Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.501/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_501/2016

Urteil vom 7. Dezember 2016

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Fellmann.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokat Dr. Christian von Wartburg,

gegen

Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion
Kanton Basel-Landschaft,
Beschwerdegegnerin,

Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.

Gegenstand
Auflage zur Bewilligung zur selbständigen
Ausübung der Komplementärmedizin,

Beschwerde gegen das Urteil
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft,
Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht,
vom 27. Januar 2016.

Sachverhalt:

A.
A.________ ist ausgebildeter Physiotherapeut und Osteopath. In U.________ BL
führt er eine eigene Praxis, wobei er ausschliesslich als Osteopath tätig ist.
Er verfügt dazu über eine Bewilligung zur selbständigen Ausübung der
Komplementärmedizin nach § 33 Abs. 1 lit. f des Gesundheitsgesetzes des Kantons
Basel-Landschaft vom 21. Februar 2008 (GesG; SGS 901).
Am 23. Juni 2006 kam es im Rahmen einer osteopathischen Behandlung zu einem
sexuellen Übergriff von A.________ auf eine Patientin. Mit Urteil des
Strafgerichtspräsidiums Basel-Landschaft vom 16. November 2009 wurde A.________
wegen Schändung zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 100 Tagessätzen
zu je Fr. 210.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren verurteilt. Das
Bundesgericht bestätigte den Schuldspruch mit Urteil 6B_630/2012 vom 15. Juli
2013.

B.
Nach vorgängiger Gewährung des rechtlichen Gehörs versah die Volkswirtschafts-
und Gesundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft die Bewilligung zur
Ausübung der Komplementärmedizin von A.________ mit der Auflage, weibliche
Patienten nur noch in Anwesenheit von mindestens einer weiteren Person im
Behandlungsraum zu behandeln (Verfügung vom 17. Juni 2014). Einer Beschwerde
gegen diese Verfügung an den Regierungsrat war kein Erfolg beschieden
(Regierungsratsbeschluss vom 10. Februar 2015).
Das daraufhin angerufene Kantonsgericht Basel-Landschaft hiess die Beschwerde
von A.________ mit Urteil vom 27. Januar 2016 teilweise gut und befristete die
Auflage bis zum 27. Januar 2021.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 27. Mai 2016
gelangt A.________ an das Bundesgericht und beantragt, das Urteil des
Kantonsgerichts vom 27. Januar 2016 sei aufzuheben. Die Bewilligung zur
selbständigen Ausübung der Komplementärmedizin sei ihm ohne Auflage zu
belassen, eventualiter sei er zu verwarnen.
Die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion beantragt die Abweisung der
Beschwerde. Das Kantonsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. Auf weitere
Bemerkungen zu den Vernehmlassungsantworten hat der Beschwerdeführer
verzichtet.
Mit Verfügung vom 20. Juni 2016 erteilte der Abteilungspräsident der Beschwerde
antragsgemäss die aufschiebende Wirkung.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren
Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier
Kognition (BGE 141 II 113 E. 1 S. 116).
Die Eingabe des Beschwerdeführers richtet sich gegen ein
kantonal   letztinstanzliches, verfahrensabschliessendes Urteil in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG, Art. 86 Abs. 1 lit.
d und Abs. 2, Art. 90 BGG). Die Auflage zur Berufsausübungsbewilligung wurde
nicht gestützt auf eine Bewertung von intellektuellen oder physischen
Fähigkeiten des Beschwerdeführers verfügt. Keine Anwendung findet deshalb Art.
83 lit. t BGG, der die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
gegen Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen
Fähigkeitsbewertungen ausschliesst (BGE 138 II 42 E. 1.1 S. 44; Urteile 2C_497/
2016 vom 22. Juli 2016 E. 1.2; 2C_1011/2014 vom 18. Juni 2015 E. 1.2; 2C_879/
2013 vom 17. Juni 2014 E. 1.1).
Am vorinstanzlichen Verfahren war der Beschwerdeführer als Partei bereits
beteiligt. Er ist durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat
ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1
BGG). Auf die im Übrigen form -und fristgerecht (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1
BGG) eingereichte Beschwerde ist einzutreten.

