Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.53/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_53/2016

Urteil vom 23. Juni 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiberin Genner.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Zollinger,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,

Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungs-
gerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung,
vom 2. Dezember 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ (geb. 1956) ist türkischer Staatsangehöriger mit kurdischer
Abstammung. Am 3. Juli 1982 reiste er über die Bundesrepublik Deutschland in
die Schweiz ein und ersuchte am 15. Juli 1982 um Asyl. Am 19. November 1982
verfügte das damalige Bundesamt für Polizeiwesen die Wegweisung. Der Entscheid
wurde ausdrücklich als Zwischenverfügung bezeichnet und A.________ wurde
mitgeteilt, der Asylentscheid werde ihm im Ausland an eine von ihm zu
bezeichnende Adresse zugestellt. Auf eine gegen den Wegweisungsentscheid
erhobene Beschwerde trat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement
EJPD, Beschwerdedienst, am 28. Januar 1983 nicht ein. Die offenbar gegen den
Endentscheid betreffend Asyl am 21. Februar 1983 erhobene Beschwerde zog
A.________ am 7. Oktober 1991 zurück, nachdem ihm und seiner 1989 in die
Schweiz gekommenen Ehefrau sowie der 1990 geborenen Tochter aus humanitären
Gründen die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung in Aussicht gestellt worden
war. Am 11. Oktober 1991 schrieb das EJPD, Beschwerdedienst, das
Beschwerdeverfahren als durch Rückzug erledigt ab.
Aus der Ehe ging am 3. November 1991 eine zweite Tochter hervor. Am 13.
November 1992 wurde allen Familienmitgliedern die Aufenthaltsbewilligung
erteilt. A.________ erhielt am 11. Februar 2002 die Niederlassungsbewilligung.
Seine seit 1997 von ihm geschiedene Ehefrau und die beiden Töchter erlangten am
29. September 2004 das Schweizer Bürgerrecht.

A.b. Bereits am 25. Oktober 1999 hatte das Obergericht des Kantons Zürich
A.________ in zweiter Instanz zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 18 Monaten
wegen Erpressung, mehrfacher versuchter Nötigung und Angriffs verurteilt.
Deswegen wurde er am 2. Februar 2000 ausländerrechtlich verwarnt.
Am 13. Juli 2011 verurteilte das Bezirksgericht Zürich A.________ wegen
versuchter vorsätzlicher Tötung, mehrfacher einfacher Körperverletzung und
Widerhandlung gegen das Waffengesetz, begangen am 23. Mai 2005, zu einer
Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren und einer Busse von Fr. 250.--. Das
Obergericht des Kantons Zürich bestätigte die Schuldsprüche mit Urteil vom 23.
Mai 2013 und reduzierte die Freiheitsstrafe um sechs Monate auf fünf Jahre.
Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil 6B_773/2013
vom 28. Juli 2014 ab. Bis zu seiner bedingten Entlassung am 21. September 2008
hatte sich A.________ im vorzeitigen Strafvollzug befunden; die Reststrafe
musste er nicht mehr verbüssen.
Mit Strafbefehl vom 23. Januar 2014 verurteilte die Staatsanwaltschaft
Zürich-Limmat A.________ wegen Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz zu
einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je Fr. 50.--, aufgeschoben mit einer
Probezeit von zwei Jahren, und einer Busse von Fr. 100.--.

B.
Am 13. Mai 2015 widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich die
Niederlassungsbewilligung und wies A.________ aus der Schweiz weg. Die dagegen
erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos (Entscheid der
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich vom 16. September 2015; Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 2. Dezember 2015).

C.
A.________ erhebt am 17. Januar 2016 "Beschwerde in verwaltungsrechtlichen
Angelegenheiten und Subsidiäre Verfassungsbeschwerde" beim Bundesgericht mit
den Anträgen, die Niederlassungsbewilligung sei ihm nicht zu entziehen,
eventualiter sei von der Wegweisung abzusehen und subeventualiter sei die
Angelegenheit zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Die Sicherheitsdirektion verzichtet auf Vernehmlassung, und
das Staatssekretariat für Migration beantragt die Abweisung der Beschwerde.
A.________ hat am 4. Mai 2016 eine Replik eingereicht.
Mit Präsidialverfügung vom 19. Januar 2016 ist der Beschwerde antragsgemäss
aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.
Mit Schreiben vom 3. Mai 2016 teilt das Migrationsamt mit, A.________ habe beim
Staatssekretariat für Migration ein neues Asylgesuch eingereicht.

