Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.561/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_561/2016        

Urteil vom 24. Mai 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Mayhall.

Verfahrensbeteiligte
Erbengemeinschaft der A.________ sel.,
bestehend aus:

1. B.A.________,
2. C.A.________,
3. D.A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Herrn Urs Vögele, Pegasus-Treuhand, Buchhaltung & Beratung,

gegen

Kantonales Steueramt Aargau, Rechtsdienst.

Gegenstand
Kantons- und Gemeindesteuern 2012 (Liquidationsgewinn),

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2.
Kammer, vom 12. Mai 2016.

Sachverhalt:

A.
A.________ hatte zusammen mit ihrem vorverstorbenen Ehemann A.A.________ einen
landwirtschaftlichen Betrieb in U.________ geführt. Nach Aufgabe der
selbstständigen Tätigkeit im Jahre 1985 verblieben auf Grund eines Revers fünf
Grundstücke weiterhin im Geschäftsvermögen. A.________ verstarb am 6. Mai 2012.
In der unterjährigen Steuererklärung 2012 (für die Periode 1. Januar bis 6. Mai
2012) deklarierten die Erben von A.________ kumulierte Abschreibungen von Fr.
11'500.-- als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit, bezeichneten die
Liegenschaften als Privatvermögen und setzten dafür eine Unterhaltspauschale
von 20 % ein. Die Steuerkommission veranlagte A.________ sel. am 25. Juni 2014
für einen steuerbaren Liquidationsgewinn von Fr. 352'200.-- für diese
unterjährige Steuerperiode 2012. Eine von sämtlichen Erben - B.A.________,
C.A.________ und D.A.________ - dagegen erhobene Einsprache wies die
Steuerkommission am 6. März 2015 ab.

B.
Das Spezialverwaltungsgericht Steuern des Kantons Aargau setzte in teilweiser
Gutheissung eines von sämtlichen Erben gegen den Einspracheentscheid geführten
Rekurses mit Urteil vom 19. November 2015 das steuerbare Einkommen von
A.________ sel. auf Fr. 307'600.-- fest. Auf Beschwerde des kantonalen
Steueramtes hin setzte das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom
12. Mai 2016 das steuerbare Einkommen von A.________ sel. auf Fr. 352'200.--
(Fr. 352'209.--) fest.

C.
Mit Beschwerde vom 16. Juni 2016 an das Bundesgericht beantragen sämtliche
Erben von A.________ sel. - B.A.________, C.A.________ und D.A.________ - in
kostenfälliger Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau
und der vorinstanzlichen Urteile sei festzustellen, dass die Abrechnung über
den Kapitalgewinn im Sinne von § 27 Abs. 4 des Kantonalen Steuergesetzes
vorzunehmen sei, wonach ausschliesslich die kumulierten Abschreibungen der
Einkommensbesteuerung zu unterziehen seien.
Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten ist.

Erwägungen:

1.

1.1. Vorliegend hat die Erbengemeinschaft A.________ sel., bestehend aus
B.A.________, C.A.________ und D.A.________ frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und
formgerecht (Art. 42 BGG) eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten eingereicht. Sie richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90
BGG) einer letzten kantonalen Instanz auf dem Gebiet der direkten Kantons- und
Gemeindesteuern der Steuerperiode 2012. Die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86
Abs. 1 lit. d BGG in Verbindung mit Art. 73 des Bundesgesetzes über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember
1990 [StHG; SR 642.14]).

1.2. Die Erben haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und sind mit
ihren Anträgen unterlegen. Als Steuernachfolger der Erblasserin (§ 8 des
Steuergesetzes vom 15. Dezember 1998 des Kantons Aargau [StG/AG]) haben sie ein
schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung und/oder Abänderung des angefochtenen
Urteils und sind zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).

1.3. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art. 96 BGG
geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die
Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht
untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG;
BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S.
254). Als spezialgesetzliche Bestimmung ermöglicht Art. 73 StHG dem
Bundesgericht nicht nur die Prüfung der Vereinbarkeit der kantonalen
Gesetzgebung mit den bundesrechtlichen Vorgaben des
Steuerharmonisierungsgesetzes mit freier Kognition (wozu es sich bereits auf
Art. 95 BGG stützen könnte), sondern, zur Herstellung der Konkordanz mit dem
Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG, SR
642.11), auch die freie Überprüfung der Auslegung und Anwendung von
harmonisiertem kantonalem Gesetzesrecht. In den Bereichen, in denen das
Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum
belässt oder keine Anwendung findet, beschränkt sich die Kognition des
Bundesgerichts auf Willkür (BGE 134 II 207 E. 2 S. 210; 130 II 202 E. 3.1 S.
205 f.; Urteile 2C_693/2014 / 2C_694/2014 vom 4. März 2015 E. 2.1; 2C_153/2014
vom 4. September 2014 E. 1.2).

