eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Die Ehe
wurde am 26. April 1994 geschieden. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte ihn
am 16. Juni 1994 und am 22. Mai 1995 wegen Handels mit zumindest 46 Gramm
gestreckten Heroins bzw. Anbietens von über 50 Gramm Kokaingemisch und des
Verkaufs von 10 Gramm Kokaingemisch jeweils zu bedingt vollziehbaren
Freiheitsstrafen von zwölf bzw. sechs Monaten und verwies ihn für drei Jahre
des Landes. Mit Verfügungen vom 12. Oktober 1994 und 11. Juli 1996 verweigerten
die Zürcher Behörden A.________ die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung
und das (damalige) Amt für Ausländerfragen sprach mit Verfügung vom 17. Juli
1996 eine Einreisesperre auf unbestimmte Zeit gegen ihn aus. Am 13. August 1996
wurde er nach Mazedonien ausgeschafft. Nach einer erneuten, im Jahr 1998
eingegangenen Ehe und deren Scheidung im Jahr 2000 ehelichte A.________ am 9.
Februar 2001 in Mazedonien die schweizerische Staatsangehörige B.________
(Jahrgang 1955). Am 6. September 2002reiste er erneut in die Schweiz ein,
worauf ihm eine Aufenthaltsbewilligung und am 2. August 2007 eine
Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat
verurteilte A.________ mit Strafbefehl vom 30. September 2009 wegen Besitzes
von 54.8 Gramm Heroin zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 90
Tagessätzen und einer Busse von Fr. 600.--. Am 6. September 2010 wurde er vom
Bereich Bevölkerungsdienst und Migration (BdM) auf die Möglichkeit eines
Widerrufs seiner Niederlassungsbewilligung aufmerksam gemacht. Mit Urteil vom
27. Mai 2013 erklärte ihn das Strafgericht des Kantons-Basel Stadt für schuldig
wegen Verbrechens (Entgegennahme von 5 Kilogramm Heroin gegen Bezahlung zwecks
weiteren Verkaufs) gegen das Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die
Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BetmG; SR 812.121) und
verurteilte ihn zu drei Jahren Freiheitsstrafe, davon zwei Jahre mit bedingtem
Strafvollzug und unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren; das
Bundesgericht (Verfahren 6B_374/2014) wies am 27. November 2014
letztinstanzlich eine von A.________ erhobene Beschwerde ab, soweit es darauf
eintrat. Der Bereich BdM verfügte am 12. Dezember 2013 den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung von A.________ und ordnete seine Wegweisung an. Vor
dem Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt und dem
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (Urteil vom 13. Mai 2016) geführte
Rechtsmittelverfahren blieben erfolglos.

2.
Die am 4. Juli 2016 eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten ist, soweit sie sich inhaltlich gegen den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung und nicht gegen die Wegweisung richtet (Art. 83 lit.
c Ziff. 2 BGG e contrario; Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S.
4), zulässig, aber offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren unter Verweisung auf den angefochtenen Entscheid nach Art. 109 Abs. 2
lit. a und Abs. 3 BGG abgewiesen wird, soweit darauf einzutreten ist.

2.1. Nach Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG kann die Niederlassungsbewilligung
widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe
verurteilt wurde. Als längerfristig gilt nach der gefestigten Rechtsprechung
eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 379
ff.), wobei mehrere unterjährige Strafen bei der Berechnung nicht kumuliert
werden dürfen (BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 32).

2.2. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung muss zudem verhältnismässig
sein (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 AuG). Massgebliche Kriterien sind die Schwere
des Delikts, wobei besonders ins Gewicht fällt, ob diese Taten als Jugendlicher
oder als Erwachsener begangen wurden und ob es sich dabei um Gewaltdelikte
handelte, das Verschulden des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum
und das Verhalten des Betroffenen während diesem, der Grad seiner Integration
bzw. die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat
und zum Heimatstaat, die Dauer der bisherigen Anwesenheit, die ihm und seiner
Familie drohenden Nachteile, insbesondere unter gesundheitlichen Aspekten,
sowie die mit der aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer der
Fernhaltung (BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19, E. 2.2.2 S. 20; 139 I 31 E. 2.3.1 S.
33, E. 2.3.3 S. 34 f.). Generalpräventive Gesichtspunkte dürfen berücksichtigt
werden, sofern die ausländische Person vom Anwendungsbereich des
Freizügigkeitsabkommens (FZA; SR 0.142.112.681) ausgenommen ist (BGE 136 II 5
E. 4.2 S. 20; 130 II 176 E. 3.4.1 S. 183; je zum FZA). Die Prüfung der
Verhältnismässigkeit der staatlichen Anordnung des Widerrufs (Art. 5 Abs. 2 BV;
Art. 96 AuG) entspricht inhaltlich jener, welche bei eröffnetem Schutzbereich
für die rechtmässige Einschränkung der konventionsrechtlichen Garantie gemäss
Art. 8 Ziff. 2 EMRK vorausgesetzt wird (vgl. BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19, E.
2.2.2 S. 20; 139 I 31 E. 2.3.1 S. 33, E. 2.3.3 S. 34 f.). In Übereinstimmung
mit der Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) stuft
das Bundesgericht in ständiger Praxis Betäubungsmitteldelikte aus rein
finanziellen Motiven als schwere Straftaten und das damit verbundene
öffentliche Interesse an einer Wegweisung des Straftäters als hoch ein (BGE 139
I 31 E. 2.3.2 S. 34). Bei Betäubungsmitteldelikten (ohne Konsum) überwiegt,
falls keine besonderen persönlichen oder familiären Bindungen im
Aufenthaltsstaat bestehen, regelmässig das öffentliche Interesse an der
Beendigung des Aufenthalts; das öffentliche Fernhalteinteresse setzt sich bei
ledigen und kinderlosen Personen tendenziell durch, sofern das Strafmass drei
Jahre Freiheitsstrafe erreicht oder wesentliche weitere Delikte hinzukommen (
BGE 139 I 16 E. 2.2.2 S. 20). Bei Verurteilungen zu Freiheitsstrafen in dieser
Grössenordnung für Betäubungsmitteldelikte hat das Bundesgericht den
Bewilligungswiderruf aber auch schon dann geschützt, wenn der betroffene
Ausländer in der Schweiz Ehefrau und Kinder hatte (vgl. ausführlich BGE 139 I
16 E. 2.2.3 S. 21 f.).

