Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.601/2016
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_601/2016  
 
 
Urteil vom 15. Juni 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A1.________, 
2. A2.________, 
3. A3.________, 
4. A4.________, 
alle vertreten durch A5.________, 
5. B1.________, 
6. B2.________, 
7. B3.________, 
8. B4.________, 
9. B5.________, 
10. B6.________, 
alle vertreten durch B7.________, 
11. C1.________, 
12. C2.________, 
13. C3.________, 
alle vertreten durch C4.________ und C5.________, 
14. D1.________, 
15. D2.________, 
beide vertreten durch D3.________ und D4.________, 
16. E1.________, 
17. E2.________, 
18. E3.________, 
19. E4.________, 
alle vertreten durch E5.________ und E6.________, 
20. F1.________, 
vertreten durch F2.________ und F3.________, 
21. G1.________, 
22. G2.________, 
23. G3.________, 
24. G4.________, 
alle vertreten durch G5.________ und G6.________, 
25. H1.________, 
vertreten durch H2.________ und H3.________, 
26. I1.________, 
27. I2.________, 
28. I3.________, 
29. I4.________, 
30. I5.________, 
alle vertreten durch I6.________, 
31. J1.________, 
32. J2.________, 
33. J3.________, 
34. J4.________, 
35. J5.________, 
alle vertreten durch J6.________ und J7.________, 
Beschwerdeführer, 
alle vertreten durch 
Rechtsanwältin Prof. Dr. Isabelle Häner, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Gesundheit, 3003 Bern, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Epidemiengesetz, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III, vom
25. April 2016 (C-5250/2014). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Seit 1987 läuft die nationale Präventionskampagne gegen HIV und andere
Geschlechtskrankheiten mit jährlich wechselnden Sujets und Kampagnen zunächst
unter dem Logo "STOP AIDS", später unter "LOVE LIFE - STOP AIDS" und seit 2005
unter "LOVE LIFE". Ab Mai 2014 startete das Bundesamt für Gesundheit die
Kampagne "LOVE LIFE - bereue nichts". Diese bezweckt den Schutz der
Allgemeinheit vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten (sexually
transmitted infections) und soll dazu anregen, die Sexualität
verantwortungsvoll zu leben. Als Informationsportal installierte das BAG die
Website www.lovelife.ch. 
Am Abend des 13. Mai 2014 strahlten verschiedene TV-Sender der Schweiz die
Kurzversion (20 Sekunden) des TV-Spots "LOVE LIFE - no regrets" aus; einige
Sender strahlten in derselben Woche eine Wiederholung aus. Die Vollversion des
Spots (ca. 60 Sekunden) wurde auf der Website veröffentlicht und erschien
offenbar auch in Kinos. Er zeigt hetero- und homosexuelle Paare in schnell
geschnittenen Sequenzen von wenigen Sekunden vor oder während sexuellen
Handlungen, wobei keine primären Geschlechtsorgane sichtbar sind. Am 28. Juli
2014 liess das BAG im öffentlichen Raum der gesamten Schweiz 2000 Plakate
aushängen und veröffentlichte diese in Printmedien und den gängigen
elektronischen Medien. Die Bilder stellen sexuelle Handlungen von hetero- und
homosexuellen Paaren dar; die Geschlechtsorgane waren nicht sichtbar. 
Ab Mitte August 2014 war das gesamte Bild- und Videomaterial auf der Website
und in sozialen Medien abrufbar. In den nachfolgenden Teilen der "LOVE
LIFE"-Kampagne (etwa zur Primoinfektion) kamen neue TV-Spots und Plakate zur
Anwendung, die keine sexuellen Darstellungen mehr enthielten. Die
Informationskampagne "LOVE LIFE - bereue nichts" dauert immer noch an. 
 
B.  
A1.________, A2.________, A3.________ und A4.________, B1.________,
B2.________, B3.________, B4.________, B5.________ und B6.________,
C1.________, C2.________ und C3.________, D1.________ und D2.________,
E1.________, E2.________, E3.________ und E4.________, F1.________,
G1.________, G2.________, G3.________ und G4.________, H1.________,
I1.________, I2.________, I3.________, I4.________ und I5.________ sowie
J1.________, J2.________, J3.________, J4.________ und J5.________, die
zwischen vier und 17 Jahre alt und durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten
sind, verlangten am 22. Juli 2014 vom BAG, dass die laufende "LOVE -
LIFE"-Kampagne u.a. eingestellt und eine anfechtbare Verfügung i.S. von Art.
25a VwVG erlassen werde. Das BAG ist am 12. August 2014 auf die Anträge nicht
eingetreten und hat mangels schutzwürdigen Interesses keine anfechtbare
Verfügung i.S. von Art. 25a VwVG erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde hat
das Bundesverwaltungsgericht am 25. April 2016 abgewiesen. 
 