Erwägungen:

1.

1.1. Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4;
Urteil 2C_139/2016 vom 14. Juni 2016 E. 1.2). Die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen (Form, Frist und Legitimation gemäss Art. 42, Art.
100 Abs. 1 und Art. 89 Abs. 1 BGG) sind erfüllt. Auf die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist einzutreten, soweit sie den Widerruf
der Niederlassungsbewilligung betrifft.

1.2. Gegen Entscheide betreffend die Wegweisung ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG).
Ob der Eventualantrag auf Aufhebung des Wegweisungsentscheids als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden kann, ist nur bei negativem
Ausgang der Beschwerde gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung zu
prüfen.

2.

2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). In Bezug auf die
Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und
Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 136
II 304 E. 2.5 S. 314).

2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinn von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich
unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2). Die
beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den
gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine
entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen; auf rein appellatorische
Kritik an der Sachverhaltsfeststellung geht das Bundesgericht nicht ein (BGE
139 II 404 E. 10.1 S. 445 f.).

2.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.3.1. Tatsachen oder Beweismittel, welche sich auf das vorinstanzliche
Prozessthema beziehen, sich jedoch erst nach dem angefochtenen Entscheid
ereignet haben oder entstanden sind, können von vornherein nicht durch das
angefochtene Urteil veranlasst worden sein (Urteil 2C_833/2011 vom 6. Juni 2012
E. 1.2 mit Hinweis). Diese so genannten "echten Noven" sind im
bundesgerichtlichen Verfahren in jedem Fall unzulässig (BGE 139 III 120 E.
3.1.2 S. 123; 133 IV 342 E. 2.1 S. 344).

2.3.2. Art. 99 Abs. 1 BGG zielt auf Tatsachen ab, die erst durch das
angefochtene Urteil rechtserheblich werden. So kann sich die beschwerdeführende
Partei vor Bundesgericht auf Tatsachen stützen, die nicht Gegenstand des
vorinstanzlichen Verfahrens gebildet hatten, wenn die Vorinstanz ein neues
rechtliches Argument anführt, mit dem die Partei zuvor nicht konfrontiert
worden war (vgl. Urteil 5A_115/2012 vom 20. April 2012 E. 4.4.2). Unzulässig
sind hingegen neue Tatsachen, die bereits der Vorinstanz hätten vorgelegt
werden können (BGE 136 III 123 E. 4.4.3 S. 129).

3.

3.1. In formeller Hinsicht moniert der Beschwerdeführer, er habe mehrmals
erfolglos den Beizug der gesamten Asylakten beantragt, um seine
Verfolgungssituation darlegen zu können. Heute sei es aufgrund der schlechter
gewordenen Situation in der Türkei für Privatpersonen fast unmöglich, Dokumente
zur Verfolgungssituation zu erhalten. Deswegen müssten die im Asylverfahren
eingereichten Dokumente beigezogen werden können. Die Vorinstanz habe das
rechtliche Gehör verletzt, indem sie diese Akten als nicht entscheidrelevant
erachtet habe.

3.2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst unter anderem das Recht auf
Abnahme der rechtzeitig und formrichtig angebotenen rechtserheblichen
Beweismittel (BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148). Über nicht rechtserhebliche
Tatsachenbehauptungen ist kein Beweis zu führen und entsprechenden
Beweisanträgen ist keine Folge zu geben (Urteil 2D_29/2012 vom 21. Dezember
2012 E. 3.1 mit Literaturhinweis; vgl. auch BGE 125 I 127 E. 6c/cc S. 134 f.).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt keine Verletzung des
rechtlichen Gehörs vor, wenn ein Gericht auf die Abnahme beantragter
Beweismittel verzichtet, weil es auf Grund der bereits abgenommenen Beweise
seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener
Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere
Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 141 I 60 E. 3.3 S. 64; 136 I 229 E.
5.3 S. 236; 134 I 140 E. 5.3 S. 148).