2.

2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten können
Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Hatte die
Vorinstanz kantonales Recht anzuwenden, kann im   Wesentlichen beanstandet
werden, der angefochtene Entscheid verstosse gegen Bundesrecht (Art. 95 lit. a
BGG). Dazu zählen die verfassungsmässigen Rechte und Grundsätze (vgl. BGE 141
IV 317 E. 5.4 S. 324; 138 I 143 E. 2 S. 149; Urteile 2C_198/2016 vom 20. Juli
2016 E. 2.2; 2C_6/2016 vom 18. Juli 2016 E. 2.1 [zur Publikation vorgesehen];
je mit Hinweisen). Sofern die Rüge keine der in Art. 95 lit. c bis lit. e BGG
genannten Bestimmungen betrifft, prüft das Bundesgericht die Verletzung
kantonalen Rechts unter dem Gesichtswinkel der Willkür (Art. 9 BV). Ob eine auf
kantonales Recht gestützte Anordnung einen Eingriff in die von der
Bundesverfassung gewährleisteten Rechte darstellt und ob die in Art. 36 BV
statuierten   Voraussetzungen für den Grundrechtseingriff erfüllt sind, prüft
das Bundesgericht hingegen mit freier Kognition (vgl. BGE 142 I 121 E. 3.3 S.
125; 142 I 76 E. 3.3 S. 80; 141 IV 317 E. 5.4 S. 324; Urteil 2C_106/2015 vom
26. Juni 2015 E. 4.1; zur Kognition betreffend Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BV bei
nicht schwerwiegenden Grundrechtseingriffen vgl. BGE 141 I 211 E. 3.2 S. 214).

2.2. Grundsätzlich wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art.
106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und
interkantonalem Recht prüft es indes nur insoweit, als eine solche Rüge in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG
[Rügeprinzip];   BGE 139 II 404 E. 3 S. 415; 139 I 229 E. 2.2 S. 232; Urteil
2C_272/2016 vom 28. April 2016 E. 1.3).

2.3. Seinem Urteil legt das Bundesgericht den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat. Von Amtes wegen oder auf ausreichend begründete
Rüge hin (vgl. zu den Anforderungen an Sachverhaltsrügen BGE 139 I 72 E.
9.2.3.6 S. 96; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.) korrigiert das Bundesgericht die
vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen, wenn diese offensichtlich
unrichtig sind oder sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
beruhen. Die Behebung des Mangels erfolgt nur, sofern er für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2
BGG).

3.

3.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, mit dem vorinstanzlichen Urteil werde
in unzulässiger Weise in seine von der Verfassung gewährleistete
Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 Abs. 1 BV) eingegriffen.

3.2. Das Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit schützt jede auf die Erzielung
eines Gewinns oder eines Erwerbseinkommens gerichtete privatwirtschaftliche
Betätigung. Sie umfasst insbesondere den freien Zugang zu einer
privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung (Art. 27 Abs.
2 BV; vgl. BGE 140 I 218 E. 6.3 S. 229; 137 I 167 E. 3.1 S. 172; Urteile 2C_6/
2016 vom 18. Juli 2016 E. 6.1 [zur Publikation vorgesehen]; 1C_530/2014 vom 4.
Januar 2016 E. 4.3.1 mit weiteren Hinweisen). Entsprechend stellt die
Statuierung einer Bewilligungspflicht für die Ausübung eines Berufs einen
Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit dar (vgl. BGE 122 I 130 E. 3bb S. 134;
Urteile 2C_564/2009 vom 26. Februar 2010 E. 7.1; 2C_52/2009 vom 13. Januar 2010
E. 5.3.1). Ebenfalls als Grundrechtseingriff gilt demnach die Verknüpfung einer
Berufsausübungsbewilligung mit Auflagen, die die Ausübung der
privatwirtschaftlichen Tätigkeit (weiter) einschränken. Der Beschwerdeführer
beruft sich zu Recht auf die Wirtschaftsfreiheit.