C.  
Vor Bundesgericht beantragen A1.________, A2.________, A3.________ und
A4.________, B1.________, B2.________, B3.________, B4.________, B5.________
und B6.________, C1.________, C2.________ und C3.________, D1.________ und
D2.________, E1.________, E2.________, E3.________ und E4.________,
F1.________, G1.________, G2.________, G3.________ und G4.________,
H1.________, I1.________, I2.________, I3.________, I4.________ und I5.________
sowie J1.________, J2.________, J3.________, J4.________ und J5.________ das
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. April 2016 aufzuheben und die
Angelegenheit zur materiellen Entscheidung an das BAG zurückzuweisen. 
Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf Vernehmlassung. Das BAG beantragt
vernehmlassungsweise, die Beschwerde abzuweisen. Die Beschwerdeführer und
-führerinnen haben dazu Stellung genommen und ein Gutachten über die Wirkung
der "LOVE LIFE"-Kampagne auf Kinder und Jugendliche eingereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide des
Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts ist
grundsätzlich zulässig (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG). Auf die
frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 und 106 Abs. 2 BGG)
eingereichte Eingabe der durch den angefochtenen Entscheid unmittelbar
betroffenen Adressaten ist einzutreten (Art. 89 Abs. 1 BGG). Streitgegenstand
bildet die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht die Beschwerde gegen den
Nichteintretensentscheid des BAG abgewiesen hat. Anfechtungsobjekt ist die
Verfügung des BAG vom 12. August 2014, mit welcher auf das Begehren um Erlass
einer Verfügung nach Art. 25a VwVG nicht eingetreten wurde. 
 
2.  
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die
Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen - soweit
entscheidrelevant - bloss berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich
unrichtig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt wurde (
Art. 105 Abs. 2 BGG). Nach Art. 99 Abs. 1 BGG können neue Tatsachen und
Beweismittel im bundesgerichtlichen Verfahren nur so weit vorgebracht werden,
als der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Echte Noven, d.h. nach dem
Datum des vorinstanzlichen Entscheids entstandene Tatsachen oder Beweismittel,
sind vor Bundesgericht unzulässig (BGE 139 II 120 E. 3.1.2 S. 123; 136 II 497
E. 3.3 S. 500 f.). 
Die Beschwerdeführer und -führerinnen reichen dem Bundesgericht ein Gutachten
über die Wirkung der "LOVE LIFE"-Kampagne auf Kinder und Jugendliche ein.
Dieses ist aus zwei Gründen aus dem Recht zu weisen: Erstens handelt es sich um
ein unzulässiges echtes Novum, da es erst nach dem vorinstanzlichen Entscheid
entstanden ist. Zweitens wurde das Gutachten längst nach Ablauf der
Beschwerdefrist (Art. 100 BGG) und damit verspätet nachgereicht (vgl. BGE 136 I
229 E. 4.2 S. 235). Daran ändert auch nichts, dass das Gutachten in der
Beschwerde vorbehalten wurde. 
 
3.  
Nach Art. 25a Abs. 1 VwVG kann derjenige, der ein schutzwürdiges Interesse hat,
von der Behörde, die für Handlungen zuständig ist, welche sich auf öffentliches
Recht des Bundes stützen und Rechte oder Pflichten berühren, verlangen, dass
sie widerrechtliche Handlungen unterlässt, einstellt oder widerruft, die Folgen
widerrechtlicher Handlungen beseitigt und die Widerrechtlichkeit von Handlungen
feststellt. Die Behörde entscheidet durch Verfügung (Art. 25a Abs. 2 VwVG). 
Art. 25a VwVG hat die Marginalie "Verfügungen über Realakte". Mit Art. 25a VwVG
soll den betroffenen Personen ein Recht auf ein eigenständiges,
nachgeschaltetes Verwaltungsverfahren eingeräumt werden (vgl. BGE 140 II 315 E.
2.1 S. 319). 
 
4.  
 
4.1. Mit Art. 25a VwVG sollen einer Behörde zugerechnete und wahrnehmbare 
Handlungen, welche widerrechtlich sein können, einer Überprüfung auf
Rechtskonformität zugeführt werden. Bei den Handlungen handelt es sich um
Realakte, wie die Überschrift von Art. 25a VwVG nahelegt. Realakte grenzen sich
von Rechtsakten ab. Abgrenzungskriterium bildet der Erfolg, den der
Verwaltungsträger mit seiner Handlung unmittelbar anstrebt. Danach heissen zur
Bewirkung eines Rechtserfolgs bestimmte Verwaltungshandlungen Rechtsakte, zur
Bewirkung eines blossen Taterfolgs bestimmte Handlungen Realakte. Realakte
zielen auf unmittelbare Gestaltung der Faktenlage (dazu etwa BGE 130 I 369 E.
6.1 S. 379; PIERRE TSCHANNEN, Systeme des Allgemeinen Verwaltungsrecht, 2008
[nachfolgend: Systeme], Rz. 130; DUBEY/ZUFFEREY, Droit administratif général,
2014, Rz. 762, 783; MOOR/POLTIER, Droit administratif, Vol. II, Les actes
administratifs et leur contrôle, 3. Aufl. 2011, S. 28 f.; kritisch MARKUS
MÜLLER, Rechtsschutz gegen Verwaltungsrealakte, in: Tschannen [Hrsg.], Neue
Bundesrechtspflege, 2008 [nachfolgend: Rechtsschutz], S. 313 ff., 319 f. m.H.).
Der Begriff Handlung schliesst unter gewissen Voraussetzungen auch die
Unterlassung ein (vgl. BGE 140 II 315 E. 2.1 i.f. S. 320). Hoheitliche Realakte
lassen sich wie hoheitliche Rechtsakte grundsätzlich in individuell-konkrete
und generell-abstrakte unterscheiden (dazu TSCHANNEN, Systeme, a.a.O., Rz. 160
f.). Zu jenen zählen etwa die klassischen polizeilichen Handlungen des
Anhaltens oder des Schusswaffengebrauchs (vgl. BGE 136 I 87 E. 4-8 S. 94 ff.;
130 I 369 E. 6. 1 S. 377 ff.) oder die Euthanasie eines Hundes (Urteil 2C_166/
2009 vom 30. November 2009 E. 1.2.2), zu diesen in aller Regel amtliche
Warnungen oder Empfehlungen (dazu PIERRE TSCHANNEN, Amtliche Warnungen und
Empfehlungen, ZSR 1999 II 353 ff. [nachfolgend: Warnungen]; BEATRICE
WEBER-DÜRLER, in: Auer/Müller/ Schindler [Hrsg.], VwVG, Kommentar zum
Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2008, N. 7 zu Art. 25a), wobei
diese auch individuell-konkret sein können. Amtliche Warnungen und Empfehlungen
sind staatliche Aussagen über die faktische Ratsamkeit bestimmter
Verhaltensoptionen (vgl. TSCHANNEN, Warnungen, a.a.O., S. 365 f.; DUBEY/
ZUFFEREY, a.a.O., Rz. 792). Sie betreffen, sofern sie generell-abstrakt sind,
eine Unzahl von Sachlagen und Personen.  
 