1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zu Grunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei
offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz
kann von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich
unrichtig festgestellt ist ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen
beinhaltet (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62). Obwohl nicht ausdrücklich im Gesetz
erwähnt, beruht auch eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung auf einer
Rechtsverletzung. Was rechtserheblich ist, bestimmt das materielle Recht; eine
in Verkennung der Rechtserheblichkeit unvollständige Erstellung der für die
rechtliche Beurteilung massgeblichen Tatsachen stellt demzufolge eine
Verletzung materiellen Rechts dar (BGE 136 II 65 E. 1.4 S. 68, 134 V 53 E. 4.3
S. 62).

2.
Die Beschwerdeführer gehen in ihrer Beschwerdeschrift ausdrücklich davon aus,
mit der Steuererklärung 2012 gegenüber der Steuerbehörde eine in dieser
Steuerperiode erfolgte Überführung der betreffenden Grundstücke aus dem
Geschäftsvermögen in das Privatvermögen der Erblasserin angezeigt zu haben.
Unbestritten sind vier der fünf Grund stücke landwirtschaftliche Grundstücke im
Sinne des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht
(BGBB; SR 211.412.11) einzustufen, so dassgemäss § 27 Abs. 4 StG/AG bzw. Art. 8
Abs. 1 StHG nur die kumulierten Abschreibungen der Einkommenssteuer unterstellt
worden sind (Urteil des Spezialverwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 19.
November 2015 E. 6.6.1).Streitig ist, ob dasselbe auch gilt für das fünfte
Grundstück (GB U.________ Nr. xxx).

2.1. Die Vorinstanz hat erwogen, das betreffende Grundstück (17.52 Aren) liege
zwar in der Landwirtschaftszone. Vom sachlichen Anwendungsbereich des BGBB
werde es jedoch deswegen nicht erfasst, weil es weder die erforderliche Fläche
von 25 Aren aufweise noch zusammen mit anderen Grundstücken ein
landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 BGBB bilden würde (Art. 2 Abs.
3 e contrario BGBB). Eine Qualifikation als land- und forstwirtschaftliches
Grundstück im Sinne von Art. 12 Abs. 1 StHG sei somit nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung ausgeschlossen, weshalb der
Liquidationsgewinn nicht privilegiert besteuert werden könne.

2.2. Die Beschwerdeführer anerkennen, dass ihre selbstständig ausgeübte
landwirtschaftliche Tätigkeit nicht als landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne
von Art. 7 BGBB qualifiziert werden kann. Sie rügen jedoch, die Vorinstanz habe
verkannt, dass es sich beim Grundstück Nr. xxx deswegen um ein land- und
forstwirtschaftliches Grundstück gehandelt habe, weil es im für die Überführung
massgeblichen Zeitpunkt zusammen mit den übrigen, gleichzeitig überführten
Grundstücken IR U.________ Nr. yyyy, Plan yy, Parzelle Nr. yyy; IR U.________
Nr. zzzz, Plan yy, Parzelle Nr. zzz; IR U.________ Nr. qqqq, Plan qq, Parzelle
Nr. qqq; IR U.________ Nr. rrrr, Plan rr, Parzelle Nr. rrr einen
landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von Art. 6 der Verordnung vom 7. Dezember
1998 über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen
(LBV; SR 910.91) gebildet habe. Der Liquidationsgewinn sei somit zu Unrecht
nicht in Anwendung von § 27 Abs. 4 StG/AG berechnet worden.