3.3. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist hier schon deshalb zu
verneinen, weil sich die teilweise fehlenden Akten zum Asylgesuch vom 15. Juli
1982 zum vornherein nicht als Beweise für eine im Jahr 2015 geltend gemachte
Verfolgungssituation eignen. Die zur Edition beantragten Beweismittel waren
untauglich für den vom Beschwerdeführer verfolgten Zweck, weshalb eine
"unechte" antizipierte Beweiswürdigung vorliegt (vgl. Urteil 2C_733/2012 vom
24. Januar 2013 E. 3.2.3). Die Rüge ist unbegründet.

4.

4.1. Durch die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren ist der
Widerrufsgrund nach Art. 63 Abs. 2 AuG (SR 142.20) i.V.m. Art. 62 lit. b AuG
erfüllt. Zu prüfen bleibt die Verhältnismässigkeit der Massnahme im Sinn von
Art. 5 Abs. 2 BV bzw. Art. 96 Abs. 1 AuG.

4.2. Die Vorinstanz hat richtig erwogen, dass sich der Beschwerdeführer nicht
auf das Recht auf Achtung des Familienlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK berufen
kann. Das Verhältnis einer ausländischen Person zu ihren volljährigen, in der
Schweiz anwesenheitsberechtigten Kindern fällt nur in diesen Schutzbereich,
wenn eine besondere Abhängigkeit besteht, welche über die normalen affektiven
Bindungen hinausgeht (BGE 139 II 393 E. 5.1 S. 402; 137 I 154 E. 3.4.2 S. 159).
Die Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer finanziell an der Ausbildung
seiner Töchter beteiligt, stellt keine Abhängigkeit im Sinn dieser
Rechtsprechung dar (vgl. Urteil 2C_147/2014 vom 26. September 2014 E. 5.4). Der
Beschwerdeführer erhebt diese Rüge zu Recht nicht mehr.

4.3. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit gemäss Art. 5 Abs. 2 BV bzw. Art.
96 Abs. 1 AuG ist das öffentliche Interesse am Widerruf der Bewilligung den
privaten Interessen der betroffenen Person am Verbleib in der Schweiz
gegenüberzustellen.

4.3.1. Ausgangspunkt für das migrationsrechtliche Verschulden ist die vom
Strafgericht ausgesprochene Strafe (BGE 134 II 10 E. 4.2 S. 23; 129 II 215 E.
3.1 S. 216). Durch den Zeitablauf seit der Tatbegehung, das Verhalten der
ausländischen Person bis zum angefochtenen Urteil und weitere Faktoren kann das
entsprechende sicherheitspolizeiliche Interesse relativiert oder erhöht werden
(Urteil 2C_685/2014 vom 13. Februar 2015 E. 6.1). Im vorliegenden Fall geht es
um eine sehr hohe Freiheitsstrafe von fünf Jahren, wobei das schwerste Delikt
ein Tötungsdelikt ist. Die Straftat lag zwar im Zeitpunkt des angefochtenen
Urteil schon zehn Jahre zurück; das erstinstanzliche Strafurteil konnte aus
verschiedenen prozessualen Gründen erst 2011 gefällt werden. Indessen hatte der
Beschwerdeführer schon im Jahr 1999 eine 18-monatige Freiheitsstrafe erwirkt,
weshalb der Widerrufsgrund bereits damals erfüllt war. In der Verfügung
betreffend Verwarnung vom 2. Februar 2000 hatte die Fremdenpolizei des Kantons
Zürich dies dem Beschwerdeführer mitgeteilt. Sie hatte zudem darauf
hingewiesen, dass dieser mehrmals wegen Übertretung des Gastgewerbegesetzes
hatte gebüsst werden müssen.
Schon kurze Zeit nach Erhalt der Verwarnungsverfügung vom 2. Februar 2000 wurde
der Beschwerdeführererneut straffällig: Die Bezirksanwaltschaft Zürich
verurteilte ihn mit Strafbefehl vom 25. Juli 2003 wegen Widerhandlung gegen das
Gastgewerbegesetz zu fünf Tagen Haft (bedingt aufgeschoben mit einer Probezeit
von einem Jahr). Die Verwarnung vermochte den Beschwerdeführer schliesslich
nicht davon abzuhalten, am 23. Mai 2005 bei einer tätlichen Auseinandersetzung
aus kurzer Distanz fünf Schüsse aus einem Revolver auf zwei ihm bisher
unbekannte Personen abzugeben. Die strafbare Handlung (welche zur Verurteilung
wegen versuchter vorsätzliche Tötung, mehrfacher einfacher Körperverletzung und
Widerhandlung gegen das Waffengesetz führte) wiegt schwer und offenbart eine
grosse Geringschätzung des menschlichen Lebens.
Auch nach Begehung dieser Taten und Verbüssung der Strafe ist der
Beschwerdeführer wieder straffällig geworden: Im Jahr 2013 beschäftigte er
ausländisches Personal ohne Bewilligung, was zum Strafbefehl vom 23. Januar
2014 führte.
Insgesamt gibt der Beschwerdeführer das Bild einer uneinsichtigen Person ab,
welche auch vor schweren Gewalttaten nicht zurückschreckt. Aufgrund der
wiederholten Delinquenz ist eine Rückfallgefahr zu bejahen; bei schwerer
Straffälligkeit muss selbst ein geringes Rückfallrisiko nicht hingenommen
werden (BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34). Zudem dürfen bei ausländischen Personen,
die sich - wie der Beschwerdeführer - nicht auf das FZA (SR 0.142.112.681)
berufen können, generalpräventive Gesichtspunkte berücksichtigt werden (Urteil
2C_940/2014 vom 30. Mai 2015 E. 5.3). Das öffentliche Interesse an der
Beendigung des Aufenthalts ist als erheblich einzustufen.