4.2. Die "LOVE LIFE"-Kampagne ist eine behördliche Informationskampagne, mit
welcher das Risiko einer Ansteckung mit HIV und anderen sexuell übertragbaren
Infektionen deutlich und auf die Safer-Sex-Regeln aufmerksam gemacht wird,
damit jede Person ihre Sexualität leben kann, ohne etwas zu bereuen, auch wenn
die Partnerinnen oder Partner wechseln. Das Ziel der Kampagne, welches unter
dem Motto «Partner wechselt. Safer Sex bleibt» läuft, soll nachhaltig in den
Köpfen der Menschen verankert werden (dazu die Website https://
www.love-life.ch). Die "LOVE LIFE"-Kampagne ist unbestrittenermassen eine
amtliche Warnung und Empfehlung (vgl. TSCHANNEN, Warnungen, a.a.O., S. 367 f.;
DUBEY/ZUFFEREY, a.a.O., Rz. 792).  
 
4.3. Die "LOVE LIFE"-Kampagne als amtliche Warnung und Empfehlung ist ein
Realakt mit einer generell-abstrakten Struktur. Die Vorinstanz ist ohne
Begründung davon ausgegangen, dass damit auch eine Handlung i.S. von Art. 25a
Abs. 1 VwVG vorliege. Rechtsschutz gegen aussenwirksame Informationshandlungen
von  generell-abstrakter Struktur liegt indes nicht ohne Weiteres auf der Hand
(vgl. TSCHANNEN, Warnungen, a.a.O., Rz. 151 S. 447 i.f., Rz. 72 i.f.), vor
allem auch nicht im Rahmen des VwVG, das auf Anfechtungsobjekte der Struktur
individuell-konkret oder generell-konkret fokussiert.  
 
4.4. Aus den Materialien ergeben sich keine Hinweise, ob Handlungen i.S. von 
Art. 25a VwVG auch Realakte von  generell-abstrakter Struktur umfassen: Der
Bundesrat hat in seinem Entwurf keine entsprechende Norm vorgesehen. Im
Parlament hat einzig der ständerätliche Kommissionssprecher Schweiger sich dazu
geäussert und festgehalten, dass der Kommission aufgefallen sei, dass im
"Verfahrensrecht eine Regelung über die Realakte fehl[e]" und sie deshalb eine
auf die Vorläufer von Art. 25 DSG, Art. 5 GlG und Art. 28 ZGB abgestützte
Formulierung vorgeschlagen hätten (AB S 2003 872). Angesichts der
Schwierigkeit, Handlungen, die auf unmittelbare Gestaltung der Faktenlage
zielen, in Unterkategorien von Realakten einzuteilen, ist aus teleologischen
Gründen davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Begriff der Handlungen mit
dem Begriff der Realakte gleichsetzte, der in der Marginale verwendet wird. Die
Einengung soll durch die anderen Kriterien erfolgen, insbesondere mit dem
schützenswerten Interesse und mit dem Berührtsein in Rechten oder Pflichten.
Auch Art. 29a BV legt dieses weite Verständnis nahe: Sofern eine Streitigkeit
vorliegt, die im Zusammenhang mit einer  individuellen schützenswerten
Rechtsposition steht (vgl. BGE 143 I 336 E. 4.1 f. S. 338 ff., insbes. E. 4.2
S. 340 mit Hinweisen; 140 II 315 E. 4.4 S. 326 mit Hinweisen; 139 II 185 E.
12.4 S. 218), soll Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde
bestehen. Auch das Bundesgericht selbst hat mit seinem Entscheid BGE 121 I 87
(E. 1b S. 91) einem solchen weiten Verständnis den Weg geebnet. Die Lehre
vertritt ebenfalls diesen Standpunkt (vgl. z.B. DUBEY/ZUFFEREY, a.a.O., Rz.
809). Es liesse sich allerdings auch argumentieren, dass bei
generell-abstrakten Warnungen und Empfehlungen die für den Rechtsschutz
erforderliche Sonderbeziehung zwischen Staat und Bürger bereits durch den
formlosen, jederzeit möglichen und vom Staat fortwährend intendierten Realakt
entstehe (vgl. TSCHANNEN, Warnungen, a.a.O., S. 447 Rz. 151). Insgesamt lässt
sich festhalten, dass Warnungen und Empfehlungen, wie im vorliegenden Fall die
"LOVE LIFE"-Kampagne, unter die Handlungen nach Art. 25a VwVG fallen.  
 