3.3. Einschränkungen des Anspruchs auf Wirtschaftsfreiheit sind unter den in
Art. 36 Abs. 1 bis Abs. 3 BV genannten Voraussetzungen zulässig. Sie müssen auf
einer gesetzlichen Grundlage beruhen, durch ein öffentliches Interesse oder den
Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt und verhältnismässig sein (Art.
36 Abs. 1 bis Abs. 3 BV). Schwere Eingriffe in Freiheitsrechte bedürfen einer
klaren und ausdrücklichen Regelung in einem formellen Gesetz (Art. 36 Abs. 1
Satz 2 BV; BGE 142 I 49 E. 6 S. 63 f.; 139 I 280 E. 5.1 S. 284).

4.

4.1. Die Vorinstanzen stützten sich bei ihrem Vorgehen gegenüber dem
Beschwerdeführer auf das Gesundheitsgesetz des Kantons Basel-Landschaft vom 21.
Februar 2008 (GesG; SGS 901). Der Beschwerdeführer macht geltend, dieses stelle
keine genügende Grundlage für den Eingriff in seine Wirtschaftsfreiheit dar. Er
begründet seine Rüge damit, dass der kantonale Gesetzgeber mit dem Erlass des
Gesundheitsgesetzes eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit dem
Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die unversitären Medizinalberufe
(Medizinalberufegesetz, MedBG; SR 811.11) beabsichtigt habe. Dieses erlaube
einen Entzug der Bewilligung zur selbständigen Berufsausübung nur als
prospektive Massnahme zur Verhinderung künftiger Gefährdungen, was für die ihm
gegenüber verfügte Auflage ebenso gelte. Inwiefern von ihm eine künftige Gefahr
für die öffentliche Gesundheit ausgehe, sei aber nicht erstellt, sodass sich
der angefochtene Entscheid nicht auf das Gesundheitsgesetz stützen könne.

4.2. Fest steht zunächst, dass das Medizinalberufegesetz auf den vorliegenden
Sachverhalt keine Anwendung findet, da der vom Beschwerdeführer ausgeübte Beruf
des Osteopathen nicht als universitärer Medizinalberuf gemäss Art. 2 Abs. 1
MedBG gilt (vgl. aber Art. 2 Abs. 1 lit. g des neuen, noch nicht in Kraft
gesetzten Bundesgesetzes vom 30. September 2016 über die Gesundheitsberufe
[Gesundheitsberufegesetz, GesBG; BBl 2016 7599]). Aus der Vorlage des
Regierungsrats des Kantons Basel-Landschaft an den Landrat zur Totalrevision
des Gesundheitsgesetzes vom 19. Juni 2007 (Geschäft des Landrats 2007/151;
nachfolgend: Vorlage des Regierungsrats) ergibt sich sodann einzig, dass
"gewisse Regeln" des Medizinalberufegesetzes auch für die Berufe des
Gesundheitsgesetzes gelten sollen, um einen einheitlichen und einfachen Vollzug
zu ermöglichen (Vorlage des Regierungsrates, S. 3 f.). In Bezug auf die
Möglichkeit zur Anordnung von Disziplinarmassnahmen, auf die sich der
Beschwerdeführer beruft, geht der Hinweis des Regierungsrates auf das
Medizinalberufegesetz nicht über die grundsätzliche Überlegung hinaus, dass bei
Verstössen gegen Berufspflichten neben dem bereits früher möglichen Entzug der
Bewilligung neu weitere Sanktionen zur Verfügung stehen sollten (Vorlage des
Regierungsrats, Beilage "Synopse", S. 9). Die Entstehungsgeschichte des
Gesundheitsgesetzes als eines von mehreren Elementen der Gesetzesauslegung
(vgl. dazu BGE 139 II 404 E. 4.2 S. 416; Urteil 2C_976/2015 vom 16. März 2016
E. 3.2; je mit Hinweisen) lässt somit den Schluss nicht zu, dass der kantonale
Gesetzgeber eine mit dem Medizinalberufegesetz identische Regelung treffen
wollte.