4.3.2. Der Beschwerdeführer ist geschieden und seine Kinder sind erwachsen. Das
Interesse, in der Schweiz bleiben zu können, beruht einzig auf der sehr langen
Aufenthaltsdauer von ungefähr 30 Jahren (die im Strafvollzug verbrachte Zeit
wird dabei nicht mitgerechnet, vgl. Urteile 2C_522/2013 vom 23. Dezember 2013
E. 4.7; 2C_977/2012 vom 15. März 2013 E. 3.6). Indessen ist der
Beschwerdeführer erst im Alter von 26 Jahren in die Schweiz gekommen; er ist
also mit den Gebräuchen seines Herkunftslands vertraut. Dennoch hat die
Vorinstanz zutreffend erwogen, dass eine Wiedereingliederung in der Türkei
aufgrund des Alters des Beschwerdeführers (im Zeitpunkt des angefochtenen
Urteils 59 Jahre) nicht ohne Schwierigkeiten sein dürfte. Der Beschwerdeführer
hat diese Situation indessen selbst herbeigeführt, indem er immer wieder
straffällig wurde, zweimal davon schwer. Seine soziale Integration in der
Schweiz ist - gemessen am langen Aufenthalt - als schwach zu werten, gab er
doch als "besten Kollegen" seinen Rechtsanwalt im vorliegenden
Widerrufsverfahren an. In beruflicher Hinsicht scheint sich der
Beschwerdeführer einigermassen über Wasser zu halten, hat aber Schulden
aufgrund der Straffälligkeit. Insgesamt vermögen die privaten Interessen des
Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz das öffentliche Interesse am
Widerruf der Niederlassungsbewilligung nicht aufzuwiegen. Die Rückkehr in die
Türkei kann ihm trotz einer gewissen Härte zugemutet werden.

4.4. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung erweist sich somit als
verhältnismässig, und die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
ist abzuweisen.

5.
Es bleibt zu prüfen, ob die eventualiter erhobene Beschwerde gegen die
Wegweisung als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden kann.