5.  
 
5.1. Das Gesuch ist an die sachlich, örtlich und funktionell zuständige Behörde
zu richten. Die Handlungen müssen sich auf öffentliches Recht des Bundes
stützen.  
 
5.2. HIV und andere Geschlechtskrankheiten sind übertragbare Krankheiten des
Menschen (so ausdrücklich Art. 5 des Bundesgesetzes vom 28. September 2012 über
die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen [Epidemiengesetz, EpG; SR
818.101]). Die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ist eine
Bundesaufgabe (Art. 118 Abs. 2 lit. b BV) und im Epidemiengesetz (Art. 1 und 2
EpG; Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des aufgehobenen Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1970
über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen [Epidemiengesetz;
aEpG; AS 1974 1071]) geregelt. Zur Verwaltungsaufgabenbesorgung gehört auch die
Information der Bevölkerung über die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer
Krankheiten (ausdrücklich in Art. 5 EpG; Art. 3 aEpG [dazu BGE 129 II 353 E.
3.4 S. 357; 118 Ib 473 E. 5c und 5d S. 480 f.]). Zuständig ist nach Art. 5 EpG
bzw. Art. 3 aEpG das BAG (siehe dazu auch BGE 129 II 353 E. 3.4 S. 357; 118 Ib
473 E. 5c und 5d S. 480 f.). Die Beschwerdeführer und -führerinnen haben das
Gesuch somit - unbestrittenermassen - an die sachlich, örtlich und funktionell
zuständige Verwaltungsbehörde gerichtet.  
 
6.  
 
6.1. Ein Ausschluss der Rechtsschutzmöglichkeit nach Art. 25a VwVG (dazu BGE
140 II 315 E. 3 S. 322 ff.; BERIGER/GLASER, Rechtsschutz gegen Realakte:
Bundesgericht schafft Klarheit, SJZ 2015, S. 169 ff., 171) ist weder im EpG
noch im aEpG vorgesehen.  
 
6.2. Der Anspruch auf Erlass einer Verfügung über Realakte ist subsidiär (vgl.
BGE 140 II 315 E. 3.1 S. 322; MARKUS MÜLLER, Kommentar zu BGE 140 II 315, ZBl
2014, S. 495 ff., 495 f.). Ein anderes Rechtsmittel, das dem Begehren um Erlass
einer Verfügung über Realakte vorgehen würde, steht hier nicht zur Verfügung. 
Art. 27 ff. ZGB sind auf staatliches Handeln nicht anwendbar (Urteil 2C_1065/
2014 vom 26. Mai 2016 E. 7.1, nicht publ. in: BGE 142 II 268).  
 
7.  
 
7.1. Nach Art. 25a Abs. 1 VwVG muss der Realakt "Rechte oder Pflichten
berühren"; insofern muss potentiell ein Verwaltungsrechtsverhältnis bestehen
(dazu E. 7.3). Daneben hat die gesuchstellende Person ein "schutzwürdiges
Interesse" an einer Verfügung über einen Realakt aufzuweisen (dazu E. 7.2). 
Art. 25a VwVG definiert das streitlagenspezifische Rechtsschutzinteresse somit
getrennt über ein akt- und ein subjektbezogenes Kriterium (BGE 140 II 315 E.
4.1 S. 324; MOOR/POLTIER, Droit administratif, Vol. II, 2011, S. 44).  
 
7.2. Mit dem schutzwürdigen Interesse wird an Art. 6, Art. 25 Abs. 2 und Art.
48 Abs. 1 lit. c VwVG bzw. Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG angeknüpft. Demnach muss
eine besondere Nähe der gesuchstellenden Person zum Realakt vorliegen (BGE 140
II 315 E. 4.1 S. 324; TSCHANNEN, Warnungen, a.a.O., S. 445). Das schutzwürdige
Interesse kann dabei rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein, soweit die
gesuchstellende Person an der Rechtsklärung mittels Verfügung über den Realakt
einen praktischen Nutzen hat (BGE 140 II 315 E. 4.2 i.f. S. 325).  
 
7.3.  
 
7.3.1. Art. 25a VwVG will Konstellationen einer rechtlichen Überprüfung
zuführen, bei welchen behördliches Verhalten zwar nicht auf die Regelung von
Rechten und Pflichten gerichtet ist, aber dennoch Rechte und Pflichten berührt
(vgl. bereits TSCHANNEN, Warnungen, a.a.O., S. 445). Dies setzt nach
herrschender Auffassung einen Eingriff in die persönliche Rechtssphäre der
betroffenen Person voraus (vgl. BGE 140 II 315 E. 4.3 und 4.5 S. 325, 326 f.,
je mit Hinweisen). Schützenswerte Rechtspositionen ergeben sich im Kontext von 
Art. 25a VwVG vor allem aus Grundrechten. Einzubeziehen sind aber auch
rechtlich geschützte Interessen aus anderen Rechtstiteln (BGE 140 II 315 E. 4.3
S. 325).  
 