4.3. Die selbständige Tätigkeit als Osteopath, wie sie der Beschwerdeführer
ausübt, ist gemäss § 33 Abs. 1 lit. f GesG bewilligungspflichtig. Die
Bewilligungserteilung setzt voraus, dass der Bewerber physisch und psychisch
Gewähr für eine einwandfreie Berufsausübung bietet (§ 13 Abs. 1 lit. a GesG)
und vertrauenswürdig ist (§ 13 Abs. 1 lit. b GesG; vgl. für die fachlichen
Voraussetzungen § 33 Abs. 2 und Abs. 3 GesG). Die Vertrauenswürdigkeit fehlt
insbesondere dann, wenn ein Eintrag im Strafregister aus einer Straftat
besteht, die mit der Berufsausübung zusammenhängt oder besonders verwerflich
ist (§ 13 Abs. 4 GesG). Der Entzug und die Einschränkung der Bewilligung sind
in § 15 GesG geregelt. Nach dessen Abs. 1 kann die Bewilligung entzogen werden,
wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht mehr gegeben sind. Ein
Bewilligungsentzug ist zudem möglich, wenn deren Inhaber schwerwiegend oder
wiederholt Berufspflichten verletzt, die berufliche Stellung missbräuchlich
ausgenützt oder Handlungen vorgenommen hat, die mit ihrer oder seiner
Vertrauensstellung nicht vereinbar sind (§ 15 Abs. 1 lit. a bis lit. c GesG).
Liegt ein weniger schwerer Fall vor, kann die Bewilligung eingeschränkt oder
mit Auflagen versehen werden (§ 15 Abs. 2 GesG).

4.4. Mit Blick auf § 13 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 lit. b GesG ging die Vorinstanz
davon aus, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die
Bewilligungserteilung bis zur Löschung seines Strafregistereintrags
grundsätzlich nicht mehr erfüllt. Die vom Gesundheitsgesetz in § 13 Abs. 1 lit.
b verlangte Vertrauenswürdigkeit sei indes wieder hergestellt, da sich der
Beschwerdeführer während der letzten zehn Jahre unauffällig verhalten habe.
Mithin ging die Vorinstanz davon aus, dass § 13 Abs. 4 GesG bei Straftaten, die
mit der Berufsausübung in Zusammenhang stehen oder besonders verwerflich sind,
eine  widerlegbare (Rechts-) Vermutung fehlender Vertrauenswürdigkeit (§ 13
Abs. 1 lit. b GesG) aufstellt (vgl. allgemein zu gesetzlichen Vermutungen BGE
138 III 781 E. 3.3 S. 782; 137 V 410 E. 4 S. 413; Urteil 2C_411/2014 vom 15.
September 2014 E. 2.3; HANS PETER WALTER, in: Berner Kommentar, 2012, N. 387
ff. zu Art. 8 ZGB). Die Vorinstanz erwog weiter, dass der Beschwerdeführer mit
seinem strafbaren Verhalten alle (alternativen) Bedingungen gemäss § 15 Abs. 1
lit. a bis lit. c GesG erfüllte. Ungeachtet der widerlegten Vermutung gemäss §
13 Abs. 4 GesG bestehe folglich mit § 15 Abs. 1 (zweite Variante) i.V.m. Abs. 2
GesG eine genügende gesetzliche Grundlage für die umstrittene Anordnung.
Diese Gesetzesauslegung der Vorinstanz ist entgegen der Ansicht des
Beschwerdeführers weder nach dem Wortlaut, noch nach teleologischen oder
systematischen Gesichtspunkten zu beanstanden. Jedenfalls stellt das Verhalten
des Beschwerdeführers ohne Zweifel eine Verletzung von Berufspflichten dar (§
15 Abs. 1 lit. a GesG); es ist mit der Vertrauensstellung als Osteopath auch
nicht vereinbar (§ 15 Abs. 1 lit. c GesG), womit seine Bewilligung gestützt auf
§ 15 Abs. 2 GesG eingeschränkt oder mit einer Auflage versehen werden kann.
Dass diese Lesart von § 15 GesG im Widerspruch zum gesetzgeberischen Willen
stehen könnte, ist nach dem bereits Dargelegten (vgl. oben E. 4.2) nicht
ersichtlich. Eine genügende gesetzliche Grundlage für die verfügte Auflage
(Art. 36 Abs. 1 BV) liegt vor.