2.3. Gewinne auf land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken werden den
Einkünften aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nur bis zur Höhe der
Anlagekosten zugerechnet (§ 27 Abs. 4 StG/AG, entsprechend Art. 18 Abs. 4 DBG
für die direkte Bundessteuer); der Wertzuwachsgewinn wird im Kanton mit der
Grundstückgewinnsteuer erfasst (Art. 12 Abs. 1 StHG; § 27 Abs. 4 und § 106 StG/
AG). Der Begriff des land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes (Art. 8 Abs.
1 StHG) wird im harmonisierten Recht nicht definiert. Das Bundesgericht hat in
freier Prüfung dieses harmonisierten Begriffs erkannt, dass dieser Begriff
nicht isoliert aus dem Steuerrecht heraus, sondern in gesetzessystematischer
Hinsicht unter Berücksichtigung der  Zwecksetzung des BGBB, des Bundesgesetzes
vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG; SR 700) und des Bundesgesetzes
über die Landwirtschaft vom 29. April 1998 (LwG; 910.1) auszulegen sei: dem
Erhalt des landwirtschaftlichen Bodens als wirtschaftlich bedeutender
Produktionsfaktor (BGE 138 II 32 E. 2.2.1 S. 36 mit zahlreichen Hinweisen; vgl.
zur Kritik an dieser Rechtsprechung RICHNER, a.a.O., S. 288). Die steuerliche
Privilegierung von landwirtschaftlichen Grundstücken im Sinne von Art. 12 Abs.
1 StHG rechtfertigt sich grundsätzlich nur, wenn die für die Anwendbarkeit des
BGBB aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind (BGE 138 II 32 E. 2.2.1 S. 36,
E. 2.3.1 S. 38 f.; Urteile 2C_873/2011 vom 22. Oktober 2012 E. 5.1; 2C_539/2010
vom 15. Dezember 2010 E. 3.2). Dies ist hauptsächlich der Fall, wenn das
Grundstück ausserhalb der Bauzone im Sinne von Art. 15 RPG liegt und eine
landwirtschaftliche Nutzung zulässig ist (Art. 2 Abs. 1 BGBB) oder wenn einer
der vier weiteren, spezifisch in Art. 2 Abs. 2 BGBB genannten Fälle vorliegt (
BGE 138 II 32 E. 2.2.1 S. 37, E. 2.3.2 S. 39; WERNER SALZMANN, BGE 2C_11/2011:
Urteil des Bundesgerichts vom 2. Dezember 2011 i.S. Besteuerung von
Kapitalgewinn aus der Veräusserung von Bauland im Geschäftsvermögen von
Landwirten, Blätter für Agrarrecht, 2015 [Heft 1/3], S. 8). Die herrschende
bundesgerichtliche Praxis führt dazu, dass die Liegenschaften im
Geschäftsvermögen eines Landwirtschaftsbetriebs in land- und
forstwirtschaftliche und nicht land- und forstwirtschaftliche Grundstücke zu
unterteilen sind (SALZMANN, a.a.O., S. 9).

2.4. Diese bundesgerichtliche Praxis wurde im Zusammenhang mit der Besteuerung
von Gewinnen begründet, die aus der Veräusserung von unüberbauten,
vollumfänglich in der Bauzone gelegenen und nicht zum angemessenen Umschwung
eines Grundstückes mit landwirtschaftlichen Gebäuden und Anlagen gehörenden
Grundstücken resultieren (BGE 138 II 32 E. 2.3.2 S. 39). Inhaltlich beruht sie
auf der Überlegung, dass ein im Zusammenhang mit so genannten "Baulandreserven"
(unüberbaute und vollständig in der Bauzone gelegene Grundstücke) im
Anlagevermögen eines Landwirtschaftsbetriebs erzielter Veräusserungsgewinn
nicht durchwegs mit einem privaten Kapitalgewinn gleichgesetzt werden kann (BGE
138 II 32 E. 2.3.1 S. 39; vgl. zu dieser Problematik auch MARIANNE KLÖTI-WEBER,
Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 4. Aufl. 2015, N. 7c zu § 95 StG/AG;
ZWAHLEN/NYFFENEGGER, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz
über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG],
3. Aufl. 2016, N. 20 zu Art. 12 StHG). In dieser Situation wird denn auch beim
Verkauf eines Grundstücks regelmässig der Baulandpreis erzielt. Eine Ausnahme
gilt für Grundstückteile, die - obwohl in der Bauzone gelegen - noch dem BGBB
unterstellt sind (Art. 2 Abs. 2 lit. a und lit. c BGBB) und den entsprechenden
Restriktionen im Verkauf (Art. 61 ff. BGBB) unterliegen. In dieser
Konstellation wurde erwogen, dass von einem steuerlich privilegierten
Grundstück nur dann gesprochen werden könne, wenn die für die Anwendung des
BGBB gültigen Voraussetzungen erfüllt seien (BGE 138 II 32 E. 2.2.1 S. 37).
Daraus ist nicht zwangsläufig umgekehrt zu folgern, dass auch bei Grundstücken,
die  ausserhalb der Bauzone liegen, die formale Unterstellung unter das BGBB
das einzige Kriterium sei für die Definition des landwirtschaftlichen
Grundstücks.Namentlich wurde bis anhin die Rechtsfrage noch nicht entschieden,
wie es sich verhält mit Grundstücken, die in der Landwirtschaftszone liegen und
lediglich wegen ihrer zu geringen Fläche formell nicht dem BGBB unterstehen
(Art. 2 Abs. 3 e contrario BGBB).