7.3.2. Nach Art. 25a Abs. 1 VwVG genügt, dass Rechte und Pflichten berührt
werden. Art. 25a Abs. 1 VwVG verlangt nicht einen Eingriff beispielsweise in
den Schutzbereich eines Grundrechts; es ist ausreichend, wenn der Gesuchsteller
darzulegen vermag, dass ein vom Realakt ausgehender Reflex grundrechtsrelevant
ist,  mithin den Grad eines Eingriffs annehmen könnte (vgl. BGE 140 II 315 E.
4.8 S. 329 ff.; MÜLLER, Rechtsschutz, a.a.O., S. 354; ähnlich ISABELLE HÄNER,
Praxiskommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, in: Waldmann/Weissenberger
[Hrsg.], 2. Aufl. 2016, Art. 25a N. 28). Insofern steht der Weg über Art. 25a
VwVG nur dann offen, wenn eine gewisse Intensität der Betroffenheit des
Privaten, "un certain degré de gravité", gegeben ist (vgl. MÜLLER,
Rechtsschutz, a.a.O., S. 354; MOOR/POLTIER, a.a.O., S. 44; BGE 133 I 49 E. 3.2
S. 57). Geht es - wie noch darzulegen sein wird - um einen potentiellen
Eingriff in Grundrechtspositionen, ist es eine Frage des Geltungsbereichs des
Grundrechts, ob die Eingriffswirkung ausreicht, eine Grundrechtsbetroffenheit
anzunehmen (HÄNER, a.a.O., Art. 25a N. 28). Dabei ist zu berücksichtigen, dass
die Handlungen auch geeignet sein müssen, um in Rechte und Pflichten
einzugreifen. Es bedarf m.a.W. eines Zurechnungszusammenhangs, einer adäquaten
Kausalität, zwischen Handlung und Berührung in Rechte und Pflichten (vgl.
TSCHANNEN, Warnungen, a.a.O., Rz. 96 i.V.m. Rz. 99 ff.; MÜLLER/MÜLLER-GRAF,
Staatliche Empfehlungen, Gedanken zu Rechtscharakter und Grundrechtsrelevanz,
ZSR 1995 I S. 357 ff., 391 f.). Dabei wird der Zurechnungszusammenhang
unterbrochen oder ist von vorneherein nicht gegeben, wenn eigenständige
Drittursachen dazwischen treten oder die Ereigniskette durchwegs dominieren
(TSCHANNEN, Warnungen, a.a.O., Rz. 102).  
 
8.  
 
8.1. Die Beschwerdeführer machen geltend, dass den Kindern und Jugendlichen ein
Anspruch auf besonderen Schutz nach Art. 11 Abs. 1 BV zukomme. Der Schutzumfang
von Art. 11 Abs. 1 BV stimme nicht nur mit demjenigen von Art. 10 Abs. 2 BV
überein, sondern umfasse weitere justiziable Abwehransprüche, wie etwa den
besonderen Schutz der Aspekte der Persönlichkeit, in denen Kinder und
Jugendliche sich von Erwachsenen noch unterscheiden. Dies zeige sich darin,
dass der Gesetzgeber dem Kinder- und Jugendschutz eine hohe Bedeutung zumesse.
Als Beispiel sei etwa die Alkoholgesetzgebung zu nennen. Ein besonderer
Schutzbedarf und ein besonders schützenswerter Persönlichkeitsbereich würden
für Kinder und Jugendliche mit Bezug auf ihre geschlechtliche Entwicklung
bestehen, was das Bundesgericht im Entscheid BGE 133 II 136 (E. 5.1 f. und 6.1)
festgestellt habe. Bei Kindern im vorpubertären Alter sei davon auszugehen,
dass die in der Regel unbegleitete und unvorbereitete Konfrontation mit stark
sexuell aufgeladenen Botschaften, Bildern und Filmen schädliche Auswirkungen
auf ihre Entwicklung habe. Die Kinder könnten die Inhalte aufgrund ihres
Entwicklungsstandes und ihres Erfahrungshintergrundes weder einordnen noch
verarbeiten. Auch auf die jugendliche Entwicklung im Pubertätsalter hätten
stark an kommerzielle Pornografie angelehnte Darstellungen einen nachteilig
schädlichen Einfluss, da sie zu einem Zeitpunkt zur Nachahmung anregen, in
welchem die geschlechtliche Entwicklung der Jugendlichen noch nicht ausgereift
sei. Art. 11 Abs. 1 BV gebiete es deshalb, staatliche Massnahmen immer am Ziel,
die Unversehrtheit von Kindern und Jugendlichen zu wahren und sie vor Leid zu
schützen, auszurichten. Die strittige Kampagne berühre offensichtlich
empfindlich den besonders geschützten Persönlichkeitsbereich von Kindern und
Jugendlichen. Durch die beanstandete Kampagne würden aufreizende Darstellungen
sexueller Praktiken in der Öffentlichkeit durch mehrere mediale Mittel
verbreitet. Die veröffentlichten Fotografien und Filme würden den Eindruck
kommerzieller Pornografie erwecken, wobei die Plakatwände mit den
entsprechenden Darstellungen von den beschwerdeführenden Kindern und
Jugendlichen täglich auf ihrem Schulweg frequentiert werden müssten. Die Bilder
würden einen auffordernden Charakter ausstrahlen und damit gerade risikobereite
Jugendliche zur Nachahmung einladen, obwohl ihre geschlechtliche Entwicklung
noch nicht ausgereift sei und sie die seelisch-moralische Implikation solcher
Handlungen nicht abschätzen könnten. Der amtliche Charakter der Kampagne
unterstreiche dabei den Anschein einer Einladung zu riskantem Verhalten.
Kleinere Kinder würden durch die in der Öffentlichkeit ausgehängten Bilder
geradezu verstört, da sie den Gehalt der Darstellungen in keiner Weise
einordnen könnten und die konkret veröffentlichten Sexszenen auf sie mitunter
einen bedrohlichen Charakter ausstrahlen würden. Der nachteilige Einfluss der
Kampagne auf die kindliche und jugendliche Entwicklung sei denn auch in
mehreren von ihnen eingereichten Expertenberichten bestätigt worden.  
 
