Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.530/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_530/2016

Urteil vom 14. Juni 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Gerichtsschreiber Feller.

Verfahrensbeteiligte
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt Roman Kern, Jacober Bialas & Partner,

gegen

Migrationsamt des Kantons St. Gallen,
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons
St. Gallen.

Gegenstand
Niederlassungsbewilligung; Wiederherstellung einer Frist,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom
27. April 2016.

Erwägungen:

1. 
Der 1978 geborene Mazedonier A.________ heiratete am 21. September 2007 eine in
der Schweiz niedergelassene Landsfrau, worauf er hierzulande einreiste und eine
Aufenthaltsbewilligung, im Dezember 2012 eine Niederlassungsbewilligung
erhielt. Die Ehe wurde im Januar 2014 geschieden. Im September desselben Jahres
heiratete er die Schwester seiner geschiedenen Ehefrau, mit welcher zusammen er
einen 2005 geborenen Sohn hat. Er ersuchte für die neue Ehefrau und den Sohn um
Familiennachzug. Am 5. Juni 2015 widerrief das Migrationsamt des Kantons St.
Gallen seine Niederlassungsbewilligung, weil diese auf einer Scheinehe mit der
ersten Ehefrau beruhe, und wies ihn aus der Schweiz weg; gleichzeitig wies es
das Familiennachzugsgesuch ab.
Gegen die Verfügung des Migrationsamts erhob A.________ durch seinen ehemaligen
Rechtsvertreter Rekurs an das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons
St. Gallen. Mit Verfügung vom 26. Juni 2015 wurde er vom Departement
aufgefordert, bis zum 10. Juli 2015 einen Kostenvorschuss in der Höhe von Fr.
1'200.-- zu bezahlen, unter Androhung der Abschreibung des Verfahrens im
Säumnisfall. Der am 29. Juni 2015 beim Rechtsvertreter eingegangen
Zahlungsaufforderung, die dieser an seinen Klienten weiterleitete, wurde keine
Folge geleistet. Das Departement schrieb den Rekurs am 17. Juli 2015
androhungsgemäss ab. Am 7. Dezember 2015 wies es das anschliessend an den
Nichteintretensentscheid erhobene Gesuch um Wiederherstellung der Frist zur
Leistung des Kostenvorschusses ab. Das Verwaltungsgericht des Kantons St.
Gallen wies die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom
27. April 2016 ab.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 9. Juni 2016
beantragt A.________ dem Bundesgericht, der Entscheid des Verwaltungsgerichts
sei aufzuheben; es sei dem Gesuch um Wiederherstellung der Frist stattzugeben;
es sei dem Beschwerdeführer durch das Sicherheits- und Justizdepartement des
Kantons St. Gallen eine neue Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses
anzusetzen; es sei danach das Rekursverfahren durch das Sicherheits- und
Justizdepartement des Kantons St. Gallen fortzuführen.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.
Mit dem vorliegenden instanzabschliessenden Urteil wird das Gesuch um
aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

2. 
Vorliegend wurde trotz gehöriger Zustellung der Kostenvorschussverfügung an den
Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der Kostenvorschuss nicht geleistet; der
Anwalt hatte sich damit begnügt, die Zahlungseinladung an den Beschwerdeführer
weiterzuleiten, ohne sich zu vergewissern, ob dieser die Auflage befolgen würde
oder von ihr auch nur Kenntnis habe nehmen können (was wegen Landesabwesenheit
nicht der Fall gewesen zu sein scheint). Es stellt sich die Frage, ob unter
diesen Umständen Raum für eine Wiederherstellung der - unbestritten verpassten
- Zahlungsfrist besteht. Dafür ist kantonales Recht massgeblich (Art. 30ter des
St. Galler Gesetzes vom 16. Mai 1965 [VRG] resp. Art. 148 ZPO als
stellvertretendes kantonales Recht). Es kann daher im Wesentlichen bloss gerügt
werden, die Anwendung des kantonalen Rechts führe zu einer Verletzung eines
verfassungsmässigen Rechts (vgl. (BGE 141 I 36 E. 1.3 S. 41; 138 I 225 E. 3.1
und 3.2 S. 227 f.; 137 V 57 E. 1.3 S. 60 f.;136 I 49 E. 1.4.1 S. 53, 65 E.
1.3.1 S. 68, je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer macht geltend, dem
Widerruf der Niederlassungsbewilligung komme Strafcharakter zu, weshalb Art. 6
EMRK massgeblich sei. Aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren ergebe sich,
dass dem Beschwerdeführer der Fehler seines Rechtsanwalts nicht zugerechnet
werden dürfe; dies wäre mit dem Ziel der materiellen Gerechtigkeit
unverträglich.
Mit diesen und weiteren Vorbringen hat sich das Verwaltungsgericht umfassend
beschäftigt. Es legt namentlich dar, warum es sich beim Widerruf der
Niederlassungsbewilligung nicht um eine strafrechtliche Sanktion handle und
Art. 6 EMRK, wie generell im ausländerrechtlichen Verfahren, nicht zur
Anwendung komme (E. 2.1). Es erläutert weiter, warum bei der konkreten
Fallkonstellation ein Verschulden der vertretenen Partei selber nicht von
Belang sei (E. 2.2) und dass die Schwere der Folgen einer Fristversäumnis im
ausländerrechtlichen Verfahren für den Entscheid über die
Fristwiederherstellung nicht von wesentlicher Bedeutung ist (E. 2.3).
Schliesslich hält es zusammenfassend fest, dass der Rechtsvertreter des
Beschwerdeführers im Rechtsmittelverfahren vor dem Departement seiner Pflicht,
sich über die Rechtzeitigkeit der Leistung des Kostenvorschusses zu versichern
und gegebenenfalls um eine Fristerstreckung zu ersuchen oder den
Kostenvorschuss selbst einzuzahlen, nicht nachgekommen sei; diese
Nachlässigkeit sei dem Beschwerdeführer zuzurechnen und stelle kein geringes
Verschulden mehr dar (E. 2.4).
Diese Erwägungen halten, auch im Lichte der Vorbringen des Beschwerdeführers,
bundesgerichtlicher Prüfung stand; es kann im Wesentlichen auf sie verwiesen
werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). Ergänzend erwähnt sei das Urteil 2C_645/2008 vom
24. Juni 2009, welchem eine ähnliche Konstellation zugrunde liegt wie dem
vorliegenden Fall; unter anderem stellte sich auch dort die Frage nach der
Massgeblichkeit von für Strafverfahren geltenden Prinzipien. Es fehlt hier wie
dort an ganz besonderen Umständen bzw. an einem besonders krassen Fehlverhalten
des Anwalts als Voraussetzung dafür, dessen Handlungen ganz ausnahmsweise nicht
der von ihm vertretenen Partei zuzurechnen (s. insbesondere E. 2.3 jenes
Urteils).
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im
vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen
Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) sind entsprechend dem Verfahrensausgang dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Juni 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Feller

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