4.5. Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse
oder den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein (Art. 36 Abs. 2
BV; vgl. allgemein zum Begriff des öffentlichen Interesses BGE 142 I 49 E. 8 S.
65 ff. mit Hinweisen). Die verfügte Auflage dient der Prävention sexueller
Übergriffe gegenüber dem (weiblichen) Publikum und somit dem Schutz der
öffentlichen Ordnung und Gesundheit. Dabei handelt es sich grundsätzlich um ein
wichtiges öffentliches Interesse für den in Frage stehenden Grundrechtseingriff
(vgl. Urteile 2C_561/2007 vom 6. November 2008 E. 4.3.2; 2C_191/2008 vom 24.
Juni 2008 E. 5.2; 2P.310/2004 vom 18. Mai 2005 E. 4.4.3; 2P.301/2011 vom 17.
Mai 2002 E. 2.2). Die Frage, ob dieses zulässige Eingriffsmotiv die Massnahme
notwendig macht und die entgegenstehenden privaten Interessen überwiegt, stellt
sich im Zusammenhang mit der Erforderlichkeit und der Zumutbarkeit der
Anordnung. Sie ist im Rahmen der nachfolgenden Verhältnismässigkeitsprüfung zu
beantworten (vgl. PIERRE TSCHANNEN, Staatsrecht der Schweizerischen
Eidgenossenschaft, 4. Aufl. 2016, § 7 Rz. 108 und Rz. 111).

5.

5.1. Das Gebot der Verhältnismässigkeit (Art. 36 Abs. 3 BV) verlangt, dass eine
behördliche Massnahme für das Erreichen des im öffentlichen oder privaten
Interesse liegenden Zieles geeignet und erforderlich ist und sich für die
Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung als zumutbar
erweist. Der Eingriff darf in sachlicher, räumlicher, zeitlicher und
personeller Hinsicht nicht einschneidender sein als erforderlich (BGE 142 I 49
E. 9.1 S. 69; 140 I 2 E. 9.2.2 S. 24; je mit Hinweisen). Die entgegenstehenden
privaten und öffentlichen Interessen sind dabei anhand der gegebenen Umstände
bzw. des aktuellen sozialen Hintergrunds objektiv zu würdigen und zueinander in
Bezug zu setzen (vgl. BGE 142 I 49 E. 9.1 S. 69; 127 I 164 E. 3b S. 170).

5.2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist es offensichtlich, dass
sich die angeordnete Auflage grundsätzlich eignet, künftige Übergriffe auf
weibliche Patientinnen durch den Beschwerdeführer zu verhindern.

5.2.1. Näher zu prüfen ist die Erforderlichkeit der Massnahme. Der
Beschwerdeführer bestreitet schon im Grundsatz, dass eine Notwendigkeit für die
Massnahme bestehe. Er sei zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 100
Tagessätzen bei einer Probezeit von zwei Jahren verurteilt worden. Unter
Berücksichtigung dieses Strafmasses und von Art. 132 Abs. 3 StPO handle es sich
um ein Bagatelldelikt. Daher sei das öffentliche Interesse an einer
Strafverfolgung gering gewesen, was im Hinblick auf das öffentliche Interesse
an einer Einschränkung seiner Wirtschaftsfreiheit gleichermassen gelten müsse.
Zu beachten sei weiter, dass das Strafgericht keine Rückfallgefahr ausgemacht
und davon abgesehen habe, für die (mittlerweile abgelaufene) Probezeit von zwei
Jahren Weisungen zu erteilen.