8.2.  
 
8.2.1. Nach Art. 11 Abs. 1 BV haben Kinder und Jugendliche Anspruch auf
besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung. Der
Teilgehalt des besonderen Schutzes der Unversehrtheit der Kinder und
Jugendlichen umfasst den Schutz ihrer körperlichen und geistigen Integrität
(siehe BGE 126 II 377 E. 5d S. 390; KIENER/KÄLIN, Grundrechte, 2. Aufl. 2013,
S. 454). Mit der  Verankerung als Grundrecht wird der Schutz der Kinder und
Jugendlichen verfassungsrechtlich zu einem vordringlichen Anliegen (BGE 126 II
377 E. 5d S. 391) bzw. zur obersten Maxime des Kindesrechts (BGE 141 III 328 E.
5.4 S. 340) erklärt. Es soll damit die Gleichbehandlung und die
Chancengleichheit der Kinder und Jugendlichen gewährleistet und der Staat
verpflichtet werden, Kinder vor jeglicher Form von Gewalt und erniedrigender
Behandlung zu schützen (vgl. BGE 126 II 377 E. 5b S. 389). Insofern kommt den
Kindern und Jugendlichen als gesellschaftliche Gruppe "Anspruch auf einen
besonderen Schutz" zu (Berichterstatter Inderkum, AB 1998 [Separatdruck] S 207)
und soll eine altersgerechte Entfaltungsmöglichkeit des Kindes in
geistig-psychischer, körperlicher und sozialer Hinsicht geschützt werden (BGE
129 III 250 E. 3.4.2 S. 255). Art. 11 Abs. 1 BV nimmt im Gegensatz zu Art. 41
Abs. 1 lit. f und g BV auch die rechtsanwendenden Instanzen in die Pflicht,
insbesondere bei der Handhabung von Gesetzen, wie etwa hier bei Realakten
gestützt auf das EpG bzw. aEpG, den besonderen Schutzbedürfnissen von Kindern
und Jugendlichen Rechnung zu tragen (BGE 126 II 377 E. 5d S. 391; s.a. BGE 132
III 359 E. 4.4.2 S. 373; 133 II 136 E. 5.1 S. 142). Da der Verfassungsgeber mit
Art. 11 BV das Ziel verfolgt hatte, die im Übereinkommen vom 20. November 1989
über die Rechte des Kindes (KRK; SR 0.107) verbrieften Rechte in der BV zu
verankern, kann für die Auslegung von Art. 11 BV auch darauf zurück gegriffen
werden (siehe BGE 126 II 377 E. 5b und 5d S. 389 f. bzw. 391).  
 
8.2.2. Was der "Anspruch auf einen besonderen Schutz" der Kinder und
Jugendlichen genau umfasst, kann nicht abstrakt und zeitlos bestimmt werden,
sondern hängt von den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen ab (vgl. die
Konkretisierungsbeispiele bei HEINRICH KOLLER/MARTIN PHILIPP WYSS, "Kinder und
Jugendliche haben Anspruch auf besonderen Schutz...", in: Privatrecht im
Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichem Wandel und ethischer Verantwortung,
2002, S. 435 ff., 438 ff.; BGE 133 II 136). Dies gilt auch für die
Ausgestaltung einer (staatlichen) Informationskampagne. Dabei ist zu beachten,
welchen Einflüssen die Kinder und Jugendlichen jederzeit ausgesetzt und mit
welchen Eindrücken sie täglich unausweichlich konfrontiert sind. In Bezug auf
Informationskampagnen mit sexuellem Inhalt setzt das Strafrecht zunächst mit
dem Verbot von  harter Pornographie (Art. 197 Abs. 4 und 5 StGB; vgl. bereits
Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des
Militärstrafgesetzes [Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben, gegen die
Sittlichkeit und gegen die Familie] vom 26. Juni 1985 [nachfolgend: Botschaft
Sittlichkeit], BBl 1985 II 1009, 1089; zur Ausdehnung und Anreicherung der
alten Bestimmung vgl. Botschaft zur Genehmigung des Übereinkommens des
Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem
Missbrauch [Lanzarote-Konvention] sowie zu seiner Umsetzung [Änderung des
Strafgesetzbuchs] vom 4. Juli 2012 [nachfolgend: Botschaft
Lanzarote-Konvention], BBl 2012 7571 7615 ff.) eine erste Grenze. Jugendliche
unter 16 Jahren werden sodann nach Art. 197 Abs. 1 StGB auch vor  weicher
 Pornographie geschützt (vgl. BGE 131 IV 64). Ziel dieses Verbots liegt in der
ungestörten sexuellen Entwicklung Kinder und Jugendlicher (vgl. BGE 131 IV 64
E. 10.1.1 S. 67; Botschaft Sittlichkeit BBl 1985 II 1009, 1089). Art. 197 Abs.
1 StGB stellt damit eine Konkretisierung von Art. 11 BV dar (BGE 133 II 136).
Insofern darf bei der Beurteilung von Informationskampagnen mit sexuellem
Inhalt i.S.v. weicher Pornographie nicht davon ausgegangen werden, dass Kinder
und Jugendliche mit solchen Inhalten ohnehin in Berührung kommen, weshalb eine
derartige Kampagne zulässig wäre.  
 