2.5. Die Vorinstanz hat für die Anwendung von § 27 Abs. 4 StG/AG
ausschliesslich auf die formelle Unterstellung des Grundstücks unter das BGBB
abgestellt, welche hier wegen der geringen Fläche des Grundstücks nicht erfüllt
ist (Art. 2 Abs. 3BGBB). Damit wird dieses Kriterium losgelöst von seinem
Kontext angewendet: In BGE 138 II 32 wurde ausgeführt, dass die
Begriffsbestimmung des landwirtschaftlichen Grundstücks nicht nur den
steuerrechtlichen Belangen Rechnung zu tragen habe, sondern ebenso der dem
BGBB, dem RPG und dem LwG gemeinsamen Zwecksetzung: dem Erhalt des
landwirtschaftlichen Bodens als einem volkswirtschaftlich wesentlichen
Produktionsfaktor (E. 2.2.1 S. 36 f., mit Hinweis auf das Urteil 2C_539/2010
vom 15. Dezember 2010 E. 3.2). Die formale Unterstellung unter das BGBB ist
demnach nicht ein verselbstständigtes Kriterium, welches losgelöst von den
Umständen des Einzelfalles zur Anwendung gebracht werden könnte; entscheidend
ist vielmehr, ob das Grundstück in einer Gesamtbetrachtung der Landwirtschaft
dient.

2.6. Grundstücke von weniger als 25 Aren, die nicht zu einem
landwirtschaftlichen Gewerbe im Sinne von Art. 7 BGBB gehören, hat der
historische Gesetzgeber im Sinne der Verhältnismässigkeit insbesondere deswegen
vom Anwendungsbereich des BGBB ausgenommen, weil sich die Verwaltung nicht mit
Kleinigkeiten befassen soll (YVES DONZALLAZ, Traité de droit agraire suisse,
Tome 2, 2006, NN. 1885 f.; CHRISTINA SCHMID-TSCHIRREN/CHRISTOPH BANDLI, Das
bäuerliche Bodenrecht, 2. Aufl. 2011, N. 29 zu Art. 2 BGBB). Um den
Gesetzeszweck nicht zu gefährden, führte der Gesetzgeber mehrere Gegenausnahmen
ein; entsprechend finden einzelne Vorschriften des BGBB auch auf kleinere
Grundstücke Anwendung (z.B. Art. 2 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 4 BGBB;
SCHMID-TSCHIRREN/BANDLI, a.a.O., N. 31 zu Art. 2 BGBB; DONZALLAZ, a.a.O., NN.
1905 ff.). Auch kleinere Grundstücke im Sinne von Art. 2 Abs. 3 BGBB können
aber, wenn sie ausserhalb der Bauzone liegen, grundsätzlich nur
landwirtschaftlich genutzt werden (Art. 16 ff. RPG). Sie können ebenfalls Teil
eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des LwG bilden und so den Zielen
des Landwirtschaftsrechts dienen. Sie werden somit grundsätzlich von der dem
BGBB, dem RPG und dem LwG gemeinsamen Zwecksetzung - dem Erhalt des
landwirtschaftlichen Bodens als einem volkswirtschaftlich wesentlichen
Produktionsfaktor - erfasst.

2.7. Insgesamt ist somit festzuhalten, dass Grundstücke, die in der
Landwirtschaftszone liegen und für die landwirtschaftliche Nutzung geeignet
sind (vgl. Art. 6 Abs. 1 BGBB) und einzig wegen ihrer zu geringen Grösse dem
BGBB nicht unterstellt sind (Art. 2 Abs. 3 BGBB), im Sinne der
bundesgerichtlichen Praxis (BGE 138 II 32 E. 2.2.1 S. 36 f.) auch als land- und
forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinne von Art. 8 Abs. 1 bzw. Art. 12 Abs. 1
StHG zu qualifizieren sind. Aus diesem Grund verletzt das angefochtene Urteil
Bundesrecht. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird zu prüfen haben, ob sich das Grundstück,
welches unbestrittenermassen in der Landwirtschaftszone liegt, im Zeitpunkt der
Überführung ins Privatvermögen für die landwirtschaftliche Nutzung eignete
(Art. 6 Abs. 1 BGBB). Ist das zu bejahen, so ist es als landwirtschaftliches
Grundstück im Sinne von § 27 Abs. 4 StG/AG zu betrachten.

3.
Bei diesem Verfahrensausgang trägt der Kanton Aargau, der Vermögensinteressen
verfolgt, die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 und 4
BGG). Den obsiegenden Beschwerdeführern ist eine Parteientschädigung
zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 2BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 12. Mai 2016 wird aufgehoben und die
Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'500.-- werden dem Kanton Aargau auferlegt.

3. 
Der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführern für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Mai 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Mayhall

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