5.2.2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann das von ihm begangene
Delikt mit Blick auf die verhängte Strafe nicht als Bagatelldelikt bezeichnet
werden; immerhin erfüllte er den Tatbestand der Schändung nach Art. 191 StGB,
die einen Angriff auf die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung darstellt.
In diesem Rahmen ist gleichwohl zu beachten, dass die konkrete Art und Weise
der Tatbegehung in Übereinstimmung mit der Würdigung der Strafgerichte nicht
als schwerwiegender Eingriff in die körperliche Integrität erscheint, was sich
im Strafmass entsprechend niederschlug. Weiter ist zu berücksichtigen, dass dem
bereits seit Langem praktizierenden Beschwerdeführer ausschliesslich der
Vorfall vom 23. Juni 2006 zur Last gelegt wurde. Im Zeitpunkt des
vorinstanzlichen Urteils waren seit diesem Vorfall wiederum nahezu zehn Jahre
vergangen, während denen der Beschwerdeführer uneingeschränkt seiner Tätigkeit
nachgegangen ist, ohne zu Beanstandungen Anlass zu geben. Auch nach dem
Abschluss des Strafverfahrens und nach Ablauf der strafrechtlichen Probezeit im
August 2014 (vgl. dazu BGE 120 IV 172 E. 2a S. 174; Urteil 6B_934/2015 vom 5.
April 2016 E. 5.3.2) verhielt sich der Beschwerdeführer stets tadellos. Das
Wohlverhalten des Beschwerdeführers kann vor diesem Hintergrund und entgegen
der vorinstanzlichen Erwägungen durch den Druck des hängigen Strafverfahrens
nicht massgeblich relativiert werden. Unter diesen Umständen und aufgrund des
Zeitablaufs kann ein  aktuelles öffentliches Interesse an der auf fünf Jahre
befristeten Auflage nicht allein mit der strafrechtlichen Verurteilung für den
Vorfall vom 23. Juni 2006 begründet werden. Weitere Hinweise für eine mögliche
Gefährdung von Patientinnen gehen aus dem vorinstanzlichen Urteil nicht hervor;
eine vom Beschwerdeführer heute ausgehende Gefährdung ist damit nicht erstellt.
Entsprechend mangelt es am Nachweis eines aktuellen öffentlichen Interesses und
damit an der Notwendigkeit zur Anordnung der Massnahme, zumal der
Beschwerdeführer auch in Zukunft der Aufsicht durch die Gesundheitsbehörden
untersteht. Diese können im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit bei neu
auftretenden Anzeichen auf eine nicht einwandfreie Berufsausübung unverzüglich
eingreifen. Die angeordnete Massnahme erweist sich unter den vorliegenden
konkreten Umständen als unverhältnismässig.

5.2.3. Zu prüfen ist weiter, ob der Beschwerdeführer als mildere Massnahme zu
verwarnen ist, was dieser in seinem Eventualbegehren beantragt. Die Vorinstanz
stützte sich in ihrem Urteil auf § 15 GesG und begründete die Auflage zur
Bewilligung mit dem Schutz künftiger Patientinnen; mithin handelt es sich dabei
um eine prospektive Administrativmassnahme. Bei einer Verwarnung, die sich auf
§ 16 GesG stützen müsste, handelt es sich demgegenüber um eine retrospektive
Disziplinarmassnahme. Die Anordnung einer Disziplinarmassnahme war im
vorinstanzlichen Verfahren jedoch nicht Streitgegenstand (vgl. dazu BGE 142 I
155 E. 4.4.2 S. 156; 136 V 362 E. 3.4.3 S. 365) und kann nicht erstmals in
Anwendung kantonalen Rechts durch das Bundesgericht verfügt werden. Es obliegt
der erstinstanzlichen kantonalen Verwaltungsbehörde - unter Berücksichtigung
der Verjährungsbestimmungen (§ 16 Abs. 3 GesG i.V.m. Art. 46 MedBG) -
gegebenenfalls ein Disziplinarverfahren einzuleiten.

6.
Die Beschwerde ist gutzuheissen und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben.
Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 66 Abs. 3 BGG). Der Kanton
Basel-Landschaft hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung für das
bundesgerichtliche Verfahren auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG). Die Sache ist
zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen in den kantonalen Verfahren an
die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 27. Januar
2016 wird aufgehoben.

2. 
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.

3. 
Der Kanton Basel-Landschaft hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- auszurichten.

4. 
Zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des kantonalen
Verfahrens wird die Sache an das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Verfassungs- und Verwaltungsrecht, zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie dem Kantonsgericht
Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 7. Dezember 2016

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Fellmann

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