8.2.3. Der Begriff der Pornographie setzt ein Zweifaches voraus.  Zum einen
 müssen die Darstellungen oder Darbietungen objektiv betrachtet darauf
ausgelegt sein, den Konsumenten sexuell  aufzureizen.  Zum anderen ist
erforderlich, dass die Sexualität so stark aus ihren menschlichen und
emotionalen Bezügen herausgetrennt wird, dass die jeweilige Person als ein 
blosses Sexualobjekterscheint, über das nach Belieben verfügt werden kann (vgl.
BGE 131 IV 64 E. 10.1.1 S. 66 f.). Das sexuelle Verhalten wird dadurch
vergröbert und aufdringlich in den Vordergrund gerückt. (Weiche) Pornographie
im Sinne von Art. 197 Abs. 1 StGB ist dabei ohne besondere Betonung des
Genitalbereichs begrifflich kaum denkbar (BGE 131 IV 64 E. 10.1.1 S. 67).
"Zeichnen sich die sog. 'Erotikfilme' durch ein betontes Wegsehen vom
Genitalbereich aus, so leben pornographische Erzeugnisse vom betonten Hinsehen"
(TRECHSEL/BERTOSSA, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches
Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 4 zu Art. 197).
Entscheidend ist der Gesamteindruck (BGE 131 IV 64 E. 10.1.1 S. 67). In Bezug
auf Medien hat das Bundesgericht dementsprechend Folgendes ausgeführt:
"Pornographisch sind somit Medien, die physische Sexualität isoliert von
personalen Beziehungen darstellen, sexuellen Lustgewinn verabsolutieren und
Menschen zu beliebig auswechselbaren Objekten sexueller Triebbefriedigung
degradieren; sie als blosse physiologische Reiz-Reaktionswesen erscheinen
lassen und damit die Würde des Menschen negieren" (BGE 133 II 136 E. 5.3.2 i.f.
S. 145).  
 
8.2.4. Zulässig sind dagegen Werbungen für pornographische Videos, Sites oder
SMS-Bilder (vgl. BGE 133 II 136 E. 6.3 f. S. 147 f.). Kritik unterliegt nur
deren Gestaltung; diese ist daraufhin zu prüfen, ob die oben umschriebenen
Voraussetzungen der Pornographie erfüllt sind. Strafrechtlich und auch
rundfunkrechtlich zulässig sind sodann erotische (vgl. BGE 133 II 136 E. 5.3.2
und 6.1 S. 145 bzw. 146) und auch nur "sexualisierte" Darstellungen.  
Diesen Umstand macht sich die Werbebranche heute zunutze. So sind der
öffentliche Raum und namentlich unzählige Werbebotschaften stark sexualisiert.
Kinder und Jugendliche sind in dieser Gesellschaft damit unausweichlich
konfrontiert. Insofern ist es realistischerweise nicht möglich, diese rechtlich
zulässigen sexualisierten und erotischen Einflüsse von ihnen fernzuhalten oder
diesen auszuweichen. 
 
8.2.5. Angesichts dieser Ausführungen kann der sachliche Schutzbereich des
ersten Teils von Art. 11 BV, wonach Kinder und Jugendliche Anspruch auf
besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit haben, in Bezug auf
Informationskampagnen mit sexuellem Inhalt deshalb nicht so umschrieben werden,
als gäbe es im öffentlichen Raum keine Einflüsse sexualisierter und erotischer
Darstellungen. Für den besonderen Schutz bei solchen Kampagnen ist deshalb im
Folgenden zu fragen, ob Kinder und Jugendliche spürbar anderen und stärkeren
sexualisierten und erotischen Einflüssen ausgesetzt sind, als dies ohnehin der
Fall ist.  
 