5.1. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG gegen
Wegweisungsentscheide, mit denen Vollzugshindernisse durch kantonale Behörden
verneint werden, steht offen, sofern sich die betroffene ausländische Person
auf besondere verfassungsmässige Rechte berufen kann, die ihr unmittelbar ein
rechtlich geschütztes Interesse im Sinn von Art. 115 lit. b BGG verschaffen (
BGE 137 II 305 E. 3.3 S. 310; Urteile 2D_58/2012 vom 23. Oktober 2012 E. 2.1;
2D_67/2009 vom 4. Februar 2010 E. 2.1, 2D_98/2008 vom 12. Dezember 2008 E. 1).
Derartige Rechte sind etwa der Schutz des Lebens (Art. 10 Abs. 1 BV bzw. Art. 2
EMRK), das Verbot jeder Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender
Behandlung oder Bestrafung (Art. 10 Abs. 3 BV bzw. Art. 3 EMRK) oder das Verbot
einer Ausschaffung in einen Staat, in welchem der betroffenen Person Folter
oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung
droht (Art. 25 Abs. 3 BV). Die entsprechenden Rügen müssen jeweils
rechtsgenügend begründet werden (Art. 116 BGG i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Das
Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nur, soweit diese klar,
sachbezogen und falls möglich belegt geltend gemacht wird (Art. 106 Abs. 2 BGG;
"qualifizierte Rügepflicht"; vgl. BGE 137 II 305 E. 3.3 S. 310, 136 I 229 E.
4.1 S. 235).

5.2. Unter dem Titel von Art. 8 EMRK macht der Beschwerdeführer geltend, die
individuelle Verfolgung, die Gefährdung des Lebens und das Drohen EMRK-widriger
Strafen stellten ein Wegweisungshindernis dar.

5.2.1. Sinngemäss rügt der Beschwerdeführer damit eine Verletzung von Art. 2
EMRK (Recht auf Leben) und Art. 3 EMRK (Verbot der Folter). Indessen legt er
nicht einmal ansatzweise dar, inwiefern er bei einer Rückkehr in die Türkei an
Leib und Leben gefährdet wäre. Pauschale Hinweise, wonach Kurden in der Türkei
Benachteiligungen ausgesetzt seien, reichen dafür nicht aus. Die in diesem
Zusammenhang vorgelegte, von fünf Personen unterzeichnete Erklärung vom 16.
Januar 2016, mit denen der Beschwerdeführer eine aktuelle Gefährdung in der
Türkei glaubhaft machen will, ist ein unzulässiges echtes Novum und somit
unbeachtlich (vgl. E. 2.3.1).

5.2.2. Es trifft sodann nicht zu, dass der Ausgang des Asylentscheids unklar
sei. Zwar befindet sich der negative Asylentscheid nicht bei den Akten.
Indessen geht aus der Zwischenverfügung des EJPD, Beschwerdedienst, vom 20.
September 1991 sowie dem Abschreibungsentscheid der gleichen Behörde vom 11.
Oktober 1991 eindeutig hervor, dass der Beschwerdeführer die Beschwerde am 21.
Februar 1983 eingereicht und am 7. Oktober 1991 zurückgezogen hat. Es trifft
auch nicht zu, dass der Rückzug nicht ihn selbst, sondern seine (damalige)
Ehefrau betreffe. Das Bundesgericht hat den Sachverhalt entsprechend ergänzt
(vgl. Sachverhalt lit. A.a), um diese Vorbringen (teilweise als zulässige
unechte Noven) behandeln zu können. Gemäss den vorliegenden Akten muss das
Asylgesuch in den ersten Wochen des Jahres 1983 abgewiesen worden sein. Es ist
aber ohnehin nicht ersichtlich, was der Beschwerdeführer aus dem angeblich zu
klärenden damaligen Sachverhalt ableiten will, nachdem das angefochtene Urteil
mehr als 33 Jahre nach Einreichung des Asylgesuchs ergangen ist. Es ist nicht
willkürlich, wenn die Vorinstanz zum Schluss kam, der Beschwerdeführer habe die
geltend gemachte aktuelle Bedrohungssituation nicht hinreichend substanziiert.
Sie weist im Übrigen darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer seit
Jahrzehnten nicht mehr politisch in der Türkei engagiert, sich zwischenzeitlich
erfolgreich um einen türkischen Pass bemüht und seine Heimat jüngst in
Begleitung seiner älteren Tochter unbehelligt besucht habe. Eine drohende
Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK ist nicht ersichtlich.

5.3. Bei dieser Sachlage ist die Zulässigkeit der subsidiären
Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 BGG nicht gegeben. Auf den Antrag, von der
Wegweisung abzusehen, ist nicht einzutreten.

6.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
abzuweisen und auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten. Der
unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.

2. 
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Juni 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Genner

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