2.3. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass der Widerruf seiner
Niederlassungsbewilligung verhältnismässig (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 AuG) sei.
Zu Unrecht.

2.3.1. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift handelt es sich beim
Beschwerdeführer nicht um einen Normalbürger, welcher in einer Grosstadt nolens
volens in Kontakt mit Betäubungsmittel gekommen ist und deshalb Spuren einer
solchen Substanz auf sich getragen hat, sondern um einen rechtskräftig für
Betäubungsmitteldelikte verurteilten Straftäter. Die Betäubungsmittelmenge, für
deren Ankauf (zwecks Weiterverkauf) der Beschwerdeführer verurteilt worden ist
(5 Kilogramm Heroin), ist unter Berücksichtigung der Substanz nach der
bundesgerichtlichen Praxis keineswegs als vergleichsweise gering zu bezeichnen
(vgl. BGE 131 I 31 E. 3.2 S. 36 f.), weshalb mit der Vorinstanz von einem
gewichtigen öffentlichen Interesse an der Ausreise des Beschwerdeführers
auszugehen ist. In der Interessenabwägung ist unter dem Titel des Verschuldens
im migrationsrechtlichen Sinn (zu den anwendbaren Kriterien vgl. oben, E. 2.2)
das deliktische Verhalten eines Bewilligungsträgers bis zur Verurteilung einer
Gesamtbetrachtung zu unterziehen (vgl. Urteil 2C_940/2014 vom 30. Mai 2015 E.
5.3 mit zahlreichen Hinweisen), weshalb Art. 369 Abs. 7 StGB im Migrationsrecht
grundsätzlich nur die Bedeutung zukommt, dass eine aufenthaltsbeendende
Massnahme nicht gestützt auf eine gelöschte Straftat verfügt werden soll
(Urteil 2C_477/2008 vom 24. Februar 2009 E. 3.2.1). Dass die Vorinstanz im
Rahmen einer Gesamtbetrachtung auch die in den Jahren 1994, 1995 und 2009
erfolgten strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers berücksichtigte
und (für den Beschwerdeführer nachteilig) erwogen hat, in einer
Gesamtbetrachtung entstehe das Bild eines unbelehrbaren und uneinsichtigen
Drogendelinquenten, von welchem mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auch künftig
eine Gefährdung des Lebens einer Vielzahl von Menschen ausgehe, ist somit nicht
zu beanstanden. An der Ausreise eines wenn auch nicht auf höchster Ebene
tätigen, jedoch im Dienste einer grösseren Händlerorganisation stehenden
rechtskräftig verurteilten Betäubungsmittelverkäufers besteht ein gewichtiges
öffentliches Interesse (vgl. ausführlich angefochtenes Urteil, E. 4, S. 5 ff.).

2.3.2. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass das private Interesse des
kinderlosen Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz das öffentliche
Interesse an seiner Ausreise nicht zu überwiegen vermag (vgl. ausführlich
angefochtenes Urteil, E. 5, S. 7 ff.). Zu seinen Gunsten ist zu
berücksichtigen, dass er sich gemäss den vorinstanzlichen Erwägungen während
seiner langen Aufenthaltsdauer in der Schweiz sprachlich und wirtschaftlich zu
integrieren vermochte und im Betreibungsregister nicht verzeichnet ist. Weder
diese Umstände noch die kurz bevorstehende Pensionierung seiner Ehefrau
vermögen jedoch das gewichtige öffentliche Interesse an der Ausreise eines für
Betäubungsmittelverkauf im grossen Stil verurteilten Straftäters aufzuwiegen.
Seiner Ehefrau steht es frei, ihm in seinen Heimatstaat zu folgen oder die
Beziehung über moderne Kommunikationsmittel und Besuche aufrecht zu erhalten.
Das konventionsrechtlich durch Art. 8 Ziff. 1 EMRK und verfassungsrechtlich
durch Art. 13 BV geschützte Recht des Beschwerdeführers auf Familienleben wird
somit rechtmässig (Art. 8 Ziff. 2 EMRK) eingeschränkt, weshalb keine
Rechtsverletzung vorliegt.

3.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen werden nicht
gesprochen (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht und dem Staatssekretariat für
Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Februar 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Mayhall

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