8.3. Die "LOVE LIFE"-Kampagne bezweckt den Schutz der Allgemeinheit vor HIV und
anderen sexuell übertragbaren Krankheiten und soll die sexuell aktiven Menschen
in der Schweiz dazu anregen, sich für ein verantwortungsvolles Sexualleben zu
entscheiden. Zur Erreichung dieses Ziels (zur Notwendigkeit siehe jetzt
Presserklärung der WHO vom 28. November 2017: Europäische Region ist die
einzige Region der Welt mit einem Anstieg von HIV-Neuinfektionen) sollen die
Plakate einen Blickfang bilden, weshalb die heterosexuellen und
gleichgeschlechtlichen Paare in verschiedenen intimen (sexuellen) Situationen
dargestellt werden. Es sind Momentaufnahmen, gestellte Szenen von intimer Nähe
bzw. in den Videos schnell geschnittenen Sequenzen von wenigen Sekunden. Die
Paare lachen, küssen sich oder haben den Ausdruck von Lust in ihrem Gesicht.
Man sieht keine Geschlechtsorgane, vielfach tragen die sogenannten "Models"
Kleider. Die Bilder sind nicht mit einer vulgären sexuellen Sprache verbunden;
es findet sich lediglich ein Hinweis, warum die heterosexuellen und
gleichgeschlechtlichen Paare für safer sex werben. Die Kampagne stellt die
physische Sexualität nicht isoliert von personalen Beziehungen dar; die
"Models" sind reale Paare. Die Bilder und das Videomaterial verabsolutieren in
keiner Weise sexuellen Lustgewinn und degradieren die involvierten Menschen
nicht zu beliebig auswechselbaren Objekten sexueller Triebbefriedigung. Es
begegnen sich hier Personen und gerade nicht Organe (BGE 133 II 136 E. 5.3.2 S.
145). Die Filmsequenzen bzw. die Momentaufnahmen lassen die Paare auch nicht
als blosse physiologische Reiz-Reaktionswesen erscheinen. Insofern sind die
Bilder und Filmsequenzen nicht darauf angelegt, den Betrachter sexuell
aufzureizen, und lassen die Paare auch nicht als blosse Sexualobjekte
erscheinen.  
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer wird mit den Bildern und
Videosequenzen keine Pornographie und werden weder sexuelle Praktiken noch
stark sexuell aufgeladene Botschaften dargestellt. Allenfalls lassen sich
gewisse sexuelle Handlungen vermuten. Allerdings bedarf es hierzu eines
gewissen Vorverständnis, welches Kinder noch nicht haben, wie deren Reaktionen,
welche die Vorinstanz aufgeführt hat, belegen. Jugendliche verfügen bereits
über ein solches Verständnis, weshalb sie auch Adressat einer solchen
Informationskampagne über verantwortungsvolles Sexualverhalten werden (siehe
dazu auch TSCHANNEN, Warnungen, a.a.O., S. 413 f.). Dabei darf nicht vergessen
werden, dass Kinder und Jugendliche vorab durch die Eltern (Art. 5 KRK:
Hauptverantwortliche für das Wohl des Kindes; in Bezug auf den Medienkonsum
vgl. auch BGE 133 II 136 E. 6.5.2 i.i. S. 149) oder allenfalls durch die Schule
altersgerecht sexuell aufzuklären sind, damit sie solche Bilder und die damit
vermuteten sexuellen Handlungen korrekt erkennen und einordnen können. Auch
wenn die strittigen Darstellungen sexuelle Handlungen vermuten lassen, werden
die Darstellungen dadurch nicht zu solchen, vor welchen Kinder und Jugendliche
besonders zu schützen sind. Aus den Bildern und Videos der "LOVE LIFE"-Kampagne
lassen sich keine  abwegigen sexuellen Praxen und sexuell aufgeladene
Botschaften folgern, welche von den Kindern und Jugendlichen  nachgeahmt werden
könnten. Bei entsprechender Erziehung können die Jugendlichen das auf den
Bildern Dargestellte korrekt einordnen, wozu sie unabhängig von dieser Kampagne
angesichts verbreiteter sexualisierter Darstellung im öffentlichen Raum
befähigt sein müssen.  
Insofern  unterscheidet sich das strittige Bild- und Videomaterial  von (weich)
pornographischen Darstellungen, welche die sexuellen Handlungen explizit zeigen
und geeignet sind, die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu
beeinträchtigen, weil diese fälschlicherweise davon ausgehen könnten, dass das
Gezeigte der Normalität entspreche und deshalb nachahmenswert sei. Zu Recht hat
deshalb auch die Vorinstanz ausgeführt, dass die Auszüge aus dem "Praxisbuch
zur Prävention von Internet-Pornografie-Konsum" auf die vorliegende
Konstellation nicht passend sind.  
 
8.4. Ist nach dem Ausgeführten äusserst zweifelhaft, dass Kinder und
Jugendliche über die zulässigen sexualisierten und erotischen Einflüssen
hinausgehenden Einflüssen ausgesetzt sind, vor welchen sie nach Art. 11 BV zu
schützen wären, kommt es schliesslich aufgrund der grossen Breitenwirkung der
Informationskampagne darauf an, ob in Abgrenzung zur Popularbeschwerde eine
besondere Betroffenheit vorliegt (BGE 140 II 315 E. 4.6 S. 327 f.; HÄNER,
a.a.O., Art. 25a N. 28 i.f.; LORENZ KNEUBÜHLER, Beschwerdebefugnis vor
Bundesgericht: Konkurrenten, Gemeinden, Pläne und Realakte, ZBl 2016, S. 22
ff., 39). Eine solche liegt dann vor, wenn der Einzelne von einem Realakt
konkret in seinen Rechten und Pflichten betroffen ist (vgl. BGE 140 II 315 E.
4.3 S. 325). Sind dagegen viele Personen betroffen, so ist massgebend, wie
schwer die Einwirkungen auf den Einzelnen zu gewichten sind. Je zweifelhafter
aber ist, ob von einer Kampagne überhaupt Einwirkungen über das ohnehin
gesellschaftlich vorgegebene Mass hinausreichen, um so weniger kann das
Individuum in schützenswerten Rechten berührt sein.  
 
8.5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der von den Beschwerdeführern
angerufene Schutzbereich von Art. 11 Abs. 1 BV nicht berührt ist. Die
Beschwerdeführerinnen sind durch die strittigen Darstellungen deshalb nicht in
ihren Rechten und Pflichten berührt. Die Voraussetzungen für den Erlass einer
Verfügung über Realakte sind nicht gegeben. Das BAG ist zu Recht nicht auf das
Gesuch eingetreten und die Vorinstanz hat die Beschwerde dagegen zu Recht
abgewiesen.  
 
9.  
Art. 29a BV wird u.a. in Art. 25a VwVG verwirklicht, worauf bereits hingewiesen
wurde. In diesem Zusammenhang scheitert eine eigenständige Berufung auf Art.
29a BV sodann an Art. 190 BV.  
 
10.  
Demnach erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen. Bei
diesem Verfahrensausgang haben die Beschwerdeführer die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine
Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Bundesverwaltungsgericht,
Abteilung III, und dem Eidgenössischen Departement des Innern schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. Juni 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Errass 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben